Deutschland
Wer hat, dem wird gegeben.
"Asoziale Marktwirtschaft" - Subventionen, Subventionen -
Von Karl Weiss
„Subventionsabbau" ist immer eine der wichtigsten Forderungen des Bundesverbandes der Industrie (BDI), wenn er mal wieder „Reformen" fordert, sprich Streichen beim kleinen Mann. Da ist es besonders interessant, wie genau diese Industrie, die dort vertreten wird, in Unmengen von Geld watet, wenn es um Subventionen geht.
Beispiel Nummer 1
Die Bayerischen Motorenwerke wollen eine ihrer Fabriken modernisieren. Um zu entscheiden, in welches man die dafür vorgesehene Summe investieren soll, läßt BMW erheben, wo die größten Zuschüsse spendiert würden. Österreich bietet 37,2 Millionen Euro an staatlichen Beihilfen. Damit macht die BMW-Fabrik im oberösterreichischen Steyr das Rennen.
Nun wird die EU-Kommission mit der Sache befaßt: Sie prüft, ob die Fördermittel mit den europäischen Richtlinien in Einklang stehen. Im Mai 2003 kommt die Kommission zu folgender Entscheidung: Österreich darf BMW mit 29,9 Millionen Euro fördern. (...)
BMW weiß aus langjähriger Erfahrung, wie man zu Subventionen kommt. Bereits Mitte der neunziger Jahre hatte der bayerische Autokonzern von den Österreichern umgerechnet 33 Millionen Euro Subventionen für sein Werk in Steyr erhalten. (...)
Und Ende des Jahres 2002 erlaubte die EU, daß BMW für sein neues Werk in Leipzig mit 361 Millionen Euro von Bund und Land gefördert wird.
Das Beispiel BMW zeigt auch, daß in der Regel nicht etwa arme Firmen, sondern hoch profitable Konzerne gefördert werden. Die BMW-Gewinne können sich sehen lassen:
2001: 3,2 Milliarden Euro
2002: 3,3 Milliarden Euro
2003: 3,2 Milliarden Euro
Beispiel Nummer 2
Auch der zweitgrößte deutsche Autokonzern - Volkswagen - ist ein ausgebuffter Spieler in Sachen Subvention: Für den Bau einer Fabrik in Chemnitz erhielt VW 1994 von der Bundesrepublik staatliche Subventionen in der Höhe von umgerechnet 286 Millionen Euro. Zwei Jahre später legte man noch einmal fast 270 Millionen drauf - als Ausgleich für regionale Nachteile. (...)
Für die Fabrik in Dresden hatte Volkswagen im Jahr 2001 von der EU bereits die Erlaubnis erhalten, 70 Millionen Euro Subventionen einzustreichen. (...) Außerdem kassiert VW regelmäßig auch in anderen europäischen Ländern. 2003 genehmigte die EU 15 Millionen Euro aus regionalen Fördertöpfen für eine Investition im spanischen VW-Werk Navarro bei Pamplona. Und in der österreichischen Stadt Graz darf VW 10 Millionen Euro kassieren. (...)
Fast endlos könnte man diese Subventionsliste fortsetzen.
Mit Infineon etwa: Mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern hat der von Siemens abgespaltene Chip-Konzern für seine Fabrik in Dresden kassiert. Um dann mit der Abwanderung des Unternehmens in die steuergünstige Schweiz zu drohen. Im österreichischen Bundesland Kärnten hat Infineon in den vergangenen Jahren 14 Millionen Euro von Bund und Land erhalten, und in Portugal genehmigte die EU Anfang des Jahres 2004 eine staatliche Finanzspritze von 41 Millionen.
Oder mit Degussa: Die Spezialchemie-Gruppe hat für ihr Werk in Radebeul bei Dresden Mitte der neunziger Jahre rund 70 Millionen Euro Subventionen bekommen, um Standort und Arbeitsplätze zu erhalten."
[Innerhalb der EU ] hat Deutschland mit 13 Milliarden Euro (...) den größten Brocken an Subventionen für die Konzerne vergeben. Es folgen Frankreich (10 Milliarden Euro) und Italien (6 Milliarden Euro).
Zusätzlich zu all diesen einzelstaatlichen Fördertöpfen stellt Brüssel noch Jahr für Jahr ein eigenes Subventionspaket im Umfang von fast 100 Milliarden Euro bereit."
Der Brüsseler Etat besteht zu 95 Prozent aus Subventionen.
Die beiden Autoren Hans Weiss und Ernst Schmiederer haben das Buch „Asoziale Marktwirtschaft" geschrieben, das bei Kiepenheuer + Witsch erschienen ist. Dort werden zahllose recherchierten Fälle von Millionensubventionen an Konzerne aufgedeckt, u.a. solche, bei denen die EU involviert ist.
In einem anderen Teil des Buches wird geschildert, wie es bei der Abwicklung der DDR zuging. Ein „Eingeweihter" berichtet, wie man es damals machte:
„Versetzen wir uns zurück in die Jahre 1993 bis 1995. Wir, Sie und ich, haben einen guten Namen, ein gutes Auftreten, ein paar gute Ideen. Wir sitzen an einem Biertisch und planen die Gründung einer GmbH. (...) Wir siedeln unsere Firma in Halle an, um dort ein größeres Industrieunternehmen zu übernehmen. Das ist im Metallbereich tätig, hat zu dieser Zeit noch 2.800 Mitarbeiter, die alle um ihre Zukunft fürchten. (...)
Wir überlegen: Was könnten wir da machen? Wir erstellen in einer Stunde ein schönes Unternehmenskonzept und unterbreiten es einigen Politikern. Dann melden wir uns bei der Treuhandanstalt und kümmern uns um Landesfördermittel. (...)
Ich garantiere Ihnen, daß es nicht lange dauert, bis sich jemand bei uns meldet und sagt: Schön, Sie kriegen das Unternehmen. Weil alles so kaputt ist, zahlen Sie 1 DM, dafür kriegen Sie alles inklusive der Liegenschaften. Obendrein bekommen Sie 120 Millionen DM Zuschuß. Dafür unterschreiben Sie folgenden Vertrag: Wenn Sie es nicht schaffen, in zwei Jahren mindestens zehn Prozent der Mitarbeiter dauerhaft zu beschäftigen, dann zahlen Sie eine Strafe von zehn Millionen Mark.
(...) Wir sind nun reich. (...) Wir wollen das Unternehmen ja retten. Wir machen also eine Betriebsversammlung. Dort sind wir wirklich leidenschaftlich, es geht uns schließlich um die Menschen, um den Standort, um das Land.
Wir verkünden auf der Betriebsversammlung, daß wir jetzt in Dubai nach Partnern, nach Geldgebern für die Restrukturierungs-Maßnahmen suchen werden. Wir fahren nach Dubai - und machen in Wirklichkeit einfach ein paar Tage Urlaub, schließlich waren die vergangenen Wochen sehr anstrengend. Wir kommen zurück. Und sind geknickt: Es sei alles sehr, sehr schwer, erklären wir öffentlich. Irgendwann rücken wir ganz damit heraus: Es ist entsetzlich, es ist grauenhaft, aber niemand will im Osten investieren, keiner hat Vertrauen, keiner nimmt das ernst, keiner will hier rein. Es tut uns leid, aber so schaffen wir das nicht: Wir müssen das Unternehmen schließen.
Wir schließen es. Wir zahlen 10 Millionen Mark Strafe. Den Rest des Geldes [sowie die zentralen Grundstücke in Halle] behalten wir. Wir werden (...) als die großen Helden gefeiert, die sich aufgeopfert haben. Wir werden das Bundesverdienstkreuz kriegen. Wir werden geehrt, geachtet, geschätzt für unser unternehmerisches Verantwortungsgefühl.
Das ist keine Übertreibung, das hat es wirklich gegeben. Nicht einmal, nicht zweimal. Mehrfach. Das nennt man Subvention."
Diese Art von Machenschaften werden vom „Spiegel" bestätigt: „
Allein in Sachsen wurden seit 1991 rund 460 Millionen Euro Fördermittel in Betriebe gesteckt, die in weiterer Folge Pleite gingen. In Brandenburg waren es 450 Millionen.
Ausbezahlt wurden all diese Gelder als "Investitionszulagen". Rund 90 Prozent der ostdeutschen Industrie habe solche Investitionszulagen in den letzten Jahren in Anspruch genommen, (...) Etwa 1,2 Milliarden Euro Steuergelder entgingen den öffentlichen Haushalten dadurch jährlich."
Die genannten Beispiele sind der Pressepräsentation des Buches entnommen.
Das ganze Buch ist voll von Beispielen und belegten Ereignissen.
Wenn Sie, geneigter Leser, also das nächste Mal von unseren allseits geliebten Politikern (die hinter diesen Machenschaften stecken) hören, daß die öffentlichen Kassen leer sind, das keine Geld da ist für eine Kindertagesstätte, für ein Sozialticket, für den öffentlichen Nahverkehr, für eine Universität ohne Studiengebühren, dann wissen Sie, wohin die Gelder geflossen sind, die fehlen.
Wenn Ihnen das nächste Mal erzählt wird, Hartz IV müsse weiter gekürzt werden, die Mehrwertsteuer müsse erhöht werden, die Renten schon wieder abgebaut, die nächste „Gesundheitsreform" angedroht wird, dann wissen Sie, woher die Löcher im haushalt kamen, die dies angeblich notwendig machen - und an wen diese Politiker die Gelder vergeben haben - "rein zufällig" die Konzerne, bei denen sie nach der politischen Karriere unterkommen.
Korruption? I wo, wie kommen Sie darauf?
