Deutschland

Freitag, 21. März 2008

Huren der Macht

Hamburg: Grüne als Schill-Ersatz für Ole

Von Karl Weiss

Ein Kommentator im Internet nannte es beim Namen, als er über den Kniefall der Grünen (genau: Grün-Alternative Liste) in Hamburg gegenüber der CDU von Ole van Beust berichtete: „Huren der Macht“. Obwohl sie natürlich wissen, niemand, der Grün wählte, wollte eine Neuauflage einer van-Beust-Koalition, haben die Grünen einer schwarz-grünen Regierung zugestimmt.

Schill und van Beust

Und das mit dem gleichen van Beust, der sich nicht gescheut hatte, mit einem Schill zu koalieren und ihn sogar zum Innensenator der Hansestadt zu machen.

Die Grünen stellen also nun einen Schill-Ersatz dar. Das scheint ihnen nichts auszumachen, so verludert sind sie schon, wenn die Fleischtöpfe der Macht winken.

Schill 1

Insoweit hat jetzt ein unappetitliches Filmchen, das jemand in ‚You Tube‘ eingestellt hat, eine gewisse Bedeutung gewonnen.

Es zeigt nämlich Schill beim „Koksen“ (Kokain-Konsum) und in einer zweiten Szene, in der er sagt, nun wirke das „Koks“ bei ihm. Danach zieht er im Film noch über Schwarze („Neger“) her. Das Filmchen ist so unschön, dass wir es hier nicht verlinken. Es reicht, wenn man weiss, was drauf ist.

Schill beim Koksen

Erwartete man nun, dass Schill sich aus seinem brasilianischen Exil zu Wort meldete , eventuell über einen deutschen Anwalt und erklärt, das sei natürlich nicht er auf dem Film, das sei alles gestellt mit Schauspielern, so sah man sich getäuscht.

Stattdessen ist nun eine Berliner Rechtsanwältin aufgetaucht in Schills Namen und hat die Authentizität der Bilder bestätigt (Zeitungsmeldungen vom 17.3.08).

Da wird nun nämlich eine alte Episode wieder aufgewärmt, die spielte, als Schill Senator der Hansestadt Hamburg war – was diese jetzt am liebsten nicht mehr wahr haben wollte.

Schill 2

Ihm war damals aus Quellen, die nicht ans Tageslicht kamen, vorgeworfen worden, er konsumiere Kokain. Empört wies Schill dies zurück und gab auch eine Haarsträhne zur Untersuchung, wobei allerdings nicht gesichert war, es sei seine. Kein Kokain wurde gefunden und die Hamburger CDU, die jetzt mit den Grünen ins Bett will, dröhnte nur so von Empörung: Das sei eine unglaubliche und infame Rufmordkampagne gegen Schill mit dem Kokain. Haben die Grünen diese heftige Verteidigung Schills vergessen? Na, wenn eine Regierungsbeteiligung lockt, mit ausgewachsenen Senatoren-Posten, da lässt schon einmal ein wenig das Gedächtnis nach.

Bleibt noch nachzutragen, was es mit dem Video-Film auf sich hat, nachdem den Grünen wohl nicht mehr zu helfen ist auf ihren Weg in die Umarmung mit van Beust.

Das Filmchen wurde offenbar in Schills neuer Wahlheimat Brasilien aufgenommen. Nach Zeitungsangaben soll er in Rio de Janeiro leben. Nachforschungen in der Gaststätte, in der angeblich verkehren soll, haben allerdings zu keinem Ergebnis geführt.

Anscheinend hat sich Schill in Brasilien deutsche Freunde angelacht, die nicht nur Gutes wollten (auf dem Video wird deutsch gesprochen). Sie haben wohl eine mehrtägige Party mit Schill, Kokain und Prostituierten gefeiert und alles durch ein einseitig verspiegeltes Glas aufgenommen.

Es soll sich um insgesamt 18 Stunden Video-Material handeln, dabei auch und vor allem ausgedehnte Sex-Szenen mit Gruppen-Sex und allem drum und dran. Ironisch dabei: Die Sex-Szenen sollen mit schwarzen Prostituierten sein. Schill hat also wirklich nichts für Schwarze übrig, aber sehr viel für schwarze Prostituierte. Nur noch Ekel vor solchen Persönlichkeiten, die sich auch noch als Retter der Enterbten aufspielten!

Man habe bereits letztes Jahr versucht, Schill mit diesem Film zu erpressen. Nachdem Schill abgelehnt hatte, versuchte man das Material Hamburger Politikern und dann an verschiedene Verlage zu verkaufen, offenbar ohne Erfolg.

Nun hat sich als einzige Veröffentlichung die ‚Bild‘ interessiert gezeigt, ausgerechnet jenes Blatt, das damals zusammen mit dem Schwesterblatt ‚Hamburger Morgenpost‘ den seinerzeitigen Richter Schill so hochgejubelt hat, dass er nach der Gründung der Schill-Partei in Hamburg 19% der Wählerstimmen bekam. Seine Tiraden bezüglich Kriminellen und Ausländern kamen bei einer bestimmten Klientel an, die sonst eher CDU wählt oder auch schon mal die Faschisten.

Der Skandal war schon damals, dass van Beust und die CDU mit ihm koalierten, obwohl diese Art von Charakter nun ja zur Genüge bekannt ist und man wusste, man wird sich ‚merde‘ einhandeln. Aber man brauchte ihn zum Regieren und so gab man den Innensenatorposten an einen erklärten Gegner der Menschenrechte.

Und van Beust war der Hauptverantwortliche. Auch er musste sich bewusst gewesen sein, von einem Schill kann nur Schmutz kommen, aber er wollte Regierender Bürgermeister werden und da ist jede noch so dreckige Koalition recht.

Und in diesem Dreck wollen sich nun die Grünen suhlen.


Veröffentlicht am 20. März 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 4. Februar 2008

Der Linkstrend hält an

"Grosse Koalition" weiter geschwächt

Von Karl Weiss

Der eindeutige Linkstrend bei den Bundesbürgern, der sich in allen Wahlen in der Bundesrepublik in den letzten Jahren abzeichnete, hat sich unverändert auch in den Landtagswahlen von Hessen und Niedersachsen weiter manifestiert. Das Hauptergebnis der Wahlen ist ein weiteres Abwenden von den beiden Parteien der „Großen Koalition“, was die Schwierigkeiten dieser Regierung für den Rest der Amtszeit noch weiter erhöhen dürfte.

Die Wahlauswertungen der Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen werden üblicherweise nur an den prozentualen Ergebnissen der Parteien festgemacht sowie an der Zahl der Mandate, die sie erhielt. Das führt aber zu Einseitigkeiten, so wie die Ansicht, die SPD habe in Hessen einen „großen Sieg“ errungen.

Erst wenn man auch die absolute Stimmenanzahl berücksichtigt, die historischen Fakten und die Bewegung in der Wahlbeteiligung, kann man zu Schlüssen über die Entwicklung der Stimmung in Deutschland kommen.

Seit Hartz IV

Tut man dies in Bezug auf die beiden Landtagswahlen vom Sonntag, kommt man zu einer klaren Einschätzung: Die Wähler haben, wie auch schon bei den vorherigen Landtagswahlen und bei der letzten Bundestagswahl, vor allem die beiden „Großen Volksparteien“ in offensichtlicher Weise abgestraft – und das ist nicht ein vorübergehender Trend, sondern eine Grundstimmung, die sich durch alle Wahlergebnisse der letzten Jahre seit Hartz IV zieht.

Dabei gibt es im wesentlichen keinerlei Tendenz, nach rechts zu gehen. Die Parteien am rechten Rand haben sogar noch einen Teil ihrer früheren Stimmen verloren. In Hessen, wo Koch einen Rechtsaussen-Wahlkampf geführt hat, wurde er abgewatscht wie noch kaum vorher ein Politiker in der Bundesrepublik in einer Wahl.

Mit anderen Worten: Es gibt einen generellen Linkstrend in der Wählerschaft. Der drückt sich aus:
  • In einer massiven Schwächung der rechten „Volkspartei“ CDU, die in beiden Ländern massiv Wählerstimmen verlor (keineswegs nur in Hessen!): 324 114 wählten in Hessen nicht mehr die CDU und 469 368 in Niedersachsen.
  • In einer Schwächung der SPD, die nun schon über viele Jahre in dieser Weise vor sich geht. In Niedersachsen, wo die SPD ihren grössten Einbruch bereits bei der letzten Landtagswahl hinnehmen musste, gelang es ihr, noch weiter Wähler zu verlieren und kam zum schlechtesten Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. In Hessen konnte die SPD zwar nicht nur Prozente, sondern auch Wähler dazugewinnen, aber nur in untergeordnetenm Masse bei den Arbeitern (lediglich 1% mehr Arbeiterstimmen). Damit drückt sich hierin keine Umkehr des Trends aus, sondern nur der indirekte Effekt des „ Abstrafens“ von Koch. Sowohl Hessen als auch Niedersachsen waren historische Hochburgen der SPD. Nun hat sie in Hessen lediglich das zweitschlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik geschafft.
  • In der ständig weiter wachsenden Schar der Nichtwähler. In Niedersachsen brach nach einer niedrigen Wahlbeteiligung beim letzten Mal diesmal erneut die Beteiligung um weitere 10% ein und erreichte den historischen Tiefstand von 57%. In einer typischen Arbeiterstadt wie Wolfsburg fiel sie sogar auf 50%.
  • In einer zusätzlichen Abkehr auch von den beiden liberalen Parteien FDP und Grüne. In ihrem Haupt-Stammland Hessen verloren die Grünen 70 000 Wähler bzw. 2,6 Prozentpunkte. In Niedersachsen verloren beide Parteien Wählerstimmen - trotz prozentualen Zuwächsen.
Die Linke 2008
  • In einer in diesem Ausmass unerwarteten Stärkung der Partei „Die Linke“. Nach den Erfolgen der Linkspartei in Landtagswahlen im Osten war sie als reine Ostpartei abgetan worden. Nach dem Einzug in die Bremer Bürgerschaft erklärte man, sie werde bestenfalls in den Stadtstaaten im Westen Fuss fassen können. Nun sind alle diese Prognosen über den Haufen geworfen. Inzwischen müssen selbst die hartleibigsten Kritiker schon zugestehen: Die Linke wird in eine Reihe von Flächenstaaten auch im Westen ins Parlament einziehen und damit die Zahl der weithin in den Parlamenten vertretenen Parteien auf fünf erhöhen. Es braucht kaum ausdrücklich erwähnt zu werden: In absoluten Wählerzahlen hat bei weitem die Linke gewonnen.
Interessant dabei, auch das Monopolkapital teilt diese Einschätzung: Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Jürgen Thumann warnte noch am Wahlabend:

"Ich betrachte die aktuelle Entwicklung mit allergrößter Sorge ... die Politik muss aufhören, ... über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung zu reden. Der Linksruck in Deutschland setzt sich fort."

Nun, wir können Thumann die letzten Hoffnungen nehmen. Auch wenn sich die Politkerkaste von ihm den Mund verbieten lässt und nie wieder über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung sprechen wird, werden die mündigen deutschen Bürger sich nicht das Denken von ihm verbieten lassen.

Wie schon ein altes deutsches Volkslied aus dem Widerstand gegen die (damals feudale) Obrigkeit sagt: „Die Gedanken sind frei!“

Hier der Text des Liedes, das etwa aus dem Jahr 1790 stammt und das 1842 von Hoffman von Fallersleben bearbeitet wurde (ja, genau jener, der „Das Lied der Deutschen“ schuf, dessen dritte Strophe heute unsere Nationalhymne ist), als Hymne an den aufgeklärten deutschen Bürger:

(Wer die Melodie eventuell nicht kennt, man kann das Lied auf einem Video auf dieser Seite gesungen hören.)


Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten,
sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich denk' was ich will und was mich beglücket,
doch alles in der Still', und wie es sich schicket.
Mein Wunsch, mein Begehren kann niemand verwehren,
es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei: Die Gedanken sind frei!

Und sperrt man mich ein in finstere Kerker,
das alles, das sind vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei, die Gedanken sind frei!

Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen
und denken dabei: Die Gedanken sind frei!



Veröffentlicht am 4. Februar 2008 in der Berliner Umschau, hier um den Text des Liedes ergänzt

Originalartikel

Mittwoch, 23. Januar 2008

Rechts bricht der Horror aus

Verliert Koch trotz seines Ausländer-Bashing die Wahlen in Hessen?

