Deutschland

Montag, 20. November 2006

Wohin die Gelder 'Aufbau Ost' flossen

Man frage die West-Banken und den Präsidenten

Wie ein paar deutsche Banken 200 Milliarden Euro einsteckten

Von Karl Weiss

Als letztes Jahr die 15 Jahre Währungsunion zwischen der Bundesrepublik und der in den letzten Zügen liegenden DDR gefeiert wurde, hätte jemand mit feinem Gehör auch die Sektkorken in den Vorstandsetagen einiger deutscher Großbanken knallen hören können, denn es war 15 Jahre her, daß sie eines der größten Geschäfte aller Zeiten gemacht hatten: 200 Milliarden Euro mit einem Streich.

Es hat sicherlich auch noch andere Riesengeschäfte gegeben, aber dieses war mit Sicherheit eines der größten. Die DDR-Banken, die ja als Staatsbanken in einer Planwirtschaft völlig andere Aufgaben zu erfüllen hatten als die BRD-Banken, wurden schlicht und einfach für einen Appel und ein Ei an die westdeutschen Banken verhökert. Soweit Schulden der Ostbetriebe gegenüber diesen Banken vorhanden waren, trat der westdeutsche Steuerzahler als Bürge auf.

Große Nutznießer waren unter anderem die Dresdner Bank und die Deutsche Bank, die beiden größten Privaten. Aber auch andere Banken wurden bedacht: Die Berliner Bank bekam die 'Berliner Stadtbank', die aus der DDR-Staatsbank hervorgegangen war, die Genossenschaftsbank West die 'Genossenschaftsbank' Ost und die Westdeutsche Landesbank Girozentrale die 'Deutsche Außenhandelsbank'.

Der Staat DDR hatte ja den Betrieben Gelder für ihre Investitionen zukommen lassen müssen. Das wurde formal in Form von sogenannten Krediten durch die (staatseigenen) Banken getan, waren aber in Wirklichkeit Subventionen. Die DDR-Staats-Betriebe (also fast alle) mußten ja ihre Gewinne vollständig an den Staat abführen, konnten nichts in Rücklagen legen, um etwa Investitionen durchzuführen.

Als nun diese Staatsbanken abgewickelt wurden, gingen diese scheinbaren Kredite, über Jahre gezahlte Investitionsgelder, als Forderungen an die DDR-Betriebe mit an die Westbanken über.

Ganz plötzlich hatten alle DDR-Staatsbetriebe riesige Schulden. Das war ja im DDR-System so nicht vorgesehen. Der Begriff 'Kredite' für diese Gelder war fehl am Platz. Sie mußten nicht zurückgezahlt werden. Statt dessen hatte man ja die gesamten Gewinne abgeführt.

Dadurch waren fast alle vorherigen DDR-Staatsbetriebe im selben Moment praktisch pleite. Man hatte ja keine Rücklagen, weil die Gewinne abgeführt worden waren. Plötzlich mußte man aber hohe Summen an Westbanken zurückzahlen und hohe Zinsen und Zinseszinsen begleichen, weil der Begriff 'Kredite' so genommen worden war, wie man ihn im Westen verstand. Von wegen marode Betriebe. Das einzig marode war die Moral jener Abwickler.

Man sehe sich nur einmal an, was für Geschäfte da getätigt wurden: Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale bekam die 'Deutsche Außenhandelsbank' für schlappe 430 Millionen Mark. Ein Schnäppchen! Mit ihr kamen nämlich Kreditforderungen an Ost-Betriebe in Höhe von etwa 7 Milliarden Mark. Das ist mehr als 16 mal so viel.

Die Berliner Bank mußte für die 'Berliner Stadtbank' 49 Millionen Mark bezahlen. Doch der Kreditberg, der als „Bonus“ mitkam, betrug 11,5 Milliarden Mark, das ist etwa das 235-fache des Kaufpreises.

Die Genossenschaftsbank West hatte 120 Millionen für die 'Genossenschaftsbank' Ost zu berappen, doch gleichzeitig erhielt sie Verbindlichkeiten von 15,5 Milliarden Mark, also etwa 129 mal so viel. Das sind Geschäfte, bei denen selbst erfolgsgewohnten Bankern ein Leuchten in die Augen steigt.

Auf diese Art und Weise wurden insgesamt an die 200 Milliarden Euro (nicht Mark!) an die Banken vergeben.

Nun, mögen Sie sagen, da war ja auch ein großes Risiko drin, denn die Ostbetriebe konnten das alles ja nicht zahlen. Genau. Das wußte natürlich auch der damalige Staatssekretär im Finanzministerium der Regierung Kohl, der für die Währungsunion zuständig war. Also sagte man sich, da müssen wir als Bund mit einer Kreditgarantie bürgen, denn sonst gehen ja die armen Banken pleite, wenn sie ihre Kredite nicht "zurückgezahlt" bekommen.

Merken Sie, worauf es hinausläuft? Genau!

Die Ostfirmen sind fast alle Pleite gegangen. Ist ja logisch, wenn sie zuerst alle Gewinne immer abführen mußten, damit Honecker seinen aufwendigen Lebensstil leben konnte und dann als Kredite zurückzahlen mußten, was man ihnen für Investitionen gegeben hatte.

Uns wurde erzählt, die Firmen im Osten seien heruntergekommen gewesen bis zum geht nicht mehr. Jetzt wissen wir, was wirklich geschah.

Wer am Ende alle diese „Schulden“an die Banken zahlen mußte, waren wir, der deutsche Steuerzahler.

Das alles geht übrigens aus einem Bericht des Bundesrechnungshofes hervor. Es gab schon damals auch Politiker, die vor einem solchen Vorgehen warnten, z.B. der CDU-Mann Rupert Scholz. Danach hat man nicht mehr viel von ihm gehört. Na eben. Auch das 'Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung' hat vergeblich gewarnt.

Während man uns weismachte, die Wiedervereinigung sei so teuer und wir müßten alle zum ‚Aufbau Ost’ beitragen, war es in Wirklichkeit der Profit-Aufbau von West-Banken, wohin wesentliche Teile der Gelder flossen.

Ach so, es wurde noch nicht gesagt, wer denn der Staatassekretär im Finanzministerium war, der hierfür und für die Währungsunion zuständig war. Sein Name war Horst Köhler. Kennen wir den Namen nicht irgendwoher? Richtig, das ist doch der Bundespräsident.

Nun ahnt man, warum dafür gesorgt wurde (die Banken?), daß er zunächst Präsident des Internationalen Währungsfonds und später Bundespräsident wurde. Man muß sich schließlich für 200 Milliarden Euro dankbar zeigen.

Wenn Ihnen demnächst wieder erklärt wird, verehrter Leser, es sei kein Geld da und es müsse gespart werden, dann fragen Sie doch einmal nach den 200 Milliarden Euro, die aus unseren Steuergeldern den Banken in den Rachen geschoben wurden.


Artikel veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 8. August 2006, hier leicht redigiert.

Link zum Originalartikel hier

Montag, 13. November 2006

Wer hat, dem wird gegeben - Wo unsere Steuergelder hinfliessen

"Asoziale Marktwirtschaft" - Subventionen, Subventionen -

Von Karl Weiss

„Subventionsabbau" ist immer eine der wichtigsten Forderungen des Bundesverbandes der Industrie (BDI), wenn er mal wieder „Reformen" fordert, sprich Streichen beim kleinen Mann . Da ist es besonders interessant, wie genau diese Industrie, die dort vertreten wird, in Unmengen von Geld watet, wenn es um Subventionen geht.

Beispiel Nummer 1
Die Bayerischen Motorenwerke wollen eine ihrer Fabriken modernisieren. Um zu entscheiden, in welches man die dafür vorgesehene Summe investieren soll, läßt BMW erheben, wo die größten Zuschüsse spendiert würden. Österreich bietet 37,2 Millionen Euro an staatlichen Beihilfen. Damit macht die BMW-Fabrik im oberösterreichischen Steyr das Rennen.

Nun wird die EU-Kommission mit der Sache befaßt: Sie prüft, ob die Fördermittel mit den europäischen Richtlinien in Einklang stehen. Im Mai 2003 kommt die Kommission zu folgender Entscheidung: Österreich darf BMW mit 29,9 Millionen Euro fördern. (...)

BMW weiß aus langjähriger Erfahrung, wie man zu Subventionen kommt. Bereits Mitte der neunziger Jahre hatte der bayerische Autokonzern von den Österreichern umgerechnet 33 Millionen Euro Subventionen für sein Werk in Steyr erhalten. (...)

Und Ende des Jahres 2002 erlaubte die EU, daß BMW für sein neues Werk in Leipzig mit 361 Millionen Euro von Bund und Land gefördert wird.

Das Beispiel BMW zeigt auch, daß in der Regel nicht etwa arme Firmen, sondern hoch profitable Konzerne gefördert werden. Die Gewinne können sich sehen lassen:

2001: 3,2 Milliarden Euro
2002: 3,3 Milliarden Euro
2003: 3,2 Milliarden Euro

Beispiel Nummer 2
Auch der zweitgrößte deutsche Autokonzern - Volkswagen - ist ein ausgebuffter Spieler in Sachen Subvention: Für den Bau einer Fabrik in Chemnitz erhielt VW 1994 von der Bundesrepublik staatliche Subventionen in der Höhe von umgerechnet 286 Millionen Euro. Zwei Jahre später legte man noch einmal fast 270 Millionen drauf - als Ausgleich für regionale Nachteile. (...)

Für die Fabrik in Dresden hatte Volkswagen im Jahr 2001 von der EU bereits die Erlaubnis erhalten, 70 Millionen Euro Subventionen einzustreichen. (...) Außerdem kassiert VW regelmäßig auch in anderen europäischen Ländern. 2003 genehmigte die EU 15 Millionen Euro aus regionalen Fördertöpfen für eine Investition im spanischen VW-Werk Navarro bei Pamplona. Und in der österreichischen Stadt Graz darf VW 10 Millionen Euro kassieren. (...)

Fast endlos könnte man diese Subventionsliste fortsetzen.

Mit Infineon etwa: Mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern hat der von Siemens abgespaltene Chip-Konzern für seine Fabrik in Dresden kassiert. Um dann mit der Abwanderung des Unternehmens in die steuergünstige Schweiz zu drohen. Im österreichischen Bundesland Kärnten hat Infineon in den vergangenen Jahren 14 Millionen Euro von Bund und Land erhalten, und in Portugal genehmigte die EU Anfang des Jahres 2004 eine staatliche Finanzspritze von 41 Millionen.

Oder mit Degussa: Die Spezialchemie-Gruppe hat für ihr Werk in Radebeul bei Dresden Mitte der neunziger Jahre rund 70 Millionen Euro Subventionen bekommen, um Standort und Arbeitsplätze zu erhalten."

Mit 13 Milliarden Euro hat Deutschland (...) den größten Brocken an Subventionen für die Konzerne vergeben. Es folgen Frankreich (10 Milliarden Euro) und Italien (6 Milliarden Euro).