Hans Weiss / Ernst Schmiederer
Asoziale Marktwirtschaft
Kiepenheuer + Witsch
Euro 19,90
Link zum Originalartikel
hier
Karl Weiss - 16. Apr, 00:59
NRW-Landesregierung: Sauereien und Korruption
Von Karl Weiss
Die nordrhein-westfälische Landesregierung aus CDU und FDP hat es wirklich eilig. Noch keine zwei Jahre im Amt und bereits der zweite hohe Amtsträger in einen Skandal verwickelt. Nachdem ausgerechnet der Bauminister Wittke Hauptverantwortlicher in einem Bauskandal in Gelsenkirchen ist (die Berliner Umschau berichtete), ist es jetzt der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Dr. Jens Baganz, dessen Name in den Medien in rufschädigenden Zusammenhängen erscheint. Und der WDR (Westdeutscher Rundfunk) hat auch seinen Skandal.
Dabei muß man sich wirklich fragen, ob die CDU in Nordrhein-Westfalen kein weniger kompromittiertes Personal zu bieten hat. Ist die Personaldecke wirklich so dünn, daß man Politiker in höchste Ämter bringen muss, denen der Korruptionsschleim nur so von den Händen tropft?
Es handelt sich nämlich in beiden Fällen gar nicht ursächlich um Aktivitäten in der Landesregierung, die jetzt Anlaß zu Skandalen geben, sondern deren „Vorgeschichte“. Beide Spitzenpolitiker haben nämlich eine Vergangenheit als Bürgermeister, Wittke in Gelsenkirchen und Baganz in Mülheim.
Wittke hatte als Gelsenkirchener Bürgermeister einen Vertrag für die Sanierung des damals als Rathaus genutzten Hans-Sachs-Hauses unterschrieben, der dem Stadtrat als Ganzem in der endgültigen Version nicht gezeigt worden war, nur ausgewählten Freunden Wittkes. Er schusterte den Firmen und Banken des Sanierungs-Zusammenschlusses lasche 25 Millionen Euro zu, an den Stadträten Gelsenkirchens vorbei.
Die Sanierung erwies sich als unbezahlbar und das Hans-Sachs-Haus wurde zur größten Bauruine des Landes - und der neue Bauminister der Verantwortliche. Sowas nennt man Feingefühl bei der Auswahl der Minister, nicht?
Baganz ist dagegen mehr auf der Don-Juan-Spur. Die christliche CDU, christlichen Werten wie der ehelichen Treue verpflichtet und in der Abkehr von diesen Werten den Untergang des Abendlandes vermutend, nimmt es nicht mehr so genau mit der ehelichen Treue, wenn es um herausragende Persönlichkeiten der eigenen Partei geht.
Bürgermeister Baganz von Mülheim legte sich nämlich eine Geliebte zu, eine gewisse Ute Jasper, Rechtsanwältin ihres Zeichens und lebte dann auch mit ihr zusammen. Genau dieser Frau gab er einen millionenschweren (1,4 Mio. Euro) Beratervertrag mit der Stadt Mülheim, als Bürgermeister!
Sie war als Beraterin dafür verantwortlich, daß beim Verkauf der städtischen Werte die RWE und nicht die Gelsenwasser die Wasserwerke bekommen hat, obwohl jene 80 Millionen mehr geboten hatte. Ähnlich verhielt es sich beim Verkauf der Mülheimer Entsorgungsbetriebsanteile. Den Zuschlag bekam - ohne Ausschreibung - die vor allem in Köln inzwischen gerichtsnotorische Trienekens.
Es wurde nie eindeutig bewiesen, ob und wieviel die Rechtanwältin und/oder ihr ‚Lover’ für diese Liebesdienste von RWE und Trienekens erhielten, aber der gesunde Menschenverstand ...
Als dies alles herauskam, trat Baganz einfach zurück und - nichts. Keine Ermittlungen. Keine „brutalstmögliche Aufklärung“. Das ist nun immerhin schon 4 Jahre her.
Er verschwand von der Bildfläche (die Menschen haben ein kurzes Gedächtnis) und arbeitete eine Zeit als „Berater“, interessant, nicht? Diese Art von Leuten fallen immer auf die Füße.
Und die Partei stand weiter wie ein Mann hinter ihm. Kaum kam man in Nordrhein-Westfalen an die Regierung, wurde er schon wieder in ein hohes Amt gerufen. Seine Geschichte prädestinierte ihn ja für so etwas, nicht wahr?
Die Schlauberger und die „Experten“ finden immer zusammen, nicht?
Nun passierte aber etwas unschönes. Im Zuge ihrer Recherchen über die desaströsen Privatisierungen nordrhein-westfälischer Kommunen stießen der Kölner Autor und Klüngel-Experte Werner Rügemer und die Redakteurin Leslie Rosin vom WDR auf die Mühlheim-Geschichte. Sie wurde auf dem Rundfunksender WDR 5 gesendet. Das Manuskript, wie üblich, im Internet zur Verfügung gestellt.
Na, fast niemand hört WDR 5, aber wer hat es schon gerne, wenn seine Machenschaften im Internet eingesehen werden können? Ermutigt von seinem CDU-Parteifreund Thomas Kemper, damals Medien-Staatssekretär, beschwert sich Baganz gleich ganz oben, bei WDR-Intendant Fritz Pleitgen und verlangte, das Material aus dem Internet zu nehmen.
Hätte es irgendeine nicht belegte Behauptung oder gar Unwahrheit enthalten, hätte Baganz einfach eine teure Abmahnung oder gleich einen Prozeß androhen und so erreichen können, daß der Beitrag hätte entfernt werden müssen. Daß er das nicht tat, belegt also, daß alles wahr und belegt ist. Er weiß das alles ganz genau als promovierter Volljurist. Immer Juristen. Haben die im Jura-Studium ein Fach Sauereien und Korruption?
Ab diesem Moment, wird das Ganze von einem Skandal Baganz zu einem Skandal WDR-Baganz. Denn statt der üblichen vorgedruckten Antwort, die normale Bürger bekommen, wenn sie sich über schlechte Behandlung ihrer Person im Äther beschweren, nach dem Motto: „Haben nichts zurückzunehmen, wenn Sie sich beleidigt oder verleumdet fühlen, steht Ihnen der Rechtsweg offen“, reagierte der WDR unter Pleitgen damit, das ganze 35-seitige „Feauture“ des WDR 5 auf Fehler abzusuchen - und siehe da, man wurde fündig.
Der Rundfunkbeitrag hatte tatsächlich die Aussage von Baganz, er werde vom RWE-Konzern und der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) unterstützt, auf kurz vor dem Rücktritt gelegt. Die war aber schon Monate vorher gefallen.Damit hatte man einen Vorwand, dem Wunsch nachzukommen, das CDU-inkriminierende Material aus dem Internet zu nehmen.
Rein zufällig ist Pleitgen für seine Wiederwahl auf die CDU-Stimmen angewiesen. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.
Wie es sich gehört bei Obrigkeit, muß man sich natürlich auch noch entschuldigen. Das tat WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel in einen Entschuldigungsbrief an CDU-Staatssekretär Baganz. Unterwürfigst liest man da: "Ihrer Bitte, das Sendemanuskript aus unserem Internet-Angebot zu entfernen, sind wir in der Zwischenzeit nachgekommen."
Es lebe die Demokratie!
Wenn es sie denn gäbe.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 3. August 2006 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.
Karl Weiss - 5. Apr, 02:05
Grosse Koalition aus Vatikan, christlichen Politikern, islamistischen Eiferern und der reaktionären chinesischen Führung
Von Karl Weiss
Die Nachricht des Verbots des Filmes „Sakrileg" („The da Vinci Code") in China, nachdem er bereits drei Wochen erfolgreich gelaufen war, kann nur bei oberflächlicher Sicht überraschen. Reaktionäre mit ihren verquasten Bruchstücken von Ideologie sind überall auf der Welt sehr ähnlich in Form und Aktion. Da ist es kein Wunder, daß sich gegen Dan Browns Kriminalgeschichte eine große Koalition aus dem Vatikan (einschließlich gewisser christlicher Politiker), islamistischen Eiferern und dem bürokratisch-kapitalistischen chinesischen Regime bildet. Es wächst zusammen, was zusammen gehört.
Zunächst und ohne nähere Betrachtung richtet sich Dan Browns Werk natürlich gegen die christlichen Dogmen. Er stellt in Frage, was bei der Gründung des Katholizismus im dritten Jahrhundert an Auswahl aus den überlieferten Schriften über den Propheten Jesus in das „Neue Testament" der Bibel übernommen wurde und was nicht.
Dieselbe Auswahl, die später Luther übernahm und die damit auch die protestantischen Kirchen prägt. Alles, was auf Geschwister Jesus hinwies, blieb außen vor, ebenso alles über den verheirateten Jesus und seine Kinder.
Die Gründe waren klar. Man wollte eine neue Religion im Römischen Reich als Staatsreligion einführen, in dem man an mehrere Götter und weibliche Götter gewohnt war. So schuf man drei Götter, die man dann, weil man die jüdische Überlieferung des Ein-Gott-Glaubens nicht außer Acht lassen konnte, zu einer Dreifaltigkeit eines einzigen Gottes zusammenfaßte. Man schuf die Person der Gottesmutter, die als einzige frei von der Erbsünde geboren wurde und hat damit eine weibliche Ikone, die bis heute unter vielen Frauen der Welt funktioniert.
Kurz, man tat das, was alle Religionsgründer tun, man erfindet Dinge und das so, wie es genehm ist. Der „da Vinci Code" dagegen mahnt geschichtliche Wahrheit an. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Dan Browns Theorie über Leonardo da Vinci nicht genauso erfunden ist.
Der Vatikan und der ganze berufliche Katholizismus raste vor Wut. Es wurden Boykott-Kampagnen unter den Gläubigen in Gang gesetzt und überall, wo man Einfluss hatte, Hetzartikel geschrieben. Einer der Artikel hatte sogar die Überschrift "Der Da Vinci Kot". Man bemerkt den Schaum vor dem Mund.
Allein die Frage der geschichtlichen Wahrheit ist eben für jede Religion, die ja immer auf (Teil-)Erfindungen beruhen muß, eine Herausforderung, ein „Sakrileg"(wie passend der deutsche Titel).