Von Karl Weiss

Am äußersten rechten Rand des deutschen politischen Spektrums gibt es ein schwarz-braunes Geschwurbel, das es (noch?) nicht wagt, offen mit den faschistischen Horden der NPD zu marschieren, aber in Vielem mit diesen übereinstimmt. Es handelt sich um Personen und Gruppen, die üblicherweise CDU (oder CSU) wählen, aber auch schnell zu einer DVU oder NPD überwechseln, wo diese eine Chance haben, ins Parlament zu kommen.

Ein Teil von ihnen ist auch Mitglied in CDU oder CSU. Ihre poltischen Repräsentanten sind Leute wie Schönbohm, Koch, Beckstein und ähnliche.

Es gibt aber auch eine nicht zu unterschätzende braun-schwarze Szene außerhalb der ach so christlichen Parteien. Um diese Gruppen von Personen zu integrieren , hat die NPD Tarnorganisationen aufgemacht, wie zum Beispiel „Pro Köln“ und „Pro NRW“. So wird u.a. berichtet: Teile der Führungsriege dieser Rechtsaussen-Organisationen traf sich am 11. September 2007 „mit anderen Kader aus der rechtsextremen Szene .... . Im Rahmen der so genannten Dienstagsgespräche sei diesmal Holger Apfel, Fraktionschef der NPD im sächsischen Landtag, als Referent eingeladen gewesen, hieß es.“ ( Quelle )

In dieser Art von Organisation sind nur wenige ausgewiesene NPDler, aber man versteht sich auch so blind.

Filbinger und Kohl
Der Faschist Filbinger war damals Stellvertreter Kohls als Parteivorsitzender der CDU

Es braucht keinerlei Erklärung, dass diese Klientel natürlich hell begeistert war, als Hessens Ministerpräsident Koch sein Schmutzkampagne gegen junge Ausländer begann. Das entsprach genau ihrem Geschmack. Vor allem natürlich, weil sie sicher waren, auch diesmal würde das Türken-Bashing funktionieren. Man muss nur an die niedrigsten Instinkte der Bundesbürger appellieren, schon reagieren sie mit Zustimmung zu extrem rechten Anschauungen und wählen wieder ‚richtig‘.

Nach den Umfragen hatte sich nämlich eine von diesen Leuten als gefährlich angesehene Situation ergeben, denn die Prozentzahlen der voraussichtlichen SPD-, Grüne- und Linke-Wähler stand praktisch gleichauf mit der vereinigten christlichen und FDP-Wählerschaft, wenn es der Linken gelingen würde, in den Landtag einzuziehen. Ohne die Linke könnte sich eine Mehrheit Rot-Grün finden.

Nun aber, mit Koch, der in der braunen Kiste kramt, würde der gleiche Effekt eintreten, der damals zum Wahlsieg Kochs geführt hatte: Der erschrockene Teil der Bundesbürger, der die Lüge glaubt, die Ausländer hätten ihre Arbeitsplätze abgebaut, würde erneut für Kochs Wahlsieg sorgen.

Doch zum Befremden Kochs und der braun-schwarzen Suppe geschah dies nicht, jedenfalls nicht in den Umfragen. Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten beurteilt Kochs Vorstoss als Wahltaktik und sprang nicht auf den Zug des hessischen braun-schwarzen Expresses auf. Die letzten Umfragen ergeben sogar einen geringen Vorsprung (allerdings innerhalb der Fehlermarge) des Rot-Rot-Grün-Gespanns.

Adenauer und Globke
Der Faschist Globke war eine wichtige juristische Figur im Hitlerfaschismus. Adenauer holte ihn als Staatssekretär in seine Regierung.

Als Koch damals die „Anti-Doppelpass-Aktion“ durchzog, hatten sich noch glatte 5% der Wähler auf seine Seite geschlagen, die vorher nicht da gestanden hatten. Sieht ganz so aus (unabhängig davon, wie die Wahlen wirklich ausgehen), als ob der Bundes-Michel lernfähig ist. Er lässt sich nicht so leicht ein zweites Mal für dumm verkaufen.

Jener Teil der Wähler nämlich, die auf „Ausländer raus“ oder eigentlich genauer auf „Türken raus“ stehen, werden ständig an der Nase herumgeführt. Auch in dieser Diskussion wieder ging es ja im Kern darum: Wie werden wir die vielen Türken wieder los? Wäre nicht ein praktischer Ausweg, jeden, der einmal mit dem Gesetz in Konflikt kam, in die Türkei abzuschieben? Das wird suggeriert und man hofft, der erschrockene Bundesbürger fällt darauf herein.

Wie sind aber die Tatsachen? Wer in Deutschland geboren ist, akzentfrei deutsch spricht, niemals in der Türkei gelebt hat (oft nicht einmal akzentfrei türkisch spricht) und mit dem Gesetz in Konflikt kommt, ist nach internationalem Recht, über das sich Deutschland nicht einfach hinwegsetzen kann, Deutscher und hat das Recht auf deutsche Staatsbürgerschaft und darauf, hier bestraft und eventuell eingesperrt zu werden. Allerdings gibt es die Regelung, er muss dafür die türkische aufgeben, was viele nicht gern tun – und so öffnen sich rechtliche Leerräume, wenn es sich um Einzelfälle handelt.

Aber die Türkei würde natürlich nie zulassen, dass eine grössere Anzahl solcher junger Menschen dorthin gekarrt wird – und hat internationales Recht auf ihrer Seite. Dies Tatsachen werden den Bürgern konsequent vorenthalten. Sie wurden in der ganzen Diskussion nie erwähnt. Die Rechtsaussen suggerieren, man könnte alle Türken zurückschicken und die dagegen argumentieren, vergessen zu sagen, das ist sowieso Illusion.

In diesem Zusammenhang muss eben auch erwähnt werden, warum wir so viele Türken hier haben. In der Situation des deutschen Wirtschaftswunders in den 50er und 60er Jahren wuchs die deutsche Wirtschaft so schnell, dass bereits nach kurzer Zeit alle vorhandenen Arbeitskräfte absorbiert waren und das Wachstum sich allein deshalb zu verringern drohte, weil Arbeitskräfte fehlten. So beschloss man, in anderen Ländern Arbeitskräfte anzuwerben. Den grössten Erfolg hatte man damit in der Türkei. Viele Jahre lang zogen deutsch-türkische Anwerber-Kolonnen durch die Türkei – mit Vorliebe durch das Innere Anatoliens, wo das blanke Elend hauste – und versprachen den Himmel für die Männer, wenn sie nach Deutschland arbeiten kämen.

So kamen Hunderttausende von türkischen Männern hierher, die üblicherweise in Männerwohnheimen zusammengepfercht wurden. Doch nach einer Anzahl von Jahren in Deutschland hatten sie eben bereits das Recht auf eine Daueraufenthaltserlaubnis und die Industriebetriebe wollte die eingearbeiteten und fleissigen Arbeiter auch nicht wieder verlieren und so wurde ihre Situation offiziell und deutsch.

Bald hatten sie auch das international garantierte Recht auf Familienzusammenführung und durften Frau und Kinder nachkommen lassen. Sie zogen vom Männerwohnheim in Wohnungen um. Hätte man wirklich verlangen wollen, sie sollten Jahrzehnte von ihren Familien getrennt leben?

Diese türkischen Arbeiter haben einen wesentlichen Anteil am Schaffen jener Werte, die in Deutschland einen mässigen Wohlstand schufen. Sie haben soviel Recht hier zu sein, wie Sie und ich!

Diese türkischen Arbeiter, ihre Frauen, ihre Kinder und inzwischen auch schon Enkel und Urenkel sind längst Teil des Volkes in Deutschland geworden, sie sind Deutsche mit allen Rechten, auch wenn man mit einigen Tricks noch verhindert hat, dass sie alle die deutsche Staatsbürgerschaft bekamen.

Oettinger Rede für Filbinger
Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger bei seiner legendären Reinwasch-Rede für den Faschisten Filbinger

Wenn die Rechtsaussen wieder und wieder suggerieren, man könne sie alle deportieren in die Türkei, so gibt es dafür weder eine irgendwie geartete Berechtigung noch Rechtsgrundlage. Die Kampagnen, die den Ex-Türken die Angst eintreiben, sie könnten deportiert werden, veranlassen sie, die türkische Staatsbürgerschaft nicht aufzugeben und das wiederum wird als Voraussetzung für die deutsche verlangt. So schafft man sie in ein Loch ohne Ausweg und Koch, Pofalla und Beckstein schenken ihnen auch noch ein Hohngelächter (das man angeblich von ihnen gehört haben will).

So macht man auf dem Rücken eines wesentlichen Teiles der Bevölkerung dreckige reaktionäre Politik.

Doch nun muss der rechte Sumpf fürchten, dass seine Rezepte nicht mehr aufgehen, dass der mündige deutsche Bürger immer wenige in diese Fallen stapft und die Demagogie zu durchschauen beginnt. Da bricht blankes Entsetzen aus, der Horror!

Filbinger - Schäuble
Hier erweist Schäuble dem Faschisten Filbinger "die letzte Ehre"

Ein Beispiel: Im Blog kewil (hier), der dem braun-schwarz-gestreiften Sumpf zuzuordnen ist, konstatiert man entsetzt: „Wahlprognosen: Ypsilanti gewinnt“.

Ein Kommentator auf jener Site mit dem Pseudonym „Onkel Peter“ bringt dies in jener typischen Weise auf den Punkt:

„Falls diese Prognosen zutreffen sollten, hat das deutsche Volk seinen Untergang verdient. Wegen erwiesener Dummheit ist es unwürdig weiterzuleben und hat anderen lebenstüchtigeren Völkern platzzumachen.“

Sehen Sie sich nur einmal an, wer bei „kewil“ im Impressum als Verantwortlicher genannt wird:

Mr Kewil B. R. Gozo
1571, Knights Templar Rd
Valletta, VLT01
Malta

Zwar wird dann gleich erklärt, diese Umfragen sind ja immer unzuverlässig und ein Beispiel der falschen Vorhersagen vor der Bundestagswahl 2005 gebracht, aber das klingt wie Pfeifen im Wald. Was damals nämlich falsch vorhergesagt wurde, war ein weit besseres Abschneiden der CDU/CSU als es dann tatsächlich eintrat. Nun ist die Hoffnung gering, dass diesmal die Umfragen genau im umgekehrten Sinn falsch sind.

Aber das letzte, was stirbt , ist die Hoffnung.

Auch wenn es diesmal erneut für Koch reichen sollte, die Rechtsaussen-Szene ist in heller Aufregung. Es droht die „strukturelle linke Mehrheit“ - wobei noch zu ergründen sein wird, was da links ist. Auf jeden Fall aber: Einen Glückwunsch an den aufgeklärten deutschen Bürger!


Veröffentlicht am 23. Januar 2008 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Sonntag, 6. Januar 2008

Halihalo, wir jagen – wir jagen sie um die Welt – wie es uns gefällt!

Der Wahlkampf ist eröffnet

Von Karl Weiss

Zwei Vorfälle von Auseinandersetzungen in München und Gelsenkirchen wurden in den letzten Tagen des Jahres von der Boulevardpresse und dann auch von der gesamten Massenmedien hochgejubelt, um darauf ein Süppchen von Volksverhetzung und Ausländerfeindlichkeit zu kochen. Speziell Politiker der CDU/CSU meldeten sich zu Wort und sparten nicht mit eindeutigen Worten. Die Reaktion der „Pawlowschen Hunde“ - automatisch und gewissermassen, ohne es zu wollen – funktioniert weiterhin: Die Umfrageergebnisse vor den Wahlen sind nicht gut, da lassen wir die Sau mit den Ausländern raus!

Die Tatsachen über die beiden Vorfälle sind dabei höchst zweideutig. Der Vorfall in einer Münchener U-Bahn-Station wurde von fast der ganzen Medien einhellig in etwa folgendermaßen dargstellt: Ein Münchner Rentner hätte zwei junge Leute in der U-Bahn in freundlichem Ton und ohne jede Aggressivität aufgefordert, das Rauchen einzustellen, da dies dort verboten ist. Als er ausstieg, seien die beiden, ein junger Grieche und ein junger Türke, ihm hinterhergelaufen und hätten ihn brutal zusammengeschlagen. Er habe „mehrere Schädelbrüche erlitten“. Nun, ein über 70-jähriger mit mehreren Schädelbrüchen, d.h. sie haben ihn totgeschlagen. Ein einfacher Schädelbruch ist in diesem Alter schon regelmässig das Todesurteil.

Tatsächlich sah dies nach einem schweren Verbrechen aus. Da machte es dann auch keinen Unterschied, als man einige Zeit später hörte, einige der Zeugen hätten von Schimpftiraden des Rentners mit ausländerfeindlichem Inhalt gegen die beiden Migrantenkinder berichtet und nicht von einer freundlichen Aufforderung, das Rauchen einzustellen.