Zusätzlich zu all diesen einzelstaatlichen Fördertöpfen stellt Brüssel noch Jahr für Jahr ein eigenes Subventionspaket im Umfang von fast 100 Milliarden Euro bereit."

Der Brüsseler Etat besteht zu 95 Prozent aus Subventionen.

Die beiden Autoren Hans Weiss und Ernst Schmiederer haben das Buch „Asoziale Marktwirtschaft" geschrieben, das bei Kiepenheuer + Witsch erschienen ist. Dort werden zahllose recherchierten Fälle von Millionensubventionen an Konzerne aufgedeckt, u.a. solche, bei denen die EU involviert ist.

In einem anderen Teil des Buches wird geschildert, wie es bei der Abwicklung der DDR zuging. Ein „Eingeweihter" berichtet, wie man es damals machte:

„Versetzen wir uns zurück in die Jahre 1993 bis 1995. Wir, Sie und ich, haben einen guten Namen, ein gutes Auftreten, ein paar gute Ideen. Wir sitzen an einem Biertisch und planen die Gründung einer GmbH. (...) Wir siedeln unsere Firma in Halle an, um dort ein größeres Industrieunternehmen zu übernehmen. Das ist im Metallbereich tätig, hat zu dieser Zeit noch 2.800 Mitarbeiter, die alle um ihre Zukunft fürchten. (...)

Wir überlegen: Was könnten wir da machen? Wir erstellen in einer Stunde ein schönes Unternehmenskonzept und unterbreiten es einigen Politikern. Dann melden wir uns bei der Treuhandanstalt und kümmern uns um Landesfördermittel. (...)

Ich garantiere Ihnen, daß es nicht lange dauert, bis sich jemand bei uns meldet und sagt: Schön, Sie kriegen das Unternehmen. Weil alles so kaputt ist, zahlen Sie 1 DM, dafür kriegen Sie alles inklusive der Liegenschaften. Obendrein bekommen Sie 120 Millionen DM Zuschuß. Dafür unterschreiben Sie folgenden Vertrag: Wenn Sie es nicht schaffen, in zwei Jahren mindestens zehn Prozent der Mitarbeiter dauerhaft zu beschäftigen, dann zahlen Sie eine Strafe von zehn Millionen Mark.

(...) Wir sind nun reich. (...) Wir wollen das Unternehmen ja retten. Wir machen also eine Betriebsversammlung. Dort sind wir wirklich leidenschaftlich, es geht uns schließlich um die Menschen, um den Standort, um das Land.

Wir verkünden auf der Betriebsversammlung, daß wir jetzt in Dubai nach Partnern, nach Geldgebern für die Restrukturierungs-Maßnahmen suchen werden. Wir fahren nach Dubai - und machen in Wirklichkeit einfach ein paar Tage Urlaub, schließlich waren die vergangenen Wochen sehr anstrengend. Wir kommen zurück. Und sind geknickt: Es sei alles sehr, sehr schwer, erklären wir öffentlich. Irgendwann rücken wir ganz damit heraus: Es ist entsetzlich, es ist grauenhaft, aber niemand will im Osten investieren, keiner hat Vertrauen, keiner nimmt das ernst, keiner will hier rein. Es tut uns Leid, aber so schaffen wir das nicht: Wir müssen das Unternehmen schließen.

Wir schließen es. Wir zahlen 10 Millionen Mark Strafe. Den Rest des Geldes [sowie die zentralen Grundstücke in Halle] behalten wir. Wir werden (...) als die großen Helden gefeiert, die sich aufgeopfert haben. Wir werden das Bundesverdienstkreuz kriegen. Wir werden geehrt, geachtet, geschätzt für unser unternehmerisches Verantwortungsgefühl.

Das ist keine Übertreibung, das hat es wirklich gegeben. Nicht einmal, nicht zweimal. Mehrfach. Das nennt man Subvention."

Diese Art von Machenschaften werden vom „Spiegel" bestätigt: „Allein in Sachsen wurden seit 1991 rund 460 Millionen Euro Fördermittel in Betriebe gesteckt, die in weiterer Folge Pleite gingen. In Brandenburg waren es 450 Millionen.

Ausbezahlt wurden all diese Gelder als "Investitionszulagen". Rund 90 Prozent der ostdeutschen Industrie habe solche Investitionszulagen in den letzten Jahren in Anspruch genommen, (...) Etwa 1,2 Milliarden Euro Steuergelder entgingen den öffentlichen Haushalten dadurch jährlich."

Die genannten Beispiele sind der Pressepräsentation des Buches entnommen.

Das ganze Buch ist voll von Beispielen und belegten Ereignissen.

Wenn Sie, geneigter Leser, also das nächste Mal von unseren allseits geliebten Politikern (die hinter diesen Machenschaften stecken) hören, daß die öffentlichen Kassen leer sind, das keine Geld da ist für eine Kindertagesstätte, für ein Sozialticket, für den öffentlichen Nahverkehr, für eine Universität ohne Studiengebühren, dann wissen Sie, wohin die Gelder geflossen sind, die fehlen.

Wenn Ihnen das nächste Mal erzählt wird, Hartz IV müsse weiter gekürzt werden, die Mehrwertsteuer müsse erhöht werden, die Renten schon wieder abgebaut, die nächste „Gesundheitsreform" angedroht wird, dann wissen Sie, an wen diese Politiker die Gelder vergeben haben, die jene Löcher schufen.

Hans Weiss / Ernst Schmiederer
Asoziale Marktwirtschaft
Kiepenheuer + Witsch
Euro 19,90

Dieser Artikel erschien am 31. Mai 2006 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.

Link zum Originalartikel hier

Dienstag, 31. Oktober 2006

Unrechtsstaat Bundesrepublik

Fast alle faschistischen Kriegsverbrecher gingen straffrei aus

Von Karl Weiss

Zwei aktuelle griechische Fälle spülen eine alte Erbkrankheit der Bundesrepublik wieder an die Oberfläche: Die Entscheidung des Bundesverfassngsgerichts (BVG), den Überlebenden des Massakers im griechischen Distomo keine Entschädigungen zuzuerkennen und das Einstellen des Verfahrens gegen einen der Befehlshaber von Erschiessungen italienischer Kriegsgefangener in Griechenland durch einen Münchener Staatsanwalt. Diese fragwürdige Rechtssprechung hat System.

Es war gleich nach der Gründung der Bundesrepublik. Alles war darauf ausgerichtet, dieser neue Staat solle die Speerspitze im antikommunistischen Kampf gegen die damals noch sozialistische Sowjetunion werden. Was man da nicht brauchen konnte, waren Blicke zurück auf die entsetzliche faschistische Herrschaft, Aufarbeitung von Verbrechen, Verurteilung deutscher Verbrecher.

Es wurde, zusammen mit den Tätern, ein unausgesprochenes Bündnis der Mehrheit der neuen Bundesbürger mit ihrer Regierung getroffen, all dies nun ruhen zu lassen und nicht mehr dran zu rühren. Eine übergroße Mehrheit der deutschen Bevölkerung, zu Tode erschreckt durch die Thesen der Kollektivschuld, brauchte nicht erst überzeugt zu werden, damit einverstanden zu sein.

Da gab es nun nur ein kleines, winziges Problemchen. Man hatte schätzungsweise 200.000 bis 300.000 deutsche Verbrecher aus der faschistischen Zeit in der Bundesrepublik leben, die eigentlich abzuurteilen gewesen wären.

Zwar hatten die US-Behörden bereits die Freundlichkeit besessen, die wichtigsten Verbrecher über Italien mit Schiffen nach Südamerika zu bringen, zwar hatten sie außerdem bereits im Nürnberger Tribunal einige wenige Tausend verurteilt und später fast alle begnadigt (soweit sie nicht hingerichtet worden waren), so daß man diese alle bereits nicht mehr als Problem hatte, aber die Zahl derer, die als Verbrecher bekannt waren und in der BRD lebten, war immer noch immens.

Es handelte sich u.a. um fast die gesamte Gestapo, um große Teile der SS, um eine Anzahl spezieller Würdenträger und schließlich auch um Teile der Kriegstruppen des faschistischen Staates. Damals war zwar der wahre Umfang der Kriegsverbrechen der Wehrmacht noch nicht bekannt, aber es waren doch zumindest die großen Massaker bekannt, die durch Wehrmachtsangehörige ausgeübt worden waren.

Es wäre eine völlig unwillkommene Ablenkung von den antikommunistischen Tagesaufgaben gewesen, hätte man alle diese Prozesse durchgeführt. So war es notwendig, ein rechtliches Instrument zu schaffen, das dies erübrigte.

Gesagt, getan. Das obersten deutsche Gericht erfand zu diesem Zweck eine rechtliche Konstruktion, die fast alle Kriegsverbrecher von Schuld freisprach. Sie lautete in etwa folgendermassen:

Zur Zeit des deutschen Faschismus habe es noch keine Deklaration der Menschenrechte, keine Genfer Konventionen und keine Konvention über Kriegsverbrechen der UNO gegeben. Die deutschen Gesetze zur Zeit des Faschismus hätten aber die verschiedenen Kriegsverbrechen gar nicht sanktioniert (jedenfalls nicht ausdrücklich), so daß diese in einem gewissermaßen rechtsfreien Raum begangen wurden. Der Rechtsgrundsatz, daß man nur für etwas verurteilt werden kann, was zum Tatzeitpunkt am Tatort bekanntermaßen verboten war, sei absolut.

Auch dies reichte noch nicht aus, jegliche Anklagen fallenzulassen. Man mußte zusätzlich noch eine extreme Auslegung des Befehlsnotstandes gelten lassen, so daß alle, die nicht selbst zu den obersten Befehlshabern gehörten, sich schon damit allein automatisch von den meisten Anklagen befreien konnten.

Innerhalb kurzer Zeit waren fast alle Verfahren eingestellt. Soweit es doch einmal zu welchen kam, gab es fast immer Freisprüche. Die obersten Befehlshaber waren fast alle nicht mehr faßbar, so daß man hier auch nicht aktiv zu werden brauchte.

Was die entmenschten faschistischen Richter betraf, so wurde ebenfalls das Prinzip angewandt, daß Terrorurteile nicht inkriminiert werden könnten, wenn die Richter nach damals geltenden Gesetzen gehandelt hätten, unabhängig davon, ob diese Gesetze menschenrechtswidrig waren wie z.B. die Nürnberger Rassengesetze. Auf dieser Grundlage bekamen praktisch alle faschistischen Terror-Richter den Persilschein.

Der Begriff Persilschein enstand daraus, daß in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg viele Zehntausende von faschistischen deutschen Tätern freigelassen wurden , die zunächst interniert worden waren wegen ihrer Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und dann bei ihren Familien mit ihren Habseligkeiten in einem Pappkarton ankamen, auf dem oft ‚Persil’ stand, mit einem Entlassungsschein, der sie von allen Anklagen befreite.

