Deutschland

Samstag, 13. Dezember 2008

'Herr Bisky, In welchem Land leben Sie?'

Offener Brief an Lothar Bisky anlässlich seiner Rede auf dem Landesparteitag der LINKEN in Berlin am Wochenende 6./7.12.2008

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Sehr geehrter Herr Bisky,

eigentlich hatte ich Sie als ernst zu nehmenden Politiker im Gedächtnis, aber beim Lesen dieser Parteitagsrede habe ich mich gefragt: In welchem Land lebt der eigentlich?

Reichstag - Bundestag
Deutschland: Berlin, Reichstag

Nun könnten Sie natürlich mit Recht sagen: „Sie, Herr Weiss, leben ausserhalb von Deutschland, ich lebe hier!“

Trotzdem scheint es so, als ob ich aus 10 000 km Entfernung mit meinen Kontakten in Deutschland und über das Internet, unter spezieller Erwähnung der Berliner Blogger-Szene, einen klareren Blick habe als Sie, der sie offenbar nur noch innerparteiliche Dinge sehen und nicht mehr die Bevölkerung in Deutschland. Manchmal scheint eine gewisse Entfernung wirklich den Blick auf das Ganze zu schärfen.

Wo in Ihrer Rede, Herr Bisky, erwähnen Sie die Interessen der Bevölkerung Deutschlands, wo nennnen Sie beim Namen, was die Menschen in Deutschland in diesem Moment beschäftigt?

Zugspitze
Deutschland: Zugspitze

Sie sagen, die Bevölkerung Berlins würde von der LINKEN nicht aus der Verantwortung entlassen. Und wo erwähnen Sie die Verantwortung der LINKEN für die Bevölkerung? Glauben Sie, die Bevölkerung ist für die LINKE da oder die LINKE für die Bevölkerung?

Ich spreche hier speziell von jenem Teil der Bevölkerung, der politisch wach geworden ist, der sich nicht mehr leicht von Politiker-Schmus einlullen lässt oder von „Wer gewinnt die Million?“. Das sind doch gerade jene, die potentiell LINKE wählen könnten oder sogar eintreten. Dieser immer grösser werdende Teil der Bevölkerung will doch keine Anweisung, sich gefälligst innerhalb der Berliner LINKEN zu informieren, sondern eine klare Begründung, warum man der faktischen Abschaffung der Erbschaftssteuer zugestimmt hat. Wo ist die, Herr Bisky? Wenn man gute Gründe dafür hatte, warum können die nicht dargelegt werden?

Deutschland: Köln
Deutschland: Köln

Und es sind natürlich immer beide Partner in einer Koalition verantwortlch dafür, was die Regierung tut. Sollte einer der beiden in einer wichtigen Frage den anderen übertölpeln (was einige Pressemeldungen nahelegen), kann man natürlich nicht in der Koalition bleiben. Und es ist zweifellos eine wichtige Frage, ob die Umverteilung von unten nach oben, in Deutschland am intensivsten betrieben von allen Ländern, weitergeht oder nicht. Gerade diese Umverteilung ist nicht nur unsozial, sondern sie ist auch der wesentliche Grund, warum die Krise Deutschland so intensiv trifft.

Die in diesem Moment sich rapide verschärfende Finanz- und Wirtschaftskrise erwähnen Sie überhaupt nicht, ausser im Zusammenhang der Gefahr der Zuwendung zu faschistischen Gruppen? Ja, die Bevölkerung ist sehr wohl in die Defensive gedrängt angesichts der Möglichkeit, bald auch von Hartz IV leben zu müssen und kann gerade jetzt von einer Partei erwarten, die sich Linkspartei nennt, zu erfahren, auch in dieser Situation kann man kämpfen, kann streiken, ja, man trifft dabei sogar auf einen geschwächten Gegner, denn in der Krise können die Unternehmen Produktionsausfälle durch Streik noch weniger wegstecken. Nichts davon bei Ihnen.

München
Deutschland: München

Statt dessen behaupten Sie, die Bevölkerung hätte einen solchen Auftrag gegeben: „[haben] Wählerinnen und Wähler bei leeren Kassen beschlossen: Zeigt, was ihr könnt!“

Entschuldigen Sie Herr Bisky, wo sehen Sie in Deutschland leere Kassen? Also ich kann nur die leeren Geldbeutel bei grossen Teilen der arbeitenden und arbeitslosen Schichten sehen.

Deutschland: Berlin, Brandenburger Tor
Deutschland: Berlin, Brandenburger Tor

In der deutschen Politik gibt es keine leeren Kassen! Es waren und sind immer noch Hunderte von Milliarden da, um Banken zu unterstützen, die am Spieltisch Geld verloren hatten! Es sind zig Milliarden da für die IKB, die KfW, die Hypo, die Bayerische Landesbank, Haiders Alpe-Skandalbank, die sächsische, die nord- und westdeutsche, die X und die Y – und Sie reden von leeren Kassen? In welchem Land leben Sie?

Sie mögen sagen, dies Geld ist aber nicht in der Berliner Landeskasse, na schön – und was hindert Sie daran, dann die Überweisung in diese zu fordern?

Die deutsche Politik hat seit Oktober das grösste Ausgabenpaket in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen – aber eben nur für Banken - und Sie erwähnen dies nicht einmal auf einer Parteitagsrede im Dezember, sondern sprechen von leeren Kassen! Sind Sie noch gescheit?

Deutschland: Dresden
Deutschland: Dresden

Wo waren Sie und ihre Freunde in der LINKEN, als jene Bankenrettungsaktionen beschlossen wurden? Da hungerten die politisch wachen Menschen in Deutschland nach Aussagen, die sich von dem Einheitsbrei von „leider unumgänglich“ unterschieden hätten. Als einziges Argument für die Rettung von Banken vor dem Bankrott wurde gebracht, man brauche Banken, denn es müssten Kredite gegeben werden.

Nun, es gibt etwa 2000 Banken in Deutschland. Wenn nun die Dresdner und die Commerzbank und noch (sagen wir) zwanzig andere Pleite gegangen wären, was wäre daran schlimm gewesen? Die anderen Banken hätten deren Geschäfte übernommen und wahrscheinlich auch noch viele der Filialen und einen grossen Teil der fähigen Mitarbeiter, na und?

Deutschland: Karlsruhe
Deutschland: Karlsruhe

Warum hat man diese Worte nicht von Ihnen gehört, Herr Bisky? Stattdessen beschwören Sie angeblich leere Kassen! In welchem Land leben Sie?

Wo war die Unterschriftensammlung gegen den ‚Banken-bail-out’, von den LINKEN initiiert und nicht von Bloggern?

Deutschland: Düsseldorf
Deutschland: Düsseldorf

Genau an jenem 6. Dezember des Wochenendes des Berliner Landesparteitags der LINKEN war Weltklimatag. Sie halten eine Rede dort und erwähnen nicht, wie sehr die politisch wachen Menschen in Deutschland um die Entwicklung zur Klimakatastrophe besorgt sind? Erwähnen nicht, dass genau an diesem Wochenende eine internationale Konferenz dazu zu Ende ging, die nicht einen einzigen einschneidenden Beschluss gefasst hat? Dass genau eine Woche vorher auf deutsche Initiative hin Auflagen der EU für weniger klimaschädliche Autos der europäischen Hersteller gelockert wurden, so als ob man mit der Beschleunigung der Entwicklung zur Klimakatastrophe die Wirtschaftskrise vermeiden könnte?

Auf welchem Planeten leben Sie?

Deutschland: Frankfurt
Deutschland: Frankfurt

Sie reden von einer "zweiten linken Fraktion" im hessischen Landtag. Halten Sie die SPD für links? Wo leben Sie?

Wo war die Präsenz der prominenten LINKEN auf den Veranstaltungen zum Weltklimatag, auf den Kundgebungen gegen neue Kohlekraftwerke? Wo sind Ihre Aktivitäten gegen die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke? Wollen Sie das Umweltthema den Grünen überlassen? Wo leben Sie?

Wo waren Sie oder andere offizielle Vertreter der LINKEN, als gegen den letzten Atommüll-Transport Castor mit steil ansteigenden Teilnehmerzahlen protestiert wurde? Mussten Sie in Bundestagsausschüssen hiner verschlossenen Türen ihre Zeit verplempern?

Deutschland: Stuttgart
Deutschland: Stuttgart

Warum sehe ich in keinem Bericht über die Montagsdemonstrationen das Auftreten von offiziellen Vertretern der LINKEN, ebensowenig bei der zentralen Demonstration der Montagsdemos im Oktober? Ist man zu sehr mit innerparteilichen Querelen beschäftigt?

Bei all diesen Ereignissen sah man sehr wohl Mitglieder der LINKEN und Sympathisanten und potentielle Wähler. Glauben Sie, denen fällt nicht auf, dass niemand Prominentes bzw. niemand Offizielles von Ihrer Partei dort auftaucht?

Deutschland: Münster
Deutschland: Münster

Wo glauben Sie, dass sie die politisch wach gewordenen Menschen ansprechen können? Die Berichterstattung der bürgerlichen Medien lässt kein gutes Haar an der LINKEN – auf die können sie nicht setzen. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass in der Grössenordnung von zig Millionen Menschen in Deutschland nach den Beschlüssen der „Agenda 2010“ nicht mehr zu Wahlen gehen, aber nur ein Bruchteil dazu überging, die LINKE zu wählen oder sogar einzutreten?

Also die sozialen Fragen beschäftigen Sie nicht, ausser hinter verschlossenen Türen, die Umweltfragen spielen für Sie keine Rolle, ausser einem beiläufigen Erwähnen, die faktisch Abschaffung der Erbschaftssteuer unterstützen Sie, die Milliarden für die Banken halten Sie nicht einmal der beiläufigen Erwähnung für wert, Sie halten die deutschen Staatskassen für leer und haben im Delirium die Vorstellung, die Berliner Regierung käme mit einem linken Profil ins Bewusstsein der Menschen. Wie wollen Sie verhindern, dass die LINKE auf Dauer „eine dritte kleine Partei“ bleibt?

Ansonsten sind Sie der Meinung, die LINKE sei kein Selbstzweck. Wirklich nicht?





Wer die Rede nicht kennt, hier ist sie:

"Der Traum vom plegeleichten linken Koalitionspartner ist vorbei"

Rede von Lothar Bisky auf dem Landesparteitag der Linken in Berlin

„Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

am vergangenen Wochenende wurde mit Eurer Unterstützung eine Metropolendebatte über Berlin als europäische Stadt geführt.
Die Europäische Linke tagte zeitgleich im Kino Babylon und hat die erste gemeinsame Wahlplattform beschlossen.
Ihr seid mit viel politischem Gepäck zum Landesparteitag gekommen.
Eines ist klar: Ihr kommt von diesem Landesparteitag direkt in die Wahlkämpfe 2009! Es gibt dort keine Pause, siehe Hessen.