Auf keinen Fall darf man aus solchen Gründen einen Rentner totschlagen!

Dann kam allerdings zwei Tage später die Nachricht, der Rentner sei aus dem Krankenhaus entlassen worden. Die gleichen bürgerlichen Massenmedien, die eben noch von mehreren Schädelbrüchen gesprochen hatten, berichteten nun plötzlich vom springlebendigen Rentner außerhalb des Krankenhauses ohne jegliche Dauerfolgen. Haben Sie von irgendwelchen Entschuldigungen dieser Medien bezüglich ihrer Falschmeldungen gehört?

Deutsche Massenmedien sind immer unfehlbar. Berichten sie einmal falsch, sind sie unschuldig daran – wie auch immer. Die Pflicht, selbst zu recherchieren und nicht nur die Aussagen wiederzugeben, ohne ausdrücklich zu erwähnen, dass diese Meldungen persönliche Angaben von Betroffenen und nicht bestätigt sind, all dies Handwerkszeug des verantwortungsbewußten Journalisten existiert nicht mehr, wenn es gilt, an die niedrigsten Instinkte im Menschen zu appellieren.

Die beiden Jugendlichen wurden ausfindig gemacht und sind bereits in Haft. Sie haben eine kriminelle Vorgeschichte, also auch nichts Ungewöhnliches. Jugendliche Delinquenten sind ja nun nicht gerade extrem selten in Deutschland. Nimmt man den Anteil von Ausländern unter den Jugendlichen ohne Ausbildung und mit abgebrochener Schulbildung, ist sie bei den Delinquenten proportional im Vergleich mit den Deutschen.

Ähnlich ist es mit dem zweiten Zwischenfall in Gelsenkirchen. Auch dort wird uns zuerst die Geschichte aufgetischt, junge Ausländer hätte einen älteren Deutschen mit Rufen „Scheiß-Deutscher“ zusammengeschlagen, ihn mit einen Messerstich verletzt und schließlich noch beraubt. Bereits nach kurzer Zeit stand allerdings fest: Es handelte sich um die Behauptungen des Betroffenen. In Wirklichkeit gab es eine handfeste Auseinandersetzung zwischen zwei Deutschen, von denen einer ausländische Vorfahren hatte. Zeugen haben nichts von „Scheiß-Deutscher“ gehört und den Raub nicht bestätigt. Wie der Betroffene zu einer Schnittverletzung kam, ist ungeklärt. Die beiden Versionen kam man hier vergleichen: https://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26961/1.html.

In Wirklichkeit also nichts weiter als alltägliche Streitereien, die zu handfesten Auseinandersetzungen ausarten. Die Frage von „Ausländern“ ist nicht oder bestenfalls im umgekehrten Sinne betroffen, wenn nämlich der Rentner einer jener Unbelehrbaren sein sollte.

In den darauffolgenden Tagen gab es erneut Auseinandersetzungen in der Münchner U-Bahn, die ebenfalls verletzte ältere Menschen in Auseinandersetzungen mit Jugendlichen beinhalteten, nur waren es keine ausländischen Jugendlichen! So wird klar, es gibt tatsächlich Probleme des Zusammenlebens mit Rücksichtnahme auf die anderen (kein Wunder, in einer Gesellschaft, die das rücksichtslose Bereichern als höchsten Wert hat), nur hat dies absolut nichts mit Ausländern zu tun!

Dies alles hätten sowohl Koch aus Hessen wie auch Beckstein aus Bayern, aber auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Kauder und der unvermeidliche Pofalla leicht in Erfahrung bringen können, wenn ihnen daran gelegen gewesen wäre.

Aber darum ging ja nicht. Es ging darum, die niedrigsten Instinkte so mancher Deutscher an die Oberfläche zu bringen und darauf Wahlkampf zu betreiben.

So reagierten sie auf die Gefahr, bei den Landtagswahlen zu verlieren, wie die Pawlowschen Hunde mit ausländerfeindlicher Hetze. Koch ging sogar so weit zu sagen, es gebe zu viele kriminelle ausländische Jugendliche in Deutschland. Womit er das belegen will, sagte er nicht, aber Politiker brauchen ja nie etwas zu belegen, nur Wahlen zu gewinnen.

Schließlich war Koch mit einer Kampagne für Unterschriften gegen den „Doppelpass“ Ministerpräsident in Hessen geworden. Damals hatten die rot-grüne Regierung eine Bestimmung einführen wollen, wie sie alle zivilisierten Länder der Welt haben, nämlich die Hinnahme von zwei Staatsbürgerschaften in bestimmten Fällen, wenn man dies auch offiziell nirgendwo speziell gut heißt.

Koch brauchte damals ein zündendes Wahlkampfthema und er fand es: An die niedrigen Instinkte bei manchen in Deutschland bezüglich Ausländern appellieren! Er begann eine Unterschriftensammlung gegen den „Doppelpass“ und gewann die Wahlen. Die Regierung gab klein bei und einigte sich auf einen international nie vorher gesehene Regelung, die es Ausländern nicht erlaubt, sich in Deutschland einzubürgern, auch wenn sie alle Voraussetzungen erfüllt haben, außer sie geben ihre frühere Staatsbürgerschaft auf.

Dies betraf vor allem die große Anzahl von in Deutschland geborenen Nachkommen von Türken, die nach internationalem Recht einen Anspruch auf Einbürgerung haben. Die Türkei hat nämlich aus Gründen des dortigen Nationalismus (auch dort das Appellieren an die niedrigsten Instinkte!) jedem, der seine türkische Staatsbürgerschaft aufgibt, den Verlust wichtiger Rechte auferlegt, zum Beispiel das Recht, von seinen türkischen Großeltern oder Eltern zu erben.

So sitzen die jungen Nachkommen von Türken in Deutschland in der Falle. In die Türkei können sie nicht – sie sprechen meistens nicht einmal akzentfrei türkisch, würden dort nur als Ausländer behandelt – so wie die Kurden zum Beispiel. In Deutschland werden sie aber auch nicht akzeptiert, sondern als Ausländer behandelt und von Leuten wie Koch mit dem „Kriminellen“-Stempel versehen. Selbst wenn sie nichts zu erben haben in der Türkei, werden sie sich drei Mal überlegen, ob sie die alleinige Staatsbürgerschaft eines Landes annehmen, in dem Leute wie Koch und Beckstein ungestraft hetzen dürfen. Diesen Jugendlichen ohne Ausweg dichtet Kauder dann noch ein „Hohngelächter“ an. Das kam doch wohl von seinen Parteifreunden und der Hohn war über die Wähler, die sich so leicht fangen ließen, oder?

Aber die türkisch-deutschen Jugendlichen sind den Kochs, Pofallas, Becksteins und Kauders natürlich auch völlig egal. Sie wollen die Wahlen gewinnen - und warum soll nicht erneut klappen, was schon einmal funktioniert hat. Dreckige braun-schwarze Süppchen, auf Höllenfeuer gekocht.

Besonders unglaublich wird das Ganze, wenn Koch dann noch die christlich-abendländische Kultur ins Spiel bringt, die in Deutschland zu befolgen sei. Dazu bemerkte Florian Rötzer in seinem Artikel in 'telepolis' (hier: https://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26961/1.html ) zu Recht, dass diese Kultur nach Koch wohl noch nicht die Werte der Aufklärung und des Humanismus erreicht hat.

Diese würden vielmehr eher einen wichtigen Politiker, der Ressentiments gegen Ausländer schürt, zum Insassen der „Erziehungs-Camps“ machen, die von der CDU/CSU bereits gefordert werden. Ob dann wohl „Arbeit macht frei“ über dem Tor zum Camp stehen wird?

Nein, die Entfernung zu Faschisten gibt es noch, aber sie ist gering. Schon hat die NPD in München zu einem ‚Marsch gegen Inländerfeindlichkeit’ aufgerufen, mit den gleichen Losungen wie Koch! Noch jemand, der sein braunes Süppchen kochen will.

Woher sollen eigentlich unsere jungen Leute ohne Ausbildungsplatz Respekt vor den Älteren lernen? Von den großen Vorbildern, den Super-Managern der Großkonzerne, die soeben die letzten paar über 50 aus ihren Konzernen hinausgesäubert haben, weil sie, wie Parteifreund Oettinger bemerkte, „Minderleister“ seien? Hunderttausende von Älteren an Hartz IV übergeben, in Armut, vielleicht Depression und Einsamkeit entlassen, und ihnen dann eventuell noch eingeredet, es seien die Ausländer gewesen, die ihnen den Arbeitsplatz weggenommen hätten.

Hat irgendjemand gehört, diese Konzernmanager, Freunde von Pofalla, Koch, Kauder und Beckstein – oder jedenfalls Freunde ihrer Politik -, seien in Untersuchungshaft für diese Taten, nur um ihren Konzernprofit noch ein wenig mehr zu erhöhen? Was wäre nach Ihrer Meinung, lieber Leser, verurteilenswerter, einen einzelnen Rentner krankenhausreif schlagen oder die hunderttausendfachen Taten der Konzernmanager?

Sie haben Recht, das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Beides ist verabscheuenswert.

Welche Werte werden unseren jungen Leuten vermittelt, wenn ein Politiker in Frankreich erklärt, das „Gesindel“ in Pariser Vorstädten müsse mit dem Hochdruckreiniger hinweggereinigt werden und kurz danach zum Präsident gewählt wird, statt wegen Volksverhetzung in Haft zu sitzen? Was wird man denn mit dem „Gesindel“ machen, wenn man es es weggereinigt hat? Weit, weit nach Süden schwappen lassen und dann um die ganze Welt jagen?

„Halihalo, wir jagen, wir jagen sie um die Welt – wie es uns gefällt!“

Auch für Kauder, Beckstein, Pofalla oder Koch gibt es keine Gefängniszelle. Aber vielleicht wird ihre Rechnung diesmal nicht aufgehen, denn die Gesellschaft in Deutschland ist in einer deutlichen Bewegung nach links und die Zahl der Wähler, die mit diesen ach wie so christlichen Hetzereien der christlichen Politiker eingefangen werden können, wird immer kleiner.


Veröffentlicht am 5. Januar 2008 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel


Reaktion auf diesen Artikel in einem vielgelesenen Blog

https://annewill.blog.ndr.de/2008/01/05/gibt-es-diese-woche-keinen-blog


"A. Clark
6. Januar 2008 22:48 Uhr

Salü liebe Redaktion und Forum!
Vorweg: Ich bin absolut gegen Gewalt!
Jedoch ist mir erneut aufgefallen, dass auch in diesem Fall nicht nur von versch. Parteien der Vorfall auf das Übelste als Wahlkampfthema genutzt wird, sondern auch von fast allen Medien eine einseitige Berichterstattung erfolgt ist. Man spricht und schreibt, der Mann in der Münchener U-Bahn wurde fast totgeschlagen. Er habe mehrere Schädelbrüche erlitten. Wenn dem so ist, ist das schrecklich, HORROR und einfach ohne Worte.
Meine eigenen Recherchen ergeben jedoch ein anderes Bild.
Nur ein Beispiel hier: https://karlweiss.twoday.net/stories/4587468/
Von dem wirklichen Ausmaß dieser Gewalttat mal abgesehen.
M.E. helfen keine Lager und auch keine verschärften Strafen. Dies hat auch der deutsche Richterbund in der vergangenen Woche mitgeteilt. Geltendes Recht muss konsequenter angewendet werden.


Antwort:

Karl Klasen
6. Januar 2008 23:12 Uhr

A. Clark
Sie zitieren hier einen Link zu einem üblen Blog, einem der zahlreichen, in denen die Verbrechen der Al Kaida den Amerikanern in die Schuhe geschoben werden soll. Wahrscheinlich wird dier Blog in deren Auftrag betrieben. Sie sollten nicht auf alles reinfallen, was sie in irgenwelchen Blogs lesen. Nicht erst seit heute wissen die Islamisten das Internet für ihre Zwecke, und Falschbehauptungen und Verschwörungstheorien gehört in großem Maße dazu, perfekt nutzen.