Hat doch die Theorie Dan Browns zumindest ein schlagendes Argument für sich: Wie jüdische Religiöse bestätigten, war und ist unter den gläubigen Juden ein Mann erst dann wirklich erwachsen und in seiner Gesellschaft für voll genommen, wenn er verheiratet ist. Jesus aber wurde ein triumphaler Einzug in Jerusalem bereitet, undenkbar in der jüdischen Gemeinde für einen nicht verheirateten Mann. Mit diesem Einzug war er als jüdischer Prophet anerkannt - unmöglich für jemanden, der noch gar nicht für voll genommen wird.
Dieser Einzug war ja auch der Anlaß für die römische Besatzungsmacht, ihn gefangennehmen, foltern und kreuzigen zu lassen. Es wurde klar eine Tafel an sein Kreuz gehängt, die sein „Verbrechen" deutlich macht: „Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum", Jesus von Nazareth, König der Juden.
Die Besatzungsmacht (so wie jede Besatzungsmacht) fürchtete, die Juden könnten sich unter ihrem ‚neuen Führer’ zusammentun und einen Aufstand gegen die Römer entfesseln. Es wäre außerdem extrem unüblich für einen dreiunddreißigjährigen Mann gewesen, nicht verheiratet zu sein. Wäre es so gewesen, hätten alle Evangelisten eine Erklärung dafür abgeben müssen. Haben sie aber nicht. Es wird vielmehr als ganz selbstverständlich erzählt, daß unter seinem Kreuz neben seiner Mutter und Johannes auch Maria Magdalena stand.
In diesem Sinne nur natürlich, daß sich auch die mohammedanischen Fundamentalisten angesprochen sahen und das Verbot des Filmes forderten. Wahrscheinlich fühlten sich auch entsprechende buddistische und konfuzianistische Gelehrte auf den Schlips getreten. Auch für sie kann die Forderung nach geschichtlicher Wahrheit nur einem kranken Geist entspringen.
Im Grunde muß sich nicht nur jede Religion, sondern jedes reaktionäre Regime herausgefordert fühlen, denn für jede Religion und jedes dieser Regimes ist Geschichtsklitterung die Lebensgrundlage.
Man sehe sich nur an, wie das bundesdeutsche Politik-Establishment unter Einschluß der Grünen auf die Forderung Peter Handkes reagierte, die Geschichte der jugoslawischen Sezessionskriege dürfe nicht nach derem Gusto verfälscht werden. Sie bestehen darauf, ihre Geschichtslügen dürften nicht angetastet werden.
Nein, nicht Genscher hat die Sezessionen eingeleitet, sondern Milosevic. Nein, nur die Serben hatten „Konzentrationslager" und begingen Massaker. Nein, es war kein imperialistischer Überfall auf ein kleines Land, um es in die Steinzeit zurückzubomben, es war eine Befreiungsaktion gegen einen ‚neuen Hitler’ und gegen einen ‚neuen Holocaust’.
Da durfte Handke natürlich keinen Preis bekommen. Wo kämen wir denn da hin. WIR schreiben schließlich die Geschichte!
Es schließt sich also der Kreis reaktionär gesinnter Geschichtsklitterer: Der Papst Hand in Hand mit den Ayatollahs, der chinesischen Führung und der deutschen Politiker-Kaste.
Da wächst zusammen, was zusammen gehört!
Dieser Artikel beruht auf einem, der ursprünglich am 19. Juni 2006 in der 'Berliner Umschau' erschien.
Karl Weiss - 4. Apr, 00:25
Dafür ist kein Geld da!
Von Karl Weiss
Landauf, landab erklären Politiker, Medien und auch ein Teil der irregeleiteten Bundesbürger, es müsse eben gespart werden. Es sei eben nicht mehr so viel zu verteilen da und da müsse jeder sein Scherflein beitragen. Kein Kindergarten, öffentliche Bäder geschlossen, öffentlicher Nahverkehr unbezahlbar, mehr als 30 Kinder in einer Klasse: Tut uns ja so leid, aber man muß sparen. Es fehlt einfach Geld an allen Ecken und Enden!
Der allgemeine Sparzwang ist nichts als eine Legende, das ganze Spargetue ist nicht mehr als „bullshit", wie sich unsere amerikanischen Freunde auszudrücken pflegen.
Leider haben sich auch bereits weite Teile der Linkspartei/WASG auf diese Sprachregelung eingelassen. In Berlin, wo sie mitregieren, erklären die „Genossen", es sei eben kein Geld da.
Wenn man sich den Bundeshaushalt ansieht, so müßte der also geschrumpft sein - 30, 40%. Das ist aber wundersamerweise nicht der Fall. Er ist im wesentlichen gleichgeblieben. Nur kleine Veränderungen von Jahr zu Jahr, mal etwas nach unten, mal etwas nach oben. Moment mal, wie kann das sein, wenn doch überall das Geld hinten und vorne fehlt?
Warum glauben die Politiker eigentlich, wir seien so dumm, daß wir nicht einmal die Zahlen des Bundeshaushalts der letzten Jahre und dieses Jahres vergleichen können?
Das Ganze begann unter der Regierung Kohl. Die Monopolkonzerne hatten angeordnet, daß nun Schluß mit lustig sein mußte, soziale Leistungen sollten rigoros abgebaut werden. Gehorsam startete Kohl die erste Sondierung, den ersten Versuch, massiv Soziales abzubauen und zu sehen, was geschieht. Doch die Regierung Kohl und die Herren der Konzerne fielen voll aufs Maul. Man hatte dort angefangen, wo die größte Kampfkraft der Arbeiter lag: Man versuchte als erstes, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kappen und bereitete bereits das Ende der Steuerbefreiung der Nacht- und Schichtzuschläge vor.
Daraufhin begannen Streiks in mehreren großen Betreiben, hauptsächlich bei DaimlerChrysler, zunächst befristet. Praktisch alle Arbeiter machten mit. Die SPD-gelenkten Gewerkschaftsführungen sahen die große Gelegenheit, der scheinbar unschlagbaren Kohl-Regierung eins auszuwischen und ihre Partei als Alternative anzupreisen. Sie organisierten die Streiks und Kohl mußte schnellstens zurückrudern, um nicht in die Situation zu geraten, die ein Villepaine in Frankreich vor nicht allzu langer Zeit kennengelernt hat.
Der Mythos der Kohl-Regierung war vorbei, der Weg war frei für Schröders und Fischers Sieg 1998 in den Bundestagswahlen. Das war genau, was die Monopole nun brauchten. Sie wußten, ohne die SPD-Führer konnten die Arbeiter nur schwerlich streiken, also brauchte man die SPD an der Regierung. Und so geschah es. Die meisten, die damals SPD und Grüne wählten, glaubten, ein kleineres Übel gegenüber der CDU-FDP-Regierung gewählt zu haben. In Wirklichkeit hatte man genau das gewählt, was die Monopole jetzt wollten.
Bereits kurz nach der Regierungsübernahme beschloß Rot-Grün die größte Unternehmenssteuer-Entlastung, die Deutschland je gesehen hat. Es wurden alle Arten von Abschreibungsmöglichkeiten eingeführt, speziell für all jene Dinge, die große Konzerne abschreiben können und wollen. So kam man zum Ergebnis, daß die Monopolkonzerne praktisch keine Steuern mehr zahlen brauchten, z.T. sogar Steuern aus anderen Jahren wieder herausbekamen.
Du verlagerst deine Fertigung nach Polen? Klar, daß du alle Kosten dafür abschreiben kannst!
Dein Gewinn ist in Irland angefallen? Brauchst du in Deutschland keine Steuern mehr bezahlen!
Deine Aktien sind gefallen? Kannst du von den Steuern absetzen!
Kosten für Entlassungs- und Frühpensionierungsaktionen? Kannst du von den Steuern absetzen!
Die Krise hat dir Verluste beschert? Dafür bekommst du Steuern vom letzten Jahr wieder heraus! Usw. Usf.
Insgesamt fehlen seitdem etwa 100 bis 150 Milliarden Euros jedes Jahr im Staatssäckel, während in den Vorstandsetagen ohne Unterlaß die Sektkorken knallen.
Diese ganze „Reform" wurde zunächst in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil die Folgen nicht unmittelbar zu sehen waren. Noch schien ja alles seinen gewohnten Gang zu gehen.
Charakteristisch war auch, daß diese Unternehmenssteuer-Abschaffung praktisch nicht auf kleinere Betriebe anzuwenden war. Für sie blieben die Steuern vielmehr gleich hoch. Da wurde klar wie kaum je zuvor, daß wir nicht mehr im normalen Kapitalismus, sondern im Monopolkapitalismus leben, in dem nur die großen, die Monopol-Konzerne das Sagen haben und bis zur Unkenntlichkeit mit dem Staat verknüpft sind, was dann staatsmonopolistischer Kapitalismus genannt wird.
Als dann, bereits während der ersten rot-grünen Legislaturperiode, nach und nach die staatlichen Leistungen hauptsächlich in den Kommunen (aber auch in Bund und Ländern) abgebaut zu werden begannen, merkten zunächst nur wenige, daß es das Geld der Konzerne war, das nicht mehr beim Staat, bei den Kommunen und Ländern ankam, die daraufhin Grundlegendes zu streichen begannen.
Es begann die Zeit der Privatisierungen, der „Public-Private"-Konzepte, das Herunterfahren der Lehrerstellen, das Schließen von Schulen, die Krankenhäuser ließ man einschnurzeln usw. usf. Die Bahn wurde aufs Abstellgleis gefahren, die Post zum Tode verurteilt, der öffentliche Nahverkehr mehr und mehr verringert und verteuert.