Deshalb sage ich eines gleich zu Beginn. Ich freue mich, dass sich der Landesverband konsolidiert hat, dass die Fraktion bissiger geworden ist, dass das linke Profil über Berlin hinaus zu spüren ist.
Der Traum vom pflegeleichten linken Koalitionspartner ist vorbei und ich denke mir, das bekommt sogar der Berliner SPD gut. Nun zerbreche ich mir meinen Kopf seltener über die Berliner SPD. Mich bewegt das Wachsen einer europäischen und einer bundesdeutschen LINKEN und die wächst ja auch, nur geht der Prozess nicht immer ganz sorgenfrei.
Da möchte ich eines klar festhalten: Berlin ist kein exterritoriales Oppositionsgebiet, wenn es um die ganze Partei geht. Berlin ist Teil dieser ganzen Partei.
Gerade hier lernen wir, wie der ÖBS, die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Gemeinschaftsschule an Durchsetzungskraft gewinnen und welche Anforderungen das ergibt.
Hier lernen wir, was dies im Alltag oft für Zeit braucht, und was es für Hartnäckigkeit bedeutet.
In Berlin verweisen wir nicht nur darauf, was linke Politik anmahnt und schieben gesellschaftliche Debatten mit an wie beim Mindestlohn und dies ist wichtig.
Hier in Berlin haben überdies Wählerinnen und Wähler bei leeren Kassen beschlossen: Zeigt, was ihr könnt!
Und wir haben die Herausforderung angenommen. Ich sage WIR eben weil Berlin Teil der Bundespartei ist. Ihr habt die Herausforderungen konkret zu machen: lernend und wissend was ein Bundesland gestalten kann, ahnend, dass Bürgerinnen und Bürger genau dies nur bedingt interessiert, nicht wissend, dass manch Parteimitglied Konkretes oft gar nicht wissen will. Mein Eindruck wächst bisweilen: Je weiter weg von Berlin, je uninformierter, desto fundierter die Meinung über die Regierungskonstellation in Berlin und die Glaubwürdigkeit linker Politik. Zuerst gilt: Informiert Euch bei den Berlinern, auch jetzt, da die Erbschaftssteuer im Bundesrat beschlossen wurde, informiert Euch wie und warum Berlin dafür gestimmt hat, wie die Debatte im Landesverband und im Senat geführt wurde: statt übereinander zu reden. Ich empfehle allen: Erst informieren, dann diskutiert sich's besser!
Ich will generell darauf aufmerksam machen, dass wir alle gemeinsam auf solidarische Kritik nicht verzichten können. Doch eines ist mir auch wichtig: Manch Glaubwürdigkeitsmesser von einigen Parteimitgliedern stimmt so gar nicht mit den Glaubwürdigkeitsbarometern von Wählerinnen und Wählern überein. Und das sollte uns doch zu denken geben: Unsere Politik muss doch nicht nur in der Partei, sondern auch in der Öffentlichkeit durchgesetzt werden. Aus kritischen 13% Zustimmung für die LINKE in Berlin 2006 geht es jetzt Richtung 20% im Land und dies beim Mitregieren. Das ist bemerkenswert. Glückwunsch!
Es war also richtig mit eigenen Projekten als Berliner Linke erkennbar zu werden. Und ihr habt Euch gegen eine zögerliche SPD durchgesetzt: Es ist endlich zu einem Tarifabschluss gekommen. Ich finde diese Entwicklung ermutigend auch für Thüringen für unseren Wahlmarathon 2009 generell. Linke in Landesregierung, so hoffe ich doch, bleiben keine Insellösung in der Hauptstadt.
Außerdem: Ihr habt Finanzkrisenerfahrung durch den Finanzkrisenproduzenten CDU: Erst in Berlin (Landowsky), dann in Sachsen und nicht zuletzt in Bayern. Inzwischen sehen wir die Finanzkrise weltweit.
Es ist höchste Zeit, Genossinnen und Genossen, dass die kritische Begleitung praktischer Politik aus den letzten ideologischen Gräben kommt und dauerhaft zur informierten Sachlichkeit übergeht.

Kritik in der Sache die ist notwendig und auch helfend doch der Streit, wer der wahre Linke ist, gehört in die Vergangenheit und ist, mit Verlaub, politische Onanie. Solch Gezänk macht uns weder attraktiv, noch zwingt es in irgendeiner Weise zu Lernprozessen, zum Informieren, zum Nachfragen, zum Miteinander statt Übereinander sprechen.
Und das gilt nicht nur für die Berliner Landespolitik! Lasst mich eines noch hinzufügen. Die LINKE insgesamt hat wie es sich für eine junge Partei, mit vielen kulturellen und linken politischen Wurzeln gehört manch Konfliktpotential, und ich weiß, wovon ich rede.
Zu manchem, was wir unbedingt auszudiskutieren haben, gehört Fingerspitzengefühl. Was haben wir gekonnt, wenn Menschen am Ende verletzt sind oder uns gar den Rücken kehren. Mit dem Holzhammer der öffentlichen Rundschreiben bekommt eine wachsende Partei Probleme, nach denen es mich nicht gedrängt hat.
Ich möchte es ganz deutlich sagen: Regionale Personalprobleme gehören weder auf einen Landesparteitag, noch in offene Briefe!
Wir sind angetreten, linke Politik für mehr soziale Gerechtigkeit zu machen. Das ist wirklich das einzige, ich wiederhole das einzige, was Menschen an dieser Partei interessant finden, und zwar auf längere Sicht. Es ist auch das einzige, was uns eine Existenzberechtigung gibt. Die LINKE ist kein Selbstzweck!

Liebe Genossinnen und Genossen, ich hatte es eingangs schon gesagt: in der vergangenen Woche hat die Partei der Europäischen Linken erstmalig eine Wahlplattform für die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 beschlossen. Und es gab schon deutlich emotionale Momente, wenn etwa mein Freund Stelios vom SYNASPISMOS in Athen, in Glasgow lebend, sagte, dass er auf eine solche Gemeinsamkeit der Linken 50 Jahre gewartet habe. Wir haben Darin gemeinsame Ziele für eine bessere Politik in Europa festgehalten, uns für mehr Demokratie, eine Europäische Sozialunion, für eine Europa der Abrüstung und der ökologischen Vernunft ausgesprochen. Dieses verbindende Profil linker Politik zu erarbeiten, dass haben 30 Parteien aus 23 Ländern, ob aus Oppositions- oder Regierungsperspektive, geschafft.
Es ermutigt die kleinen Parteien, es zwingt die großen und traditionsreichen zu einer modernen linken Politik und das heißt: Schaut über den Tellerrand. Die Linke im 21. Jahrhundert wird europäisch sein oder sie wird nicht sein!
Und eines ist auch klar wenn auch ein 9seitiges Papier unter Linken schon ein Erfolg ist (Das werden wir bei andern Programmen im nächsten Jahr noch merken. Für neun Seiten haben wir 10 Monate gebraucht, sonst wären es 30 geworden.): Papier ist geduldig, das haben wir auf der Wahlkonferenz auch gesagt. Deshalb haben wir am letzten Wochenende klar gemacht: Diese Wahlplattform ist das Versprechen für den gemeinsamen Wahlkampf, fürs Durchsetzen unseres politischen Profils.

Nun könnte man meinen, mit dem Finanzmarktcrash und den Vorboten einer weltumspannenden Rezession würden linke Ideen wie von selbst Verbreitung finden. Die Geschichte hat uns das Gegenteil gelehrt! Eine instabile Gesellschaft ruft ganz andere Gefahren auf den Plan. Rechtspopulismus und rechtsextreme Demagogen haben Konjunktur auch europaweit. Berliner Genossinnen und Genossen, ihr habt heute morgen im Bündnis mit vielen anderen in Karlshorst ein Zeichen gegen den Aufmarsch von Neonazis gesetzt. Das halte ich für wichtig!
Wir können nicht locker lassen: Der Kampf gegen Rechtsextremismus wird und muss Teil der kommenden Wahlkämpfe sein.
Und die Europäische Linke war am letzten Wochenende mit allen vertretenen Parteien im KZ Sachsenhausen. Damit wollen wir deutlich machen, dass die Europäische Linke ihre antifaschistischen Wurzeln niemals aufgeben wird. Und die Europäische Linke wird im Januar wiederkommen und an der Ehrung für Karl und Rosa teilnehmen. Das sind Traditionen, die es lohnte, sich anzuschauen, auch wenn Vertreterinnen und Vertreter der Medien selten zu solchen Ehrungen in Konzentrationslager verirren.

Genossinnen und Genossen, man spürt es generell: Die aktuelle Finanzmarktkrise, das praktische Ende neoliberaler Mythen ist die Stunde der Politik. Ein koordiniertes europäisches Vorgehen begrüßen auch wir Linken. Doch diese sinnvolle Idee scheint bei der Kanzlerin offenbar auf eine Mauer aus Oropax und der Sehnsucht nach weiteren Exportweltmeistertiteln zu treffen. Richtig, wenn man Opel hilft. Aber es gilt dabei zu verhindern, dass das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für CO2-Killer-Autos verwendet und an den Mutterkonzern General Motors fließt. Eine Schlussfolgerung daraus wäre doch die Aufhebung des Verbots von Kapitalsverkehrskontrollen in der EU. Wenn man dies aufhebt, kann keiner unkontrolliert Kapital transferieren, das anders eingesetzt werden sollte.
Wir Linken müssen im Krisenmanagement einfordern, dass die Spirale der Umverteilung von unten nach oben beendet wird das gilt vor Ort und in Europa.
Solange menschliche Ideen, Chancen und Perspektiven in Militärinterventionen verschleudert und so verhindert werden, ist die herrschende europäische Politik mitverantwortlich für Armut und Unterentwicklung, ist mitverantwortlich für Konflikte zwischen den Völkern.

Diese Politik muss dringend verändert werden. Wir können als Ausgangsfrage durchaus formulieren: Welche Rolle spielt Europa in der Welt? Ist dieser Kontinent der vielen Kulturen, der Wanderungsbewegungen, voller bitterer und auch hoffnungsvoller Geschichte in der Lage, offen, friedlich und sozial zu werden? Da sind wir, Genossinnen und Genossen, wieder mitten in Metropolendebatten und erleben, dass Berliner Politik und Europäische Politik nicht weit voneinander entfernt liegen, wie es vielleicht scheint.

Ich finde dies auch im Antrag des Landesvorstandes »Gute Arbeit! Gute Bildung! Gute Rente! Eine starke LINKE für Berlin.« an Euren Parteitag wieder:
Da ist Landes- und Bundespolitik, Kommunal- und Europapolitik unserer Partei zusammengedacht. Da sind die kommenden Wahlkämpfe auf allen Ebenen mit dem Wachsen der Landespartei verbunden.
Wenn ihr auf dem Parteitag solch einen Fahrplan für 2009 beschließt, für die Politik in Berlin und Europa, für die Wahlkämpfe, in den Ländern, in Europa und im Bund, so weiß ich: Das Ziel, dass die »Partei DIE LINKE mehr repräsentiert als eine dritte kleine Partei« erreichen wir nur gemeinsam.

Wir werden 2009 gemeinsam zeigen, dass die LINKE eine Adresse für eine wirksame Politik gegen Umverteilung von unten nach oben, gegen Billiglohn und für gesetzlichen Mindestlohn, gegen die Rente ab 67, für gute Bildung und ein bezahlbares Gesundheitswesen, für die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist.
Beteiligt Euch mit Euren politischen Erfahrungen aktiv an der Ausarbeitung unserer Wahlprogramme! Ich weiß, ihr seid in Wahlkämpfen verlässliche Partner, ihr seid verlässliche Partner, wenn es um die Unterstützung von Landesverbänden im Westen geht, wenn Bundes- und Europapolitik zur Abstimmung stehen.
Ich setze auf positive Signale von Eurem Landesparteitag, auf Eure politischen Erfahrungen! Ich weiß, dass Klaus Lederer mit einem guten Team wertvolle Arbeit geleistet hat, dass ROT-ROT II wie ihr es formuliert habt- inzwischen »eine richtigrote Handschrift trägt.« Und ich weiß, dass daran auch manch harte Wochen, schwierige Entscheidungen, dass daran heftige Auseinandersetzungen hängen.

Wir haben neue Kommunikationsformen zwischen dem Berliner Landesverband und dem Parteivorstand eingeführt, haben die Informationswege zwischen der Berliner Regierungspolitik und unserer Bundestagsfraktion verkürzt. Erst kürzlich waren der Landesverband und die Berliner Senatorinnen und der Senator mit dem Parteivorstand in der Debatte.
Auf all dem können wir aufbauen, wenn 2010 möglicherweise mehr LINKE in Regierung ackern und die Mühen der Ebene auch in der Mitte und im Westen der Bundesrepublik begonnen haben, wie wir doch alle hoffen.
Doch ich möchte den Berliner Landesverband als Ganzen nicht auf die Beschäftigung mit Rot-Rot in Berlin reduzieren. Wir brauchen genauso Eure guten Beiträge zu Programm- und Geschichtsdebatten, zum Konsolidierungsprozess der LINKEN bundesweit, zur Verankerung der Partei in der außerparlamentarischen Arbeit.

Wie heißt es so schön: Ab morgen gilt Raus aus den Parteitagssesseln und Rein in die Wahlkämpfe. Und ich denke wir stimmen darin überein: Hessen hat eine zweite linke Fraktion verdient! Die Bundesrepublik hat eine starke LINKE verdient! Das Europäische Parlament hat eine gemeinsame starke linke Fraktion verdient!
Und bei alle dem werden die Bürgerinnen und Bürger Berlins Euch nicht aus der Verantwortung entlassen.
In diesem Sinne wünsche ich Eurem Parteitag eine guten Erfolg.“

Dienstag, 2. Dezember 2008

Sie sind in heller Panik!