Auch er erhält eine Antwort:

A. Clark
6. Januar 2008 23:57 Uhr

@Karl Klasen
Vielen Dank für den Hinweis.
Ich habe das Blog heute erst entdeckt. Ich bin immer sehr kritisch, was Blogs aber auch die Berichterstattung der sogenannten Massenmedien betrifft. Die anderen Nachrichten in diesem besagten Blog haben jedoch nachweislich einen hohen Wahrheitsgehalt (z.B. Operation Ore). Ich werde mit Absicht keine weiteren Links aus diesem Blog hier posten, da ich diese Thematik erst weiter gegenrecherchieren möchte. "

Kommentar von Karl Weiss:

Nun lieber Leser, nun wissen Sie, Sie sind hier auf einem üblen Blog, der (wahrscheinlich) im Auftrag von Al Kaida betrieben wird. Aber wie sagt der Mann, der bei Anderen "Falschbehauptungen" sieht, so richtig: "Sie sollten nicht auf alles reinfallen...". Hätte der "Karl Klasen" einmal die Artikel über Al Quaida in diesem Blog gelesen, so wüsste er, wie negativ ich über diese Leute spreche, ich bringe sie sogar unmittelbar mit dem Massenmörder Bush in Zusammenhang, zum Beispiel hier: https://karlweiss.twoday.net/stories/4569737/ . Aber warum sollte man sich zuerst informieren und dann erst posten? Immer frech darauf los behauptet! So machen wir das Internet zu einem wahren Hort der Weisheit!

Samstag, 22. Dezember 2007

Wohin führt die Profit-Politik der Deutschen Bahn?

Schnell-Züge - Die Geisterfahrt der DB

Von Karl Weiss

Von Frankreich kann man lernen, wie Eisenbahn–Politik aussieht, wenn nicht Ausgeflippte an die Spitze des Unternehmens gestellt werden, die ein Bahn-Unternehmen als Goldesel für Aktionäre ansehen und nicht als Service-Unternehmen für die Bevölkerung. Am letzten Freitag rollte zum ersten Mal ein TGV (Train Grande Vitesse) in den Münchener Hauptbahnhof ein, nach 6 Stunden und vierzehn Minuten Fahrt aus Paris – ein Schlag ins Gesicht deutscher Bahnpolitiker.

TGV Frankreich

Das vollständige Desaster der deutschen Bahn-Politik wird kaum deutlicher gezeigt als durch einen Vergleich mit Frankreich. Das einzige Ziel der DB ist möglichst hohe Profite für (künftige) Aktionäre zu erzielen. Dies ist die Politik der Regierung Kohl gewesen, die der Regierung Schröder und ist nun die Politik der Regierung Merkel.

Dass Politiker nicht dazulernen können, ist schon bekannt, aber eine so absolute Ignoranz wie in der Bahn-Politik ist tatsächlich ein seltenes Highlight.

Eisenbahnen haben eigene Gesetze. Man kann sie nicht mit Auto-Konzernen, Ölkonzernen oder Energie-Konzernen vergleichen. Bahnen können nie satte Profite einstreichen, außer in einigen extremen Ausnahmesituationen.

Direkt–Verbindungen großer Städte zum Beispiel mit einem riesigen Aufkommen von Geschäftsreisenden können rentabel sein. Ein Beispiel ist die im Moment in Planung befindliche Strecke zwischen São Paulo, einer 20 Millionen-Stadt, und Rio de Janeiro, einer 10-Millionen Stadt, in Brasilien. Beide Städte sind etwa 450 Kilometer voneinander entfernt. Das ist ein idealer Bahn-Fall.

Im Moment wird ein TGV-Verbindung beider Städte geplant, die von privaten Investoren betreiben werden soll. Das hat gute Chancen.

Im Moment startet alle halbe Stunde ein Flugzeug vom und zum Congonhas-Flughafen in São Paulo (das ist der mitten in der Stadt - der längst geschlossen hätte werden müssen -, wo gerade ein Flugzeug über die Startbahn hinausgeschossen ist mitten in die Grosstadt - mit 200 Toten -) zum und vom Flughafen Santos Dumont in Rio de Janeiro (der wurde so intelligent gebaut, dass die startenden Flugzeuge genau auf den Zuckerhut zufliegen und entweder schnell an Höhe gewinnen müssen, um ihm auszuweichen oder gleich nach dem Start eine heftige Kurve hinlegen müssen).

Eine solche Art von Shuttle-Verbindung zwischen zwei Mega-Metropolen (hier Luft-Brücke gennnt) kann tatsächlich in idealer Weise durch Hochgeschwindigkeitszüge ersetzt werden, wenn die Entfernung nicht zu gross ist (ab deutlich über Tausend Kilometer verliert das an Sinn). Man verliert ja beim Fliegen eine Menge Zeit mit Warten und in dieser Hinsicht können Zugverbindungen effektiver sein. Vom Ausgangspunkt an irgendeinem Ort in São Paulo zum Zielpunkt an einem in Rio wird man in Zukunft mit einer Schnell-Zug-Verbindung ungefähr gleich schnell unterwegs sein wie vorher mit den umständlichen Flugzeugen, die lange brauchen, bis sie einmal in der Luft sind. Angesichts der schweren Flugzeugunglücke und der andauernden Verspätungen und Flugausfälle in Brasilien werden die Geschäftsleute eine erdgebundene Verbindung vorziehen.

Die sind aber extrem Ausnahmefälle. In Deutschland zum Beispiel wird wahrscheinlich nur das „Grosse C“ (Hamburg-Bremen-Hannover-Ruhrgebiet-Köln-Frankfurt-Mannheim-Stuttgart-Ulm-München) rentabel zu bedienen sein, eventuell noch die Verbindungen Hamburg-Berlin und Berlin-Leipzig-Nürnberg-München. Dies werden die einzigen Bahnlinien sein, die es noch geben wird, wenn man Mehdorn seine Geisterfahrt mit einem Profit-Unternehmen weiterführen lässt, alle anderen werden logischerweise stillgelegt werden müssen, denn sie können nicht profitabel bedient werden.

Verbindungen zwischen kleinen und mittleren Städten, ebenso wie Zubringer-Bahnen aus dem Grossbereich von Grosstädten in diese hinein (und heraus) können in keinem Teil der Welt mit Zügen profitabel bedient werden. Der Aufwand an Infrasruktur ist viel zu hoch für die Zahl der zahlenden Passagiere – und/oder für deren Geldbeutel.

Das hängt u.a. damit zusammen, dass die Autos und Lastwagen niemals die Kosten der Strassen seit ihrem Anbeginn aufzubringen hatten, während das Schienennetz immer den Eisenbahngesellschaften aufs Auge gedrückt wird.

Lässt man Mehdorn weiterhin auf seinem Kurs, wird der nicht nur fast alle Stecken stillzulegen haben (und dementsprechend das Bahnpersonal auf ein paar Hundert zu reduzieren haben), sondern auch die ganzen Spitzen-Lagen der Bahnhöfe und innerstädtischen Strecken mit Shopping-Centers und ähnlichem vollzustellen haben, denn so kann man ja mit diesen Immobilien viel mehr Geld verdienen als mit Zügen.

Dazu kommt, dass Bahnen nicht die geeigneten Objekte sind, um Nationalismus zu betreiben. Der deutsche ICE war weder in seiner ersten Generation noch in der zweiten mit dem französischen TGV konkurrenzfähig. In solchen Fällen muss man das bessere Konzept zukaufen statt in blinder Sturheit bei den langsameren Zügen zu bleiben. Der TGV ist bereits auf grossen Teilen seines Netzes mit 320 km/h unterwegs, während der ICE fast überall mit nur 150 dahinschleicht. Nur auf den ganz wenigen neuen Ausbaustrecken (Stuttgart-Mannheim, Köln-Frankfurt u.a.) kann er seine Geschwindigkeit ausspielen – doch die kommt nur auf 275, nicht auf 320.

So ist es denn auch nur logisch, dass der TGV nicht nur bis London fährt und bis Zürich, sondern nun auch nach Stuttgart und nach München. Die Bankerotterklärung der deutschen Bahnpolitik. Dass zum Ausgleich ein ICE zwischen Frankfurt und Paris unterwegs ist, dient nur dazu, dass man in Frankreich wirklich sieht, die deutsche Technik ist langsamer.

In Brasilien ist auch die japanische Version eines Schnell-Zuges im Gespräch, aber niemand hat auch nur einen Gedanken verschwendet, eventuell den langsamen ICE dort einzusetzen.

Die Zeiten, als Deutschland alle Welt mit technischen Spitzenleistungen in Erstaunen versetzte, gehen offenbar zu Ende. Den „Pendolino“ hat die Daimler-Tochter nicht fertig gebracht, da musste in Italien zugekauft werden.

Kein Wunder, denn bei Daimlers hatte man bis zu diesem Zeitpunkt bereits fast alle über 50 entsorgt und sich so jeglicher Erfahrung beraubt.

Auch andere deutsche Konzerne beginnen mit kriminellen Aktionen aufzufallen, siehe Siemens und VW, anstatt technische Spitzenleistungen zu bringen. Wie konnte man auch glauben, fast ohne einen einzigen über 50 noch technisch wirklich gut sein zu können?

Das grösste Handikap des deutschen Schienennetzes ist die Strecke zwischen Ulm und Stuttgart über die schwäbische Alb. Dort muss selbst der TGV mit 60 unterwegs sein, denn die seit Jahrzehnten fällige Schnellstrecke ist noch nicht einmal in Planung. Aber die Gegend ist ja auch so schön, da ist es angebracht, während der Fahrt auszusteigen und Blümchen zu pflücken.

Wäre auf deutscher Seite das Schienennetz so ausgebaut wie auf französischer, so könnte die Fahrt von Paris nach München in vier Stunden und 40 Minuten absolviert werden.

Aber wozu Eisenbahnen? Lassen wir doch lieber den Flugverkehr zusammenbrechen – ganz zu schweigen von den Staus auf den Strassen.


Veröffentlicht am 22. Dezember 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 19. November 2007

Strom- und Benzinpreise steigen ohne Halt

Jeder weiss es und die Bundesregierung bleibt untätig!

Von Karl Weiss

Die Strom- und Benzinpreise steigen und steigen. Es ist ein altes Lied. Seit Jahren, ja Jahrzehnten weiss man: Die vollständige Abhängigkeit von importierten Erdöl bzw. –Derivaten ist für ein großes Industrieland auf Dauer tödlich. Man lebt und stirbt mit den Preisbewegungen und Verknappungen, auf die man keinen Einfluss hat.

Erdöl

Dazu kommt: Wenn man fast den ganzen Verkehr und fast die ganze Heizung im Winter von Einfuhren von fossilen Rohstoffen abhängig macht, wird man von ausländischen Mächten abhängig und muss tun was sie wollen. Zudem ist das Verbrennen fossiler Rohstoffe der Hauptgrund für die bereits einsetzende Klimakatastrophe. Doch all diese Kenntnisse haben zu keinerlei nennenswerten Aktivitäten der Bundesregierungen geführt!


Da steckt Absicht dahinter!

Erdöl 1

Es gibt entsprechende Alternativen seit Jahren, viele schon seit Jahrzehnten, doch sie werden nicht genutzt. Die Kohl-Regierung mit ihrer Umweltministerin Merkel tat so, als gäbe es keine Problem. Hatte doch Jahrzehnte funktioniert, warum soll es nicht weiter funktionieren? Dann kam die rot-grüne Schröder-Fischer-Regierung: Wiederum keinerlei ernsthafte Maßnahmen, außer Steuererhöhungen fürs Benzin, was zu keinerlei Umschwung-Aktivitäten genutzt wurde. Völlig unverständlich, da doch jeder wusste, wo das hinläuft.

Dann die Große Koalition. Man hat eine Zwei-Drittel-Mehrheit und kann alles durchsetzen. Wiederum keinerlei ernste Aktivitäten, um die völlige Abhängigkeit von Importen von Erdöl und dessen Derivate zu entgehen. Das kann kein Zufall mehr sein.

May it be madness, there is method in it!

Im Gegenteil, die Große Koalition hat es sogar fertig gebracht, eine der winzigen Alibi-Aktivitäten abzuwürgen, die es immerhin schon gab: In einer wahnsinnigen Geisterfahrt auf der Gegenfahrbahn des Notwendigen hat man die Steuerbefreiung für Biodiesel abgeschafft und damit der kleinen schon bestehenden Biodiesel-Industrie den Garaus gemacht.

In der ‚Süddeutschen’ vom 11. November hat ein Kommentator unter dem Titel „Der schwarze Fluch“ erneut gesagt, was man seit Ewigkeiten weiss: „Die Deutschen sind gefügige Energie-Abhängige. (...)Die Methoden [zu einer Veränderung] sind hierzulande inzwischen hundertfach durchdiskutiert. Sie heißen effizienter, sparsamer Umgang mit Licht, Wärme, Beweglichkeit; sie verlangen den Ausbau erneuerbarer Energien. (...) Eine Alternative zum Kurswechsel gibt es nicht. Letztlich ist es wie beim Autofahren: Wer auf eine Wand zu rast, sollte rechtzeitig auf die Bremse treten; sonst bremst ihn die Wand.“

Schmelzendes Eis

Nun, das wusste man genauso bereits 1990 (viele auch schon früher).