Man stelle sich nur vor, wenn die Unternehmensbesteuerung noch so wäre wie zu Kohls Zeiten. Es stünden zwischen 100 und 150 Milliarden Euros mehr zur Verfügung. Man könnte eine wirkliche Familienförderung durchführen, Kindergärten und -krippen für alle anbieten, die Schulklassen verkleinern, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und billigere Tickets anbieten, die Bahn zu einem wirklichen Verkehrsmittel für Alle und alle Güter ausbauen - zu angemessenen Preisen -, die öffentlichen Bäder wieder öffnen, die preiswerten Wohnungen in der öffentlichen Hand lassen, die Krankenhäuser zu wirklichen Gesundheitszentren machen, statt sie zu prvatisieren - und hätte immer noch Geld übrig für weitere wichtige Aufgaben.
Stattdessen wurde all dies Geld den Großkonzernen in den Rachen geworfen, die sich dafür mit mehr und mehr Entlassungen und Stellenabbau bedankten.
Als es dann 2002 wieder ans Wählen ging, hattten schon eine Reihe von Rot-Grün-Wählern gemerkt, daß von „kleinerem Übel" keine Rede sein konnte. Doch mit dem Trick vorzugeben, man werde sich nicht am Irak-Krieg der US-Regierung beteiligen, konnte Rot-Grün noch ein zweites Mal triumphieren, wenn auch knapp.
In Wirklichkeit war der Beitrag der Bundesrepublik als „Etappe" für den völkerrechtswidrigen Krieg weit größer als zum Beispiel der von Spanien oder Italien mit lediglich einem Winz-Kontingent an Soldaten.
Nun wurde das zweite große „Reform"-Projekt der Monopole in Auftrag gegeben. Diesmal sollte der massive Abbau von Löhnen, die Einführung von Niedrigstlöhnen und das Durchlöchern des gesamten Netzes von Tarifverträgen erreicht werden. Man war sich klar, daß dies nicht dadurch möglich war, daß man einfach in den Tarifrunden minus 10% forderte. Es wurde das Projekt Hartz IV geboren, erstellt in einer Kommission durch die Monopolverbände und Schröder zum Umsetzen vorgelegt, der dann auch keine Zeit verlor.
Man mußte die Arbeitslosen in Armut stürzen, sie demütigen bis aufs Unterhemd, so daß der Fall in die Arbeitslosigkeit für die Arbeiter (und Angestellten) zum absoluten Albtraum würde.
Dann brauchte man nur noch Entlassungen ankündigen und konnte jegliche Verschlechterung durchsetzen, denn damit würden ja (angeblich) Entlassungen verhindert. Ebenso würde man so einen Niedrigstlohnbereich einführen können, denn der wäre ja immer noch besser als Hartz IV.
So wurde dann - wieder unter dem Vorwand von angeblichem Sparen - Hartz IV durchgezogen. In Wirklichkeit war jedem klar, der rechnen konnte, daß Hartz IV selbstverständlich keinen Cent Einsparung bringen, sondern eher mehr kosten würde, so wie es dann ja auch kam. Auch daß Hartz IV natürlich nicht einen mehr in Arbeit bringen würde, war völlig klar. Es ging ja auch nicht um Einsparungen und nicht um Arbeitsplätze, sondern um mehr Profite für die großen Monopolkonzerne.
Man braucht sich nur die Unternehmensberichte durchsehen, die im ersten Halbjahr 2006 für 2005 veröffentlicht wurden: Es hat geklappt, die Profite haben Höhen erreicht, die selbst hartgesottenen Spitzen-Managern die Freudentränen in die Augen treiben.
Insoweit hört es sich auch immer wieder rührend an, wenn bemängelt wird, daß Hartz IV doch eine so riesige Bürokratie geschaffen habe, daß es so schlecht gemacht sei. Es ist genauso gemacht, wie es sein sollte.
Aber selbst wenn wir dies alles nicht berücksichtigen. Wenn wir einfach sagen: Nun, mehr als da ist, ist eben nicht in der Steuerkasse, wäre denn dann wenigstens die Sparhysterie gerechtfertigt?
Nicht die Bohne.
Sieht man sich nämlich genau an, für was alles Geld da ist, Millionen von Euros da sind, wird klar, daß mans wirklich hat, aber eben nur für das, was man will.
Schweigen wir hier von Militärausgaben und Auslandseinsätzen, für die immer genug Geld da ist, nehmen wir andere Beispiele.
Reden wir hier auch nicht von den gewaltigen Kosten für die Betreuung, den Transport und die Aufbewahrung der Atommüllabfälle, für die jene Kraftwerke besitzenden Konzerne keinen Cent bezahlen müssen.
Fangen wir einfach einmal mit den ca. 100 Milliarden Euro an, die Deutschland jedes Jahr in die Europäische Union zahlt. Jeder Cent davon ist rausgeworfenens Geld. Diese unglaubliche Summe von Geld wird nämlich fast ausschließlich für zwei Dinge ausgegeben: Für die Brüsseler Bürokratie und für Subventionen, die fast ausschließlich an Konzerne gehen.
Daß die Brüsseler Bürokratie so überflüssig ist wie ein Kropf, bracht nicht mehr eigens erläutert zu werden. Um Verordnungen darüber zu schaffen, um wieviel cm die Verpackung größer sein darf als das Produkt, dafür braucht man keinen Apparat von 21 000 Bürokraten, das könnte im Einvernehmen der Ministerien der Mitgliedsländer geregelt werden - wenn so etwas denn regelwürdig ist.
Aber auch die Subventionen Europas, laufen sie unter dem Namen Agrarsubventionen oder Regionalfonds oder anderen, haben keinerlei Daseinsberechtigung. Weder die kleinen Bauern werden davor gerettet, ihre Höfe aufgeben zu müssen, noch werden unterentwickelte Regionen Europas gestützt. In Wirklichkeit sind das alles Gelder, die am Ende in den Taschen der Großkonzerne landen.
Was man mit 100 Milliarden jährlich alles Sinnvolles anfangen könnte!
Um sich nur einmal ein Bild zu machen, was da für eine Schlange am Busen der Steuerzahlen gezüchtet wurde, hier einige Zahlen vom unabhängigen österreichischen Europa-Abgeordneten Hans-Peter Martin zum Beamten-Futtertrog Brüssel:
Die durchschnittliche Pension eines Europa-Beamten beträgt 5.509 Euro, das ist der Durchschnitt, also vom Pförtner bis zum Generaldirektor. Die Ausgaben allein für Pensionen dieser Beamten sind seit 1999 um 75% angestiegen. Heute stehen bereits Pensionszusagen fest, die den europäischen Steuerzahler mit 22,8 Milliarden Euro belasten werden - bei wohlgemerkt, wie gesagt, nur 21.000 Beamten!
Bereits jetzt gibt es 7.500 ehemalige Euro-Beamte. Die durchschnittliche Pension der Spitzenbeamten beträgt 10.500 Euro! Allein die Pensionsleistungen kommen heute auf 491,5 Millionen Euro jährlich. 2004 gab es eine Sonderregelung. Die Beamten konnten bereits mit 50 in Pension gehen. Gehen sie in Pension, bekommen sie zunächst einmal 6 Monate ihr Gehalt weiter, dann für 5 Jahre 70%. Das alles sind keine Renten, sondern Pensionen, für die also bestenfalls symbolische Eigenleistungen eingezahlt werden.
Na, man hats ja!
Aber nicht nur für den allseits unbeliebten Brüsseler Wasserkopf und seine Subventionen wird Geld zum Fenster hinaus geworfen.
Ein besonders interessantes Kapitel ist das Übergeben von Hunderten von Millionen von Euros an Firmen, die dies absolut nicht brauchen.
Zum Beispiel trifft das zu auf die FIFA. Es handelt sich um eine der reichsten Handels-Firmen im ganzen Sportgeschäft. Was sie verkauft? Sportrechte! Die Rechte, die sie für die WM in Deutschland verkauft hat, darunter Fernsehrechte, Werberechte, Eintrittskarten usw. werden auf größenordnungsmäßig 3 Milliarden Schweizer Franken geschätzt, allein die Fernsehrechte kosteten 1,8 Milliarden Euro.
Nun, verehrter Leser, wenn Sie eine Firma aufmachen, die in Deutschland etwas verkauft, dann müssen Sie natürlich dafür Steuern zahlen. Nicht so die FIFA. Ihr wurde 1998 im Rahmen der deutschen Bewerbung für die WM zugesagt, daß sie völlig steuerbefreit sein würde. Damit hat man nach „Wikipedia" auf etwa 250 Millionen Euro verzichtet.
In diesen 250 Millionen Euro sind aber noch keineswegs eingeschlossen die ganzen Polizeiaufgebote und sonstigen staatlichen Maßnahmen, um die WM zu organisieren und abzusichern. Auch das alles, was von jeder anderen Firma natürlich bezahlt werden müßte, wird der FIFA umsonst gegeben. Aber man hats ja, warum soll man dann nicht ein bißchen der FIFA abgeben, nicht wahr?
So könnte man noch seitenweise weiterschreiben. Zum Beispiel vom neuen Leipziger Grossflughafen, zum Beispiel von den 14 Milliarden jährlich, die den Kirchen in den Rachen geschoben werden. Zum Beispiel darüber, wohin die Gelder "Aufbau Ost" fliessen oder zum Beispiel von den Eurofightern und den riesigen Antonov-Militärtransportern, für die man Milliarden ausgibt.
Es wird Geld verpulvert, daß es eine Art hat, während man uns gleichzeitig weismachen will, es würde gespart und es sei kein Geld vorhanden.
Karl Weiss - 27. Mär, 19:19
Polizei, Staatsanwalt und Faschisten Hand in Hand?
Von Karl Weiss
Ein Berliner Anti-Faschist wird seit 12. Dezember in Untersuchungshaft gehalten, obwohl keinerlei reale Anhaltspunkte für seine Tat vorliegen. Dabei stelle die Staatsanwaltschaft den Neo-Faschisten persönliche Unterlagen des Verdächtigten (als Nebenkläger) zur Verfügung, die bei der Hausdurchsuchung des Antifaschisten Mathias Z. Sichergestellt haben.
Das einzige, was feststeht an der ganzen Sache, ist: Im November 2006 gab es in Berlin-Lichtenberg eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen einer Schläger-Bande von stadtbekannten Neo-Faschisten und einer Anzahl von unbekannten Anti-Faschisten. Dabei wurden zwei Neo-Faschisten leicht verletzt.