Einer der Militär-Richter, der noch in den letzten Kriegstagen gefasste Soldaten hatte aufknüpfen lassen, die sich versteckt hatten, um die letzten Tage des Krieges zu überleben, brachte es später bis zum Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, ein gewisser Filbinger, der vor kurzem noch einmal kurz ins Rampenlicht trat, als die CDU Baden-Württemberg ihn bewußt als Provokation als Alterspräsident in die Bundesversammmlung wählte, die dann den Bundespräsidenten Köhler bestimmte.

Eine Lehrstunde in Geschichte, dokumentierend, daß die Partei, die diese Bundesrepublik am intensivsten geprägt hat, die CDU/CSU, weiterhin treu zu den Kriegsverbrechern steht. Filbinger war durch seinen Ausspruch berühmt geworden: "Es kann heute nicht Unrecht sein, was damals Recht war." Im Kern hat er recht, nur andersherum: Auch damals war es bereits Unrecht.

Es war auch kein Kunststück, daß das oberste deutsche Gericht damals solche Rechtskonstruktionen entwickelte, denn es selbst bestand fast ausschließlich aus „belasteten" Richtern. Insgesamt wurden von den etwa 200.000 bis 300.000 mutmasslichen Tätern nur etwa 2000 bis 3000 (etwa 1%) überhaupt verurteilt, davon viele zu lächerlich niedrigen Strafen.

Logischerweise wurde diese Konstruktion dann konsequent auch auf alle Fragen von Entschädigungen und Wiedergutmachungen angewandt, so wie den kürzlichen Fall Distomo.

Zwar gab es zur Zeit des deutschen Faschismus schon die gültige Haager Landkriegsordnung, so etwas wie den Vorläufer der Genfer Konvention über Kriegsverbrechen, aber dort waren einige Dinge nicht klar genug formuliert, so daß unsere famosen Richter mit einer speziellen Auslegung denn auch dieses Hindernis umschiffen konnten. So hieß es denn auch zur Erklärung des BVG-Urteils: „Geiselerschießungen nach Kampfaktionen mit Nichtkombattanten waren in einem gewissen Rahmen von den Haager Abkommen nicht ausdrücklich verboten. "

Später hat das oberste deutsche Gericht dann teilweise jene Verbrechen von diesem Generalfreispruch ausgenommen, die aus der spezifisch „nationalsozialistischen" Ideologie entsprungen seien. Das lief darauf hinaus, daß nun doch Täter, soweit ihre Taten sich aus rassistischen Gründen gegen Juden richteten, zur Anklage kommen konnten. Der Zusammenhang der beiden Rechtsauffassungen ergab in der Praxis eine absurde Situation: Fast ausschließlich Taten gegen Juden sind anklagbar und wiedergutmachungsfähig , andere (bis auf wenige Ausnahmen) nicht.

Bis zum heutigen Tag ist dies die Grundlage des - jetzt vereinigten - deutschen Staates, eine Rechtsauffassung, die außerhalb von Deutschland von praktisch niemanden geteilt wird. Um nur einen Eindruck zu geben: In den Ländern, die von den faschistischen deutschen Truppen zeitweise besetzt waren, gab es über zwanzig Mal mehr Verurteilungen von Faschisten, Kollaborateuren und Profiteuren als in der Bundesrepublik selbst. Sogar in der DDR (damals noch Sowjetische Zone), wo aus naheliegenden Gründen fast keiner der Täter geblieben war, wurden mehr verurteilt als in der Bundesrepublik.

Dies ist die Erbsünde des Staates, in dessen Gewalt wir leben, die er zu verdrängen versucht, die aber immer wieder ans Licht drängt. Die Entscheidung, einen der Befehlshaber von Gefangenenerschiessungen nicht mehr zu belangen, ist so nur konsequent.

In Zeiten, in denen Saddam Hussein der Taten gegen die Menschenrechte angeklagt ist, in denen das Verfahren gegen Milosevic durchgeführt wurde bis zu dessen Tod, in denen Ceaucescu samt Ehefrau kurzerhand exekutiert wurde, in denen Ex-DDR-Politbüro-Mitglieder für die Mauertoten verurteilt wurden, in denen der chilenische Putschgeneral Pinochet sich Anklagen gegenüber sieht, kommt einem diese Rechtsauffassung - vorsichtig ausgedrückt - überholt vor.

Alle heutige internationale Strafrechtssprechung (damit im Zusammenhang auch immer die Rechtssprechung über Entschädigungen) geht davon aus, daß es seit Beginn der menschlichen Zivilisation grundlegende Menschenrechte gibt, die - unabhängig von der Rechtslage in irgendeinem konkreten Staat - überall auf der Welt gelten. Wer gegen sie verstößt, ist auch dann schuldig, wenn sein konkretes Vorgehen an jenem Ort und zu jener Zeit, als er seine Verbrechen beging, nicht ausdrücklich mit Strafe belegt war.

Man geht davon aus, daß es ein allgemeines Verständnis aller Menschen über die grundlegendsten Rechte gibt, die über allen Gesetzen, Verfassungen und zeitgebundenen Rechtsnormen steht.

Man mag sich darüber streiten, auf welche Verbrechen dies nun genau zutrifft, aber alle sind sich darüber einig, daß dies sich vor allem auf Massaker (also Massenmorde) an Zivilisten und Kriegsgefangenen bezieht, sei es im Krieg oder außerhalb. Man ist heute der Auffassung, daß jeder verantwortliche Mensch weiß (und immer wußte), daß Massaker an Zivilisten und Kriegsgefangenen Verbrechen sind und ihm daher kein Pardon gewährt werden kann, nur weil das zu jener Zeit in seinem Land nicht ausdrücklich unter Strafe stand. Das ganze Verfahren gegen Milosevic beruhte und auch das gegen Hussein beruht auf dieser Auffassung.

Das BVG hält nun dieser Auffasung entgegen, daß der Unterschied darin bestünde, daß es seit 1946 die UN-Erklärung und die Genfer Konventionen der Menschenrechte und gegen Kriegsverbrechen gibt und daher seitdem dieses übergeordnete Recht gälte, dies aber zu Zeiten des deutschen Faschismus noch nicht der Fall gewesen sei.

Alle nicht-deutschen Völkerrechtler (bis auf wenige Ausnahmen) halten dies für an den Haaren herbeigezogen. Auch vor dieser UN-Erklärung und den Genfer Konventionen wußte jeder verständige Mensch, daß Massaker an Zivilisten und Kriegsgefangenen Verbrechen sind.

Wenn nun eine Anzahl von Politikern, darunter eine Grünen-Politikerin, sich gegen dieses BVG-Urteil empören, wenn „Linkszeitung" und „Junge Welt" protestieren, so beweisen sie nur, wie wenig sie über die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland wissen. Diese Republik ist aufgebaut auf der Nicht-Bestrafung der faschistischen Verbrecher. Sie war von Anfang an ein Unrechtsstaat. Dies ist ihr Geburtsfehler, einer ihrer Grundbausteine. Würde man dies wegziehen, bräche das ganze Gebäude zusammen.

Und genau dies ist es, was die Bundesrepublik braucht. Sie in ihren Grundfesten erschüttern, die immer menschenfeindlich und imperialismusfreundlich waren. Es ist nicht dieses Urteil, das empörend ist, sondern das ganze Rechtssystem, das die Filbingers nach oben spült.

Dieser Artikel erschien am 8. März 2006 in der "Berliner Umschau" unter dem Titel "Die andere Seite der Medaille". Hier eine aktualisierte und redigierte Fassung.

Samstag, 28. Oktober 2006

Open letter to the rulers in Germany

Proposal by Karl Weiss

In fact you almost persuaded us. We were nearly convinced of the stories of the alleged welfare state making all of us into a great family, of the constitutional state that enjoins justice for everyone, of the democracy where3 we supposedly join in the conversation and of constitutionality allegedly protecting everyone.

We were almost convinced we really had the same interests as your corporations, banks and politicians.

We almost believed that all our desires could become reality in capitalism: enough money to live, suitable housing, education for the childre4n, child care so women could cooperate, sufficient jobs for everyone who wants to work, a complete and progressive health care, training and places at a unive4rsity, a future worth living for our children, a decent pension after a full working life and perhaps a little extra every now and then.

It would be beautiful if a just state could be created here in capitalism.

But now we must admit shocked that all this was only a sleeping pill with a limited effect for us. You in no way provided all this for us. Tat we wanted this seems bluntly absurd.

The sixties, seventies and even the eighties almost sold all this as possible. We were almost there; not much was lacking. Having a car and taking a vacation was beautiful. We cannot deny this. But now we see already this cannot be afforded any more and will not last long. It was wonderful that some of us could fulfill the dream of a little house. Now we see how those who are unemployed cannot usually afford the payments.

Now you explain to us repeatedly and in detail: whether we have enough to eat, whether we have jobs and whether our children have a future – all this isn’t your problem. You only worry about your profit and we should not criticize.

You shocked us with the health reform and the ten-euro visitation fee for the doctor. Still we thought everything wasn’t so bad. When you cut the pensions again and again, we still hoped other politicians would cancel this. Then when Hartz IV (radically reducing social benefits by combining income support and unemployment money) was introduced, the promise that no one would suffer want if he or she couldn’t find work was broken. Then many were rebellious and the Monday demonstrations began. You trivialized this but have no illusions. The status quo will not last.

That all your parties, the laws, the media and even some social associations have accepted Hartz IV is deeply shocking to us. No constitutional court stopped this. Now we know, the constitutional state, democracy and the constitution are all hollow phrases to deceive us.

Still most of us are paralyzed by horror, unable to do anything and helpless about what must be done. But in the depths of our hearts, we know what we must do. Most of us will not yet admit this and wrestle with ourselves. More and more we realize: capitalism has not changed its face. You could only hide your real grimace for a brief phase in history. Capitalism has no future for our children or us. We will have to make the revolution and send you packing.

You abolish our jobs as you please. You cut our wages, lengthen our working hours, let the pensions fall to nothing and carry out the greatest tax increase (for us) in the history of Germany while your big corporations and banks pay no taxes any more. You cancel the apprenticeships that our children need and ignore those who have not found a stable work situation.

You call us social parasites when we don’t find any work, are sick, need care or are seniors. You defraud us of money that we and our fathers and mothers paid in to social security. You use the money for other things and now shrug your shoulders: there's nothing for you any more.

You have a strong grip on the newspapers, journals, television and radio. They shower us with your ideology that the state doesn’t exist to look after us when we are needy. Earlier it occurred to us that the unanimous ideology comes from the media and the responsible ones never stand on our side. This insight is beginning to spread like that insight that communists did not devour little children. Now we are also be4ginning to find alternative news on the Internet.

For years our real wages have been falling and are cut additionally by lengthened working hours. You want us to continue working to 67. There4 is even talk of pensions at 70.

We have started to reject this. In the elections that you always use as a great excuse (“The majority voted for this”), we have taught your politicians a lesson. In the last Bundestag election, 35% of those entitled to vote voted for your parties. Only 20% of the population has confidence in your politicians.

That the “Club of Rome,” one of your think tanks, proclaimed that only 20% will be needed in the future and the others will be without work is a coincidence. Thanks for the frankness.