Es war auch nicht so, dass die verantwortlichen Politiker das nicht gewusst hätten. Sie haben ja auch immer auf die kleinen Alibi-Projekte hingewiesen. Es wurden eine Anzahl von Windmühlen in die Landschaft gestellt, man gab (viel zu geringe) Zuschüsse für Wärmedämmung von Altbauten, es gibt Überlegungen für ein Gezeitenkraftwerk, in Nordrhein-Westfalen wird ein wenig mit Wärmepunpen herumgespielt, im Osten gibt es ein Projekt für Solar-Panels auf einem stillgelegten Flughafen, das gerade mal Strom für eine Kleinstadt erzeugen kann, das Beispiel des Bio-Energie-Dorfes Jühnde in Niedersachsen wurde gelegentlich erwähnt und in ähnlicher Weise krebsen die Alternativ-Energie-Projekte im Promille- und niedrigen Prozent-Bereich vor sich hin.

Energieverbrauch Deutscland

In dieser offiziellen Vorschau des Bundes-Wirtschaftsministeriums für das Jahr 2030 ist für alternative Energien gerade mal ein Anteil von 11,5% vorgesehen!

Wenn sie es also wussten und wissen – warum haben sie nichts getan und tun nichts?

Schröder

Der Lösung dieses Rätsels kommen wir eventuell näher, wenn wir uns ansehen, wohin denn die Politiker gehen, wenn sie ihre Karriere beenden. Schröder ging zur russischen Gazprom, dem Gaslieferanten für Deuschland, der uns dem jeweiligen russischen Machthaber zu jeglicher Erpressung ausliefert, der grüne Politiker Rezzo Schlauch ging zur Baden-Württembergischen Energieversorgung, der frühere Bundeswirtschaftsminister der rot-grünen Koalition Werner Müller liess dem eon-Konzern eine Ministererlaubnis zur Übernahme der Ruhrgas zukommen und ist jetzt Ruhrkohle(RAG)-Vorsitzender (an der eon beteiligt ist) – und so geht es weiter.

Rezzo Schlauch

Die Politiker liegen mit den Energiekonzernen im Bett, das ist des Rätsels Lösung.

Nicht nur mit den Energiekonzernen natürlich, auch mit anderen, wie denen der Automobilindustrie und den Ölkonzernen und der Chemie und einigen anderen, die sich dumm und dappig verdienen an den jetzigen Ölpreisen.

Werner Müller

Die Politiker pfeifen auf ihren Eid, Unheil vom deutschen Volk zu wenden, sie wollen Unheil von ihren Sponsoren wenden, bei denen sie nach der Karriere unterkommen, wenn sie bis dahin nicht sowieso schon unendlich reich sind.

Denn für die Energiekonzerne ist die Alternativ-Energie jedweder Provenienz eine Bedrohung der leichten Profite, ebenso für die Ölkonzerne und mit ihnen jene der Chemie – und die Automobilkonzerne haben sich mit diesen gemein gemacht, obwohl sie die Kapazitäten gehabt hätten, Autos mit alternativer Energie zu entwickeln.

Aber dazu hätte man ja all die erfahrenen Ingenierure und Arbeiter gebraucht – aber die hat man ja gerade in Frührente, Altersteilzeit und 58er-Regelungen geschickt und jetzt muss man sich mit unerfahrenen Jungs von der Universität rumärgern.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Projekt für die Versorgung ganz Europas mit Strom auf der Basis von Photo-Voltaik (Solarzellen), basiert auf einer Fläche von 100 x 100 km von Sonnen-Panels in der Sahara und entsprechenden Gleichstrom-Hochspannungsleitungen in die europäischen Verbrauchszentren ist längst entwickelt und wartet nur auf den Startschuss.

Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund
Projekt Synthesis für einen internationalen Verbund von Hochspannungsleitungen, um weltweit ständig Strom zur Verfügung stellen zu können.

Ein solches Projekt, das Europa mit einem Schlag praktisch unabhängig von importierten Energieträgern macht, könnte von den Ländern Europas zusammen mit Leichtigkeit finanziert werden. Statt dessen hat man einen sündhaft teuren Afghanistan-Militäreinsatz finanziert und einen noch teureren Ausbau des Leipziger Fluhafens zu einem Militär-Drehkreuz für Waffen- und Truppentransporte und die dazugehörigen Antonow-Transporter mit Milliarden-Beträgen, stattdessen finanziert man weiterhin die völlig unsinnigen, unnötigen, kontraproduktiven und absurden EU-Agrarsubventionen von Milliarden und Milliarden von Euros, die nie zu etwas anderem gedient haben als ein paar Reiche noch reicher zu machen.

Dies Geld – und das bezieht sich nur auf Deutschland, während sich ja alle europäischen Ländern an der Finanzierung beteiligen könnten – dies Geld könnte dann sogar ausreichen, statt der 100 x 100 km eine Fläche von 150 x 150 km mit Panels vollzustellen und damit einen absoluten Energieüberschuss in Europa zu schaffen, der den alten Kontinent zu einem Energieparadies machen würde.

Auch hätte man längst die Produktion von Agrargütern in Europa von einer Vergrösserung des weltweit 100%-igen Überschusses an Agrarprodukten zu einer Produktion von Energiepflanzen und Energiekühen und -schweinen umgestalten können und damit einen Teil des Problems erledigen, während gleichzeitig die Milliarden der Agrarzuschüsse frei und die deutschen Bauern von subventionierten Mitleidsobjekten am Brüsseler Tropf zu Energie-Bauern geworden wären.

Auch die unsinnige Bürokratie in Brüssel, die sich zu 90% mit Quark und der Verwaltung des Agrar-Desasters beschäftigt, hätte man auf 10% reduzieren können, was zusätzliche Milliarden freigemacht hätte.

Es fehlen weder Konzepte noch Vorschläge noch bereits fertige Projekte, es fehlt nur der gute Wille dieser Absahn-Kaste von Politikern.
Wir werden nicht umhin kommen, sie zum Teufel zu jagen, die Revolution zu machen und uns neue Politiker zu wählen, die wir in einem Räte-System kontrollieren und täglich abwählen können, wenn nötig.

Solche Politiker können die bestehenden Probleme in kurzer Zeit lösen und das Leben wieder lebenswert machen. Wir müssen es nur wollen!

Der Nächste Schritt muss der Aufbau einer kämpferischen Opposition sein. Die Montagsdemos dürften der beste Ansaztpunkt sein. Wer mitmachen will, kann sich hier informieren.


Veröfffentlicht am 19. November 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Freitag, 19. Oktober 2007

CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft!

In Richtung auf die autoritäre Diktatur und den Überwachungsstaat

Von Karl Weiss

Angesichts des Trommelfeuers von Forderungen des Innenministers Schäuble nach Überwachungsmassnahmen und nach dem Abbau bürgerlicher Rechte sowie der Unterstützung, die er durch die Kanzlerin selbst erfährt, fragen sich in Deutschland immer mehr, ob die Haupt-Regierungspartei CDU/CSU eigentlich fest an die Demokratie gebunden ist. Da lässt ein kürzlich entdecktes Zitat aus einer älteren Rede von Frau Merkel, in der sie sagt, wir hätten keinen Anspruch auf Demokratie, alle Alarmglocken schrillen.

Zum 60. Geburtstag der CDU im Juni 2005 hat die Vorsitzende Frau Merkel, damals noch nicht Bundeskanzlerin, eine Rede gehalten, die unserer Aufmerksamkeit wert ist. Damals hat niemand besonders Acht gegeben, was da auf einem Festakt gesagt wurde. Hätte man aber sollen. Frau Merkel sagt nämlich da, wir haben keinen Anspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft, sie legt deutlich dar, die Christdemokratie will einen grundlegenden Umschwung in der Politik, nicht einfach gewisse Verschlimmbesserungen, es geht in die autoritäre Diktatur und in den Überwachungsstaat. Selbst die Koalitionspartner von der SPD dürften stutzen, wenn sie lesen, was da wirklich gesagt wurde.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Vielen Dank dem Leser dieses Blogs 'wolfh', der auf die Rede aufmerksam gemacht hat.

Der Tenor der Rede ist:
  • Alles müsse nun grundlegend anders gemacht werden. Grundlegendes Abwenden vom Bisherigen. Insgesamt sieben Mal in der Rede wird wiederholt, das Bisherige taugt nicht mehr, auf keinem Fall mehr „weiter so“, bzw. es müsse nun bahnbrechend Neues getan werden. Die CDU sei nichts mehr von dem, was sie einmal war.
  • Ausdrücklich wird gesagt: Kein Anspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft
  • Der Nationalismus wird gepredigt. An insgesamt vier Stellen der Rede wird sich ausdrücklich auf die Nation bezogen.
  • Das deutsche Volk muss sich als Schicksalsgemeinschaft begreifen, wird zweimal gesagt. Das riecht meilenweit nach dem faschistoiden „Volksgemeinschaftsgedanken“.
  • Es wird einerseits gesagt, man brauche einen festen Kompass, andererseits, man stände über allen Ideologien, man sei weder rechts noch links. Auch eine Aussage, wie sie schon von Faschisten gemacht wurde.
  • Der Staat wird von jeder Verantwortung entbunden. Er sei vielmehr überfordert. Die Verantwortung müsse in den Schulen, Familien, Vereinen, Nachbarschaften und Freundeskreisen übernommen werden. Ausdrücklich wird aufgefordert, den jungen Leuten hinterherzuschnüffeln.
  • Nun müsse realistische Politik gemacht werden und in der Realität gebe es nichts politisch Korrektes. Man hört Rechtsaussen wie Henrik Broder sprechen.
  • Alle Besitzstände (wie Rentenansprüche, Gesundheitsversorgung und solche auf Arbeitslosenunterstützung) müssen (fast) vollständig abgeschafft werden. Wer so etwas will, soll bei Privatfirmen einzahlen.
  • Die Politik muss einheitlich sein, „wie aus einem Guss“. Ebenfalls ein beliebtes Thema bei Faschisten.
  • Alle kollektiven Lösungen sind abzulehnen, wie etwa die Verantwortung des Staates für das Ganze. Dagegen müsse auf den Einzelnen gesetzt werden, die Familie, den Betrieb (die sagenhafte „Betriebsgemeinschaft“), den Verein und die Gemeinde.
Ob wirklich allen CDU/CSU-Wählern bewusst ist, sie geben ihre Stimme einer Partei, die alles anders machen will als vorher? Das ist ziemlich genau das Gegenteil von konservativer Haltung. Damit dürfte der Wertkonservativismus, wie ihn Kohl noch repräsentierte, in der CDU/CSU endgültig zu "ferner liefen" geworden sein.

Hier im Einzelnen die entsprechenden Zitate aus der Rede von Frau Merkel:

Zunächst das Wichtigste, das den Ton angibt:

„Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“

Dann die einzelnen Punkte auf dem Weg zu einer Gesellschaft ohne Demokratie und soziale Marktwirtschaft:

„Wir sind nicht einer Ideologie verpflichtet.(...) Unsere Motivation heißt Deutschland. (...) [Die CDU ist] die Partei des Neubeginns in Deutschland. Die CDU war und ist nie eine Partei, die Angst hat. Wir haben keine Angst vor wegweisenden Entscheidungen. Vor bahnbrechenden Entwicklungen.“

„...steht unser Land wieder an einer entscheidenden Weggabelung. (...) ... brauchen wir eine veränderte gesellschaftspolitische Architektur, um die materiellen, die sozialen und die moralischen Werte unseres Landes zukunftsfähig zu machen. Ein „Weiter so“ geht nicht mehr.“

„Mut zur Auseinandersetzung, um eigene Überzeugungen auch gegen Widerstände zu behaupten und durchzusetzen. (...) Politik, die ... das Bekenntnis zu einem Kompass wagt. Ein Kompass, der die Wertegebundenheit unserer Politik verbürgt.“

„Unser Staat ist überfordert. Wir müssen ihn wieder befähigen, seinen Aufgaben ... nachkommen zu können. ... befreit ...vom Glauben an die Überlegenheit kollektiver Lösungen, (...) Wir setzen auf den Einzelnen, auf seine Familie, seine Gemeinde, seinen Verein, seinen Betrieb.“

„Ich weiß, heute werden unsere Reformkonzepte von nicht wenigen als zu weitreichend empfunden und kontrovers diskutiert. Aber ich bin überzeugt: Morgen werden sie die Grundlage für ein neues gemeinsames Verständnis sein. (...) Die CDU [passt] nicht in das gewohnte Schema. Sie [ist] weder rechts noch links.“

„...wir uns nicht mit zunehmenden Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft abfinden dürfen. Verdrängung hilft nicht. Auch Illusionen helfen nicht. Die Wirklichkeit ist nicht politisch korrekt. (...) Eine Million Kinder in Deutschland leben heute von der Sozialhilfe. Ihr Lebensunterhalt ist gesichert [???]. Aber ihre Lebenschancen drohen zu verderben. Viele dieser Kinder sind völlig sich selbst überlassen. Oft interessiert sich niemand dafür, ob und was sie lesen, was und wie viel sie fernsehen, wie sie lernen und ihre Freizeit verbringen. Diese Kinder steigen nicht aus freier Entscheidung aus, sie werden zurückgelassen."