Sie wurden von der herbeigeeilten Polizei in ein Krankenhaus gebracht, wo eine der Personen sofort nach ambulanter Behandlung wieder gehen konnte und die andere Person lediglich zur Beobachtung eine Nacht blieb. Jeder kann also nachvollziehen: Selbst wenn es ein „Überfall“ der Antifaschisten auf die armen geplagten Neo-Faschisten gewesen wäre, hatte er keinen Erfolg. Keiner von ihnen wurde irgendwie merklich verletzt.
Die leicht angeschlagenen Neo-Faschisten hatten bereits im Krankenhaus und danach noch einmal bei der Polizei angegeben, die Antifaschisten nicht gekannt oder erkannt zu haben.
Doch plötzlich, wenige Tage danach, wollten sie Matthias Z. als einen der Angreifer erkannt haben.
Was nun kam, zeigt, wie faschistische Schlägerbanden, Staatsanwälte und Polizei objektiv zusammenarbeiten. Kaum lag die Aussage der beiden Neofaschisten vor (die natürlich in Wirklichkeit keinerlei sachlichen Wert hatte), wurde ein Haftbefehl wegen „Versuchtem Totschlag“ (!) und "Schwerer Körperverletzung“ (!) gegen Mathias Z. erlassen. Jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand weiß natürlich, hierfür hätten erhebliche Verletzungen vorliegen müssen, die ja gar nicht gegeben waren.
Es gab keinerlei andere Hinweise als die Aussagen der beiden bereits mehrfach aufgefallenen Faschisten, aber die Polizei, im Kampf gegen kriminelle Mafia-Banden untätig, wurde nun geschäftig. Es wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt, immer nach dem Motto: „Irgendwas inkriminierendes lässt sich immer finden.“
Und tatsächlich, man fand einen Teleskop-Schlagstock und einen Totschläger. Dass der Besitz dieser Werkzeuge nicht verboten ist, hatte man allerdings vergessen. Sie wurden diensteifrig als Beweis für die ‚Schwere Körperverletzung’ (die es ja gar nicht gab) und den ‚Totschlagversuch’ gewertet. Dumm nur, es ließen sich gar keine Spuren von Gebrauch gegen Menschen an den beiden Werkzeugen finden. Wenn man nun glauben sollte, der falsch Verdächtigte wäre freigelassen worden und man hätte seine Untersuchungen nun gegen die beiden faschistischen Täter gerichtet, so irrt man sich.
Schuld sind immer die Linken und Krähen hacken sich gegenseitig kein Auge aus.
Eine über dreimonatige Untersuchungshaft ohne die geringsten Tat-Anhaltspunkte, das ist allerdings selbst bei der skandalträchtigen Berliner Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz ein neuer Rekord.
Allerdings gibt es jetzt Gegenwind. Der Fall wurde zuerst in Berlin, jetzt auch über Berlin hinaus bekannt und es baut sich eine Unterstützungsfront für Mathias Z. auf. Auf der Website www.freiheitfuermatti.com kann man die anwachsende Gemeinde sehen, die gegen die widerrechtliche Freiheitsberaubung ficht und Solidarität mit „Matti“ bekundet.
Da kann man zum Beispiel die Unterstützung der Jungsozialisten (SPD-Jugendorganisation; der Chef und weisungsberechtigt gegenüber dem Staatsanwalt ist der SPD-Bürgermeister; komisch, die haben anscheinend kein Problem damit) nachlesen, aber auch die von Grünen und von der Linkspartei, ebenso von Ver.di, die Gewerkschaft, in der Mathias Z. Ist.
Doch das ist noch nicht alles. Es gibt auch noch einen unmittelbaren Zusammenhang eines der Neo-Faschisten mit Mathias Z. Der soll nämlich als Belastungszeuge gegen den Neo-Faschisten aussagen bei einer der Klagen, die der gegen sich laufen hat. Da ist es natürlich praktisch, wenn der Belastungszeuge mit der „Grünen Minna“ vorgefahren wird. Wer wollte einem schwer beschuldigten Untersuchungshäftling schon glauben?
Dazu kommt jetzt, in der Phase der unmittelbaren Vorbereitung auf den Prozess gegen Mathias Z., der im Mai beginnen soll, ein weiterer schwerwiegender Fakt: Die beiden Faschos sollen als Nebenkläger zugelassen werden. Damit bekommt ihr Anwalt Zugriff auf die gesamten Prozessakten, darunter auch fein säuberlich alles, was in der Wohnung des falsch Verdächtigten vorgefunden wurde.
Die beiden Faschisten sind aktiv in der sogenannten Anti-Antifa-Arbeit, das will sagen, sie sammeln Material, Fotos, Adressen, Internetadressen, Verwandtschaftsbeziehungen usw. gegen aktive Antifaschisten. Solche Schnüffelei hat schon mehrmals zu tödlichen Übergriffen gegen solche Antifaschisten oder zu schweren Verletzungen bei überfallenen Antifaschisten geführt. Beleg für diese ihre Aktivitäten ist: Die beiden haben der Polizei ein Foto zur Verfügung gestellt, das sie bereits von Mathias Z. gemacht hatten. Die Polizei fand nichts dabei, dies Foto zu benutzen.
Über Anti-Antifa-Arbeit scheint sie nichts zu wissen. Kein Wunder, denn wenn Antifaschisten im Krankenhaus oder im Leichenschauhaus liegen, dann sah man noch nie hektische Geschäftigkeit bei der Berliner Polizei.
Hierzu Auszüge aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung, der aus gegebenem Anlass mit der Überschrift: „Nur Mord, sonst alles in Ordnung“ erschien:
„Da wird in Quedlinburg ein Junge von einer rechten Horde zusammengeschlagen und im Polizeibericht steht dann, einem "Streithahn" sei der Kiefer gebrochen worden.
Da schlägt ein Rechtsradikaler in der Stadt Zerbst einem 16-Jährigen mit dem Bierglas ein Auge aus, nur weil der ein T-Shirt mit der Aufschrift "Gegen Nazis" trägt. Die Stadt aber lobt, wie friedlich das Fest verlaufen sei und spricht von einer "Rangelei unter Jugendlichen".
Einer Hoteliersfrau, die ein dunkelhäutiges Kind hat, malen Täter an die Wand: "Ich hatte einen Traum, ein Neger hing am Baum! Ich hatte viele Träume, nur zu wenig Bäume." Die Polizei erklärt, zu den Motiven dieser Tat könne nichts gesagt werden."
„Von deutschen Behörden und Polizisten wird der Hitlergruß als Lappalie behandelt und ironisch als „nicht mehr zeitgemäß" bezeichnet. Die faschistischen Schläger werden da zu „Streithähnen". Polizei und Gemeinden sehen „lange geübt" weg, das Ganze grenzt schon an Dienstpflichtverletzung.“
Gewaltsame Übergriffe gegen Ausländer und Antifaschisten durch faschistische Schlägerbanden sind in Deutschland an der Tagesordnung. Es gibt in Deutschland etwa 10.000 gewaltbereite „Rechtsextreme", die meisten in der Shinhead-Szene.
Im Jahr 2004 gab es 12.051 Straftaten aus dieser Tätergruppe, davon 776 gewaltsame Übergriffe mit „rechtsextremem" Hintergrund auf Bürger. In allen letzten Jahren lag diese Zahl über 700. 2005 waren es 10.271 Straftaten, also eine steigende Tendenz. Die Zahlen der Gewalttaten von 2006 sind noch höher.
Doch die verstärkten AktiviTäten der Staatsorgane gehen gegen Antifaschisten.
Hier zwei Auszüge aus der Stellungnahme von zwei Linkspartei-Abgeordneten zum Fall:
„... verschärfen Polizei und Justiz in verschiedenen Bundesländern seit einiger Zeit ihr Vorgehen gegenüber einer offensichtlich unliebsamen außerparlamentarischen Linken im Allgemeinen und Antifa-Aktivistinnen und Antifa-Aktivisten im Besonderen. Offensichtlich werden nicht mehr nur Trägerinnen und Träger antifaschistischer Symbole in der BRD kriminalisiert, sondern die Repression gezielt auch gegen antifaschistische Geschäfte ausgeweitet. Teil der Repression sind vor allem die von der Öffentlichkeit unbemerkten Hausbesuche von Staatsschützern bei politischen Aktivistinnen und Aktivisten oder deren Eltern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Überwachungsmaßnahmen, Hausdurchsuchungen, verdachtsunabhängige Personenkontrollen, Meldeauflagen und eine Reihe weiterer Maßnahmen …”
“Nicht hinnehmbar ist darüber hinaus, dass die eigentliche Strafe sicherheitshalber noch vor einem Strafverfahren mittels einer dünn begründeten Untersuchungshaft, vollstreckt wird.”
Hier, unter aller Augen findet fast täglich Terror statt, doch Polizei und Staatsanwaltschaften sehen sich nicht genötigt, aktiv zu werden. Ein theoretisch möglicher islamistischer Terror dagegen wird von allen Teilen der Politiker-Kaste ständig an die Wand gemalt.
Diese Politiker und die ihnen unterstellten Staatsanwälte und Polizisten sind höchst besorgt. Wann kommt denn nun endlich Al Quaida-Terror nach Deutschland?
Der reale, wirkliche Terror aber , den scheint es für sie nicht zu geben. Wer sich gegen den zusammenschliesst, der läuft dagegen Gefahr, für Monate in Untersuchungshaft zu verschwinden.
Verkehrte Welt!
Veröffentlicht am 23. März 2007 in der "Berliner Umschau", hier mit einer Ergänzung
Originalartikel
Karl Weiss - 26. Mär, 13:38
Landessozialgericht bestätigt Sperrzeit gegen Krankenhausangestellte
Kommentar von Karl Weiss
Die skandalreiche Geschichte bundesrepublikanischer Justiz, belastet durch faschistische Richter und Nichtanklagen und Freisprüche von faschistischen Verbrechern, hat ein neues Skandal-Kapitel erhalten: Das Landessozialgericht Mainz bestätigte das Verhängen einer Sperrzeit („eigenes Verschulden“) gegen eine Angestellte eines katholischen Krankenhauses, die wegen Kirchenaustritt entlassen worden war.