Die Politiker der Desaster-Parteien

Von Karl Weiss

Nach außen hin tun sie ganz souverän und unbeeindruckt. Sie wissen sich aus allen Fragen herauszureden, verstehen manche bewusst falsch und sind immer mit einem eindrücklichen Wortspiel bei der Hand, die Politiker der Desaster-Parteien CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP, die das Desaster der Vertiefung der beginnenden Wirtschaftskrise zu verantworten haben. In Wirklichkeit sind sie in heller Panik. Dies kam ans Tageslicht, als Lafontaine eine Rede im Bundestag zu diesem Thema hielt. Ihm begegnete nur purer, ungehemmter Hass. Die Zwischenrufe, fast alle völlig inhaltlos, gaben Zeugnis davon.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Na aber auch. Versetzen Sie sich doch einmal an deren Stelle. Für so viele Jahre haben sie uns Bundesbürger eingewickelt mit „Demokratie“, „soziale Verpflichtung“, „Rechtsstaat“, „Friedensarmee“ und anderen Lebenslügen. Und nun schwimmen die Felle davon. CDU/CSU und SPD haben praktisch die Hälfte der Mitgliedschaft verloren. Auch der FDP und den Grünen laufen Scharen von Mitgliedern davon. Bei den Wahlen setzt es eine Niederlage nach der anderen. Im Verlauf der letzten Jahre seit Hartz IV und den anderen Maßnahmen der „Agenda 2010“ sind ihnen zusammen mehrere zehn Millionen Wähler abhanden gekommen. Heute weist eine Bundestagswahl kaum noch 70% Wahlbeteiligung auf, eine Landtagswahl wie die in Bayern 58% und Kommunalwahlen mit mehr als 50% kommen praktisch nicht mehr vor.

Sie sind ratlos, entsetzt, sie sind in heller Panik!

Da hielt also Lafontaine eine Rede im Bundestag, in diesem Fall zur Finanz- und Wirtschaftskrise, anlässlich der Haushaltsplandebatte, die in keiner Weise besonders aufregend war. Sie enthielt eine Abrechnung mit dem Neo-Liberalismus, sowohl als Hauptursache der verschärften Krise in Deutschland und anderen Ländern, als auch als Bedingung der Verarmung in Deutschland. Seine Thesen waren einfach, selbst für ein Kind verständlich.

Bundestag - Reichstag

Sie ist anzuhören oder auch einschließlich der Zwischenrufe nachzulesen hier: https://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=1321283878

Doch wie reagierten die Abgeordneten der anderen Fraktionen? Nun, urteilen Sie selbst: Hier eine Auswahl von Zwischenrufen bei seiner Rede:

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Ich glaube, es war wirklich gut, dass Sie damals zurückgetreten sind!

Joachim Poß (SPD): Red doch nicht so einen Stuss hier!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wo der Poß recht hat, hat er recht!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wenn er von Stuss redet, dann hat der Poß recht!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das ist dummes Zeug!

Volker Kauder (CDU/CSU): Ein solcher Stuss!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Stuss, Stuss, Stuss!

Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Ein seltener Blödsinn!

Otto Fricke (FDP): Sie meinen Ihre Partei!

Auf das Zitat eines Soziologen, befristete Beschäftigungen auf Dauer könnten zur Zerstörung des Charakters führen:

Dirk Niebel (FDP): Dann müssen Sie dauerhaft befristet beschäftigt gewesen sein!


Nun, wären es Abgeordnete der Linksfraktion gewesen, die da so unsachlich und zum Teil auch unflätig dazwischengerufen hätten, wären längst Verwarnungen fällig gewesen oder auch schon einmal das Verweisen aus dem Plenarsaal, aber der Sitzungsleiter war sich so einig mit den Zwischenrufern, dass er gar nicht merkte, was sich da tat. Das ist auch gut so, denn nun haben wir es schwarz auf weiss: Sie haben keine Argumente, sie können nichts zur Sache beitragen, sie können nur noch Gift spritzen: „Stuss!“ “schlechter Charakter!“

Dabei waren die heftigsten Hasser schon gar nicht mehr im Saal. Aus dem Video geht hervor, dass eine Anzahl von Abgeordneten schon am Beginn seiner Rede den Plenarsaal verließ. Dazu kommt, auf der Regierungsbank unterhielt man sich demonstrativ während seiner Rede, um seiner Abscheu Ausdruck zu geben. Lafontaine musste die Minister selbst zur Ordnung rufen, denn auch das tat der Sitzungspräsident nicht.

Wenn die Politiker nun beschlossen haben, selbst die Mindestregeln des Anstandes nicht mehr einzuhalten, was sollte uns davon abhalten, nun auch mit heftigen Zwischenrufen zu beginnen? Die deutlichsten Zwischenrufe aus dem Volk kommen im Moment von den Montagsdemonstrationen, die es weiterhin in vielen größeren Städten Deutschlands gibt. Da sollten wir nun wohl verstärkt hingehen.


Veröffentlicht am 2. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Samstag, 13. September 2008

Rente mit Siebzig - ein Blick zurück

Eine eingetroffene Vorhersage

Von Elmar Getto

Hier ein Artikel (mit kleinen Aktualisierungen in eckigen Klammern), der in der Berliner Umschau (damals "rbi-aktuell") am 3. Mai 2005 veröffentlicht wurde, also vor jener Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die später Anlass war, um vorgezogene Neuwahlen zu veranstalten. Es zeigt sich, das Vorhergesagte ist eingetroffen! In etwa um diese Zeit entschloss sich Oskar Lafontaine, zusammen mit der WASG der PDS die Gründung einer gemeinsamen Linkspartei vorzuschlagen, was bereits den Wahlausgang in NRW beeinflusste und heute bereits ein historischer Fakt ist.

Wir konnten aus einer Quelle innerhalb der SPD Neuigkeiten in Erfahrung bringen. Jene Quelle hatte sich in der Vergangenheit bereits als zuverlässig erwiesen, so daß wir sie hier - wenn auch mit Einschränkung - veröffentlichen. Die wichtigste Neuigkeit ist, daß die Rente mit Siebzig zwischen CDU und SPD bereits vereinbart ist.

Schröder

Wir veröffentlicht in der Regel keine Informationen, die mit dem Zusatz versehen werden müssen „Aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle verlautet...“, weil es sich dabei um nicht verifizierte Aussagen handelt, die auch reine Gerüchtemacherei sein könnten. Wegen der Brisanz der Information und der früheren Zuverlässigkeit der Quelle haben wir uns aber entschlossen, in diesem Fall die Informationen zu veröffentlichen, obwohl keine Verifizierung möglich war. Es wird hier aber eben diese Einschränkung gemacht.

Laut unserer Quelle hat sich die SPD mit der CDU bereits darauf geeinigt, daß nach den Bundestagswahlen im nächsten Jahr, unabhängig vom Wahlausgang, ein Gesetzentwurf eingebracht und durchgebracht wird, der bereits in einer Schublade existiert. Darin wird ab 2011 das Rentenalter auf 67 heraufgesetzt und dann in weiteren Schritten auf 70 Jahre erhöht. Damit soll die Rentenkasse, zusammen mit weiteren Anpassungen des ‚Nachhaltigkeitsfaktors’, ins Gleichgewicht gebracht werden, ohne daß große Beitragserhöhungen nötig werden.

[Nach den vorgezogenen Bundestagswahlen und der Bildung der grossen Koalition hat die Regierung tatsächlich einen Gesetzentwurf ein- und durchgebracht, der ab 2011 in Stufen das Rentenalter auf 67 erhöht und für später eine weitere Erhöhung bis 70 Jahre angekündigt. Nicht vergessen: Eine weitere Erhöhung bis 70 Jahre liegt bereits in den Schubladen!]

Noch nicht entschieden sei, was mit dem Rentenalter der Frauen geschehen werde.
[Auch dies offenbar eine richtige Information: Bis heute hat man sich nicht ans Rentenalter der Frauen gewagt.

Laut unserer Quelle war diese Einigung auf Initiative „hoher Industriekreise“ zustande gekommen, die sich Sorge darum gemacht hatten, daß die Frage des Rentenalters in den Wahlkampf eingehen könnte. Eine Gruppe SPDler hatte die Idee aufgebracht, der Union ihre Rentenpläne im Wahlkampf vorzuwerfen und so die unpopuläre Erhöhung des Rentenalters zum entscheidenen Kriterium der Wahlentscheidung zu machen. So hätte die SPD eventuell eine Chance gehabt, den Riesenvorsprung aufzuholen, den Union und FDP in den Umfragen gegenüber SPD/Grünen haben.

In der SPD besteht die Einschätzung, daß man im Moment keine weiteren unpopulären Entschlüsse fassen sollte. Es müßte befürchtet werden, daß die Montagsdemos wieder Zulauf bekämen und die Stimmung in den Betrieben sich weiter aufheizen und eventuell der Kontrolle entziehen könnten, zumal jetzt schon Zwangsumzüge wegen Hartz IV beginnen werden (entweder umziehen oder eine Kürzung des Mietzuschusses auf den „angemessenen“ Wert). Ebenso kamen bereits Hilferufe aus den Gewerkschaften, der allgemeine und spezielle Unmut in den Betrieben sei bereits so groß, daß man ernste Schwierigkeiten bekomme, „den Deckel auf dem Topf zu halten“.

Aus diesem Grunde war auch in Berlin schon beschlossen worden, die vollen Mieten der ‚Verhartzten’ bis Ende des Jahres weiterzuzahlen. Bis jetzt steht noch nicht fest, wie man die Zeit bis zu den Bundestagswahlen dann überbrücken will.

Nach realistischer Einschätzung in der SPD wird man diesmal kein „Kaninchen“ haben, das man aus dem Hut zaubern könnte, um die Bundestagswahlen doch noch zu gewinnen, wie das bei den letzten mit der Weigerung gelang, am Überfall der US-Regierung auf den Irak teilzunehmen.

Es wird nicht einmal mehr ausgeschlossen, daß nach einem eventuellen Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen die Schröder-Fischer-Regierung bereits das Handtuch wirft [was ja dann auch eintrat]. Die Idee ist, offiziell eine Union-FDP-Minderheits-Regierung zu dulden, Schröder aufs Altenteil zu schicken und mit Müntefering eine heftige Opposition zu veranstalten und so eventuell noch bis zu den Bundestagswahlen aufholen zu können.[Das wurde allerdings anders gemacht: es wurden vorgezogene Neuwahlen provoziert.]

Es gebe aber stärkste Widerstände bei den Grünen dagegen, weil man dort im Gegensatz zur SPD die Führungsgestalt nicht auswechseln kann. Für die SPD würden sich eher Vorteile ergeben, wenn man den unbeliebten Schröder austauscht. Die Grünen haben aber keinerlei Möglichkeit, Fischer abzulösen, der weiterhin einer der beliebtesten Politker ist. Sie müßten dadurch den ‚Abfall’ eines ins Gewicht fallenden Teiles ihrer Wähler befürchten. Im Falle des Rücktritts wäre man aber eine ‚gescheiterte’ Partei mit einem ‚gescheiterten’ Frontmann, was ebenfalls Einbußen bringen dürfte. Die Grünen beständen deshalb darauf, daß die Legislaturperiode bis zum Ende durchgestanden werden müsse, selbst wenn keine einzige wichtige Entscheidung mehr getroffen werden könne.

Allerdings wird weder bei der SPD noch bei den Grünen der Gang in die Opposition als Katastrophe angesehen. Vielmehr ist man sich sicher, daß man aus der Opposition heraus das verlorenen Vertrauen früherer Wähler wiedergewinnen kann. Die Union und die FDP würden aufgrund ihrer zwangsläufig unpopulären Beschlüsse (siehe u.a. Rente) wahrscheinlich schnell abwirtschaften und eventuell nicht einmal das Ende der neuen Legislaturperiode erreichen.
[Dies ist eine Überlegung, die eventuell angesichts der Neuwahlen in 2009 wieder interessant werden könnte.]

Die jetzt vom Zaum gebrochenen Diskussion der ‚Kapitalismus-Kritik’ [Müntefering hatte zu jenem Zeitpunkt die Hedge Fonds als Heuschrecken bezeichnet] ist ein Probelauf, um an den Wahlen in NRW zu erproben, ob man mit dieser Art von ‚Seifenblasen’ eventuell einen Umschwung in der Wählermeinung erreichen könnte. Man habe mit den ‚Industrie-Kreisen’ bereits gesprochen und ihnen im Vorfeld schon versichert, daß selbstverständlich nichts getan wird, was ihnen weh tun könnte, sondern nur ein Diskussionsansatz verfolgt und mit Maßnahmen gedroht werde, die entweder keinerlei Wirkung haben oder nie wirklich umgesetzt werden (weil die Union im Bundesrat sowieso die Dinge stoppen würde).

Im Moment sei man dabei, diese Linie bei unzufriedenen SPDlern zu erklären und durchzusetzen, die immer noch der Meinung anhängen, man müsse die Rentenfrage an die große Glocke hängen und zum Wahlkampfschlager machen. Es wird zwar nicht abgestritten, daß dies eventuell wirklich für eine Wiederwahl ‚gut’ sei. Danach werde man aber die Erhöhung des Rentenalters auf jeden Fall durchziehen müssen und noch mehr Kredit verlieren als jetzt schon.