"Ich nenne das fürsorgliche Vernachlässigung. Wir können das nicht hinnehmen.(...) ... ein Prinzip, das wir anwenden müssen, und das ist das Prinzip Verantwortung. Diese Verantwortung geht uns alle an. Sie ist eine gemeinsame Aufgabe der Politik, der Wirtschaft, der Schulen, der Vereine, der Familie, der Nachbarn, der Freunde. (...) ... wenn Kinder von vornherein auf der Schattenseite der Gesellschaft leben. ... wenn junge Leute den Einstieg in das Arbeitsleben nicht finden.“

„...die Spaltungen in unserer Gesellschaft heilen. Wir werden sie aber nur heilen können, wenn die Bürger unser Land als Schicksalsgemeinschaft - als eine Nation – begreifen.“

„Die geistigen Ressourcen von 1968 waren zu eng für die Zukunft unseres Landes. Die Utopien dieser Generation müssen der Realität Platz machen, wenn das Land eine gute Zukunft haben soll. Nun übernimmt die nächste Generation. Es ist Zeit für eine realistische Politik.“

„Wenn wir die Kraft haben, die Wahrheit der Illusion entgegen zu setzen, wenn wir die Kraft für eine realistische Politik haben, dann wird die Macht alter Besitzstände vor den neuen Wirklichkeiten unserer Generation keinen Bestand mehr haben.“

„Mir scheint, von uns wird mehr verlangt. Gleichsam eine Quadratur des Kreises, ein grundsätzlicher Wandel politischen Handelns.

Dabei geht es um eines: Weg vom Stückwerk. Hin zu einer Politik aus einem Guss. Wer A sagt, muss auch B sagen.“

„Zurzeit habe ich ... allerdings den Eindruck, dass manche unserer verehrten politischen Gegner [in der CDU] eine Partei bekämpfen, die es gar nicht [mehr] gibt. Aber seis drum.“

„[Die Zukunft wird uns daran messen, ob wir] an einer entscheidenden Weggabelung eine gestaltende Kraft geblieben sind oder nicht, ob wir den Herausforderungen der Zeit gerecht geworden sind oder nicht, ob wir die Weichen für einen Politikwechsel gestellt haben oder nicht.“

Und zum Abschluss für jeden, der es noch nicht verstanden hat:

„Ich sage heute: Wir werden es grundlegend anders machen, damit es grundlegend besser wird für Deutschland.“

Der hauptsächliche Grund, warum diese Rede damals nicht mehr Aufsehen hervorgerufen hat, dürfte sein, es wurden keine Details genannt, wie denn wirklich dieses Deutschland ohne Demokratie und soziale Marktwirtschaft aussehn würde. So blieb die Aussage, es gäbe keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft, fast völlig unbemerkt.

Heute aber, nach zwei Jahren „Grosse Koalition“, müssen wir einerseits sagen, bisher wurde jene vollständige Kehrtwendung noch nicht durcgesetzt, da ist wohl auch der Koalitionspartener noch hinderlich. Aber gleichzeitig haben wir jetzt eine klare Vorstellung, was gemeint war mit diesen Worten. Die diversen Ankündigungen und Forderungen von Schäuble zum Gang in den vollständigen Überwachungsstaat und zur Aufhebung von bürgerlichen Rechten machen deutlich, wohin es gehen soll, wenn nur endlich der unbequeme Koalitionspartner abgeschüttelt würde.

Verteidigungsminister Jung konnte ganz forsch erklären, er habe schon eine Gruppe von Piloten, die dem Befehl zum grundgesetzwidrigen Abschuss von Passierflugzeugen folgen würde. Damit hat er deutlich gemacht, er hat bereits Militärs, die auf ihn und nicht mehr aufs Grundgesetz eingeschworen sind, die – wenn Jung das für nötig hält – den Militärputsch durchführen würden.

Es ist auch höchstes Augemerk auf die Bemerkung zu legen, alle Besitzstände seien abzuschaffen.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, das ist die Ankündigung des Streichens aller Renten- und Arbeitslosen-Unterstützungs-Ansprüche wie auch der Gesundheitsversorgung über die Sozialversicherung (bis auf irgendwelche unbedeutenden Reste). Der eine oder andere mag dies als übertrieben ansehen, „das würden die nicht wagen“, aber es wird ja auch ausdrücklich gesagt, man erwartet Widerstände und sie würden gebrochen werden.

Ebenso ist in diesem Zusammenhang zu sehen, wie zunehmend jegliche grundsätzliche Opposition in Deutschland als „terroristisch“und „Terrorismus“ verunglimpft wird. Die Gleichsetzung der kämpferischen ausserparlamentarischen Opposition mit Terrorismus hat System.

Da solche radikalen Massnahmen sicherlich nicht ohne Widerstand bleiben würden, kann man damit im „grossen Krieg gegen den Terror“ die Unterdrückung und Ausschaltung der Dissidenten als „leider notwendig“ abhaken.

Stasi 2.0

Da muss man sich auch erinnern, Schäuble hat gegen „Terroristen“ bereits die Abschaffung der Unschuldsvermutung gefordert, er hat sich für vorbeugende Haft und vorbeugendes Erschiessen angeblicher Terroristen ausgesprochen.

In diesem Zusammenhang muss auch die in der CDU weit verbreitete Verehrung von Filbinger gesehen werden. Schäuble hat sich nicht umsonst im Rollstuhl auf den beschwerlichen Weg nach Freiburg gemacht, um seinem engen Freund die letzte Ehre zu erweisen. Die innige Verquickung von Teilen der CDU/CSU mit faschistischen oder faschistoiden Kräften ist früher schon aufgefallen.

Was als grundlegende Neuausrichtung genannt wurde, ist nichts anderes als der Weg in eine Diktatur oder jedenfalls ein extrem autoritäres System und in einen Überwachungsstaat, gegen den die Stasi-Republik eine lahme Vorstufe gewesen wäre.

Zieht man all dies in Rechnung, wird diese Aussage in Merkels 2005-Rede zu einem Fanal:

„Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“


Veröffentlicht am 19. Oktober 2007 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Hier ist der Link zu Merkels Rede (pdf-Dokument)

Montag, 15. Oktober 2007

'Gegen Demokraten helfen nur Granaten'

Gezielte Förderung der Faschisten in Deutschland

Von Karl Weiss

Ein Interview von Peter Kleinert mit dem evangelischen Schulpfarrer Dr. Stoodt, dieser Tage veröffentlicht in Kleinerts `Neue Rheinischen Zeitung`, legt den Finger in eine offene deutsche Wunde: Die systematische Förderung sowie das gleichzeitige Herunterspielen der faschistischen Gefahr in Deutschland durch angeblich christliche Politiker und durch die Massenmedien.

Das Interview fand bisher nur wenig Resonanz, zumal die NRhZ mit ihrem „Flyer“ im Internet außerhalb des Kölner Bereichs noch wenig bekannt ist.

In den Jahren 2000 bis 2006 gab es in Deutschland insgesamt 1343 Fälle rechtsextremer Gewalttaten, von Anschlägen über Morde zu schweren Körperverletzungen mit Dauerfolgen und Körperverletzungen. Dazu kommen Tausende von Fällen, in denen die Täter nicht oder nicht eindeutig als Rechtsaussen identifiziert wurden, was dann nicht als 'rechtsextreme Gewalt' registriert wird. Dabei wurden in insgesamt 1640 Fälle Waffen gefunden, die eindeutig sogenannten Neonazis zuzuordnen waren, auch dies nur die Spitze des Eisbergs.

Seit 1989 sind 136 Menschen in Deutschland dem Terror von Faschisten, hier meist ‚Nazis’ genannt, zum Opfer gefallen. Diese Zahl wird von den deutschen bürgerlichen Medien verheimlicht und so getan, als sei die RAF z.B., die niemals auch nur nahe solchen Zahlen kam, eine Gefährdung des ganzen Staates gewesen, während die meist `Neonazis` genannten Gruppen behandelt werden, als seinen es ein paar unbedeutende Spinner.

Schiesstraining von Faschisten in Aargau, Schweiz
Schiessstand in Aargau, 10.8.2007, links am Boden Völkel, als Ausbilder: Wagner

Im August dieses Jahres wurden durch Zufall zwei bundesweit bekannte Faschisten in der Schweiz bei Schiessübungen gefilmt – mit Sturmgewehren! Faschisten sind nicht nur für praktisch alle politisch motivierten Gewalttaten in der Bundesrepublik verantwortlich, sie bereiten sich auch bereits auf die gewaltsame Machtübernahme vor. Sie kündigen dies bei ihren Aufmärschen ungestraft an.

Trotzdem wird uns von der Politik, den Sicherheitsbehörden und den bürgerlichen Medien vorgegaukelt, die Gefahr ginge von dubiosen islamistischen Grüppchen aus. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache.

Es handelte sich auf dem Schiessstand in der Schweiz um die bekannten Faschisten Übelacker und Völkel aus dem unmittelbaren Umfeld des hessichen NPD-Vorsitzenden Wöll. Der Präsident des Hessischen ‚Verfassungsschutzes’ dagen erklärte entgegen aller Offensichtlichkeit, die NPD würde für ihre „Meinung“ werben und nicht auf bewaffnete Aktionen setzen.

Er muss es besser wissen, denn der ‚Verfassungsschutz’ und die NPD sind, bestätigt von Bundesverfassungsgericht, nicht klar auseinanderzuhalten. Damit wird deutlich, der ‚Verfassungsschutz’ versucht in der Öffentlichkeit die rechte Gewalt zu negieren und damit die Putschpläne zu fördern.

Ein anderer Teil der Förderung der Faschisten ist die - vorsichtig ausgedrückt – eigenwillige Auslegung des Paragraphen 139 des Grundgesetzes, in dem völlig eindeutig jegliche faschistischen Nachfolgeorganisationen für illegal erklärt sind. Die NPD und die diversen „Wehrsportgruppen“ brauchen also gar nicht verboten zu werden, sie sind bereits illegal und müssen lediglich verfolgt werden. Das wird nicht getan, man sagt entgegen der Rechtslage, die NPD sei eine legale Partei und deren Aufmärsche müssten daher von der Polizei geschützt werden.

Wohin das führt, wurde im Juli in Frankfurt bei einem Aufmarsch des rechten Mob deutlich. Im Vorfeld erklärte der Frankfurter Polizeipräsident, man sei nicht um die NPD besorgt, die habe man „im Griff“, Sorgen würden die linken Gegendemonstranten bereiten. Und so wurde auf der Demonstration gehandelt.

Die Faschisten wurden von einem absurd riesigen Aufgebot von Polizisten vor den Gegendemonstranten geschützt, sie durften sämtliche Auflagen übertreten, offen Straftaten begehen unter den Augen der Polizei, doch gemäss der These des Polizeipräsidenten hatte die Polizei keine Problem damit.

Man höre, welche Sprechchöre die hessische NPD auf diesem Marsch skandierte, die von der Polizeiführung mit Achselzucken quittiert wurden:
  • „Linkes Gezeter – neun Millimeter“
  • „Schlagt den Linken die Schädeldecke ein“
  • „Gegen Demokraten helfen nur Granaten“
Der Demonstrationsanmelder, Marcel Wöll, NPD-Landesvorsitzender und zugleich zentrale Figur der „Freien Nationalisten Rhein-Main“ wurde von einem der verschwindend wenigen Zuschauer seiner Kundgebung mit eingeweichten Keksen beworfen. Seine Reaktion darauf bestand darin, dass er brüllte: „Kameraden, wenn wir eines Tages in Deutschland aufräumen, werden wir dabei keinen Zwieback in der Hand haben, das kann ich Euch versprechen!“

Stoodt kommentiert dies im Interview, das seinen wohl eher eben jene Sturmgewehre, mit denen jetzt geübt wird.