Ein Gang zum Bundessozialgericht zwecks Überprüfung dieser Entscheidung wurde ihr verwehrt. Ein weiterer Fall, in dem die deutsche Unrechtsjustiz in enger Umarmung mit den Religionen Skandalentscheidungen trifft.
Dies ist gleich eine Ansammlung mehrerer Skandale.
1. Skandal:
Krankenhäusern darf nicht gestattet werden, Angestellte zu entlassen, weil sie nicht (mehr) die Meinungen der Trägerorgnisation teilen, in diesem Fall der Caritas. Genausowenig wie es einem industriellen Unternehmen gestattet ist, einen Beschäftigten wegen Gewerkschaftsmitgliedschaft zu entlassen, weil die Gewerkschaft ein „feindliche“ Organisation sei, genausowenig darf die Trägerorganisation eines Krankenhauses die ideologische Übereinstimmung mit denen der Organisation (Kirchenmitgliedschaft) zur Bedingung der Beschäftigung machen.
Dagegen wird argumentiert, wer in „Tendenzbetrieben“ beschäftigt sei, von dem könne verlangt werden, mit der Tendenz übereinzustimmen. Das gilt zum Beispiel für Redakteure (aber nicht Putzfrauen) einer konservativen Zeitung wie auch für die mit Politik beschäftigten Angestellten einer politischen Partei. Ebenfalls wird dies für Kirchenangestellte konstatiert.
Nun ist aber ein Krankenhaus keine Kirche und damit kein Tendenzbetreib – im Gegensatz zu der kirchlichen Organisation selbst. Es gibt keine katholische oder protestantische, atheistische oder jüdische Medizin.
2. Skandal:
Kirchliche Krankenhäuser werden fast ausschliesslich von den Steuerzahlern finanziert und von den Krankenkassenleistungen der Versicherten unterhalten. Sie gehören der Gemeinschaft der Steuerzahler und der Gemeinschaft der Krankenkassen-Kunden – kurz: Dem ganzen Volk. Damit ist unvereinbar, die Kirchenmitgliedschaft zwangsweise zur Beschäftigungsvoraussetzung zu machen.
3. Skandal:
Die Meinungsfreiheit und die Religionsfreiheit sind grundgesetztlich geschützte Güter. Die Religionsfreiheit beinhaltet auch das Recht, sich nicht religiös betätigen zu wollen oder jedenfalls nicht im Rahmen einer offiziellen Religion. Sie stehen eindeutig über dem Interesse einer Religion, in ihren Einrichtungen (auch solchen, die nicht oder nur marginal von ihr finanziert werden) nur Mitglieder beschäftigen zu wollen. Die Entlassung kann daher nicht akzeptiert werden.
4. Skandal:
Im Kern ging es hier ja gar nicht mehr um die Entlassung, sondern um die Annahme der Arbeits“agentur“, eine solche Entlassung sei selbstverschuldet, denn die Angestellte kannte ja die Politik der Caritas. Das aber nimmt faktisch allen die Religionsfreiheit, sobald sie in einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt sind, auch wenn diese nicht die eigentliche kirchliche Organisation ist. Das würde also auch für kirchliche Kindergärten, kirchliche Schulen oder Schwesternheime gelten. Die Religionsfreiheit ist aber ein übergeordnetes Gut. Das gilt umso mehr, wenn es sich nicht um die Frage der Einstellung, sondern um eine Entlassung geht.
5. Skandal:
Die staatliche Arbeitsverwaltung darf sich nicht die Interessen einer privaten Organisation zu eigen machen, indem sie deren Ansprüche an die Beschäftigen zum Maßstab nimmt, ob eine Entlassung vom Beschäftigten selbstverschuldet ist (Religion ist Privatsache, Kirchen sind private Organisationen, keine halbstaatlichen).
Sie muss eindeutige Verstösse gegen allgemeingültige Arbeitsbestimmungen zur Grundlage einer solchen Entscheidung machen, nicht vom Arbeitgeber willkürlich festgelegte Regeln – vor allem, wenn eine solche Regel grundgesetzlich garantierte Rechte ausser Kraft setzt. Insofern muss die Arbeitsverwaltung die Rechte der Beschäftigten schützen, selbst dann, wenn man annähme, die Entlassung sei gerechtfertigt.
Ein Betrieb darf z.B. nicht die Verwendung der eigenen Produkte von den Beschäftigten verlangen. So hat z.B. auch die deutsche Justiz konsequent die Regel der Wal-Mart–Organisation für unzulässig erklärt, Angestellte dürften kein Verhältnis miteinander haben. Immerhin – nicht alle gerichtlichen Entscheidungen in der Bundesrepublik sind ein Skandal.
6. Skandal:
Die Nichtzulassung der Beschwerde beim Bundesgericht ist offensichtlich missbräuchlich. Es kann kein Zweifel bestehen, dieser Fall betrifft grundlegende Fragen. In einer sich schnell ändernden Gesellschaft wie der heutigen muss den Bundesgerichten Gelegenheit gegeben werden, in wesentlichen Fragen die frühere Rechtssprechung zu ändern. Während noch vor fünfzig Jahren über 80% der Bundesbürger einer der christlichen Kirchen angehörten, ist es heute eine Mehrheit, die sich zu keiner dieser Religionen mehr zugehörig fühlt. Dem muss auch die Rechtsprechung angepasst werden. Es muss davon ausgegangen werden, diese Nichtzulasung wurde aus eben dem Grund verfügt, weil man sich dieser Entscheidung (aus guten Gründen) nicht sicher war.
Die persönlichen religiösen Ansichten von Richtern dürfen nicht mehr Ausgangspunkt von Entscheidungen sein.
Veröffentlicht am 14. März 2007 in der "Berliner Umschau"
Karl Weiss - 14. Mär, 11:08
Kurnaz zwischen den Welten
Von Karl Weiss
Soll Steinmeier zurücktreten? Sind die Vorwürfe gegen ihn „infam“? Durfte man Kurnaz das Aufenthaltsrecht entziehen?
Der Fall Kurnaz lässt die Emotionen hochgehen, so wie damals die Auseinandersetzung über den „Doppelpass“. Wiederum geht es um die Frage der Türken in Deutschland, die längst ein Anrecht auf deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Die deutsche Medienwelt ist geteilt. Eher vorsichtige Kommentatoren, wie in der „Süddeutschen“, betonen, Kurnaz hätte ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland gehabt und sei damit wie ein deutscher Staatsbürger zu behandeln gewesen:
„Steinmeier ist Jurist. Juristen neigen zu mechanistischem Denken. Dieses Denken hat sich im Fall Kurnaz auf die Position versteift, dass der junge Mann zwar in Bremen geboren und aufgewachsen, aber nun einmal kein deutscher Staatsbürger sei: Türke bleibt Türke, der soll froh sein, wenn man sich ein klein wenig um ihn kümmert; im Übrigen sind wir froh, wenn er weg ist und waschen die Hände in Unschuld.
Soll sich doch die Türkei um ihren Mann kümmern... Dass die Türkei das nicht tat, weil sie Kurnaz für einen faktischen Deutschen hielt, blieb ohne Auswirkung auf das Verhalten der deutschen Bürokratie. Sie war und blieb indolent, obwohl es eine faktische völkerrechtliche Verantwortung Deutschlands gab.“
Dagegen schreiben die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“:
„...Deutschland hatte keine Fürsorgepflicht für Kurnaz, er ist türkischer Bürger, daran ändern auch seine Jahre in Bremen nichts. Die Türkei hätte sich um ihn kümmern müssen. Über ihre Rolle hört man Widersprüchliches, aber es läuft auf dasselbe hinaus: Wenn die Türkei ihn aufnehmen wollte, hat Berlin seine Freilassung gewiss nicht verhindert. Wenn Ankara ihn aber nicht haben wollte, warum sollte Deutschland ihn einreisen lassen? Er galt als potenzieller Terrorist. Kurz zuvor waren Flugzeuge ins World Trade Center geflogen. Unter den Drahtziehern waren Muslime, die in Deutschland lebten...“
In dieser Stellungnahme ist allerdings ein grober sachlicher Fehler enthalten: 2002, als die USA die „Rücklieferung“ von Kurnaz nach Deutschland anboten, galt er nicht mehr als potentieller Terrorist. Es hatte sich längst herausgestellt, er war in keinster Weise militanter Islamist.
Hier der interne Text eines E-Mails vom BND vom September 2002:
„USA sehen die Unschuld von Murat Kurnaz als erwiesen an. Er soll in sechs bis acht Monaten freigelassen werden. Die deutschen Behörden werden vorab informiert, so dass seine Freilassung als von deutscher Seite erwirkt dargestellt werden kann.“
Aber unabhängig davon, wiederum geht es, so wie damals beim Fall des „Doppelpasses“, eigentlich nicht um den Fall selbst.
Es ist die alte, wieder neu aufgelebte Auseinandersetzung zwischen denen, die alle eventuell fremd Aussehenden raus aus Deutschland haben wollen, hier repräsentiert durch den Kommentator der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“, und denen, die Menschen mit Vorfahren aus anderen Ländern, die in Deutschland geboren sind und immer gelebt haben, das geben wollen, was nach Völkerrecht ihr Anspruch ist: Die deutsche Staatsbürgerschaft.
Das Vertrackte ist, dies war damals beim Fall „Doppelpass“ schon klar. Nur hatte damals die CDU/CSU ein Thema gefunden, mit dem sie punkten konnte und hängte den „Doppelpass“ ganz hoch, in der Hoffnung, Wählerstimmen zu erhaschen. Und das sind Leute, die Anderen „Populismus“ vorwerfen. Koch in Hessen wäre nie an die Macht gekommen, wenn die angeblichen Christen sich nicht ganz unchristlich an das Appellieren an niedrige Instinkte gemacht hätten.