Es müsse vor allem verhindert werden, daß sich Wähler auf Dauer und grundsätzlich von der SPD abwenden, was in diesem Fall nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Nach Einschätzung von Fachleuten in der Partei ist der Teil der Wähler, der sich bisher schon nicht mehr aufraffen konnte, SPD zu wählen, noch wiederzugewinnen, wenn man eine heftige, scheinbar ‚antikapitalistische’ Opposition inszeniere. [Interessant, die Schachzüge, die man damals schon plante. Gleichzeitig wird aber deutlich, all dies konnte nichs bringen. Die Hoffnung, die verlorenen SPD-Wähler mit 'Feuerwerk' zurückzholen, blieb Illusion. Die Wähler sind küger, als es die SPD gerne hätte.]

Dienstag, 2. September 2008

Hubers und der CSU Kreuzzug gegen die Linke

Fröhliche Urständ des Primitiv-Antikommunismus

Von Karl Weiss

Einen „Kreuzzug” werde er führen gegen die “Linke” mit seiner Partei, so der CSU-Parteichef Huber. Ob er sich klar ist, mit was er seine Kampagne auf der Basis alter antikommunistischer Vorurteile da vergleicht? Nicht einmal die bayerische CSU ist mehr das, was sie einmal war. Ein solcher Lapsus wäre dem Urvater des bayerisch-deutschen Antikommunismus, Franz Josef Strauss, niemals passiert, so reaktionär und korrupt er auch gewesen sein mag. Der hatte nämlich Geschichtskenntnisse.

Der Begriff „Kreuzzug“ ist nämlich schon belegt, denn es gab in der Geschichte mehrere Kreuzzüge, im Mittelalter. Zur Verwendung dieses Begriffes heute kann man in ‚wikipedia‘ unter ‚Kreuzzug‘ lesen: „Der Begriff „Kreuzzug“ beschränkt sich nicht nur auf die historischen Kreuzzüge, sondern wird auch heute noch im übertragenen Sinn verwendet. Seine politische Verwendung ist heute hoch umstritten und wird in Europa zumeist als Entgleisung betrachtet.“

Damals war der Katholizismus (damals noch fast identisch mit dem Christentum als solchen, es hatte erst die Trennung von den Orthodoxen stattgefunden) nicht zufrieden damit, dass Jerusalem in der Hand von Arabern war und dort ein spirituelles Zentrum des Islam aufgemacht worden war.

Also rief man alles zusammen, was gerade Soldaten abstellen konnte, um sich zu einem Kreuzzug (damals nannte man das eine bewaffnete Pilgerfahrt) zu vereinen, in den Nahen Osten zu ziehen und Jerusalem für das Christentum zurückzuerobern. Man brauchte Jahre, um tatsächlich eine Streitmacht zusammenzustellen, die diese Bezeichnung verdiente. Schließlich wurde unter der Obhut und mit dem Segen von Papst Urban II. im Jahr 1095 ein Heer in Bewegung gesetzt, das sich aus Führern und Soldaten verschiedener Länder zusammensetzte. Dies wird heute als DER Kreuzzug oder der erste Kreuzzug bezeichnet.

Tatsächlich konnte man im Jahre 1099 Jerusalem erobern und begann in fürchterlichen Gemetzeln alle Araber abzuschlachten, deren man habhaft werden konnte, so zum Beispiel im Massaker von Maarat an-Numan. Aus diesem Grunde ist der Begriff „Kreuzzug“ in der arabischen Welt gleichbedeutend mit christlichem Völkermord. Insoweit war es charakteristisch, dass auch Präsident Bush diesen Begriff benutzt, um den Afghanistankrieg und den Irakkrieg zu rechtfertigen, auch er, wie Huber, ein Mensch mit nicht sehr fundierten Kenntnissen (um es freundlich auszudrücken). Die Feindschaft praktisch aller Araber war ihm damit sicher.

Für eine kurze historische Epoche setzten sich die Kreuzfahrer in Jerusalem und in vier Kreuzfahrerstaaten in dieser Region fest, genannt Outremer (anderer Name: Syrien). Die Gegenangriffe der arabischen Herrscher wurden mit Hilfe von Nachschub aus Europa (weitere Kreuzzüge) eine Zeit lang zurückgeschlagen.

Die Einrichtung dieser Staaten belegte schon, es war nur ein Vorwand, Jerusalem christlich zu machen. In Wirklichkeit ging es um ganz profane Ziele, die Ausweitung europäischer Imperien, die Verstärkung der Macht des Papstes, das Vorrücken gegen das Byzantinische Reich (so wurde Konstantinopel (Byzanz, heute Istanbul) beim vierten Kreuzzug vollständig zerstört; im Jahre 1054 war die endgültige Trennung zwischen Orthodoxie und Katholizismus verkündet worden, wobei Byzanz die Orthodoxie repräsentierte), die Absicherung der Handelswege in den Orient und allgemein gegen Einfälle von Feinden nach Europa.

1187 war die ganze Pracht zu Ende. Jerusalem wurde von den Arabern unter Saladin zurückerobert, die Christen in der Schlacht vernichtend geschlagen. Wer überlebte, flüchtete sich in Burgen, die noch widerstanden, wie dem Krak des Chevaliers (im heutigen Syrien gelegen) oder kehrte mit eingezogenem Schwanz geschlagen nach Europa zurück.

Syrien: Krak de Chevalier

Danach gab es weitere Kreuzzüge, die jene Entwicklung wieder umkehren wollten, doch sie waren durchweg ohne Erfolg, zum Teil sogar fürchterliche Desaster. Bis 1291 hielten sich einige Burgen (1271 die Übergabe des Krak des Chevaliers) und Festungen der Kreuzritter, doch danach war mit dem Fall der Stadt Akkon endgültig jeder Rest europäischer Macht im Nahen Osten ausgelöscht.

Die Kreuzzüge stellten also in jeder Beziehung negative Symbole dar, sowohl durch die unverschämte Täuschung der Teilnehmer, die mit Glaubensdingen geködert wurden, aber doch nichts als Machtpolitik in die Wirklichkeit umsetzen sollten, aber auch durch die letzendlich völlige Erfolglosigkeit bei riesigem Verlust von Menschenleben sowohl im Adel als auch unter den Soldaten, durch die Massaker und versuchten Genozide in diesem Zusammenhang, durch die Zerstörung der christlichen Stadt Konstantinopel und viele andere negative Erinnerungen.

In diesem Artikel „Am Ende werden wir weg sein“ wurde denn auch schon kommentiert: „Erinnern sich heute die Europäer der Kreuzzüge, so tun sie dies bestimmt nicht mit Stolz, sondern mit Unverständnis. ´Wie konnten unsere Vorfahren so etwas Schwachsinniges tun?´ Die Kreuzzüge sind zu einer kuriosen Fussnote der Geschichte geworden, an die man sich kaum erinnert, und wenn, dann eher mit Spott über die Primitivität der damaligen Anschaungen.“

Wenn Huber und die CSU ihre Kampagne einen Kreuzzug nennen, ob sie sich dann bewusst sind, sie geben ihr den Namen eines der grössten und desaströsesten, ja, eines historischen Fehlschlages der ganzen europäischen Geschichte?

Nun, in gewisser Weise ist dieser Name natürlich wirklich angebracht. Nicht nur, weil die Kampagne zum Fehlschlag werden wird, sondern auch weil man mit völlig überholten Inhalten arbeitet. Man appeliert an antikommunistische Vorbehalte, die bestenfalls noch bei den klassichen CSU-Wählern ziehen – doch die sollten ja nun eigentlich nicht die Zielgruppe sein, oder? Die „Linke“, das sei ein ‚Kader-Geschwader‘ – das ist ein schlagendes Argument, nicht? Kaum je etwas aufrüttelnderes gehört.

Und da kommt dann natürlich auch immer wieder die dumme Frage nach der Zusammenarbeit mit der Ost-CDU, ja sogar deren Einverleibung. Wenn die SED, aus der ein Teil der heutigen „Linken“ hervorging, der Leibhaftige selbst war, dann war die Ost-CDU doch ein Unterteufelchen. Wieso dann die Zusammenarbeit? Ist es nicht gerade die Zusammenarbeit, die man der SPD (schon im voraus) übelnimmt? Also, wie halten es CDU und CSU mit ihrem Ost-Teil?

Zusammenfassend: Danke, Herr Huber, für diese Wortwahl. Das hat es allen erleichert, das richtig zu sehen.


Veröffentlicht am 2. September 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Montag, 18. August 2008

Langzeitarbeitslose in der Pflege von Demenzkranken

Bundesagentur will Tausende „Stellen“ im Pflegedienst schaffen

Von Karl Weiss

Die Bundesagentur für Arbeit, bekannt für ihre Statistikmanipulationen, die Millionen von Arbeitslosen scheinbar spurlos verschwinden lassen, hat einen neuen Coup vorbereitet: Man will „schwer vermittelbare“ Arbeitslose als Pfleger für Demenzkranke einsetzen. Vertreter der Pflege lehnen dies strikt ab: „Der Aktionismus der Behörden ist zynisch!“

Meseberg-Tagung Bundesregierung

In der Pflege von Demenzkranken, das sind vor allem von Alzheimer Betroffene, werden die höchsten Ansprüche in den Pflegeberufen gestellt: In der Regel ist eine Ausbildung als Sozialarbeiter, Krankenpfleger oder ähnliches gefordert. Vor allem aber müssen die möglichen Kandidaten in einem Kurs von mehreren Monaten auf die schwierigen Aufgaben dieses Pflegeberufs vorbereitet werden.

Wegen ihrer Orientierungslosigkeit werden Alzheimer-Patienten schon einmal gewalttätig. Dann muss der Pfleger oder die Pflegerin mit Härte vorgehen, aber ohne selbst gewalttätig zu werden. Dabei sein psychisches Gleichgewicht zu behalten und nicht der Versuchung zu unterliegen, die Kranken als Vieh zu behandeln, verlangt über die Ausbildung hinaus extrem gefestigte Persönlichkeiten.

Alzheimer-Kranke in mittlerem und fortgeschrittenem Stadium sind nicht mehr in der Lage, die Pfleger wiederzuerkennen – ganz zu schweigen von den eigenen Familienangehörigen. Sie sehen sich deshalb in einer Welt nur von Fremden umgeben, allein gelassen und unwürdig behandelt und reagieren entsprechend.

In der Endphase der Krankheit verlieren die Patienten praktisch vollständig die Erinnerung an die einfachsten Handlungen des täglichen Lebens. Sie können nicht mehr essen oder trinken, sie können sich nicht anziehen, sich waschen oder duschen, sie wissen nicht mehr auf die Toilette zu gehen, sind aber gleichzeitig bewusst und haben einen eigenen Willen. Dabei fühlen sie sich allein und ausgesetzt, denn sie erkennen niemanden mehr wieder und sind daher völlig verzweifelt. Da kann jeder verstehen, dies führt zu Verzweiflungstaten.

Diese Patienten zu betreuen ist daher eine der schwierigsten Aufgaben in der ganzen Pflege. Gefestigte Charaktere mit guter Ausbildung verstehen es aber, den Patienten Anhaltspunkte zu geben und sie so zu beruhigen. Das bedeutet, völlig Verzweifelten noch einen kleinen Rest von Lebensqualität zu ermöglichen.

Ausgerechnet in dieser Aufgabe will nun die Bundesagentur Personen unterbringen, die selbst schon Probleme genug haben. Sie müssen seit geraumer Zeit mit Hartz IV auskommen und werden in vielen Fällen von den Behörden erniedrigt, drangsaliert und mit dem Hungertod (Streichen der Leistungen) bedroht. Erfahrungsgemäss stärkt das nicht die Persönlichkeiten, sondern macht sie selbst zu Opfern.

Die Vorstellung, wie diese Arbeitslosen mit einem Schnellkurs von nicht einmal einem Monat zu verantwortlichen Pflegern für solche Patienten werden können, ist abenteuerlich. Es werden ausdrücklich keine Erfahrungen in der Pflege verlangt. So empört sich denn auch Helmut Wallrafen-Dreisow, Mitglied des Kuratoriums Deutsche Altenhilfe: „Demenz gleichzusetzen mit basteln, vorlesen und Spazierengehen, ist eine Unverschämtheit".

Es gibt etwa 30 000 arbeitslose Altenpfleger und Altenpflegehelfer, berichtet die „Tagesschau“ und eine grosse Zahl von Lehrstellen in diesem Bereich sind nicht besetzt. Stattdessen will man dort nun Langzeitarbeitslose einsetzen.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat den geplanten Einsatz von Langzeitarbeitslosen in der Pflege verteidigt. Die neue Betreuung von Demenzkranken in Pflegeheimen sei ... "ein großer Schritt voran". Nur befähigte Arbeitslose würden dazu vorgesehen. Aber das ist die gleiche Beruhigungspille, die man damals bei den Ein-Euro-Jobs verteilte. Nur zusätzliche Arbeitsplätze würden besetzt, keine normalen Arbeitsplätze umgewandelt. Jeder weiss, was wirklich geschah.