The present does not make us worried and furious but the future you have earmarked for us. Nearly every one of us must expect unemployment before retiring. Then one is called work-shy. After paying in the social treasuries for decades, one is placated with alms far below the poverty line, unemployment benefits II or later pensions.

After humiliating petitions to authorities that send inspectors to our living quarters, politicians announce in a choir: social hammocks, social parasites and misuse!

For the rest of life, there are “vouchers” to get something to eat. Health care is so limited that necessary operations cannot be performed any more. One either moves into a tiny dwelling or becomes homeless. That is the future you design for us. Then you drum into our heads that people in developi9ng countries face worse conditions.

Thanks also that one of your politicians made clear to us that food is in no way guaranteed with the “voucher”: “Whoever does not work should not eat.”

Perhaps that already occurred to us – or some of us. People easily fall into resignation, despair or depression. Your plans are mainly directed against our children. While we noticed that class sizes increased more and more when the discussion about student tuition began, we saw when you cancelled more and more apprenticeships that our children were condemned to remain at home with us if they couldn’t find any work and were offered only part-time jobs, mini-jobs, one-euro jobs, contract work, practical assignments and precarious work.

We love our children and will not let you do this to them! This is crucial! We now fight against you even if our struggle was clumsy in the beginning. You don’t have4 the least presentiment how intense is the rage in our bellies and how wild is our determination. You are obviously not very impressed by our struggle. Those union leaders allied with your parties always successfully choked off the battles before they began. Still we learned. Look, the number of union members in the striking factories has doubled.

Yes, we will learn to be combative – and we will learn French. You should begin to tremble.


Englische Übersetzung des Artikels "Offener Brief an die Herrschenden" von Karl Weiss durch "Journalismus- Nachrichten von heute" vom 12. Oktober 2006. Link zur Originalübersetzung hier.

Der Artikel auf Deutsch ist hier.

Sonntag, 22. Oktober 2006

Leipziger Flughafen wird Drehkreuz für Grosswaffen- und Truppentransporte

Atom- und Chemiewaffen, Explosivstoffe und Trägerwaffen

Geld dafür ist im Überfluss da! Glauben wir nicht mehr an die angeblich knappen Kassen!

Von Elmar Getto

In Leipzig wird im Moment der Bau eines riesigen militärischen Spezialflughafens in Angriff genommen. Unter dem Vorwand, einen Flughafenausbau zu benötigen, weil die internationale Frachtorganisation DHL in Leipzig ihre Luftfrachtzentrale einrichten will, wird ein nach Osten vorgeschobener militärischer Riesenflughafen vorbereitet, der „ein Drehkreuz von Großwaffentransporten" werden soll, einschließlich Chemie- und Atomwaffen. Ganz nebenbei wird damit auch noch der Zwei-plus-Vier-Vertrag gebrochen.

Wie am 5. 12. 05 bekannt wurde, ist der neue Leipziger Flughafen, dessen Notwendigkeit bisher immer mit der neuen Luftfrachtzentrale von DHL begründet wurde, in Wirklichkeit das zukünftige Drehkreuz der NATO- und EU-Einsatztruppen in vorgeschobener Stellung gegen den Osten.

Das sächsische Staatsministerium des Inneren hat demnach zugegeben, daß der zukünftige Großflughafen als zentraler Umschlagpunkt für Truppen- und Großwaffen-Transporte in internationale Kampfgebiete genutzt werden soll. Dabei wurde auf Anfrage auch ausdrücklich nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei um Chemie- und Atomwaffen „befreundeter Nationen" handeln könnte. Es sollen große Mengen an Explosivstoffen und Trägerwaffen dort zwischengelagert werden.

In Leipzig werden im Moment 350 Millionen Euro in die Hand genommen, um diesen Flughafenausbau durchzuführen. Wenn also von allgemeinem Sparzwang die Rede ist - für neue militärische Projekte, die außerdem Privatunternehmen zugute kommen sollen, ist jedenfalls genügend Geld da.

Es geht bei der militärischen Nutzung unter anderem um „die Verlagerung von nationalen Truppenkontingenten im Rahmen der NATO Response Force und der EU-Battle-groups". Die NATO Response Force beinhaltet die Planung, bis zu 21.000 Mann Truppen binnen fünf Tagen an jeden Punkt der Erde bringen und „intensive Kampfhandlungen" in fremden Ländern beginnen zu können.

Dabei geht es nicht nur um die Truppen selbst, die sowohl Boden-, Luft und See-Streitkräfte umfassen, sondern auch um deren Großgerät, wie Raketen, Panzer, Hubschrauber und Großwaffen, wie Kanonen und Haubitzen.

Auf dem zukünftigen Groß-Flughafen sollen sechs Antonow-Großtransporter stationiert werden, von denen jeder bis zu 120 Tonnen Waffen befördern kann. Jedes der Transportflugzeuge wird 1,2 Milliarden Euro kosten - das sind weitere € 7,2 Milliarden, die bis 2012 aufzubringen sind - aber man hats ja!

Als Vergleich, um die Grössenordnung dieser Anschaffung deutlich zu machen: Der geplante Ausbau des ganzen Panamakanals, um ihn von einer Maximal-Kapazität der Schiffe von etwa 4 000 Containern auf eine von 10 000 Containern zu verbreitern, eine der grössten baumassnahmen der jetzigen Zeit, soll etwa umgerechnet € 4 Milliarden kosten, also nur etwa 60% von dem,was in Deutschland für Flughafen und Gross-Transport-Flugzeuge ausgegeben werden soll..

Dabei wurde u.a. auch gleich bekannt, daß bereits heute DHL oder dessen Tochterfirmen den Besatzungstruppen in Afghanistan und in anderen Weltgegenden in erheblichem Umfang mit militärischer Logistik zuarbeiten.

Die Nutzung des Flughafens Leipzig wird u.a. ausdrücklich darauf ausgeweitet, daß militärisches Gerät durch ausländische Soldaten nach Leipzig verbracht und dort verladen wird. Diese Nutzung steht in offenem Widerspruch zu Artikel 5, Absatz 3 des völkerrechtlich bindenden Vertrages vom 12.09.1990 (Zwei-plus-Vier-Vertrag), mit dem die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zustimmten. Demnach ist es verboten, ausländische Truppen und Atomwaffen auf dem früheren DDR-Territorium zu stationieren oder dorthin zu verlegen - eine Regelung, die russischen Forderungen folgte.

Das sächsische Ministerium behauptet nun, die Verlegung sei im Einsatzfall ja nur zeitweise und darum der Vertrag nicht betroffen. Dies muß allerdings in Zweifel gezogen werden, denn die Befürchtungen Rußlands waren ja eben gerade, daß der „Zugewinn" der DDR für eventuelle Nato-Schläge nach Osten die Vorwarnzeiten verkürzen würde.

Gegen den Umbau der Leipziger Region in ein Nachschubgebiet für kommende Kriege wehren sich zahlreiche Organisationen im Einzugsgebiet. Die aktuelle Entwicklung sei „sehr beunruhigend", sagte Dr. Michael Richter von einer Bürgerinitiative.


Hier einer der letzten Artikel, die Elmar Getto für die "Berliner Umschau" schrieb. Er weckte ebenfalls Aufsehen und wurde in verschiedenen Sites verlinkt. Erster Erscheinungstermin in der "Berliner Umschau" war der 6. Dezember 2005, hier ist er vom Verfasser leicht redigiert. Der Ausbau des Leipziger Flughafens ist weiter im Gang und alle tun so, als sei das völlig normal.

Donnerstag, 19. Oktober 2006

Sensation! Bundesregierung wird Erwartungen erfüllen!

Oder: Leistung muss sich lohnen.

Von Elmar Getto


Lachtränentreibende politische Satire von Elmar Getto zum Amtsbeginn der grossen Koalition. Interessant, diese Vorausschau jetzt, nach fast genau einem Jahr Regierung nachzulesen. Erschien in der "Berliner Umschau" vom 28. November 2005, hier geringfügig vom Autor redigiert.

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik war es so wahrscheinlich, daß eine eben angetretene Regierung so weitgehend die Erwartungen der Bevölkerung erfüllen wird wie diesmal. Nur müßten die Sprüche unserer heroischen Politiker-Kaste noch diesen Erwartungen angepaßt werden. 17 (in Worten: siebzehn) % der befragten Bundesbürger erwarten von der neuen Regierung einen wesentlichen Abbau der Arbeitslosigkeit, 79 (in Worten: neunundsiebzig) % nichts dergleichen. Diesen Erwartungen wird die heißgeliebte große Koalition in so vollkommener Weise entsprechen, daß ihren Akteuren dafür die Heiligsprechung droht - jedenfalls, so weit sie nicht Gay sind. Gleichzeitig erklärt die neue Bundeskanzlerin, sich am Abbau der Arbeitslosigkeit messen lassen zu wollen. Der Maskenball geht weiter auf der Titanic. Musik!

Unterdessen erklärt einer der neuen bedeutenden Minister, daß Proteste gegen ihre hohen Einkommen „antidemokratische Reflexe" hervorrufen könnte. Mann, der Mann hat gelernt! Das ist schon auf Augenhöhe mit Bush. „Die Demokratie bin ich! Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!"

Dabei hat er einfach recht. Diese Einkommen sind wirklich niedrig. Jedenfalls im Vergleich zu dem, was man bekommen wird, wenn man nach der nervenaufreibenden politischen Karriere in den sicheren Hafen einer der (natürlich ohne jede Absicht) begünstigten Kapitalgesellschaften einlaufen wird, um die Früchte seines Handelns zu genießen - mit Anrecht auf eigenes Absteige-Appartement in einer nahegelegenen Stadt, wo man unerkannt von Frau und Familie die Prostituierten treffen kann, die einem zugeführt werden - im Zweifelsfall per Flugzeug aus Brasilien. Denn Leistung muß sich lohnen.

Demgegenüber muß einer ihren alten Spezies, der ehemalige Hamburger Innensenator Schill, sich selbst um alles kümmern. Er wurde in Rio de Janeiro gesehen in Gesellschaft holder leichtbeschürtzter Weiblichkeit. Wirklich, stand in der Zeitung! Der Arme muß sich mit etwas mehr als 6000 Euro Übergangsgeld pro Monat durchs Leben schlagen - und auch noch die Damen bezahlen. Ein herzzerreißendes Schicksal.

Dabei ist die Story mit der käuflichen Weiblichkeit völlig erstunken und erlogen! Niemals hat Hartz I oder Hartz II oder Hartz III oder Hartz IV für sich und für Anbefohlene in Hannover ein zweistöckiges Appartment anmieten lassen, um ihre Lustnächte dort zu verbringen. Das sind alles Erfindungen von antidemokratischen Reflexen!

Aber im Ernst, es gibt nichts Ehrlicheres als unsere Politiker-Kaste. Zum Beispiel jene Grünen-Politikerin, die Beauftragte ihrer Partei bei den Atomausstiegsgesprächen war. Sie feierte das austeigendste Ausstiegsprogramm, aus dem je ausgestiegen wurde! Und wurde gleich nach der Feier unmittelbar belohnt, wie sich das gehört: Sie bekam einen angemessenen Posten bei einem jener Energiekonzerne, denen sie gerade diesen brutalen Ausstieg zugemutet hatte. Da hat sich Leistung gelohnt!