Von der Sache her ist nämlich der Doppelpass - ohne Anführungszeichen -gängige Praxis in praktisch allen Ländern, auch in Deutschland.
Der Schreiber dieser Zeilen könnte z.B. ohne größere Schwierigkeiten die brasilianische Staatsangehörigkeit erwerben und verlöre die deutsche keineswegs. Zur Zeit der Doppelpass-Kampagne gab es sogar einen CDU-Minister in Rheinland-Pfalz, der außer dem deutschen auch den französischen Pass hatte.
Diese Praxis ist nicht gern gesehen und wird, wenn es offiziell wird, sogar verneint. Tatsächlich aber lassen fast alle Länder „unter der Hand“ die Fälle mit der mehrfachen Staatsangehörigkeit durchgehen, ohne irgendwelche Maßnahmen der Ausbürgerung zu treffen. Nach internationalen Recht ist auch eine Ausbürgerung an hohe Bedingungen geknüpft, die zweite Staatsbürgerschaft reicht dafür keineswegs aus.
Es ging ja auch nie um den Doppelpass als solchen, es ging schon gar nicht um Deutsch-Franzosen, nicht einmal um Deutsch-Brasilianer, es ging und geht um die Türken in Deutschland.
In den 50er-Jahren, 60er-Jahren und noch zu Beginn der 70er-Jahre hatte man mit Werberkolonnen Türken aus allen Teilen jenes Landes, aber eben auch aus dem Inneren Anatoliens, angeworben, damit sie in Deutschland arbeiten. Man kann in der Türkei noch die Geschichten über die Anwerbekolonnen in den anatolischen Dörfern erzählen hören, die von Entlohnung berichteten, welche den Bauern der Atem stocken ließ und über die tränenreichen Abschiede von Familienvätern von Frau und Kindern, um dem Hunger und dem Elend ein für alle Mal eine Ende zu bereiten.
Diese Leute waren damals hier nötig und wurden (das war nicht zynisch gemeint) Gastarbeiter genannt. Sie haben die Bundesrepublik mit aufgebaut und sie wäre nicht da heute, wo sie ist (Exportweltmeister), wenn sie nicht hier gewesen wären.
Doch man hatte anscheinend nicht richtig bedacht, dass man keine Arbeitsroboter, sondern Menschen angeworben hatte. Nach einer Anzahl von Jahren hatten sie das Recht von Nachzug von Frau und Kindern erworben und dann kamen schon Kinder, die hier geboren wurden – und von denen haben heute viele schon wieder Kinder – im Extremfall gibt es heute schon türkische Babys, deren Großeltern und Eltern schon in Deutschland geboren wurden.
Das Problem war, sie wurden nicht integriert in Deutschland, sie wurden bewusst und mit böser Absicht ausgegrenzt. Warum? Weil bestimmte Parteien glauben, mit Fremdenfeindlichkeit Wahlerfolge erzielen zu können, weil bestimmte Politiker gerne an die niedrigsten Instinkte im Menschen appellieren, um von ihren Sauereinen abzulenken – und das funktioniert oft auch.
Als die CDU/CSU damals die „Doppelpass-Kampagne“ vom Zaun brach, hätte die SPD den Menschen erklären müssen: Es gibt keinerlei Möglichkeit mehr, diese Menschen zurück in die Türkei zu schicken. Auch wenn sie formal noch türkische Staatsbürger sein mögen, haben sie nach internationalem Recht längst das Anrecht auf die deutsche Staatsbürgerschaft und Deutschland kann sich dem keinesfalls entziehen, ohne internationales Recht zu brechen.
Wer in einem Land geboren ist und immer legal in diesem Land gelebt hat, kann nicht per nationalem Dekret in das Land seiner Vorväter zurückgeschickt werden. Deutschland verlöre vor jedem europäischen oder internationalen Gerichtshof einen solchen Prozess.
Doch die SPD-Politiker sind Weicheier und hatten Angst um ihre Wählerstimmen. Daher sagten sie den Deutschen nicht die Wahrheit, sondern baldowerten zusammen mit den angeblichen Christen einen Trick aus: Wir werden ihnen zwar die Staatsbürgerschaft zusichern, aber nur, wenn sie die türkische aufgeben, denn zwei Pässe sind offiziell nicht erlaubt. Damit hatte man der latenten Fremdenfeindlichkeit in Deutschland nachgegeben und gleichzeitig kein internationales Recht gebrochen, denn der Doppelpass ist international nicht abgesichert.
Man wusste, man musste die Türken nur weiterhin in ihren Ghettos leben lassen, sie auf Teufel komm raus nicht integrieren und sie würden die türkische Staatsbürgerschaft nicht aufgeben wollen. Da passt gut ins Bild, wie noch 2006 erneut Fördermittel für Sprachkurse für Ausländer vom deutschen Parlament gekürzt wurden. Auf keinen Fall integrieren!
Zur gleichen Zeit schreien die gleichen Politiker, die dies gerade eben beschlossen haben: Die wollen sich nicht integrieren, die sollen erst einmal integrationsfreundlich werden. Der ‚Circulus vitiosus’ war geschaffen: Die Türken wollen sich angesichts der massiven Ausgrenzung absichern und ihre alte Staatsbürgerschaft nicht aufgeben. Damit sind sie "integrationsfeindlich" und das wiederum gilt als Vorwand, sie nicht zu integrieren.
Nur: Sie sind hier und sie sind nicht auszuweisen.
Da kommt dann Kurnaz: Hier geboren, immer in Deutschland gelebt. Nur auf Reisen die Türkei gesehen. Er könnte vor jedem europäischen oder internationalen Gericht die deutsche Staatsbürgerschaft erzwingen. Aber auch ohne das hat er nach internationalem Recht Daueraufenthaltsrecht in Deutschland.
Von daher war die Aberkennung dieses Aufenthaltsrecht durch das damalige Kanzleramt (Steinmeier) und die Bremer Stadtverwaltung (auch SPD) grob widerrechtlich – unter dem schwächlichen Vorwand, er habe sich ja über ein halbes Jahr nicht an seinem Wohnort blicken lassen – man wusste aber genau warum: Er war bei einer Reise in den Mittleren Osten festgenommen und an die US-Behörden ausgeliefert worden. Es hätte einen Terrorismus-Verdacht gegeben. Bis heute blieb ungeklärt, worauf der wohl hätte beruhen sollen.
Ein unerhörter Vorgang kommt da nun ins Spiel: Zu jener Zeit sei von einem deutschen Dienst (das müsste wohl der Verfassungsschutz gewesen sein) gemeldet worden, eine Freundin von Kurnaz habe berichtet, er wolle sich in den Krieg für Allah einreihen.
Nun hat sich aber dummerweise diese Freundin gefunden und was sie sagt, will so gar nicht ins Bild passen: Erstens sei sie nie so intim mit ihm gewesen, dass er ihr so etwas offenbart hätte, zweitens habe er nie so etwas zu ihr gesagt und drittens habe sie so etwas auch nie behauptet.
Dumm gelaufen, Herr Steinmeier, was? Nun fragt sich natürlich: Hat man hier eine Falschmeldung fabrizieren lasen, um die völkerrechtswidrige Ablehnung, ihn zurückzunehmen, doch noch begründen zu können?
Dann allerdings, Herr Steinmeier, kann man von Infamie sprechen, aber von Ihnen.
Zitat Süddeutsche:
„Steinmeier nennt die Vorwürfe ‚infam‘, die in der Causa Kurnaz gegen ihn gemacht werden. Aber nicht die Vorwürfe gegen ihn, sondern seine und die Verteidigungsstrategie der SPD sind infam.“
Und das schreibt ein Leib- und Magenblatt der SPD.
Dieser Artikel erschien am 8.2.2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute".
Karl Weiss - 8. Feb, 11:35
Die Absurditäten des Falles Al Masri werden immer grösser
Von Karl Weiss
Nach allem, was man heute weiß, hat der CIA, gedeckt von deutschen Polizeibeamten, im Raum Ulm Überwachungen von islamischen Verdächtigen durchgeführt. Es gibt eine Aussage von einem Ehepaar, die beeidigt werden kann, in deren Wohnung eine Person, die sich nicht auswies und einen amerikanischen Akzent hatte, gegenüberliegende Wohnungen beobachtet hat. Offensichtlich ist diese Person auch in Abwesenheit des Ehepaares in deren Wohnung zu diesem Zweck eingedrungen. So kam man offenbar zu Erkenntnissen“gegen Al Masri, der dann entführt, der Freiheit beraubt und gefoltert wurde. Das ist ein eklatanter Bruch der deutschen Souveränität. Besonders bedenklich, wenn deutsche Obrigkeit dies auch noch deckt.
Nach Ansicht der Extremisten in der US-Regierung können unter dem Vorwand der „Terrorismus-Bekämpfung“ jegliches Gesetz, jegliche Verfassung und jegliches Völkerrecht sowie alle internationalen Vereinbarungen gebrochen werden.
So handelt denn auch der CIA, der US-Auslandsgeheimdienst, ohne jegliche Regeln. Zum Beispiel wurde ein italienischer Staatsbürger in Mailand auf offener Straße überfallen, verschleppt, nach Ägypten gebracht und dort von ägyptischen Knechten gefoltert und von US-Amerikanern „verhört“. Ist dies schon ein ein Bruch aller Regeln internationalen Rechts und eine flagrante Verletzung der italienischen Souveränität, so bekommt es noch einen besonderen „Geschmack“, wenn man weiss, dass italienische Sicherheitskräfte dabei geholfen und danach versucht haben, dies zu verschleiern.
Aber immerhin, in Italien – im Gegensatz zu Deutschland - , gibt es noch eine Justiz, von der Beteiligte ausfindig gemacht und angeklagt wurden.