Es ist charakteristisch für unsere Politikerkaste und die ihnen unterstehenden Behörden, solche Ideen in die Welt zu setzen. Am Anfang meinen viele, so wie es bei Hartz IV geschah, das sei wohl nicht ernst gemeint und werde gar nicht verwirklicht. Doch dann wurde es - und jeder vernünftige Mensch beobachtet es mit offenem Mund, wie es so etwas in einem Land geben kann, das doch gerade noch als zivilisiert angesehen wurde.

Das gleiche geschah ja mit den Ein-Euro-Jobs. Als sie am Anfang vorgeschlagen wurden, gab es viele Stimmen, die sagten, das werde nicht greifen, denn das sei ja Zwangsarbeit, es gebe sowieso nur wenige Stellen, wo dies nicht reguläre Arbeitsplätze ersetzen würde usw. Doch die Politikerkaste meint, was sie sagt. Nur die Beruhigungspillen sind Lügen. Man ersetzte Zehn-, ja Hunderttausende von regulären Arbeitsplätzen durch Ein-Euro-Jobs, ohne mit der Wimper zu zucken.

Insofern müssen wir auch anfangen ernst zu nehmen, was Frau Merkel schon vor Jahren sagte: „Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“ (Siehe hier).

Auch das wird man konsequent umsetzen wollen. Der angebliche Sozialstaat ist sowieso schon den Bach hinunter gegangen, jetzt kommt die angebliche Demokratie dran, d.h. der völlige Abbau aller bürgerlichen Rechte.

Dieses System muss weg!


Veröffentlicht am 18. August 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung


Zusatz zum Artikel

Was im Artikel noch fehlte war, wie schon vermutet, die lächerlich geringe Bezahlung für die Arbeitslosen in der Demenzkranken-Pflege. Hier gibt es dazu eine Ausage:

https://www.rf-news.de/rfnews/schlagzeilen#News_Item.2008-08-22.0941

21.08.08 - Merkel zu geplanten Billigpflegern: "Große Leistung"

Bundeskanzlerin Merkel lobte in der gestrigen Kabinettssitzung den geplanten Einsatz von Langzeitarbeitslosen als Pfleger von Demenzkranken in Altenheimen als eine "großartige Leistung". Die Regierung rechnet mit 10.000 Stellen, die nach dem neuen Pflegerreformgesetz mit Billigpflegern für wenige Euro die Stunde und einer "Ausbildung" von ganzen 160 Stunden besetzt werden sollen.

Mittwoch, 6. August 2008

Deutschland - ein Gottesstaat

75 Jahre Konkordat - Der Faschismus und der Vatikan

Von Karl Weiss

Am 20. Juli 1933, vor 75 Jahren, wurde im Vatikan das sogenante Reichskonkordat zwischen der katholischen Kirche und dem Deutschen Reich unterschrieben. Mit ihm konnte die erst kurz zuvor gebildete Hitler-Regierung in Deutschland international Punkte sammeln. Statt sich dem Boykott einiger Länder gegen diese Regierung anzuschliessen, schloss der Vatikan als erster „Staat“ mit Hitler ein Abkommen. Wenn der Papst selbst mit Hitler paktiert, wer wollte ihn dann noch boykottieren?

Oettinger Rede für Filbinger
Kaum ein Bild kann die innige Verschlungenheit des Faschismus mit den Kirchen und der Bundesrepublik deutlicher ausdrücken als dieses. Wer zu Grabe getragen wird, ist Filbinger, ein Faschist, der es in der Bundesrepublik bis zum Ministerpräsidenten und stellvertretenden CDU-Vorsitzenden gebracht hatte. Wer die Lobrede auf den Faschisten hält, ist Oettinger, jetziger CDU-Ministerpäsident. Wer dem Toten die letzte Ehre gibt, ist der katholische Bischof von Freiburg und das einzige, was da noch fehlte, ist die martialische Staatsgewalt. Sie ist in Form der abkommendierten Polizisten zugegen.

Hitler hatte richtig darauf gesetzt, der Papst stimme zwar nicht mit der faschistischen Ideologie überein, aber mit den wesentlichen Zielen des deutschen Faschismus, also vor allem dem Kampf gegen die Arbeiterbewegung und dem Krieg gegen die Sowjetunion, den Hitler bereits in „Mein Kampf“ als Hauptziel genannt hatte. Der Vatikan würde also anbeissen, wenn man ihm wesentliche Vorteile für de katholische Kirche in Deutschland anbieten würde. Und so war es.

Der Inhalt des Konkordats war unerhört. Nie vorher hatte ein Staat einer Religionsgemeinschaft so viele Vorteile offeriert. Bis heute gibt es in keinem Land der Erde vergleichbare Regelungen für Religionsgemeinschaften. Selbst in „Gottesstaaten“, wie dem Iran, gibt es keine so vorteilhaften Regelungen für die dominierende Relgionsgemeinschaft. In Wirklichkeit machte Hitler Deutschland so zu einer Art von Gottesstaat, ohne dem Klerus allerdings Einfluss auf die Politik der Regierung einzuräumen.

Das Konkordat, das später gleichlautend auch auf die grossen protestantischen Kirchen in Deutschland ausgedeht wurde, beinhaltet drei wesentliche vorteilhafte Regelungen für die Kirchen:

1. Die Geldleistungen der Mitglieder an ihre Kirchen werden von Staats wegen als Kirchensteuer eingezogen. Das gibt es in keinem anderen grösseren Land der Welt. Dazu kommt, man gesteht den Eltern zu, ihre Kinder bereits klein in die Kirchen eintreten zu lassen. So erleben die jungen Menschen, unabhängig von ihrem Glauben oder ihrem Wunsch der Zugehörigkeit zu einer Kirche, wie ab der ersten Einkommenszahlung bereits Kirchenabgaben automatisch abgezogen werden. Damit habe die grossen christlichen Kirchen in Deutschland ein Milliardeneinkommen praktisch garantiert und müssen nichts für das Eintreiben ausgeben.

Filbinger und Kohl
Hier sieht man zu Zeiten, als Schmidt noch Bundeskanzler war, die Spitze der CDU: Kohl, der Vorsitzende, als Vertreter der Wirtschaftsfraktion in der CDU und Filbinger, sein Stellvertreter, als Vertreter der beträchtlichen faschistischen Fraktion in der ach wie so christlichen Partei

2. Die grossen christlichen Religionsgemeinschaften erhielten das Recht, auf den staatlichen Schulen während der normalen Schulzeit Religionsunterricht geben zu können und an den staatlichen Universitäten ihren Klerus ausbilden zu lassen. Dabei wird auch noch beträchtlicher Druck ausgeübt, dass alle Kinder an diesem Unterricht teilnehmen, auch wenn das Kind oder der Jugendliche gar nicht daran interessiert ist bzw. die Eltern ihn dort nicht teilnehmen lassen wollen. Die Religionslehrer, wie auch die Universitätsprofessoren, werden vom Staat bezahlt.

3. Diese Kirchen erhalten unter den verschiedensten Vorwänden aus Steuergeldern über die Abgaben ihrer Mitglieder hinaus staatliche Zuwendungen, die in reiner Form etwa 14 Milliarden Euro pro Jahr betragen, in versteckter Form sogar noch viel mehr. Siehe hierzu auch diesen Artikel.

Die Türkei zum Beispiel, auf die mancher in Deutschland herunterschaut, hat in ihrer Verfassung die strenge Trennung zwischen Kirche und Staat festgeschrieben - und das seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Darauf beruhte auch die Anklage gegen die Regierungspartei, die der Türkei einen islamischen Charakter geben will, vor dem dortigen Verfassungsgericht.

CDU-Fest fÜr Filbinger 90 Jahre
Dies ist der Faschist Filbinger auf dem Empfang, den die CDU für ihn am 90. Geburtstag gab, offenbar unter Freunden und bestens aufgelegt einen Toast ausbringend

Als der Papst damals das Eis gebrochen hatte, wurde die Hitlerregierng hoffähig. Die Diplomaten und Militärattachees des faschistischen Regimes hatten Zugang zu den Treffen der Politik und des Finanzadels in den wesentlichen westlichen Ländern, wie z.B. den USA, Grossbritannien und den meisten europäischen Ländern.

Sie nutzten aus, wie weit der Antisemitismus in diesen Ländern verbreitet war und sie trafen mit dem Versprechen des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion auf offene Ohren selbst bei Managern, Bankern und Superreichen, die nichts mit der faschistischen Ideologie am Hut hatten.

So gelang es Hitler, von 1933 bis 1939 die Vorbereitungen für den Krieg auf Hochtouren zu betreiben, die das deutsche Grosskapital zum Herrscher der Welt machen sollte, ohne auf irgendwie geartete Sanktionen zu treffen. Obwohl Hitler einfach Geld drucken liess, wurde die Reichsmark im Ausland angenommen, als sei es eine stabile Währung. Es gab absolut kein Exportverbot, z.B. von kriegsbedeutendem Material nach Deutschland, aus keinem bedeutenden Land – bis zum Beginn des 2. Weltkrieges am 1. September 1939!

Alle sahen einfach zu, als Hitler sein Heimatland Österreich dem deutschen Reich eiverleibte und auch noch, als man in die Tschechoslowakei einmarschierte. Später wurde dies als „Appeasement-Politik“ gebrandmarkt und argumentiert, damit habe man zwar Hitler beruhigen und vom Krieg abhalten wollen, in Wirklichkeit aber nur seinen Appetit geweckt.

Diese Politik war aber in Wirklichkeit darauf begründet, dass viele westliche Politiker mit vielen Teilen der Hitler-Politik übereinstimmten. Irgend eine Möglichkeit, Hitler durch „Beruhigen“ jenen Krieg nicht beginnen zu lassen, war sowieso nicht realistisch.

Der damalige FBI-Chef Hoover war wohl einer der Hitler-Anhänger. Auch in der CIA war die Mehrheit der Verantwortlichen offenbar eindeutig auf Hitlers Seite. Kein Wunder, dass es die CIA war, die nach dem Krieg einem wesentlichen Teil der faschistischen Massenmörder zur Flucht nach Südamerika verhalf.

Die Standard Oil (heute Exxon Mobil) vereinbarte mit Hitlers Regierung die Lieferung von bedeutenden Mengen von Rohöl und Ölprodukten für den Krieg. Diesen Lieferverpflichtungen kam man selbst nach 1939 noch nach! Auch die IBM lieferte noch währenddes Krieges Geräte, die u.a. in KZs benutzt wurden.

Als 1939 der 2. Weltkrieg begann, war die Hitler-Lobby in den USA – speziell in der Politik und bei den Konzernen und Superreichen so stark, dass es der Präsident Roosevelt nicht wagen konnte, auf der Seite der Alliierten in den Krieg einzutreten, obwohl er kein Hitlerist war.

Erst als die mit Hitler verbündeten Japaner zwei Jahre später einen Überraschungsangriff auf den wichtigsten Hafen der US-Pazifikflotte in Pearl Harbour auf Hawai planten, sah er eine Möglichkeit, dies als Vorwand für eben diesen Kriegseintritt benutzen zu können.

Er liess einen grossen Teil der Flotte aus dem Hafen auslaufen, warnte aber die verbliebenen Teile nicht, obwohl er die Pläne kannte. So wurde aus dem Angriff auf Pearl Harbour ein riesiges Massaker, gross genug, um die Hitler-Anhänger verstummen zu lassen und Rossevelt nun die Möglichkeit zu geben, auf der Seite der Aliierten in den Krieg einzutreten.

Selbst nach dem zweiten Weltkrieg machte der damalige englische Premier Churchill noch deutlich: Man wäre eigentlich auf Hitlers Seite gestanden, hätte dieser nicht im Auftrag des deutschen Monopolkapitals die Weltherrschaft (zusammen mit Japan) angestrebt. Er sagte: „Wir haben das falsche Schwein geschlachtet.“ Das „richtige Schwein“ wäre die Sowjetunion gewesen.

Als im Jahr 1949 die Bundesrepublik gegründet wurde, übernahm man das Konkordat, so als ob das Bestechungsmanöver eines Unrechtsstaates nach dessen Abgang noch Gültigkeit haben könnte. Bis heute gilt es, ein Dinosaurus, der nie hätte zu neuem Leben erweckt werden dürfen.

Trennung von Kirche und Staat!