Der Ausstieg war so brutal, daß die Regierung schon gar nicht mehr besteht und trotzdem immer noch ausgestiegen wird, wahrscheinlich noch sechs weitere Legislaturperioden lang. Was? Vierundzwanzig Jahre? Wer sagt, Legislaturperioden dauern vier Jahre? Sehen Sie? Na eben!

Eine ähnlich große Mehrheit der Bundesbürger von 25% traut der Bundesregierung nämlich zu, das Ende dieser Legislaturperiode zu erreichen. Das sei keine Mehrheit, meinen Sie? Sie antidemokratischer Flegel!

Die große Koalition hat 69% der Bundesbürger hinter sich! Das hat Schröder ausgerechnet: Union 35 und Sozis 34! Sie meinen, mit der Wahlbeteiligung von 77% malgenommen, ergibt das gerade mal 53%? Na sehen sie, ist doch eine Mehrheit, oder nicht? Sie hätten aber Schröder nur deshalb noch einmal gewählt, um Merkel zu verhindern? Na, wenn Sie taktisch wählen, was kann Schröder dafür?

Aber tatsächlich, die Erwartungen der Bundesbürger in die neue Regierung sind so weit gespannt, daß die kaum darunter bleiben kann. Aber so mancher Bundesbürger ist einfach rettungslos antidemokratisch (Wenn nur 15% noch den Politikern vertrauen, dann wird man sie doch antidemokratisch nennen dürfen, oder?) Irgend etwas sagt einem, daß diese antidemokratischen Bundesbürger es am Ende dieser Koalition nicht hoch anrechnen werden, daß sie ihre Erwartungen erfüllt haben wird, diese undankbare Meute. Da möchte man doch fast das Volk auflösen und ein neues wählen.

Also wem man nun auf keinen Fall sein hohes Einkommen anrechnen darf, ist der Herr Wiesheu aus Bayern. Da gibt es doch unglaublich antidemokratische Zeitgenossen, die ihm vorrechnen, daß er bei den Koalitionsverhandlungen der zukünftig privaten Bahn Vorteile für ihren Börsengang zugeschanzt hat und nun rein zufällig in die Dienste dieses bisher noch Bundesunternehmens tritt, wo man ihm natürlich ein seinen Verdiensten angemessenes Einkommen zukommen lassen wird und ... (na, wagen Sie nichts zu sagen über Prostituierte, ja!). Leistung wird sich nun mal lohnen.

Das ist alles pure Verleumdung. Dieser Herr kann dies gar nicht bewußt getan haben, sondern allerhöchstenfalls nur zufällig - so wie damals Graf Lambsdorf, der nur ganz zufällig derselben Firma eine Ministererlaubnis zukommen ließ, die seiner Partei eine hohe Spende gab. Das ist keine Korruption, nein, das ist Politik, das verstehen Sie nicht. Wirklich, ein hohes deutsches Gericht hat das festgestellt, das ist keine Korruption, nun glauben Sie es doch endlich! Leistung muß sich eben lohnen!

Also, was Herrn Wiesheu betrifft, der ist auf keinen Fall schuldig! Der kann nämlich gar nicht schuldig sein, der hat das schriftlich! Dem hat ein ärztlicher Gutachter höchstgutachterlich bestätigt, daß er geistige Aussetzer hat, Momente, in denen er für sein Handeln nicht verantwortlich ist.

Der hatte nämlich am Steuer seiner Luxuslimousine den Kleinwagen eines Rentners zu Brei gefahren - bloß war da blöderweise der Rentner noch drin - und war wegen grob fahrlässiger Tötung zu einer saftigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Doch dann fand jener famose Gutachter heraus, selbstverständlich ohne dafür Millionen bekommen zu haben, daß unser lieber Freund dafür nicht verantwortlich war - der hatte nämlich einen seiner geistigen Aussetzer gerade als der unvorsichtige Rentner so dumm war, genau vor dem Schlitten des damaligen bayerischen Ministers aufzutauchen. Natürlich wurde der unschuldig Angeklagte sofort freigesprochen.

Otto Wiesheu

Falls also Herr Wiesheu in den Koalitionsverhandlungen wirklich dafür gesorgt haben sollte, daß da gewisse Vorteile fließen, dann war das natürlich in einem Moment der geistigen Umnachtung, denn es ist absolut ausgeschlossen, daß der Mann schuldfähig ist. Was, Sie meinen, Leute mit zeitweiligen geistigen Aussetzern sollten keine hohen Posten in der Politik oder Bahn erhalten? Was sind Sie für ein antidemokratischer Wicht! Pfui, Schande über Sie! Diskriminierung von Behinderten!

Machen Sie den Mund wieder zu, sonst kommt eine Fliege rein! Sie staunen über so viel Cleverness? Na, Sie wollten doch clevere Politiker, jetzt haben Sie sie! Wirklich: Im Forum einer Münchener Zeitung hat ein CSU-Anhänger geschrieben, Wiesheu sei eben clever! Und man solle gefälligst nicht neidisch sein.

Das kommt sowieso alles nur vom Neid, diese antidemokratische Attitüde. Die mit dem Neid auf clevere Politiker, das sind eben Leute, die von Geburt auf geistig nicht so sehr bevorteiligt waren und dann Minderleister sind und die werden dann eben arbeitslos, wie das bei wenig Begünstigten üblich ist. Und dann entwickeln die Neid auf jene, die eben anders geboren wurden, z.B. mit einem Redetalent oder eben mit Cleverneß, kurz: Leistungsträger. Meine Güte, so ist das Leben, der eine ist zu Höherem bestimmt und der andere zu Hartz IV.

Was, ich soll aufhören, von Prostituierten zu sprechen - tu ich doch gar nicht!

Und das sind CHRISTLICHE Politiker - stellen Sie sich mal die anderen vor.

Da wir gerade von Christentum reden: Am Ende werden wir uns alle in der Hölle wiedertreffen. Wir, die wir Hartz IV sind oder bald sein werden, wegen unseres Neids und jene wegen ihrer Cleverneß. Und dort werden wir die katholischen Priester treffen. Das sind nämlich wirklich die ärmsten Schweine. Stellen Sie sich vor, die dürfen sich nicht einmal einen runterholen, sonst gehts ab in die Hölle.

Und wenn man einen von den süßen kleinen Jungen auf seinen Schoß setzt und ein wenig an sich drückt, ist doch harmlos! Na gut, man hatte sich vorher ausgezogen - aber es war so heiss an dem Tag! Aber man ist wirklich nicht eingedrungen - jedenfalls nicht viel. Und der Junge hatte auch seine Freude - ich schwöre es!

Oder ihn ein wenig lutschen läßt - meine Güte, wenn ein US-Präsident das mit einer Praktikantin machen kann, dann wird man das doch einem Priester nicht übel nehmen dürfen, oder?

Die meisten katholischen Priester schwören Stein und Bein, daß sie nie mehr mit den Jungs gemacht haben als ein wenig gekuschelt, lutschen gelassen und gelutscht oder ein wenig gegenseitige Stimulation am Geschlechtsteil. Bei vielen habe man einfach nur den priesterlichen Penis rubbeln lasen. Nur selten sei es wirklich zu Penetration gekommen.

Falls es einmal ein Mädchen war (was seltener vorkommt), so habe man es fast nie entjungfert. Auch hier meist Lutschen und Reiben und an sich Drücken - und versuchen die Kleine zu masturbieren.

Aber deren Gott ist da rigoros - ab in die Hölle.

Aber gemach - da gibt es natürlich noch die Beichte und die endet mit der Absolution! War nichts mehr mit Hölle! Halleluja!

Aber da werden ganz schön viele Vaterunser fällig für so eine kleine Pädophilie! Und dann auch noch straffrei ausgehen!

Da war es wirklich Zeit, daß der Papst dem Einhalt gebot. Der hat jetzt klar und deutlich verkündet, daß die Gay-Massen sich gefälligst vom Priesterberuf fernhalten sollen. Wenn der mal nur noch genügend Priesterkandidaten findet danach. War schließlich die beste Methode, ohne jeden Verdacht an junges duftendes Fleisch heranzukommen.

Aber auf jeden Fall ist diese päpstliche Verkündigung aus ganzen Herzen zu unterstützen, schon gar, nachdem wir ja nun Papst sind. So werden doch nun viele Jungs vor den Annäherungen geschützt.

Was, sie meinen, dann werden es eben mehr Mädchen sein? Naja, ist doch schon ein Fortschritt. Man kann ja nicht gleich alles auf einmal verlangen, auch von der katholisch apostolischen nicht.

Man lese zu den Mädchen auch eine aktuelle Spiegel-Geschichte: hier

Das ist so wie mit dem Kyoto-Protokoll: Ein viel zu kleiner Schritt, aber doch schon in die richtige Richtung.

Ist ja sowieso ganz problematisch jetzt. Was sind wir denn nun? Papst oder „Deutschland"?

Das ist ja eine ganz schmutzige Unterstellung, daß schon die Nazis gesagt hätten „Du bist Deutschland". Das sind wieder alles Neider. Ist doch gut, wenn wir uns alle vereint fühlen, nicht wahr: „Ich bin Deutschland", der Hartz-IV-Empfänger und der Clevere, alles eine schöne große Volksgemeinschaft!

Nazi-Parole? Also hören Sie doch auf damit, man kann ja den Nazis alles unterstellen, aber nicht ... . Was? Ach, Sie sind einfach antidemokratisch!

Und die Prostituierten, sind die auch Deutschland? Also jedenfalls nicht die aus Brasilien! Na gut, Sie haben recht - ich hör jetzt auf mit den Prostituierten, das ist sowieso antidemokratisch.

Sehr praktisch, die Sache mit ‚antidemokratisch’. Paßt immer! Dabei sind wir doch nicht nur Papst, nicht nur Deutschland, sondern auch Demokratie! Das sieht man doch schon daran, daß die Regierung vollständig die Erwartungen des Volks erfüllen wird, nicht wahr?

Hat Ihnen gefallen, die kleine Satire? Hier ist das Rezept: Sex and Crime.

Dienstag, 17. Oktober 2006

Entsetzlicher Rückfall

München - wieder auf dem Weg zur "Hauptstadt der Bewegung"?

Von Karl Weiss


Artikel der "Berliner Umschau" von heute, leicht redigiert.

Die Einstellung des Verfahrens gegen einen der faschistischen Mörder des Massakers auf der griechischen Insel Kephallonia kurz vor Ende des Zweiten Weltkriege durch die Münchener Staatsanwaltschaft bedeutet einen entsetzlichen Rückfall in ein Denken und Handeln, daß man in Deutschland schon als überwunden glaubte.