Pfarrer Dr. Stoodt
Der Frankfurter Studentenpfarrer und Antifaschist Dr. Stoodt

Die Polizei dagegen kümmerte sich ausschliesslich darum, linke Gegendemonstranten abzudrängen. Zitat aus dem Interview:

„Nun – wir haben ja gesehen, wie 8.000 PolizistInnen die knapp 600 Nazis im Griff hatten: Auflagenverstöße, Verstöße gegen das Strafrecht, Hasspropaganda, Verherrlichung des NS-Regimes und vor allem: ein offener Antisemitismus, wie ich ihn in den letzten 30 Jahren in Frankfurt nie erlebt habe – das alles wurde geduldet, obwohl Demo-BeobachterInnen und JournalistInnen aktiv darauf hinwiesen, dass gerade gegen Auflagen oder sogar das Strafrecht verstoßen wurde. Polizeiliches Achselzucken war die Folge. Uns liegt eine schriftliche Zeugenaussage von einem Fotojournalisten vor, aus der hervorgeht, dass nach Auskunft eines vor Ort anwesenden Polizeirats die Polizeieinsatzleitung im expliziten Auftrag der Staatsanwaltschaft so gehandelt hat, was selbst bei eingesetzten Polizeibeamten aus NRW zu Kopfschütteln führte. Das ist beweisbar und belegt.“

Es geht also nicht nur um Verharmlosung, es geht um offene Förderung!

Der interviewte Pfarrer drückt das so aus: „Das politische Feindbild der hessischen Exekutive ist völlig klar. Sie hat am 7. Juli ihre demokratische Ehre verloren.“ Das betrifft eben nicht nur den Frankfurter Polizeipräsidenten und die Staatsanwaltschaft, sondern auch den hessischen Ministerpräsidenten und den zuständigen Innenminister.

Übelacker und Wöll bei Faschisten-Aufmarsch
Übelacker (schwarzes Kleid), der NPD Bundes-Vorstand Schwerdt (lila Hemd) und der hessiche NPD-Vorsitzende Wöll (braunes Hemd , wie treffend) bei einem NPD-Aufmarsch in Jena im August 2006

Nicht zufällig beschäftigt die Stadt Frankfurt auch eben genau jene Faschistin Übelacker, die bei den Schiessübungen erwischt wurde. Die Frau arbeitet bei bei Mainova, dem Frankfurter Energieversorger mit städtischer Beteiligung.

Charakteristisch auch: Obwohl ‚Verfassungsschutz’ und NPD bis zur Unkenntlichkeit miteinander verwoben sind, wussten die ‚Verfassungsschützer’ nichts von den Schiessübungen in der Schweiz oder taten jedenfalls so. Dabei hatten sie behauptet, die Franktfurter Gruppe „Freie Nationalisten Rhein-Main“, die inzwischen weitgehend in der NPD aufgegangen ist, werde mit „höchster Aufmerksamkeit“ beobachtet.

In Wirklichkeit tat man überrascht, als in der Schweiz die Bilder von der Schiessübung veröffentlicht wurden und nicht nur der Schweizer Nationalratskandidat Roland Wagner, sondern auch die beiden deutschen Jung-Faschisten von der NPD idetifiziert wurden. Hierauf aufmerksam gemacht, erklärte der ‚Verfassungsschutz’ wiederum mit den gleichen Worten, man werde das mit höchster Aufmerksamkeit beobachten.

Völckel und Übelacker bei Faschisten-Aufmarsch in Wiesbaden
Die beiden Schiesswütigen bei einem Faschistenaufmarsch im Frühjahr in Wiesbaden; Völkel in Bildmitte mit Tarnjacke, Übelacker links davon mit brauner Jacke

Statt die Haltung zu ändern und endlich aus der passiven Beobachterrolle und Verneinung jeder Gefährlichkeit der NPD herauszutreten, „business as usual“. Wahrscheinlich wird man auch den Putschversuch der Rechtsaussen, der bereits angekündigt wurde (‚wenn wir in Deutschland einmal aufräumen“) mit höchster Aufmerksamkeit beobachten.

Genauso charakteristisch auch die Reaktion der bürgerlichen Medien. Ausser in Frankfurt selbst wude all dies totgeschwiegen. Die Frankfurter Rundschau brachte nur eine kurze Meldung ohne Namensnennungen. In der ‚Hessenschau’ interviewte man den Präsidenten des hessichen Verfassungsschutzes dazu, wobei er die oben genannten Beschwichtigungen von sich gab, ohne dass nachgehakt wurde.

Dabei ist in hessen die gezielte Förderung von Faschisten keine Ausnahmefall. Von den vier Leibwächtern von Friedmann, so hat sich herausgestellt, waren drei Faschisten. Einer von ihnen wurde, als der Skandal aufflog, in diejenige LKA-Abteilung versetzt, in der untergetauchte NS-Verbrecher „gesucht“ werden. Es sind also keine „Fehler“, die da passieren, sondern es ist Politik.

Da kann man nur mit Shakespeare sagen: „May it be madness, there is method in it!”


Hier ist der Link zum ganzen Interview


Veröffentlicht am 15. Oktober 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Dienstag, 9. Oktober 2007

Auf zum letzten Gefecht!

Die Protagonisten mit Weitblick bekommen schon Angstschauer

Von Karl Weiss

Heribert Prantl, der Leiter der Redaktion Innenpolitik der „Süddeutschen“ hat sich schon verschiedentlich als weitblickender Journalist bewiesen. Wenn er einen Kommentar schreibt, wird er in der Sozialdemokratie meist mit Aufmerksamkeit gelesen.

Er hat nun am 5. Oktober in einem Kommentar so etwas wie das Ende der Demokratie vorausgesehen, wenn die Enteignung der Steuer- und Sozialabgabenzahler so weitergeht. Er sieht die Möglichkeit, die Mehrheit des Volkes könnte sich erheben gegen die steigenden Zumutungen und kleidet das in die Worte: „Es geht darum, die Demokratie zu sichern.“

Er darf natürlich nicht die Wahrheit schreiben: „Es geht darum, den Kapitalismus zu sichern.“, sonst wäre er seinen Job schnell los. So verwendet er denn den Begriff Demokratie, der eigentlich etwas ganz anderes meint, genauso wie Präsident Bush als Synonym für Kapitalismus.

So gesehen ist sogar Pakistan ein demokratisches Land, wie jetzt behauptet wird, wenn dort Wahlen stattfinden. Die kleine Nebensächlichkeit, dass eine Militärdiktatur herrscht und auf den Straßen ist, der Diktator gleichzeitig Chef der Armee und Hauptkandidat ist und Gegenkandidaten deportieren ließ, spielt da keine Rolle. Er sichert die „Demokratie“.

Was Prantl im wesentlichen sagt, ist einfach: Wenn es so weitergeht, wird die SPD bald zu einer Splitterpartei verkommen sein. Darum muss einiges ein klein wenig zurückgenommen werden an der Agenda 2010. Im wesentlichen will er drei Dinge: Die von Beck bereits vorgeschlagene Verlängerung des Arbeitslosengelds I, die von Müntefering befürwortete Einführung eines Mindestlohns und eine Mindestabsicherung im Alter. Ebenso deutet er an, man müsse den Freibetrag für Erspartes im Hartz IV erhöhen. Das sei, so unkt er, das Gefecht um das Überleben der Sozialdemokratie und nennt denn auch seinen Kommentar „Das letzte Gefecht der SPD“.

Der Begriff „das letzte Gefecht“ stammt aber aus der ‚Internationalen’, wo geschmettert wird „Völker hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht!“, dem Lied des Sozialismus-Kommunismus. Nicht von ungefähr kam ihm diese Assoziation, denn das ist es genau, wovor er vor Angst bibbert, was ihm die kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen lässt: Die Arbeiter zusammen mit den anderen Teilen des Volkes lassen sich nicht mehr alles gefallen, proben den Aufstand und führen ihn dann auch durch. Das will er verhindern, wenn er sagt, die „Demokratie“ müsse gerettet werden.

Er hat nämlich, so wie andere Weitblickende auch schon, die deutliche Linkstendenz im deutschen Volk gemerkt, die zeitgleich mit einer Rechtstendenz der Politikerkaste und der Wirtschafts- und Finanzbosse abläuft. Er hat die Umfragen gelesen, wo fast 50% der Befragten bundesweit erklärten, sie fänden die Idee des Sozialismus gut, sie sei in der DDR nur nicht verwirklicht worden.

Er bemerkt, die Menschen lassen sich nicht mehr so leicht gegen Streiks aufhetzen, wie es seine Zeitung unter seiner Verantwortung gerade gegenüber dem Streik der Zugführer versucht hat. Ein wenig oberhalb seines Kommentars kann mal lesen: Der Streik wurde weithin mit Verständnis aufgenommen.

Er hat registriert, dass es nicht gelungen ist, die Montagsdemonstrationen abzuwürgen. Er weiss, sie können jederzeit wieder zum Sammelbecken der Empörten werden, wenn eine der nächsten Brutalitäten fällig ist.

Er ist sich vermutlich bewusst, wie die MLPD, gerade 25 geworden, an Rückhalt gewinnt und bereits Streiks ausgelöst und beeinflusst hat. Er ist sich deren Mitgliederwachstum bewusst und dass sie eben dabei ist, die relative Isolation, in der sie sich befand, zu durchbrechen.

Er spürt wohl, die alten Mittel des Antikommunismus, zu schreien „Stalinismus! Stalinismus!“ und „Bolschewiken, Bolschewiken!“ wirken nicht mehr wie früher.

Denn alles Ideelle, so lehrte Marx schon im vorletzten Jahrhundert, hat eine materielle Basis. Die materielle Basis des Reformismus (gleichlautend mit SPD und Rechte Gewerkschaftsführung) ist auf Dauer ausgehöhlt, nur noch Hülse fast ohne Inhalt. Da bricht auch der Überbau zusammen, der sich in der Vergangenheit auf der materiellen Grundlage von Lohnsteigerungen, Altersabsicherung, Arbeitlosen-Vergütung und sozialen Rechten erhob.

Man höre, wie er das auszudrücken beliebt: „Soziale Rechte sollen den Zusammenhalt der Gesellschaft wahren. Wenn das nicht mehr Agenda der Politik ist, dann verwahrlost zuerst die Sozialdemokratie und dann die Gesellschaft.“

Nun, wenn das Verwahrlosung ist, dann kann man nur sagen: „Wacht auf, Verdammte dieser Erde! Verwahrlost Euch!“


Veröffentlicht am 9. Oktober 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 10. September 2007

Der Fall Marco W. - Wir haben sie ertappt!

Sie 13, er 17: Romeo und Julia

Von Karl Weiss

Der Beginn des Prozesses gegen Marco. W. in der Türkei wurde nun erneut bis auf Ende September vertagt. Das Rauschen im Blätterwald war beachtlich gewesen, die Politiker übertrafen sich ein ums andere Mal mit „entschlossenen Forderungen” zur Freilassung: Der siebzehnjährige Deutsche hatte etwas, das man wohl als „Petting" beschrieben muss, mit einem dreizehnjährigen englischen Mädchen – in der Türkei. Die Mutter des Mädchens zeigte ihn an und er kam in türkische Untersuchungshaft.

Fast alles, was dazu hierzulande verlautet wurde, hängt mit den deutschen Befindlichkeiten über Türken zusammen, praktisch nichts mit der Sache. Danach hat sich die „hype“ der Medien und Politiker schon gelegt, Marco W. interessiert nicht mehr – die nächste Sau wird durchs Dorf getrieben.


Hieronymus Bosch Der Garten der Lüste

Es ist nur allzu offensichtlich, warum so viele deutsche Politiker die Freilassung Marcos forderten. Man kennt die Vorurteile gegen Türken und die Türkei und glaubt nun, man kann beim Wähler punkten, wenn man durchscheinen lässt, die Türkei sei ein rettungslos in veralteten Moralvorstellungen befangener Staat.

Was man nämlich dem Wähler wirklich zu bieten hat, ist ja nicht mehr angetan, ihn zu überzeugen: Hartz IV, Arbeitszeitverlängerungen, Lohnsenkungen, Anheben des Rentenalters, Bundeswehr gegen schwache, unterentwickelte Länder, Rentenkürzungen, Bezahlen fürs Studium, Schließen von Schulen, nicht enden wollende Steuererhöhungen für den kleinen Mann bei gleichzeitigen großzügigen Geschenken für die Grosskonzerne und –Banken, die sowieso im Geld schwimmen, dazu Schnüffelei und Überwachung bis zum Exzess, all dies hat dem Bundesbürger klargemacht, was von diesen Politikern zu halten ist.