Veröffentlicht am 5. August 2008 in der Berliner Umschau, hier leicht redigiert

Originalveröffentlichung

Freitag, 25. Juli 2008

Der Exkanzler und die kriminellen Machenschaften

Schröder lässt Läden durch Anwaltskanzleien einschüchtern

Von Karl Weiss

Den damaligen Kanzler Schröder fanden einige noch ganz sympathisch, aber nun verspielt er das bisschen Ansehen, das er noch hatte. Er hat (nach einer Berichtigung) keinen Anlass gefunden, die Äußerungen über ihn in Jürgen Roths Buch "Der Deutschland-Clan - Das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz" beanstanden zu können, da ließ er seine Rechtsanwälte einfach Buchhandlungen einschüchtern, um das Buch nicht zu verkaufen.

Würden Sie oder ich so etwas tun, wären wir wegen Nötigung dran, aber bei Schröder wird es natürlich bei einem weiteren Verlust seines Ansehens bleiben, denn Politiker sind für ihre Taten ja nie verantwortlich.

Schröder

Eigentlich war damals schon klar geworden, wes Geistes Kind Schröder ist, als er einen Journalisten vor Gericht zerrte, der die offensichtliche Tatsache ausgesprochen hatte, dass Schröder die Haare färbt.

So etwas nennt man auf gut Deutsch Korinthenkackerei.

Nun aber hat er die Grenze des einfach nur Unschicklichen überschritten und ist in den Bereich der kriminellen Machenschaften geraten, jedenfalls nach Ansicht des Autors.

Basis dieser ganzen Geschichte ist jene Machenschaft, die man auch schon als kriminell ansehen kann, als er kurz vor dem von ihm selbst eingeleiteten Ende seiner Kanzlerschaft einen großen Deal mit der russischen Gazprom abschloss, seine mächtige Stellung als Kanzler nutzend, die Gaslieferungen an Deutschland und eine neue Pipeline einschloss, die Polen umging, indem sie auf dem Meeresboden der Ostsee verlegt werden sollte, und so die Gebühren (und den politischen Einfluss) für die Durchleitung durch Polen einsparte.

Dies war damals als politischer Husarenstreich angesehen worden. Das deutsch-polnische Verhältnis, sowieso schon durch einige deutsche Rechtsaussen belastet, die immer noch Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges revidieren wollen, wurde dadurch zusätzlich belastet, aber was kümmert das einen Kanzler, der bereits wusste, er würde Neuwahlen provozieren und danach nicht mehr am Ruder sein.

Nach einigen Wochen pathetischer Auftritte musste Schröder schließlich öffentlich zugestehen, er hatte die Wahlen verloren und war abgewählt. Noch während die Bildung der großen Koalition festgeklopft wurde, wurde bekannt, er wird in den Aufsichtsrat der russischen Gazprom gerufen werden, natürlich mit einer fürstlichen Bezahlung.

Nun kann ihm niemand nachweisen, dies wurde bereits vereinbart, als er den Deal als Kanzler abschloss. So bleibt ihm eine Anklage wegen Korruption erspart. Trotzdem darf man öffentlich sagen, der enge zeitliche und inhaltliche Zusammenhang ist ein eindeutiges Indiz für die Käuflichkeit von Herrn Schröder.

In diesem Sinne sagte dies denn auch der bekannte Polizei-Reporter Jürgen Roth in seinem Buch "Der Deutschland-Clan - Das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz", das kürzlich erschienen ist (ein Buch, das empfehlenswert ist). Nur gefiel das Herrn Schröder nicht, dem Politiker mit den Schäfchen im Trockenen. Also ließ er seine Anwälte eine Kampagne gegen das Buch bei Buchhandlungen in Hamburg beginnen.

Die Anwälte fragten in verschiedene Buchhandlungen nach diesem Buch, liessen es bestellen und kauften es. Anschliessend schickte man an die Buchhandlungen die berühmten „Abmahnungen“, also kostenbewehrte Unterlassungserklärungen, das Buch werde in Zukunft nicht mehr verkauft.

Selbstverständlich gibt es überhaupt keine Rechtsgrundlage dafür, denn das Buch ist frei verkäuflich und Schröders Klage auf das Streichen einer ihn betreffenden Passage war zurückgewiesen worden.

Es handelt sich also um eine reine Einschüchterungsmassnahme. Nun gibt es aber einschlägige Paragraphen, in denen zum Beispiel steht „wer einen anderen mit einem Übel bedroht, um ...Vorteile zu erlangen“ und „wird mit Gefängnis oder Geldstrafe nicht unter...bestraft“.

Allerdings werden wir natürlich lange warten können, bis ein deutscher Staatsanwalt Schröder und seine Anwälte vor den Kadi bringt. Wahrscheinlich geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, bevor dies geschähe. Interessanterweise ist dieses Geflecht von Straffreiheit für jedweden Politiker genau eines der wesentlichen Themen des Buches.

So werden die Thesen des Buches, die (laut Süddeutscher Zeitung) „nicht jedem gefallen müssen“, von Schröder und seinen Anwälten auch noch unabsichtlich bestätigt. Mit anderen Worten: Politiker gehen in Deutschland mit ihren kriminellen Machenschaften straffrei aus.

Wer weitere Beispiele ausser Schröder hierfür nachprüfen will, siehe dieser Artikel: „Politiker nach der Karriere“.


Veröffentlicht am 25. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Freitag, 6. Juni 2008

Deutschland als Einwanderungsland - für US-Amerikaner

Überraschungen aus der Statistik

Von Karl Weiss

Eine kleine Meldung nur in der Zeitung, doch sie hebt gleich ein ganzes Bündel von Vorurteilen aus den Angeln: Viele Deutsche wandern aus, andere wandern ein. Doch wohin wird ausgewandert, woher kommen die Einwanderer?

Osama Bin Laden

In schwärzesten Farben wird es von interessierten Kreisen an die Wand gemalt: Deutschland als Einwanderungsland. Dunkelhäutige und bärtige Gestalten kommen im Auftrag von Osama Bin Laden heimlich über die Grenze und machen die sowieso schon bestehende Enge unerträglich. Doch - von wo kommen die Einwanderer wirklich? Hauptsächlich aus Polen, in geringerem Masse aus Rumänien und aus den USA, Was, USA? Ja, USA

Aus der gleichen Ecke, nämlich der rechten, kommt das genau umgekehrte Schauergerücht: Deutschland wird menschenleer. Nur noch wenige Jahre und bestenfalls einige alte Leutchen schleppen sich noch über Deutschlands Strassen. Auch dieses Ammenmärchen ist natürlich falsch. Zwar vermehren sich die Deutschen nicht wie die Karnickel, aber aufgrund einer leichten Zuwanderung bei geringer Abwanderung bleibt die Zahl der Menschen in Deutschland etwa gleich. Es gibt auch keine Gefahr einer Vergreisung, denn die Zuwanderer sind typischerweise jung.

Der Saldo steht deutlich auf Zuwachs: 150 000 Auswanderern aus Deutschland (ein Zuwachs um 7%) im Zeitraum der ersten 11 Monate 2007 stehen 647 00 Einwanderer gegenüber. Also eine Bestätigung der schlimmsten Befürchtungen? Wir werden von Islamisten überschwemmt, die demnächst hier die Herrschaft übernehmen wollen, wie uns u.a. Henryk Broder und Konsorten weismachen wollen?

Die Überraschung kommt, wenn man sich ansieht, wohin denn ausgewandert wird und wo die Einwanderer herkommen

Die Auswanderung ist deutlich angestiegen in letzter Zeit. Die Gründe dafür liegen bis jetzt im Dunkeln. Ausgewandert wird nicht etwa, wie man meinen könnte, vor allem nach Australien, Kanada und Brasilien (wie der Schreiber dieser Zeilen), nein es geht hauptsächlich in die Schweiz (18 863, 12,6 %, darunter eine Familienangehörige des Autors), in die USA (13 433, 9,0 %) und nach Österreich (9 414, 6,3 %). Die niedrigen Prozentzahlen machen deutlich, es wird in eine Vielzahl von Ländern ausgewandert. Der Grund dürfte nur in Ausnahmefällen das allgemeine Unwohlsein in Deutschland sein. Weit überwiegend dürften die Gründe im persönlichen und familiären Bereich liegen, wenn man einen Partner aus einem anderen Land kennengelernt hat oder, wie beim Autor: Wenn man in Deutschland aus Altersgründen keinen Job mehr bekommt, muss man eben in ein Land gehen, wo nicht ein so hysterischer Jugendwahn herrscht wie in Deutschland

Überraschender aber als die Länder, in die ausgewandert wird, sind jene, aus denen das Gross der Einwanderer kommt. Türkei?, Afghanistan? Pakistan? Iran? Kosovo? Bosnien? Irak? Libanon? Syrien? Sudan? Marokko? Algerien? Die Überflutung durch islamische Horden?

Nichts dergleichen! Mit 21 % stellen Polen die bei weitem grösste Gruppe der Einwanderer: 135 700. Die seit Jahrhunderten intensiven Beziehungen zwischen beiden Ländern hatten bereits im 19. Jahrhundert dazu geführt, dass bedeutende deutsche Kolonien in Polen entstanden und dass in verschiedenen Teilen Deutschlands ganze Kolonien von Polen lebten. Das betrifft nicht nur die damaligen östlichen Teile von Deutschland, wie Ostpreussen, Schlesien und Danzig, wo es viele Polen gab, sondern auch das Ruhrgebiet. Eine bedeutende polnische Auswanderung kam im 19.Jahrhundert ins Ruhrgebiet, weil es dort Arbeitsplätze im Kohlenbergbau und in der Stahlindustrie gab. Die Namen, die auf –ski oder -sky enden, sind seitdem aus den deutschen Nachnamen nicht mehr weg zu denken. Da spielten zum Beispiel in der deutschen Fussball-Nationalmannschaft ein Tilkowski und ein Kwiatkowski, ebenfalls ein Szymaniak und auch im aktuellen Fussball kommen wir nicht ohne polnisch-stämmige aus: Klose hält zusammen mit Ronaldo die höchste Zahl von geschossenen Toren in Weltmeisterschaften. Bei der EM könnte es vorkommen, dass Borowski einen Pass auf Podolski gibt - und niemand meint, es sei von der polnischen Mannschaft die Rede, gegen die, wie es der Zufall will, das Auftaktspiel geht.

An zweiter Stelle nach den Polen bei der Einwanderung, aber mit weitem Abstand, stehen die Rumänen mit 37 900, das sind etwa 6% der Einwanderer, nur etwa 28% der Polnischen Einwanderer.

Den dritten Platz der Einwanderer nehmen – und das ist wohl die grösste Überraschung - die US-Amerikaner ein. 25 600 wanderten in den ersten elf Monaten 2007 nach Deutschland ein, das sind etwa 4% der Einwanderer und fast das doppelte, als Deutsche in die Vereinigten Staaten auswandern. Natürlich enthält die Zahl der „Einwanderungen“ auch Manager von weltweiten Konzernen, die in ein anderes Land geschickt werden, aber das kann ja keine Zahl von 25 600 in 11 Monaten begründen.

Erst danach kommen die Türken, die wohl die meisten an der ersten Stelle erwartet hätten, mit 24 600 (etwa 4%), das sind nur etwa 18% der eingewanderten Polen. Diese Zahl ist unbedeutend, überraschend niedrig, besonders wenn man bedenkt, wieviele Türken in Deutschland geboren werden und erst als „Einwanderer“ gezählt werden, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen und wie viele ein Recht auf ein Leben in Deutschland haben aus Gründen der Familienzusammenführung.

Auch der fünfte Platz in der Liste der Nationalitäten, die nach Deutschland einwandern, dürfte eine Überraschung darstellen: es sind Ungarn mit 21 000 (etwa 3 %).

Es wird deutlich, die Frage von Einwanderung nach Deutschland hat wohl mehr mit der Ostausweitung der EU zu tun als mit der eingebildeten Verschwörung der Islamisten, uns zu überfluten.

Allerdings hat diese Statistik noch nicht die Deutschen berücksichtigt, die aus dem Ausland wieder nach Deutschland zurückkehren. Eben hat das Statistische Bundesamt die Statistik für 2007 veröffentlicht, in der diese mitgezählt werden.

Danach sind im Jahr 2007 nach vorläufigen Ergebnissen 683 000 Personen nach Deutschland zugezogen und 635 000 Personen aus Deutschland fortgezogen. Daraus ergibt sich ein Ein- bzw. Rück-Wanderungsüberschuss von 48 000 Personen.

Das reicht nicht ganz aus, um das Defizit durch die niedrige Geburtenrate auszugleichen, aber die jährliche Abnahme der Menschen in Deutschland liegt deutlich unter der 100 000–Menschen-Grenze. Das gilt als gleichbleibende Bevölkerung, denn bei 80 Millionen in unserem Land bräuchte man um die 1000 Jahre, um es zu leeren in diesem Rhythmus und in 1000 Jahren gibt es mit Sicherheit nicht mehr diese Probleme, so oder so.