Den Berichterstatter schmerzt dies in besonderem Maße, denn er ist in München aufgewachsen, sieht dies als „seine Stadt“an, ist stolz auf diese Stadt und besonders auf ihre Weltoffenenheit und Aufgeschlossenheit, die jede Erinnerung an die Vergangenheit als „Hauptstadt der Bewegung“ der Faschisten vergessen machen sollte.

Zwar ist in München auch die reaktionäre Bayerische Regierung angesiedelt, nicht immer in ausreichender Entfernung von faschistischem Gedankengut, aber die wird in München bereits seit geraumer Zeit als Fremdkörper angesehen (sogar die Grünen, selbst bereits zur bürgerlichen Partei verkommen, mußten den bayerischen Innenminister Beckstein auf einem Wahlplakat so charakterisieren: „Jesus würde heute würde von Beckstein deportiert“).

Da ist es eine Tragödie, daß nun ausgerechnet ein Münchener Staatsanwalt dem Erschießen von hilflosen und unbewaffneten Kriegsgefangenen durch faschistische Horden „nicht notwendigerweise auf tiefster Stufe stehend“ attestiert, es damit als Totschlag und nicht als Mord einstuft und wegen Verjährung das Verfahren einstellt.

Es war eines der größten Kriegsverbrechen der faschisten Mörderbanden, das auf der griechischen Insel Kephallonia gegen Kriegsgefangene verübt wurde. Insgesamt fielen diesem und anderen Massakern an Kriegsgefangenen etwa 3000 Menschen zum Opfer.

Es geschah im Jahr 1943, als in Italien mit einem Aufstand gegen das dortige faschistische Regime Mussolini abgesetzt wurde und Italien wieder eine nicht faschistische Regierng bekam. Diese kündigte die „Achse“ mit dem deutschen Faschismus auf und erklärte den Kriegseintritt auf der Seite der Alliierten.

Das führte dazu, daß u.a. in Italien, Griechenland und Afrika die eben noch
verbündeten Truppen Italiens und Deutschlands zu Kriegsgegnern wurden. Italienische Soldaten wurden so u.a. von deutschen Truppen in ihren Unterkünften überrascht und gefangengenommen.

An einigen Frontabschnitten wurden italienischen Kriegsgefangenen als angebliche Verräter „verurteilt“ und hingerichtet, so auch auf Kephallonia. In Wirklichkeit machten sich die faschistischen Horden nicht wirklich die Mühe, Gerichtsverfahren abzuhalten. Es wurden lediglich vor einigen der Exekutionen angebliche Urteile verlesen.

Es war für jeden nicht völlig hirnverbrannten leicht einsichtig: Die italienischen Soldaten waren nicht Schuld am „Seitenwechsel“ ihres Landes. Sie hinzurichten war ein durch nichts zu rechtfertigender Akt, den nur völlig hysterisch fanatische Faschisten gutheißen und durchführen konnten. Man konnte von jedem verständigen Offizier der Wehrmacht erwarten, solche Befehle nicht zu befolgen bzw. nicht solche Befehle zu geben.

Selbst die damaligen deutschen Vorschriften gaben keinerlei Grundlage für diese Massaker. Ein einfacher Hinweis auf diese Vorschriften hätten für den Offizier genügt.

In München ging es um das Verfahren gegen den damaligen Leutnant Mühlhauser, der den Befehl bekam, ein Exekutionskommando zusammenzustellen und das Massaker gegen entwaffnete und gefesselte Kriegsgefangene zu befehligen. Bei diesem scheußlichen Kriegsverbrechen wurde u.a. der italienische General Gandin und eine Reihe weiterer italienischer Offiziere erschossen.

Es gibt bezüglich dieser Art von Kriegsverbrechen eine entwickelte internationale Rechtssprechung. Sie sagt eindeutig: Werden Exekutionen von Kriegsgefangenen aus politischen Gründen durchgeführt, so ist damit der automatisch das Mordmerkmal der „niedrigen Beweggründe“ gegeben.

Die politischen Gründe abstrahieren den Getöteten von seiner Person und einer eventuellen persönlichen Schuld oder Unschuld, entpersonalisieren ihn und betrachten ihn nur noch als Ausdruck einer bestimmten politischen Haltung, im gegebenen Fall der politischen Haltung des Antifaschismus, der in Italien gesiegt hatte. Damit kann das Abschlachten aus solchem Grunde nicht mehr als Totschlag, sondern muß als Mord bewertet werden, denn es sind niedrige Beweggründe gegeben.

Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag macht im Moment bezüglich so lange zurück liegender Verbrechen den Unterschied von völliger Einstellung des Verfahrens oder langen Gefängnisstrafen aus, denn in der damaligen Entscheidung der Politik wurde nur der Mord von der Verjährung ausgenommen, nicht der Totschlag.

Der unsägliche Münchener Staatsanwalt behauptet nun einfach, es hätte keine politische Begründung vorgelegen, Mühlhauser habe das Massaker vielmehr aus militärischen Gründen befehligt. Worauf diese Annahme beruht, sagt uns der Münchener Staatsanwalt nicht. Im Ergebnis stellte er das Verfahren gegen Mühlhauser ein. Der darf nun weiter seinen Lebensabend mit einer
Staatspension verbringen.

Besonders empörend ist der Einstellungsbeschluß auch, weil der Staatsanwalt dem Täter eine „besondere Rechtfertigung“ zuspricht, die ebenfalls zu der Einschätzung als Totschlag, nicht als Mord führt: Die Italiener seien keine normalen Kriegsgefangenen gewesen, sondern „Verräter“ - eine Übernahme des Sprachgebrauchs der Faschisten. Möglicherweise offenbart der Staatsanwalt da seine eigene Geisteshaltung, die man schon überwunden glaubte in Deutschland.

Der Angeklagte habe einer Situation ähnlich der von Exekutionen deutscher Deserteure gegenübergestanden. Daß damals viele anständige Menschen sich gezwungen sahen zu Deserteuren zu werden, um nicht Teil einer kriegsverbrecherischen Völkermordmaschinerie zu werden, scheint dem Staatsanwalt nicht geläufig zu sein.

Es bleibt nur zu hoffen: Solche Personen wie dieser Staatsanwalt bleiben die Ausnahme.

Der Ruf Münchens aber ist nun mit einem weiteren Makel behaftet.


Link zum Originalartikel hier

Donnerstag, 12. Oktober 2006

Sauereien und Korruption?

Der WDR-Baganz-Skandal

Von Karl Weiss

Ein Artikel über einen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Skandal. Der Artikel erschien am 3. August 2006 in der "Berliner Umschau", hier geringfügig redigiert.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat es wirklich eilig. Nur ein Jahr im Amt und bereits der zweite hohe Amtsträger in einen Skandal verwickelt. Nachdem ausgerechnet der Bauminister Wittke Hauptverantwortlicher in einem Bauskandal in Gelsenkirchen ist (die Berliner Umschau berichtete), ist es jetzt der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Dr. Jens Baganz, dessen Name in den Medien in rufschädigenden Zusammenhängen erscheint. Und der WDR (Westdeutscher Rundfunk) hat auch seinen Skandal.

Dabei muß man sich wirklich fragen, ob die CDU in Nordrhein-Westfalen kein weniger kompromittiertes Personal zu bieten hat. Ist die Personaldecke wirklich so dünn, daß man Politiker in höchste Ämter bringen muß, denen anscheinend der Korruptionsschleim nur so von den Händen tropft?

Es handelt sich nämlich in beiden Fällen gar nicht ursächlich um Aktivitäten in der Landesregierung, die jetzt Anlaß zu Skandalen geben, sondern deren „Vorgeschichte“. Beide Spitzenpolitiker haben eine Vergangenheit als Bürgermeister, Wittke in Gelsenkirchen und Baganz in Mülheim.

Wittke hatte als Gelsenkirchener Bürgermeister einen Vertrag für die Sanierung des damals als Rathaus genutzten Hans-Sachs-Hauses unterschrieben, der dem Stadtrat als Ganzem in der endgültigen Version nicht gezeigt worden war, nur ausgewählten Freunden Wittkes. Er schusterte den Firmen und Banken des Sanierungs-Zusammenschlusses lasche 25 Millionen Euro zu, an den Stadträten Gelsenkirchens vorbei. Die Sanierung erwies sich als unbezahlbar und das Hans-Sachs-Haus wurde zur größten Bauruine des Landes - und der neue Bauminister der Verantwortliche. Sowas nennt man Feingefühl bei der Auswahl der Minister, nicht?

Baganz ist dagegen mehr auf der Don-Juan-Spur. Die christliche CDU, christlichen Werten wie der ehelichen Treue verpflichtet und in der Abkehr von diesen Werten den Untergang des Abendlandes vermutend, nimmt es nicht mehr so genau mit der ehelichen Treue, wenn es um herausragende Persönlichkeiten der eigenen Partei geht.

Bürgermeister Baganz von Mülheim legte sich nämlich eine Geliebte zu, eine gewisse Ute Jasper, Rechtsanwältin ihres Zeichens und lebte dann auch mit ihr zusammen. Genau dieser Frau gab er einen millionenschweren (1,4 Mio. Euro) Beratervertrag mit der Stadt Mülheim, als Bürgermeister!

Sie war als Beraterin dafür verantwortlich, daß beim Verkauf der städtischen Werte die RWE und nicht die Gelsenwasser die Wasserwerke bekommen hat, obwohl jene 80 Millionen mehr geboten hatte. Ähnlich verhielt es sich beim Verkauf der Mülheimer Entsorgungsbetriebsanteile. Den Zuschlag bekam - ohne Ausschreibung - die vor allem in Köln inzwischen gerichtsnotorische Trienekens.

Es wurde nie eindeutig bewiesen, ob und wieviel die Rechtanwältin und/oder ihr ‚Lover’ für diese Liebesdienste von RWE und Trienekens erhielten, aber der gesunde Menschenverstand...

Als dies alles herauskam, trat Baganz einfach zurück und - nichts. Keine Ermittlungen. Keine „brutalstmögliche Aufklärung“. Staatsanwälte sind ja weisungsgebunden, nicht? Das ist nun immerhin schon 4 Jahre her.

Er verschwand von der Bildfläche (die Menschen haben ein kurzes Gedächtnis) und arbeitete eine Zeit als „Berater“, interessant, nicht? Diese Art von Leuten fallen immer auf die Füße.

Und die Partei stand weiter wie ein Mann hinter ihm. Kaum kam man in Nordrhein-Westfalen an die Regierung, wurde er schon wieder in ein hohes Amt gerufen. Seine Geschichte prädestinierte ihn ja für so etwas, nicht wahr?

Die Schlauberger und die „Experten“ finden immer zusammen, nicht?

Nun passierte aber etwas unschönes. Im Zuge ihrer Recherchen über die desaströsen Privatisierungen nordrhein-westfälischer Kommunen stießen der Kölner Autor und Klüngel-Experte Werner Rügemer und die Redakteurin Leslie Rosin vom WDR auf die Mühlheim-Geschichte. Sie wurde auf dem Rundfunksender WDR 5 gesendet. Das Manuskript, wie üblich, im Internet zur Verfügung gestellt.