Da war es eine goldene Gelegenheit, sich in der Zustimmung der Bürger zu sonnen, wenn man den armen, verfolgten Marco verteidigt. Dass es überhaupt nicht um das Schicksal des Jungen ging, merkt man danach, als plötzlich Schweigen im Walde war und sich niemand mehr dafür interessierte, was aus Marco W. wird. Tatsächlich ist angesichts dessen, was ihm vorgeworfen wird, eine monatelange Untersuchungshaft nicht angemessen. Auch seine Kondition als Jugendlicher wird offenbar nicht genügend berücksichtigt.

Es gibt auch andere Stellungnahmen, die schon fast lustig wären, so absurd sind sie. Dazu gehört zum Beispiel, was ein gewisser Oliver Eberhard in „telepolis“ schrieb:

„Aber in einer zutiefst sexualisierten Gesellschaft verschwimmen die Grenzen zwischen Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, erleben Heranwachsende ihr erstes Mal in einem immer jüngeren Alter (...)
Denn in westlichen Gesellschaften sind Kinder und Jugendliche zunehmend sexualisiert: Selbst Zehn-, oder Zwölfjährige gehen bauchfrei, geschminkt oder mit enganliegender Kleidung,(...)
Es ist ein gesellschaftliches Umdenken erforderlich: Kinder müssen wieder zu Kindern werden.“


Hieronymus Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 17

Man hört direkt heraus, wie er die guten alten Zeiten zurück wünscht, als Kinder noch Kinder waren.

Da fiel dem Autor Romeo und Julia ein. Rein zufällig, so als wäre es ein Omen, geht nämlich die Sage, die wirklichen Figuren aus jenen Zeiten in Verona seien eben genau so alt gewesen: Sie 13, er 17.

Moment mal, das kann nicht sein, Julia war bereits für eine Hochzeit vorgesehen, als sie Romeo kennen lernte und sie wurde von einem Priester mit Romeo verheiratet, die kann unmöglich 13 gewesen sein! In früheren Zeiten waren doch Kinder noch Kinder und sie zogen sich nicht unzüchtig an. Die Eltern sorgten dafür, dass kleine Mädchen keine unzüchtigen Begegnungen haben konnten! Daher kann Julia mit dreizehn gar nicht gewusst haben, was Sex ist. Und bei Shakespeare machen die beiden schliesslich eindeutig Sex!

Tja, da wird es nun wirklich wunderlich. Hatten wir uns nicht gerade noch die guten alten Zeiten zurück gewünscht?

Sieht man sich die Geschichte der Menschheit als Ganzes an, seit den Vorzeiten, so waren Mädchen mit 12 , 13 fast zu allen Zeiten bereits sexuell aktiv, sei es in der Urgesellschaft, wo die Mädchen begannen Sex zu haben, sobald sie geschlechtsreif waren, also mit etwa 12, 13, oder sei es in späteren Zeiten, als man sie in diesem Alter zu verheiraten pflegte.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 18

Die Institution der Hochzeit war zu fast allen Zeiten etwas, was arrangiert wurde - meistens durch die Eltern - und es spielte eine grosse Rolle, dass der Freier mit jungem Fleisch angelockt wurde. Man wollte schliesslich eine „gute Partie“ für seine Tochter. Da versprach eine frühe Verheiratung fast immer ein besserer „Deal“ zu werden als wenn sie bereits nicht mehr so jugendlich knackig war.

Es gibt ein anderes Theaterstück aus jenen Zeiten, in dem das Mädchen sogar schon bei dem älteren Herrn lebt, der sie heiraten will, sobald „die Zeit gekommen ist“. Nur, wie das bei Theaterstücken zu sein hat, sie lernt einen Jüngling kennen und will den Alten nicht mehr heiraten. Das findet statt, so muss man es interpretieren, bevor sie geschlechtsreif wird, also mit vielleicht 10 oder 11 Jahren.

Kurz, bei uns wie auch in anderen Breiten, wurden Mädchen mit etwa 13 Jahren typischerweise gefreit und/oder geheiratet – über Jahrhunderte hinweg. Das trifft, so kann man sagen, auf etwa 95% der Zeit zu, die es bisher an Menschheit gab. War also nichts mit den guten alten Zeiten, in denen Kinder noch Kinder sein durften.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 2

Auch wenn wir auf den männlichen Teil der Jugendlichen sehen, ist das Bild nicht wesentlich anders, nur üblicherweise im Alter nach oben verschoben. Unsere Ur-Urgrossväter pflegten ihre Sprösslinge, meist mit etwa 15/16, in die Dinge der Erwachsenen einzuweihen, indem sie sie zu einer gut bekannten Prostituierten brachten, die ihnen beibrachte, wie die Dinge so ablaufen.

Auch die Inaugurationsriten, mit denen seit Urzeiten die jungen Leute in die Gemeinschaft aufgenommen werden, fanden und finden in solchem Alter statt. Was davon heute noch üblich ist, wie z.B. die Firmung bei den Katholiken und die Konfirmation bei den Protestanten, bezieht sich alles auf Zeitpunkte, zu denen die Jugendlichen geschlechtsreif werden.

Hier in Brasilien z.B. wird bei allen Mädchen der 15. Geburtstag mit einem grossen Fest begangen – nicht aber bei den Jungs. Zwar ist dies offiziell nicht mehr eine „Aufnahme in die Gemeinschaft“, doch im Grunde ist sich jeder bewusst, was damit gesagt werden soll: Sie ist soweit, Freier, kommt und seht sie euch an!

Seit der Aufklärung allerdings und im Zusammenhang mit dem heutzutage weit komplexeren Leben als früher haben wir heute eine andere Einstellung zu den Jugendlichen. Sie müssen ja viel lernen, zur Schule gehen, studieren, eine Lehre machen, kaum einer, der vor seinen 18 Jahren „fertig“ wäre, meistens deutlich später.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 7

Die Natur allerdings hat das noch nicht kapiert, sie lässt die jungen Leute weiterhin üblicherweise mit 11 bis 13 Jahren geschlechtsreif werden. Geschlechtsreif heisst ja nicht nur, man ist nun bereit, Sex zu machen, sondern heisst auch, man hat sexuelle Bedürfnisse, hat bereits ein Sexualleben.

Bei den Jungs spielt sich das meistens einfach als häufiges Masturbieren ab, aber auch die Mädchen fühlen oft schon, dass da etwas ist, denn die Hormone wirken, unabhängig davon, ob die Gesellschaft Sex erlaubt oder nicht. Ja, in diesen Jahren gleich nach der Geschlechtsreife sind die Hormone sogar deutlich aktiver als später.

Vor allem aber sind Jungs wie Mädchen in jenen Jahren ja auch extrem neugierig. Man will wissen, was es ‚damit’ auf sich hat. Aufklärung ist nicht, oder wenn, dann hauptsächlich in Form der Erklärung mechanischer Abläufe, ohne jede Lust - und in Form von Warnungen vor den Gefahren (Schwangerschaft, AIDS) und ohne je zu erwähnen, dass hier, in der Sexualität, die Quelle der grössten Freude für die meisten Menschen liegt.

So lernen die jungen Menschen vor allem, dass die Erwachsenenwelt heuchlerisch ist. Fast alle sind darauf angewiesen, sich die Kenntnisse zum Sex selbst anzueignen und das wichtigste Mittel dazu war und ist, sexuelle Kontakte zum anderen Geschlecht zu haben, so wie die meisten von uns Älteren dies auch getan haben, als sie jung waren.

Boticelli Geburt der Venus Ausschnitt

Junge Leute treffen sich, knutschen, und beginnen, sich sexuell zu betätigen. Zuerst greift der Junge meistens nach ihren Brüsten, dann fährt er ihr mit der Hand zwischen die Beine, meistens ohne viel Erfolg, denn er weiss ja noch nicht, was da zu tun ist. Sehr oft greift sie dann auch in seinen Hosenstall und holt heraus, was sie schon lange sehen wollte.

Wie durch ein Wunder wissen die Mädchen auch schon in sehr jungen Jahren, dass sie da reiben müsen und wundern sich, wie schnell dann alles vorbei ist und dass es da so feucht wird.

In vollem Bewusstsein dieser Dinge hat denn auch fast jedes Land, in dem die Aufklärung gewirkt hat (und dazu gehört auch die Türkei), nicht nur Verbote des Sex mit Kindern zu ihrem Schutz erlassen, sondern gleichzeitig auch Ausnahmen für den Beginn sexueller Betätigung (fast) Gleichaltiger aufgestellt.

In den meisten aufgeklärten Ländern ist das generelle Schutzalter von Kindern auf 14 Jahre festgelegt – in einigen Ländern sind ausdrücklich Ausnahmen für dreizehnjährige festgelegt, wenn es sich um Partner handelt, die fast gleichaltrig sind. Für das Alter zwischen 14 und 16 gibt es meist Regelungen, die ausdrücklich sexuelle Betätigung mit Partnern von der Strafbarkeit ausnehmen, die weniger als fünf Jahre älter sind (nach geltendem deutschen Recht darf der ältere Partner nicht über 21 sein).

Ist – wie im Fall des Siebzehnjährigen mit der Dreizehnjährigen – das Schutzalter um nur ein Jahr unterschritten, wird in der Regel – wegen geringer Schuld – von einer Strafverfolgung abgesehen, wenn die Regel des maximalen Altersunterschieds von fünf Jahren eingehalten ist und eindeutig einverständlicher Sex vorlegt.

Falls sich also die Version von Marco W. als richtig herausstellt, man habe einverständlich „Petting“ gemacht, würde der Prozess in jedem aufgeklärten Land eingestellt.

Falls aber die Version aufrecht erhalten bleibt, welche die junge Britin am Anfang erzählt hat, er habe sich an ihr im Schlaf gütlich getan, liegt tatsächlich strafwürdiges Verhalten vor. Allerdings reicht das bestenfalls für eine Geldstrafe oder eine gemeinnützige Arbeit aus. Auch in diesem Fall wäre eine Untersuchungshaft bis zum Prozess und jeglicher Freiheitsentzug als Bestrafung völlig unangemessen.

So stellten denn auch schon die Kommentaristen der „Süddeutschen“ und in „freace.de“ klar, die harte Reaktion der Türkei kam erst, als die `Bild` das Ganze zum deutsch-türkischen Skandal hochspielte und Politiker glaubten, auf dem Schicksal von Marco W. ihr Süppchen kochen zu sollen.

Was alle Massenmedien aber vergaßen zu erwähnen, obwohl ausführlichst über den Fall berichtet wurde, ist die Gefährdung des aufgeklärten Konsenses unter den zivilisierten Nationen.

Ausgehend von den Vereinigten Staaten gibt es nämlich – nicht nur in dieser Frage, sondern auch in anderen – ein generelles „Roll-Back“ des extremistischen religiös-christlichen Fanatismus gegen die Werte der Aufklärung. In den USA gibt es bereits in einer grossen Anzahl von Staaten Sondergesetze, die auf religiösen Überzeugungen beruhen, die jene Fanatiker dem Rest der Menschheit aufzwingen wollen.

Dazu gehören nicht nur die Schulen, in denen neben der wissenschaftlichen Lehre der Evolution auch der creationistische Unsinn gelehrt werden muss, basierend auf einem „wörtlich-nehmen“ der Bibel, und jene, in denen neben der Entwicklung der globalen Erwärmung zu einer Klimakatastrophe auch gelehrt werden muss, dabei handele es sich um die Vorboten des Jüngsten Gerichts.

Dazu gehören auch Gesetze, die Ehebruch als Straftat wieder einführen, bis hin zur Bestrafung mit lebenslänglich, das Wiedereinführen der Strafbarkeit von homosexuellen Geschlechtsverkehrs, die generelle Strafbarkeit jeglichen Sexes unter 18, die Strafbarkeit von Oral- und Analsex, auch unter Erwachsenen, die Einstufung von jeglichen Abbildungen von Kindern und Jugendlichen – auch bekleidet, - die eventuell eine erotische Komponente enthalten könnten, als Kinderporno usw. usf.

Einiges davon kann man in diesem Artikel lesen:

USA – Absurditäten des religiösen Extremismus

Was aber weit wichtiger ist, diese Art von absurder Gesetzgebung wird nun auch für Europa eingeführt und speziell für Deutschland.

Im einzelnen kann man das hier nachlesen:
Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1“ und „Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

So stellt sich nun plötzlich heraus, die gleichen Politiker, die gerade eben noch die Türkei als zurückgebliebenen Staat mit veralteten Moralvorstellungen darstellen wollten, sind gerade hier in Deutschland dabei, wirklich mittelalterliche (in Wirklichkeit gab es solche Gesetze im Mittelalter gar nicht – man plant etwas mittelalterlicher als im Mittelalter) Gesetzgebungen über sexuelle Strafrechtsnormen einzuführen!

Wir haben sie ertappt!


Veröffentlicht am 10 September 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

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