Unter den 635 000 Personen, die nach Deutschland zogen, sind 572 000 Ausländer und 63 000 Deutsche (die also zurückkamen).

Diese hohe Zahl von Rückkehrern weist auch auf die Problematik dieser Statistik hin: Sie enthält unausweichlich jene Deutschen, die von ihren Firmen mit Mann und Maus ins Ausland geschickt wurden und diese Fälle können nicht von den wirklichen Auswanderungen unterschieden werden. Eine grobe Abschätzung macht aber deutlich: Wenn von 635 000 Einwanderern 63 000 Deutsche sind, dann handelt es sich grössenordnungsmässig um 10 % der Fälle.

Eine andere Unterscheidung ist auch nicht möglich: Die von Einwanderern im strengen Sinne und von Spätaussiedlern, also Deutschstämmigen, die das Recht haben, nach Deutschland umzuziehen. Es kann vermutet werden, dass es sich bei den Zahlen der Einwanderung aus Polen, aus Rumänien und aus Ungarn in nicht unerheblichem Masse um solche Fälle handelt.

Zusammengefasst: Insgesamt sind sowohl Ein- als auch Auswanderung nach und aus Deutschland zahlenmässig deutlich begrenzt, wenn auch nicht völlig unbedeutend. Es gibt weder irgendeine deutliche Fluchtbewegung aus Deutschland noch gibt es das an die Wand gemalte Phänomen der Überschwemmung mit Muslims.

Veröffentlicht am 6. Juni 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Montag, 14. April 2008

Dafür ist kein Geld da!

Die Legende vom Sparen

Von Karl Weiss

Landauf, landab erklären Politiker, Medien und auch ein Teil der irregeleiteten Bundesbürger, es müsse eben gespart werden. Es sei eben nicht mehr so viel zu verteilen da und da müsse jeder sein Scherflein beitragen. Kein Kindergarten, öffentliche Bäder geschlossen, öffentlicher Nahverkehr unbezahlbar, mehr als 30 Kinder in einer Klasse: Tut uns ja so leid, aber man muß sparen. Es fehlt einfach Geld an allen Ecken und Enden!

Die allgemeine Sparorgie ist nichts als eine Legende, das ganze Spargetue ist nicht mehr als „bullshit", wie sich unsere amerikanischen Freunde auszudrücken pflegen.

Die Linke 2008

Leider haben sich auch bereits weite Teile der 'Linken' auf diese Sprachregelung eingelassen. In Berlin, wo sie mitregieren, erklären die „Genossen", es sei eben kein Geld da.

Wenn man sich den Bundeshaushalt ansieht, so müßte der also geschrumpft sein - 30, 40%. Das ist aber wundersamerweise nicht der Fall. Er ist im wesentlichen gleichgeblieben. Nur kleine Veränderungen von Jahr zu Jahr, mal etwas nach unten, mal etwas nach oben. Moment mal, wie kann das sein, wenn doch überall das Geld hinten und vorne fehlt?

Warum glauben die Politiker eigentlich, wir seien so dumm, daß wir nicht einmal die Zahlen des Bundeshaushalts der letzten Jahre und dieses Jahres vergleichen können?

Filbinger und Kohl

Das Ganze begann unter der Regierung Kohl. Die Monopolkonzerne hatten ageordnet, daß nun Schluß mit lustig sein mußte, soziale Leistungen sollten rigoros abgebaut werden. Gehorsam startete Kohl die erste Sondierung, den ersten Versuch, massiv Soziales abzubauen und zu sehen, was geschieht. Doch die Regierung Kohl und die Herren der Konzerne fielen voll aufs Maul. Man hatte dort angefangen, wo die größte Kampfkraft der Arbeiter lag: Man versuchte als erstes, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kappen und bereitete bereits das Ende der Steuerbefreiung der Nacht- und Schichtzuschläge vor.

Daraufhin begannen Streiks in mehreren großen Betreiben, hauptsächlich bei Mercedes, zunächst befristet. Praktisch alle Arbeiter machten mit. Die SPD-gelenkten Gewerkschaftsführungen sahen die große Gelegenheit, der scheinbar unschlagbaren Kohl-Regierung eins auszuwischen und ihre Partei als Alternative anzupreisen. Sie organisierten die Streiks und Kohl mußte schnellstens zurückrudern, um nicht in die Situation zu geraten, die ein Villepaine in Frankreich vor zwei Jahren kennengelernt hat.

Schröder

Der Mythos der Kohl-Regierung war vorbei, der Weg war frei für Schröders und Fischers Sieg 1998 in den Bundestagswahlen. Das war genau, was die Monopole nun brauchten. Sie wußten, das die Arbeiter ohne die SPD-Führer nur schwerlich streiken konnten, also brauchte man die SPD an der Regierung. Und so geschah es. Die meisten, die damals SPD und Grüne wählten, glaubten, ein kleineres Übel gegenüber der CDU-FDP-Regierung gewählt zu haben. In Wirklichkeit hatte man genau das gewählt, was die Monopole nun wollten.

Bereits kurz nach der Regierungsübernahme beschloß Rot-Grün die größte Unternehmenssteuer-Entlastung, die Deutschland je gesehen hat. Es wurden alle Arten von Abschreibungsmöglichkeiten eingeführt, speziell für all jene Dinge, die große Konzerne abschreiben wollen. So kam man zum Ergebnis, daß die Monopolkonzerne in vielen Fällen praktisch keine Steuern mehr zahlen brauchten, z.T. sogar Geld aus anderen Jahren wieder herausbekamen.

Du verlagerst deine Fertigung nach Polen? Klar, daß du alle Kosten dafür abschreiben kannst! Dein Gewinn ist in Irland angefallen? Brauchst du in Deutschland keine Steuern mehr bezahlen, auch wenn lediglich der Verkauf über Irland abgewickelt wurde! Deine Aktien sind gefallen? Kannst du von den Steuern absetzen! Kosten für Entlassungs- und Frühpensionierungsaktionen? Kannst du von den Steuern absetzen! Die Krise hat dir Verluste beschert? Dafür bekommst du Steuern vom letzten Jahr wieder raus! Usw. Usf. Insgesamt fehlen seitdem etwa 100 bis 150 Milliarden Euros jedes Jahr im Staatssäckel, während in den Vorstandsetagen ohne Unterlaß die Sektkorken knallen.

Wie sich bald zeigen sollte, wurden diese verluste aber fats vollst6andig in die Gemeinden verlagert, w6ahrend der Bundeshaushalt fast gleich blieb. In den gemeinden, wo die Bürger wohnen, fehlt es vorne und hinten, oben im Bund, wo die Politiker hausen, ist weiterhin Überfluss angesagt.

Diese ganze „Reform" wurde zunächst in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil die Folgen nicht unmittelbar zu sehen waren. Noch schien ja alles seinen gewohnten Gang zu gehen.

Charakteristisch war auch, daß diese Unternehmenssteuer-Abschaffung praktisch nicht auf kleinere Betriebe anzuwenden war. Für sie blieben die Steuern vielmehr im wesentlichen gleich hoch. Da wurde klar wie kaum je zuvor, daß wir nicht mehr im normalen Kapitalismus, sondern im Monopolkapitalismus leben, in dem nur die großen, die Monopol-Konzerne das Sagen haben.

Als dann, bereits während der ersten rot-grünen Legislaturperiode, nach und nach die öffentlichen Leistungen in den Kommunen (und auch Ländern) abgebaut zu werden begannen, merkten zunächst nur wenige, daß es das Geld der Konzerne war, das nicht mehr in den Kommunen und Ländern ankam, die daraufhin Grundlegendes zu streichen begannen.

Es begann die Zeit der Privatisierungen, der „Public-Private"-Konzepte, das Herunterfahren der Lehrerstellen, das Schließen von Schulen, die Krankenhäuser ließ man einschnurzeln usw. usf.

Aber auch auf Bundesebene würden Leistungen für den Bürger abgebaut. Die Bahn wurde aufs Abstellgleis gefahren, die Post zum Tode verurteilt, der öffentliche Nahverkehr mehr und mehr ausgedünnt.

Man stelle sich nur vor, wenn die Unternehmensbesteuerung noch so wäre wie zu Kohls Zeiten. Es stünden zwischen 100 und 150 Milliarden Euros mehr zur Verfügung. Man könnte eine wirkliche Familienförderung durchführen, Kindergärten für alle anbieten, die Schulklassen verkleinern, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und billigere Tickets anbieten, die Bahn zu einem wirklichen Verkehrsmittel für Alle und alle Güter ausbauen - zu angemessenen Preisen -, die öffentlichen Bäder wieder öffnen, die preiswerten Wohnungen in der öffentlichen Hand lassen, die Krankenhäuser zu wirklichen Gesundheitszentren machen - und hätte immer noch Geld übrig für weitere wichtige Aufgaben.

Stattdessen wurde all dies Geld den Großkonzernen in den Rachen geworfen, die sich dafür mit mehr und mehr Entlassungen und Stellenabbau bedankten.

Als es dann 2002 wieder ans Wählen ging, hattten schon eine Reihe von Rot-Grün-Wählern gemerkt, daß von „kleinerem Übel" keine Rede sein konnte. Doch mit dem Trick vorzugeben, man werde sich nicht am Irak-Krieg der US-Regierung beteiligen, konnte Rot-Grün noch ein zweites Mal triumphieren, wenn auch knapp und nicht für eine ganze Legislaturperiode. In Wirklichkeit war der Beitrag der Bundesrepublik als „Etappe" für den völkerrechtswidrigen Krieg weit größer als zum Beispiel der von Spanien oder Italien und ist es bis heute, während deren Truppen längst zu Hause sind.

Nun wurde das zweite große „Reform"-Projekt der Monopole in Auftrag gegeben. Diesmal sollte der massive Abbau von Löhnen, die Einführung von Niedrigstlöhnen und das Durchlöchern des gesamten Netzes von Tarifverträgen erreicht werden. Man war sich klar, dies war nicht dadurch möglich, daß man einfach in den Tarifrunden minus 10% forderte. Es wurde das Projekt Hartz IV geboren, erstellt in einer Komission durch die Monopolverbände und Schröder zum Umsetzen vorgelegt, der dann auch keine Zeit verlor.

Hartz-Protest 02

Man mußte die Arbeitslosen in Armut stürzen, sie demütigen bis aufs Unterhemd, so daß der Fall in die Arbeitslosigkeit für die Arbeiter (und Angestellten) zum absoluten Alptraum würde. Dann brauchte man nur noch Entlassungen ankündigen und konnte jegliche Verschlechterung durchsetzen, denn damit würden ja angeblich jene Entlassungen verhindert. In Wirklichkeit wird zuerst verschlechtert und dann doch entlassen. Ebenso würde man so einen Niedrigstlohnbereich einführen können, denn der wäre ja immer noch besser als Hartz IV.

So wurde dann - wieder unter dem Vorwand von angeblichem Sparen - Hartz IV durchgezogen. In Wirklichkeit war jedem klar, der rechnen konnte, daß Hartz IV selbstverständlich keinen Cent Einsparung bringen, sondern eher mehr kosten würde, so wie es dann ja auch kam. Auch daß Hartz IV natürlich nicht einen mehr in Arbeit bringen würde, die ihren Mann ernährt, war völlig klar. Es ging ja auch nicht um Einsparungen und nicht um Arbeitsplätze, sondern um mehr Profite für die großen Monopolkonzerne.

Man braucht sich nur die Unternehmensberichte durchsehen, die für die Jahre 2005, 2006 und jetzt auch schon 2007 veröffentlicht wurden: Es hat geklappt, die Profite haben Höhen erreicht, die selbst hartgesottenen Spitzen-Managern die Freudentränen in die Augen treiben.

Insoweit hört es sich auch immer wieder rührend an, wenn bemängelt wird, daß Hartz IV doch eine so riesige Bürokratie geschaffen habe, daß es so schlecht gemacht sei. Es ist genauso gemacht, wie es sein sollte.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Aber selbst wenn wir dies alles nicht berücksichtigen. Wenn wir einfach sagen: Nun, mehr als da ist, ist eben nicht in der Steuerkasse, wäre denn dann wenigstens die Sparhysterie gerechtfertigt?

Nicht die Bohne.

Sieht man sich nämlich genau an, für was alles Geld da ist, Millionen und Milliarden von Euros da sind, wird klar, daß mans wirklich hat, aber eben nur für das, was man will.

Schweigen wir hier von Militärausgaben und Auslandseinsätzen, für die immer genug Geld da ist, nehmen wir andere Beispiele.

Reden wir hier auch nicht von den gewaltigen Kosten für die Betreuung, den Transport und die Aufbewahrung der Atommüllabfälle, für die jene Energie-Konzerne keinen Cent bezahlen müssen.