Na, fast niemand hört WDR 5, aber wer hat es schon gerne, wenn seine Machenschaften im Internet eingesehen werden können? Ermutigt von seinem CDU-Parteifreund Thomas Kemper, damals Medien-Staatssekretär, beschwert sich Baganz gleich ganz oben, bei WDR-Intendant Fritz Pleitgen und verlangte, das Material aus dem Internet zu nehmen.

Hätte es irgendeine nicht belegte Behauptung oder gar Unwahrheit enthalten, hätte Baganz einfach eine teure Abmahnung oder gleich einen Prozeß androhen und so erreichen können, daß der Beitrag hätte entfernt werden müssen. Daß er das nicht tat, belegt also, daß alles wahr und belegt ist. Er weiß das alles ganz genau als promovierter Volljurist.

Immer Juristen. Haben die im Jura-Studium ein Fach Sauereien und Korruption?

Ab diesem Moment wird das Ganze von einem Skandal Baganz zu einem Skandal WDR-Baganz. Denn statt der üblichen vorgedruckten Antwort, die normale Bürger bekommen, wenn sie sich über schlechte Behandlung ihrer Person im Äther beschweren, nach dem Motto: „Haben nichts zurückzunehmen, wenn Sie sich beleidigt oder verleumdet fühlen, steht Ihnen der Rechtsweg offen“, reagierte der WDR unter Pleitgen damit, das ganze 35-seitige „Feauture“ des WDR 5 auf Fehler absuchen - und siehe da, man wurde fündig.

Der Rundfunkbeitrag hatte tatsächlich die Aussage von Baganz, er werde vom RWE-Konzern und der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) unterstützt, auf kurz vor dem Rücktritt gelegt. Die war aber schon Monate vorher gefallen.

Damit hatte man einen Vorwand, dem Wunsch nachzukommen, das CDU-inkriminierende Material aus dem Internet zu nehmen.

Rein zufällig ist Pleitgen für seine Wiederwahl auf die CDU-Stimmen angewiesen. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.

Wie es sich gehört bei Obrigkeit, muß man sich natürlich auch noch entschuldigen. Das tat WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel in einen Entschuldigungsbrief an CDU-Staatssekretär Baganz. Unterwürfigst liest man da: "Ihrer Bitte, das Sendemanuskript aus unserem Internet-Angebot zu entfernen, sind wir in der Zwischenzeit nachgekommen."

Es lebe die Demokratie! Wenn es sie denn gäbe.


Link zum Originalartikel hier

Sonntag, 8. Oktober 2006

Wie Kapitalismus funktioniert - Der Verkauf des Rundfunkgeländes an der Nalepastrasse

Keine Korruption! Nein, wirklich nicht!

Von Karl Weiss


Der Skandal des Verkaufs des Geländes des früheren DDR-Rundfunks an der Nalepastrasse in Berlin ist weiterhin aktuell. Bis heute ist nichts aufgeklärt. Inzwischen hat sich dieser Skandal auch zum Beispiel dafür entwickelt, wie die Massenmedien zu Komplizen der Politikerkaste werden. Niemand besteht auf Aufklärung, z.T. wurde sogar schon die Berichterstattung eingestellt, so als ob schon irgendetwas geklärt wäre. Der Artikel erschien am 1. September 2006 in der "Berliner Umschau", hier geringfügig redigiert.

Ein hübsches Beispiel, wie Kapitalismus funktioniert, nebenbei auch, was hinter Privatisierungen steckt, und außerdem, wie die Linkspartei auf politische Skandale reagiert, zeigt der Verkauf und Weiterverkauf des Geländes und der Immobilie des ehemaligen DDR-Rundfunks an der Berliner Nalepastraße, eine Adresse in bester Lage an der Spree.

Wie die 'Berliner Umschau' schon meldete, wurde die Großimmobilie mit einem geschätzten Wert von 30 Millionen Euro für einen Appel und ein Ei von einer staatlichen Stelle an einen Privatunternehmer verkauft, der das Gelände nun aufgeteilt hat und es Stück für Stück weiterverkaufen will. Für das erste Stück hat er schon 3,9 Millionen Euro erzielt, mehr als das Zehnfache der etwa 350 000 Euro, für die ihm das Ganze übergeben worden war. Wahrscheinlich wird er durch die Aufteilung am Ende sogar mehr als die 30 Millionen gemacht haben.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Korruption? Nein, nie!

Das Ganze wird noch haarsträubender, wenn man sich die Details ansieht. Verantwortlich für die „Abwicklung“ im Auftrag aller neuer Länder war die „Liegenschafts- und Immobilienmanagement Sachsen-Anhalt“ (Limsa), die also der Landesregierung Sachsen-Anhalt unterstand.

Ein gewisser Dietrich Fischer war 1995 im Rahmen der Abwicklungsgesellschaft NLG damit beauftragt worden, das Gelände und die noch bestehenden Gebäude in Geld umzusetzen. Zehn Jahre später hatte Fischer mit einer Gruppe von Mitarbeiter dies immer noch nicht fertiggebracht. Niemand überwachte anscheinend, was da geschah, nichts wurde publik. Es ist natürlich auch immer etwas zweifelhaft, wenn man jemand zum Selbstabwickeln einsetzt, eine Gruppe von Leuten, die danach arbeitslos wären. Warum sollten die sich beeilen?

Erst Anfang 2005 trat die Abwicklung wieder ins Bewußtsein, als wegen einer Steuernachzahlung die Abwicklungsgesellschaft Konkurs anmeldete. Es sollten € 39 Millionen Steuern gezahlt werden, aber das Gelände war wohl nur etwa 30 Millionen wert. Erst jetzt, als die monatlichen Kosten des abzuwickelnden Geländes von den neuen Bundesländern zu tragen waren, drängten sie auf den Verkauf. Da trat nun die Limsa in Erscheinung, die damit beauftragt wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war da der Chef Hans-Ernst Gerst. Ohne darüber mit den Verantwortlichen im Magdeburger Ministerium oder Parlament gesprochen zu haben (oder leugnen die nun einfach, daß sie einbezogen waren?), verkaufte er 2006 das ganze Gelände, dessen Wert von etwa 30 Millionen Euro ihm natürlich wie allen anderen bekannt war, für 350 000 Euro an eine kleine Firma, Bau + Praktik GmbH, die Baumaschinen verleiht und im sachsen-anhältischen Städtchen Jessen sitzt.

Wie fast immer bei Privatisierungen, gab es keine Ausschreibung, bei der an den Meistbietenden verkauft wird, sondern Gemauschel und Kungeleien. Wie fast immer bei Privatisierungen, enthält der Vertrag natürlich keine Spekulationsklausel, die übermäßige Gewinne abschöpfen würde, ebensowenig ein Verbot der Aufteilung des Geländes, eine Nutzungsbindung oder eine Mitsprache der Altbesitzer bezüglich Weiterverkauf.

Dieser phantastische Deal wurde unter Einbeziehung einer weiteren Firma durchgezogen, der Media City Adlershof GmbH, bei der jener oben erwähnte Herr Fischer nun plötzlich als Handlungsbevollmächtigter auftaucht.

Wenn bestimmte Leute „Anteile“ am Geschäft haben sollen, dann bezieht man einfach jene Firmen ein, bei denen die gerade arbeiten, nicht? Auf diese Art und Weise kann man 2, 3, 4 oder 843 Firmen einbeziehen, die natürlich alle „Anteile“ bekommen müssen.

Kungeleien? Vetternwirtschaft? Korruption? Staatsanwaltliche Ermittlungen? Polizei-Razzien bei allen Beteiligten? Nein! Nichts dergleichen! Alles völlig in Ordnung!

Die in Sachsen-Anhalt regierende große Koalition scheint keinen Handlungsbedarf zu sehen. Fragt sich natürlich sofort, ob dort ebenfalls jemand reich geworden ist an diesem Geschäft.

Die „Bau + Praktik“ wird inzwischen vom Sohn des Geschäftsführers verwaltet, der das sagenhafte Geschäft abschloß. Der Vater ist keine Gesellschafter mehr und hat mit der Sache nichts mehr zu tun. Für das Weiterveräußern des Rundfunkgeländes und der Bauten darauf hat der Sohn inzwischen zwei neue Firmen gegründet, die Spree Development und die Nalepa Projekt.

Diese Art von Machenschaften mit ständig wechselnden Firmen und Akteuren kennt man aus allen anderen schweren Korruptions- und Privatisierungs-Fällen. Als Besitzer der „Bau + Praktik“ taucht nun plötzlich der Berliner Großgastronom Felix Kuschner auf. Was der wohl mit dem Verleih von Baumaschinen im Sinn hat?

Schiebereien? Korruption? Schein-Firmen? I wo! Alles bestens!

Nun gibt es natürlich für all dies einen verantwortlichen Minister, das ist Jens Bullerjahn (SPD), Finanzminister der großen Koalition in Magdeburg. Der hat inzwischen den Herrn Gerst, der nach dem Verkauf ja nichts mehr zu tun hatte (außer Geld zählen), in sein Ministerium zurückgeholt. Dort wurde er Referatsleiter für Beamtenrecht. Ein zweifellos wohlverdienter Drückerposten. Beamte sind ja grundsätzlich nicht verantwortlich für das, was sie verbrechen, nicht? Und seine Verdienste beim Verkauf des Rundfunkgeländes in Oberschöneweide empfehlen ihn natürlich für einen gut bezahlten Posten.

Was einem aber wirklich die Zehennägel im Stehen aufrollt, ist, was die Vorsitzende des Finanzausschusses im Magdeburger Landtag, Angelika Klein (Linkspartei) dazu zu sagen hat - immerhin sollte das Parlament ja bei Millionen-Transfers von Staatseigentum einbezogen werden, oder nicht?

Raten Sie einmal, was sie gesagt hat! Untersuchungsausschuß? Staatsanwalt einschalten? Große Anfrage an die Landesregierung? Fragestunde im Landtag? Demonstrationen auf der Straße gegen schwarz-rosa Korruption?

Sie ahnen es schon. Nichts dergleichen.

Sie sagte laut der „Welt“: „Der Schaden ist nicht wiedergutzumachen(...) .... wir alle [haben] nicht durchgeblickt ..., was hier geschah".

Wohlgemerkt: „Wir alle“. Wir Mitglieder des inneren Kreises. Wir im Politiker-Clan. Wir, die es geschafft haben. Wir, die das nächste Mal vielleicht auch was vom Segen abbekommen.

Wir, die den Menschen weismachen, wir würden für sie Politik machen. Und die glauben das auch noch!


Link zum Originalartkel hier

Dienstag, 3. Oktober 2006

Rütli - Ausgrenzung statt Integration

Alle reden aneinander vobei

Von Karl Weiss

Dieser Artikel hat lange Dikussionen im Forum hervorgerufen. Er geht die Frage der Erscheinung von Schulen, die "aus der Hand laufen", von grundsätzlicher Seite an. Er erschien am 7. April 2006 in der "Berliner Umschau".

Es verschlägt einem die Sprache, wer alles auf der Situation an der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln sein Süppchen kochen will: Die SPD, die Grünen, die CDU/CSU und Horden von Besserwissern in Redaktionsstuben. Alle sagen: Da seht ihr, ich habe es doch immer gesagt! Interessanterweise sind es also im wesentlichen genau jene, die das hiesige System dahin gebracht haben, wo es heute steht und Rütli-Schulen hervorbringt.

Jede dieser Gruppen hat einen Hauptgrund entdeckt, warum es soweit gekommen ist und reden gar nicht mehr darüber, ob ihr „Hauptgrund" eigentlich wirklich der Grund ist, sondern gehen gleich dazu über, wie man denn abhelfen könnte.

Nun, alle diese Gruppen waren in den letzten zig Jahren ausreichend an der Regierung, um alle ihre Rezepte umfangreich anzuwenden, so daß es gar nicht zu Rütli-Verhältnissen hätte kommen müssen. Warum haben sie sie nicht angewandt? Und wenn doch, warum hat es nicht geholfen?

Da sich alle uneins sind, was denn der Hauptgrund ist, reden sie auch konsequent aneinander vorbei, wenn es um die Abhilfe geht. Sie merken gar nicht mehr, daß es immer deutlicher wird, daß sie nur Luftblasen von sich geben, daß sie nicht miteinander, sondern durcheinander reden und daß langsam auch der Letzte merkt, es geht ihnen gar nicht um die Schule im allgemeinen, nicht um die konkrete Rütli-Schule, nicht um die Lehrer, nicht um die Erziehung, es geht ihnen darum, vom wirklichen Hauptgrund abzulenken.

Nun, gehen wir also in die Details: Da gibt es die eine Gruppe, die weiß genau, was solche Zustände hervorgebracht hat: „Die permissive Gesellschaft", „ein neuer Lehrertyp(...), der sozialintegrative und partnerschaftliche Typ, der von Lehrerbildungsanstalten vom Frontalunterricht auf Gruppenarbeit, von Pauken auf Problembewältigung und von Tafel und Kreide auf Medienarbeit umgepolt worden war." „ ...das Erbe der 68er..." „Kuschelpädagogen" (alle Zitate aus „Regelschule..." von R. Maresch, ‚telepolis’, 3.4.06)

Unter „permissiver Gesellschaft" versteht man eine, die alles erlaubt, keine Verbote kennt.

Das ist also eine der „Hauptursachen", die ausgemacht wurden und was man schon immer gesagt hatte: „Die 68er!"

Logischerweise muß man also nach Meinung dieser Schlauberger von Gruppenarbeit wieder auf Frontalunterricht, von Medienarbeit wieder zu Tafel und Kreide übergehen. Doch man hat noch mehr Vorschläge. Weitere Zitate aus dem genannten Artikel: „Einführung und Einhaltung strikter Verbote, die von ‚Null Toleranz’-Strategien begleitet und unterstützt werden"; „latente Störer oder Täter ... nicht mehr nur für ein paar Tage vom Unterricht auszuschließen, .... [sondern] die Schulpflicht eines Vierzehnjährigen ganz beende[n] und die Berufsschulpflicht aus{ge}setz[en] ..."; „Ausgrenzung statt Integration [sic!] muß auch eine Devise sein. Entzug der Schulpflicht ..."

Diese Gruppe von Schlaumeiern hat erkannt, daß die Lage aussichtslos ist, also laßt sie uns durch Gefängnis-Bauen lösen. Was das mit Gefängnis-Bauen zu tun hat? Nun, all dies hat in den USA schon viel früher stattgefunden und man hat deshalb ausführliche Erfahrungen damit. In den USA gab es bereits Anfang der Siebziger Jahre dutzendweise solche Schulen und zum Teil weit schlimmere.

Hmmmm, da konnten ja wohl noch keine 68er Lehrer gewesen sein. Wie kommt es, daß ein einfacher Blick über die Landesgrenzen bereits die Hauptursache „die 68er" ad absurdum führt? Weiter unten wollen wir darauf zu sprechen kommen, was die wirklichen Gründe sind.

In jenen Schulen in den USA, die in Schwarzen-Slums oder in ihrer Nähe mit einer hohem Anteil von Schülern von dort gelegen waren, gab es noch ganz andere Vorkommnisse. Viele Schüler erschienen mit Waffen in der Schule. Lehrer und andere Schüler wurden mit Schußwaffen und Messern bedroht. Regelmässig wurden Schüler und Lehrer krankenhausreif geschlagen. Solche Schulen wurde Haupt-Drogenumschlagplatz. Von Zeit zu Zeit gab es auch ungeklärte Morde. Praktisch niemand mehr fiel durch, denn man ließ schon mal einen Schulleiter in die Mündung einer Waffe blicken, um zum Abschluß zu kommen. Dagegen ist Rütli noch ein freundlicher Kindergarten.

Nun, unser Artikelschreiber in ‚telepolis’ weiß genau, wie sich die Amis dieses Problems erledigt haben. Er hat diese Kenntnis nicht offenbart, um uns mit originalen Ideen zu beeindrucken, aber das ist schief gegangen. Hätte er nämlich gesagt, daß er diese Ideen aus den USA hat, dann wäre bereits klar gewesen, daß es nicht „die 68er" gewesen sein konnten, die jene Ursache darstellten.

Tatsächlich hat man dann in den USA nicht nur angefangen, die öffentlichen Schulen mit Metalldetektoren auszustatten, sondern auch alle „Störer und Täter" („latente" nicht, sondern die offensichtlichen) aus den Schulen geschmissen und sie damit auf den direkten Weg in die Kriminalität gebracht.

Gegen die ansteigende Kriminalität hat man dann anschliessend ein neues Patentrezept entwickelt: Alle, selbst kleine Taten, wurden mit massivsten Gefängnisstrafen belegt und die Zustände in den Gefängnissen zu wahren Höllen auf Erden gewandelt. Heute sind über 1% der männlichen Schwarzen in den USA im Gefängnis, das ist etwa die hundertfache Quote von der einer Durchschnitts-Bevölkerung eines durchschnittlichen europäischen Landes.

Man mußte daher massiv Gefängnisse bauen - aber das reichte bei weitem nicht. Heute sind die Gefängnisse in den USA rettungslos überbelegt. In ein Gefängnis, das für 400 Gefangene ausgelegt war, werden etwa 1000 Betroffene gepfercht. In winzigen Zellen hausen eine große Anzahl von Personen. Gewaltakte und homosexuelle Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Das geht soweit, daß dies bereits medienbekannt ist. Am Ende eines typischen Hollywood-Filmes, in dem die guten Polizisten am Ende die bösen Gangster im Gefängnis abliefern, hört man sie jenen bereits ankündigen, daß sie hier homosexuell vergewaltigt würden.

Nun, diese Zustände möchte man offenbar möglichst schnell hier auch einführen. Nur gibt es da ein Detail: Man hat vergessen, uns das zu sagen. Im ganzen genannten Artikel taucht all dies nicht auf. Warum sagt man uns, bitte, nicht die Wahrheit?

Eine andere Gruppe der Besserwisser hat einen anderen „Hauptgrund" gefunden: Es sind Ausländer! Da in der Rütli-Schule überwiegend Ausländer-Kinder (im Neusprech: „Kinder mit Migrationshintergrund") unterrichtet werden - oder jedenfalls werden sollten - kann es nur daran liegen. Und schon kommen denn auch die entsprechenden Abhilfe-Maßnahmen: Integration verordnen, Abschieben woher sie kommen usw.

Eine ganze Horde unserer Politikerkaste hat das Ganze als Ausländerproblem begriffen - und dementsprechend eine Integrationsdebatte vom Zaum gebrochen. Man sehe sie sich an, bei Christiansen und anderswo, sie lassen gar nicht mehr mit sich reden darüber, ob es wirklich am Ausländerstatus liegt, denn das steht schon fest: Man sehe sich nur die Prozentzahlen von Ausländern an der Schule an (Mit dieser Methode kann man anhand abnehmender Storchpopulationen und sinkenden Geburtenzahlen auch beweisen, daß der Storch die Babys bringt). Die gleichen Politiker, die gerade eben im Bundeshaushalt eine Millionenstreichung bei den Deutschkursen für Ausländer beschlossen haben, verlangen jetzt Anstrengungen, sich zu integrieren.

Auch hier wieder würde ein schlichter Blick über die Landesgrenzen helfen: Damals in den USA waren in jenen Schulen überhaupt keine Ausländer. Wenn aber dort massenhaft in Schulen aufgetreten ist, was jetzt auch in Deutschland langsam häufiger wird, kann es also nicht am Ausländerstatus liegen. In den USA gab es damals auch Schlaumeier, die sagten: Guckt doch nur, da sind doch so viele „Nigger" an diesen Schulen, das muß an der Rasse liegen. Da wurde es dann nur peinlich, als mit Zeitverzögerung auch Schulen in armen Vierteln mit überwiegend Weißen das gleiche Problem bekamen.

Irgendwie weigern sich diese Schulen, sich den eigenen Vorurteilen gemäß zu verhalten. Unverschämtheit!

Nun, kommen wir nun endlich dazu, was denn wirklich die Probleme dieser Schulen sind: Neben einer Reihe von untergeordneten Problemen, wie bei weitem zu große Klassen, völlig ungenügender Ausstattung der Schulen, viel zu geringe Lehrerzahl, Mangel an Jugendzentren, keine Ganztagsschulen und einige weitere, ist das Hauptproblem: Armut. Diese Probleme von Schulen treten immer dort und nur dort in diesem Maße auf, wo ein wesentlicher Schüleranteil aus armen und extrem armen Familien kommt.

Armut verroht. Armut nimmt Motivation. Armut demütigt und läßt Enttäuschungen wachsen, die dann aggressiv abreagiert werden. Armut schließt aus.

Und Armut geht Hand in Hand mit Arbeitslosigkeit - auch in Deutschland seit Hartz IV.

Und damit sind wir wieder dabei, wer diese Zustände verursacht hat: Wer hat die Armut in Deutschland durch Hartz IV und Niedriglohn verursacht? Wer hat die Arbeitslosigkeit verursacht: Die Großkonzerne und deren Politiker. Genau jene, die jetzt verzweifelt von diesem Grund abzulenken versuchen.

Es hat etwas gedauert, aber jetzt haben sie uns auf dem Weg zu einer Ausgrenzungsgesellschaft, wie es die US-amerikanische ist. Und finden noch die Gründe bei „den 68ern", „den Ausländern".

Bemerkenswert, daß die beiden Länder, über die wir hier reden, das reichste und das drittreichste Land der Welt sind. Es wäre ein leichtes, alle Armut in diesen Ländern mit einem Federstrich zu beenden. Natürlich nicht durch Almosen für die Armen, sondern durch Arbeitsplätze. Arbeitsplätze, die ein Einkommen garantieren, mit dem man auskommen kann.

Ein erster guter Schritt, hier gegenzusteuern ist: „Kämpfen wie in Frankreich".

Für die 30-Stundenwoche und 6-Stunden-Tag bei vollem Lohnausgleich!


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