Fangen wir mal mit den ca. 100 Milliarden Euro an, die Deutschland jedes Jahr in die Europäische Union zahlt. Jeder Cent davon ist rausgeworfenens Geld. Diese unglaubliche Summe von Geld wird nämlich fast ausschließlich für zwei Dinge ausgegeben: Für die Brüsseler Bürokratie und für Subventionen, die fast ausschließlich an Reiche und Konzerne gehen.

Daß die Brüsseler Bürokratie so überflüssig ist wie ein Kropf, bracht nicht mehr eigens erläutert zu werden. Um Verordnungen darüber zu schaffen, um wieviel cm die Verpackung größer sein darf als das Produkt, dafür braucht man keinen Apparat von 21 000 Bürokraten, das könnte im Einvernehmen der Länderministerien geregelt werden - wenn so etwas denn regelwürdig ist.

Aber auch die Subventionen Europas, laufen sie unter dem Namen Agrarsubventionen oder Regionalfonds oder anderen, haben keinerlei Daseinsberechtigung. Weder die kleinen Bauern werden davor gerettet, ihre Höfe aufgeben zu müssen noch werden unterentwickelte Regionen Europas gestützt. In Wirklichkeit sind das alles Gelder, die am Ende in den Taschen von Superreichen, Politikern und Großkonzerne landen.

Was man mit 100 Milliarden jährlich alles Sinnvolles anfangen könnte!

Um sich nur einmal ein Bild zu machen, was da für eine Schlange am Busen der Steuerzahlen genährt wurde, hier einige Zahlen vom unabhängigen österreichischen Europa-Abgeordneten Hans-Peter Martin zum Beamten-Futtertrog Brüssel:

Die durchschnittliche Pension eines Europa-Beamten beträgt 5.509 Euro, das ist der Durchschnitt, also vom Pförtner bis zum Generaldirektor. Die Ausgaben allein für Pensionen dieser Beamten sind seit 1999 um 75% angestiegen. Heute stehen bereits Pensionszusagen fest, die den europäischen Steuerzahler mit 22,8 Milliarden Euro belasten werden - bei wohlgemerkt, wie gesagt, nur 21.000 Beamten!

Martin Bangemann

Bereits jetzt gibt es 7.500 ehemalige Euro-Beamte, wie z.B. Skandalnudel Bangemann. Die durchschnittliche Pension der Spitzenbeamten beträgt 10.500 Euro! Allein die Pensionsleistungen kommen heute auf 491,5 Millionen Euro jährlich. 2004 gab es eine Sonderregelung, daß die Beamten bereits mit 50 in Pension gehen konnten, während unsereiner bis 67 warten muss, bis er seine Mini-rente bekommt. Gehen sie in Pension, bekommen sie zunächst einmal 6 Monate ihr Gehalt weiter, dann für 5 Jahre 70%. Das alles sind keine Renten, sondern Pensionen, für die also bestenfalls symbolische Eigenleistungen eingezahlt werden. Na, man hats ja!

Aber nicht nur für den allseits unbeliebten Brüsseler Wasserkopf und seine Subventionen wird Geld zum Fenster hinaus geworfen.

Ein besonders interessantes Kapitel ist das Übergeben von Hunderten von Millionen von Euros an Firmen, die dies absolut nicht brauchen. Zum Beispiel trifft das zu auf die FIFA. Es handelt sich um eine der reichsten Handels-Firmen im ganzen Sportgeschäft. Was sie verkauft? Sportrechte! Die Rechte, die sie für die WM in Deutschland verkauft hat, darunter Fernsehrechte, Werberechte, Eintrittskarten usw. werden auf größenordnungsmäßig 3 Milliarden Schweizer Franken geschätzt, allein die Fernsehrechte kosteten 1,8 Milliarden Euro.

Nun, verehrter Leser, wenn Sie eine Firma aufmachen, die in Deutschland etwas verkauft, dann müssen Sie natürlich dafür Steuern zahlen. Nicht so die FIFA. Ihr wurde im Rahmen der deutschen Bewerbung für die WM 2006 im Jahre 1998 zugesagt, daß sie völlig steuerbefreit sein würde. Damit hat man nach „Wikipedia" auf etwa 250 Millionen Euro verzichtet.

In diesen 250 Millionen Euro aber noch keineswegs eingeschlossen die ganzen Polizeiaufgebote und sonstigen staatlichen Maßnahmen, um die WM zu organisieren und abzusichern. Auch das alles, was von jeder anderen Firma natürlich bezahlt werden müßte, wird der FIFA umsonst gegeben. Aber man hats ja, warum soll man dann nicht ein bißchen der FIFA abgeben, nicht wahr?

So könnte man noch seitenweise weitermachen. Von Milliarden, die monatlich an die christlichen Kirchen fliessen, von weiteren Milliarden, für die unbedingt riesige Truppentransporter gekauft werden mussten, von weiteren Milliarden, die in den Leipziger Flughafen flossen, um schnell überallhin auf der Welt Truppen fliegen zu können usw. usw. Es wird Geld verpulvert, daß es eine Art hat, während man uns gleichzeitig weismachen will, es würde gespart und es sei kein Geld vorhanden.


Dieser Artikel war in seiner ursprünglichen Form bereits im Jahr 2006 erschienen. Es ist wirklich auffallend, wie aktuell er ist, obwohl nur leicht aktualisiert, gerade jetzt, als allüberall Milliardenbeträge zur Rettung von Banken und Landesbanken übrig sind und mit vollen Händen ausgegeben werden.

Montag, 24. März 2008

Unrechtstaat Bundesrepublik und die beiden grösseren Übel

Der Fall Kurnaz und was "Kanzlerkandidat" Steinmeier damit zu tun hatte

Von Karl Weiss

Da Steinmeier im Moment gerade zum Kanzlerkandidaten hochgejubelt wird, hier noch einmal jener Artikel, in dem sein Basis-Unrecht aufgedeckt wird. Ein Unrechtskanzler?

Wenn die Bundesrepublik Deutschland denn je eine Rechtsstaat war - was zu bezweifeln ist -, dann hat sie spätestens 2002 aufgehört, einer zu sein. Schröder sei Dank. Der Fall Kurnaz spricht Bände über das, was die Rot-Grüne Koalition unter „Rechtsstaat” verstand. Auf Deutsch heißt das Obrigkeitsstaat. Der Hauptakteur: Der damals im Kanzleramt zuständige Steinmeier.

Das Ganze begann eigentlich schon vorher, als die CDU mit ihrer Kampagne gegen den Doppelpass (zwei Staatsbürgerschaften) mit Vorurteilen gegen Türken Wahlerfolge erreichen wollte, was dann logischerweise auch einen der unglaublichsten von allen, Roland Koch in Hessen, auf den Ministerpräsidentenstuhl gebracht hat - an dem er heute noch klebt.

Was in jedem Land der Welt gang und gäbe ist und auch in Deutschland vorher schon praktiziert wurde und hier und bei anderen weiterhin praktiziert wird, nämlich die Duldung des Beibehaltens der vorherigen Staatsbürgerschaft für einbürgerungswillige Ausländer, wurde nun plötzlich für Türken verboten.

Die offiziellen Regelungen lauten, daß Alle nur die deutsche Staatsbügerschaft annehmen können, wenn sie die vorherige gleichzeitig ablegen. In der Praxis wird der Doppelpass weiterhin geduldet, wenn es sich um Franzosen, Engländer, Liechtensteiner oder Schweden handelt, nur bei den Türken geht man hinterher, so daß eine absurde Situation für jene Türken entsteht, die in Deutschland geboren wurden und ins Erwachsenenalter kommen, wie das für Murat Kurnaz zutraf.

Obwohl internationales Recht ihnen in diesem Fall die deutsche Staatsbürgerschaft zuspricht und sie sowieso nach so vielen Jahren vor Abschiebung durch internationales Recht geschützt sind, tut Deutschland so, als seien sie noch keine Bundesbürger, um dem Wortlaut des CDU-Antidoppelpass-Gesetzes zu genügen.

Weder das Bundesverfasungsgericht noch der Europäische Gerichtshof oder das Europäische Menschenrechtstribunal haben bisher die Bundesregierung für diesen Bruch internationalen Rechts verurteilt. Rechtsbruch, wenn er denn auf verbreiteten Vorurteilen beruht, darf geschehen. Wenn Sie demnächst mal zufällig eines Rechtsbruchs angeklagt sind, erinnern Sie sich daran!

Kurnaz war also kein deutscher Staatsbürger, aber nach internationalem Recht in Deutschland mit allen Rechten ausgestattet und nicht deportierbar, als er, 18jährig, 2001 den Islam entdeckte und mehr über ihn wissen wollte. Er reiste nach Pakistan und begann den Islam zu studieren. Nur hatte er das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

Die pakistanische Regierung war damals offenbar von der US-Regierung aufgefordert worden, eine gewisse Anzahl von Islamisten, also islamischen „Gotteskriegern“, an die US-Truppen zu liefern, die gerade eben Afghanistan überfallen hatten und kaum Islamisten auftreiben konnten.

Die pakistanische Regierung gehorchte, aber sie machte sich nicht die Mühe, eventuelle pakistanische Islamisten an die US-Regierung zu liefern. Stattdessen lieferte man einfach eine Anzahl von willkürlich in Pakistan festgenommenen Ausländern, die irgendetwas mit dem Islam zu tun hatten, aber, wie sich später herausstellte, nichts mit „Gotteskriegern“ gemein hatten. Einer von ihnen war der Deutsche (ohne diese Staatsangehörigkeit) Murat Kurnaz.

Wie in Pakistan üblich, wurden die festgenommenen Ausländer erst einmal ein wenig gefoltert. Die USA sollten später erklären, sie wären dafür nicht verantwortlich. Murat Kurnaz wurde u.a. „sexuell gefoltert“, sprich vergewaltigt. US-Regierungen sind natürlich nie verantwortlich für das, was sie anderen anordnen.

Als Kurnaz den Amerikanern in Afghanistan übergeben wurde, brachte man ihn zusammen mit anderen „feindlichen Kämpfern“ nach Guantánamo. Bereits nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß Kurnaz nichts mit militant-extremistischem Islamismus zu tun hatte. Bereits im Jahre 2002 wurde daher bei der türkischen Regierung und bei der Bundesregierung angefragt, ob man den geplagten Folterknechten im kubanischen US-Stützpunkt nicht den Jungen (er war nun 19 Jahre alt) abnehmen wollte. Er habe nichts ausgefressen.

Die türkische Regierung fühlte sich nicht zuständig, weil es sich eindeutig um einen Deutschen handelte, auch wenn er formal noch den türkischen Pass hatte. Er war in Deutschland geboren und hatte nie woanders gelebt als in Deutschland, man wußte nicht einmal, ob er überhaupt türkisch sprach.

Und nun kommt die „rechtsstaatliche“ deutsche rot-grüne Regierung ins Spiel. Obwohl sie verpflichtet war, Kurnaz aufzunehmen, weil er in Deutschland dauerhaft Bleiberecht erworben hatte, lehnte man ab, ihn den Amis abzunehmen.

Die Begründung dafür ist absurd (der heutige Aussenminister Steinmeier): Man "wollte sich keine Terroristen ins Land holen". Obwohl die "oberste internationale Instanz in Terrorismus", die US-Behörden, ihn für schuldlos erklärte, erfand die deutsche Regierung einen terroristischen Hintergrund für Kurnaz, um einen Türken weniger in Deutschland zu haben. Man verurteilte ihn mit dieser Entscheidung zu 4 weiteren Jahren Guantánamo.

Damit waren alle rechtsstaatlichen Regeln gebrochen. Neben der Verweigerung des Staatsbürgerschft erklärte man ihn jetzt schuldig für Taten, von denen man wußte, daß er sie nicht begangen hatte. Damit hat der deutsche Rechtsstaat, wenn es ihn denn gab, aufgehört zu existieren.

Das sind exakt die Zustände, wie sie in obrigkeitsstaatlichen feudalen Regimen herrschten - oder in den dunkelsten Militärdiktaturen heute: Willkürakte der Obrigkeit, Anklagen, von denen man weiß, daß sie falsch sind, beliebig langes Festhalten ohne Gerichtsverfahren, Folter.

Und dies auch noch zur Beachtung für jene, die immer noch glauben, die SPD sei ein kleineres Übel: Die jetzige Bundesregierung unter CDU-Merkel hat Kurnaz aufgenommen. Aber um gleich dem Irrtum vorzubeugen, nun sei die CDU das kleinere Übel, hat man ihn gleich angeklagt: Er sei verdächtig, einer terroristischen Vereinigung anzugehören!

Die Übel sind übel und die BRD ist ein Unrechtsstaat.


Artikel der Berliner Umschau vom 29. August 2006, hier aktualisiert und redigiert.

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