Nun ist aber im Zusammenhang mit dem Fall Al Masri, einem Deutschen aus dem Raum Ulm, herausgekommen, dass hier offenbar ganz ähnlich vorgegangen wurde. Man liess offenbar dem CIA freie Hand bei seinen Ermittlungen gegen angeblich gefährliche Islamisten und streitet jetzt eine deutsche Beihilfe oder Beteiligung an der Entführung Al Masris ab. Dies wird aber von Tag zu Tag unglaubwürdiger.
Der zuständige Staatssekretär damals im Ministerium, zuständig für die Geheimdienste, war – Sie ahnen es schon – ja, genau jener Steinmeier, der in seiner neuen Rolle als Außenminister in bombastischen Auftritten vor Presse und Fernsehen erschien, um in empörten Worten die Entführung Frau Osthoffs anzuklagen. Wenn er selbst in Entführungen verwickelt ist, dann macht er nicht so viel Aufsehens.
Im Raum Ulm/Neu-Ulm glaubten Sicherheitskräfte damals, das war also etwa in den Jahren 2002 und 2003, eine Konzentration von islamistischen potentiellen Terroristen ausgemacht zu haben. Es gab da ein Multikulturhaus, das sich inzwischen als völlig harmlos herausgestellt hat, es gab ein islamisches Informationszentrum – ebenfalls inzwischen von jedem Verdacht befreit – und eine Anzahl von islamischen Individuen, die im Dunstkreis dieser Institutionen ausgemacht wurden.
Dazu gehörte ein Yehia Yusif, angeblicher ein Haßprediger, gegen den allerdings bisher keine einzige Anklage vorliegt. Offenbar hat er also nicht mehr Hass gepredigt als der Chefredakteur der dänischen Regionalzeitung, die jene „Mohammed-Karikaturen“ veröffentlicht hat und dies bis heute als Ausdruck der Meinungsfreiheit ansieht. Wie ist es, Christen dürfen Hass predigen, Mohammedaner nicht? Wie genau ist das Delikt des Haßpredigens definiert, in welchem Gesetzbuch ist es aufgeführt? Viele, viele Fragen.
Die Verdachtsmomente gegen Yusif sind aber noch viel schwerwiegender: Er soll im Jahr 1998 in Neu-Ulm Kontakt mit einer Person gehabt haben, die als mutmaßlicher Al-Kaida-Finanzchef bezeichnet wird. Zu dumm, dass dieser Yusif bereits seit 2001 nicht mehr in Neu-Ulm ist. Warum hat man eigentlich den vermeintlichen Finanzchef der Al Kaida nicht festgenommen, wenn man ihn in Neu-Ulm gesehen hat?
Eine andere gefährliche Person in Neu-Ulm war Reda Seyam, der nach „Angaben aus Sicherheitskreisen“ im Verdacht steht, einen Anschlag auf Bali im Jahr 2002 mitfinanziert zu haben. Wie schon im obigen Fall, keinerlei Anklage bis heute – die Mitfinanzierung kann also nicht sehr ausgiebig gewesen sein – oder sollten die „Sicherheitskräfte“ eventuell Verdachte bis in alle Ewigkeit verlängern, auch wenn sie sich nicht bestätigen?
Auf der Basis dieser –vorsichtig gesagt - vagen Verdachtsmomente wurden nun offenbar sämtliche Mohammedaner in ganz Neu-Ulm unter Generalverdacht genommen und intensiv überwacht. Dies wurde, wie der Stern berichtet, von der Polizei bestätigt.
Nicht bestätigt wurde allerdings, dass der CIA beteiligt war an dieser Überwachung. Da gibt es nämlich in Neu-Ulm ein Ehepaar, das Seltsames erlebte. Als man von einer Reise zurückkam im Frühjahr 2003, fand man die Wohnung aufgebrochen und in Unordnung vor, es fehlten aber keine Wertsachen. Kurz danach erschien ein junger Mann, der deutsch mit amerikanischen Akzent sprach, an der Tür, behauptete, er sei Polizist, ohne einen Ausweis vorzuzeigen und sagte, er müsse eine Überwachung durchführen. Zielgerichtet ging er ins Arbeitszimmer und platzierte einen Stuhl am Fenster, von wo er offenbar eine bestimmte gegenüberliegende Wohnung observierte. Er war mit Gewehr, Funkgerät und Pistole ausgerüstet – nicht unbedingt die typische Bewaffnung von Polizisten. Später erfuhr das Ehepaar, dass dort gegenüber die Witwe eines tschetschenischen Freiheitskämpfers wohnte (wenn es gegen Russland geht, gelten sie als Freiheitskämpfer, ansonsten sind es Terroristen).
Auch deutsche Polizisten führten die gleiche Überwachung vom gleichen Fenster aus später fort. Die Polizei behauptet, nichts von dem Amerikaner zu wissen. Reichlich glaubwürdig, was? Neu-Ulm gehört zu Bayern. Im dort zuständigen Innenministerium hat man keine Erkenntnisse von dem Amerikaner. Nun, das bayerische Innenministerium war immer schon ein Hort der Glaubwürdigkeit, nicht wahr?
Deutsche Behörden geben zu, die islamische Szene in Neu-Ulm überwacht zu haben. Man hat ja auch kaum was zu tun, nicht wahr? Die Bekämpfung des organisierten Verbrechens wurde ja bereits eingestellt. Was soll man da sonst tun? Allerdings habe man nie Erkenntnisse an US-Geheimdienste weitergegeben.
Nun wird es aber rätselhaft. Al Masri nämlich, der in Mazedonien entführt und US-Diensten übergeben wurde, wurde dort und später in einem Geheimgefängnis in Kabul nach seinen Aussagen fast ausschließlich nach der „Szene“ in Neu-Ulm befragt. Woher hatte der CIA Einzelkenntnisse, wenn er nicht selbst in Neu-Ulm tätig war oder Informationen von der deutschen Polizei bekam? Rätsel über Rätsel.
El Masri wurde von seinen CIA-Folterknechten unter anderem vorgehalten, ein Auto, das auf den Namen seiner Frau zugelassen war, sei von Yusif benutzt worden. Ebenso wusste man so persönliche Dinge wie die Überweisung eines Geldbetrages aus Norwegen an ihn.
Gegen Al Masri, um ihn zu entführen und zu foltern, lagen so „handfeste“ Verdachtsmomente vor, wie jenes: Das Auto eines angeblichen Islamisten sei 2002 vor dem Haus gesehen worden, wo er wohnte. Meine Güte, werde ich bis ans Ende meines Lebens für alle Autos verantwortlich sen, die vor dem Gebäude hier gesehen werden?? Er habe einmal ein Auto benutzt, das auf eine Firma zugelassen gewesen sei, die einem sogenannten Gefährder aus der islamischen Szene gehörte. „Gefährder“, das sind die, denen man nie etwas nachweisen kann.
Nun inzwischen steht bereits fest: Al Masri hatte nie etwas mit extremistischem Islamismus zu tun. Ob es überhaupt je eine Szene von solchen Islamisten in Neu-Ulm gab, muss bezweifelt werden. Vor Gericht gebracht wurden exakt Null Personen.
Der besondere Skandal ist, dass es bisher noch kein einziges Untersuchungsverfahren gegen die vermutlichen deutschen Täter gibt, die ja offensichtlich im Staatsapparat zu suchen sind. Nun, in Deutschland sind die Staatsanwälte den jeweiligen Justizministerien gegenüber weisungsgebunden und die Politiker werden natürlich den Teufel tun, Verfahren gegen sich selbst zuzulassen.
Natürlich ist es absolut üblich und auch im Prinzip nicht zu beanstanden, wenn Geheimdienste verbündeter Nationen in gegnerischen Gebieten zusammenarbeiten und auch Informationen austauschen. Aktionen eines Geheimdienstes einer verbündeten Nation im eigenen Land (mit oder ohne Wissen der Behörden des Landes) sind aber keineswegs üblich, ja werden in der Regel als feindliche Akte angesehen. Aber wer im Auftrag der US-Regierung kommt, kann sich anscheinend alles erlauben.
Was nach der immer noch gültigen deutschen Verfassung („Grundgesetz“) eindeutig verboten ist, aus guten Gründen nach den Erfahrungen mit der „Gestapo“, ist die Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten, wenn schon mit deutschen, wie viel mehr mit ausländischen. Vor allem aber – und hier handelt es sich schon nicht mehr um eine einfache Grenzüberschreitung – reden wir hier von Verbrechen, wie Entführung, Geiselnahme, Freiheitsberaubung, Folter usw.
Jeder deutsche Mittäter ist da genauso schuldig wie die Köpfe der kriminellen Bande, die offenbar jenseits des Ozeans zu suchen sind.
Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 8. Januar 2007
Link zum Originalartikel
Hier
Karl Weiss - 8. Jan, 11:47
Demographie - Hysterie und Realität. Muss das Rentenalter erhöht werden?
Von Karl Weiss
Wie der Statistiker Prof. Bosbach von der FH Koblenz in den VDI-Nachrichten erklärt, sind die verbreiteten Theorien über ein Demographie-Desaster in Deutschland völlig unbegründet. Weder sinken die Geburtenraten über das hinaus, was schon in der Vergangenheit erreicht war, noch ist die deutsche die niedrigste auf der Welt. Irgendwelche Vorhersagen, die Deutschen würden aussterben, sind lächerlich angesichts der Zahlen. Bosbach spricht ausdrücklich von Horrorszenarien und Panikmache, um Deutsche für „Reformen" empfänglich zu machen.
Hier sind die nackten Fakten:Tatsächlich hat das statistische Bundesamt bekanntgegeben, daß in einer ersten Vorausschätzung (die genauen Zahlen werden erst nächstes Jahr zur Verfügung stehen) die Geburtenrate pro Frau in Deutschland 2005 bei 1,34 lag. Das ist in keinster Weise beunruhigend.
Laut einer Vorausschau des Statistischen Bundesamtes (bei der überhaupt noch keinerlei Veränderungen einbezogen sind) würde eine solche Geburtenrate zu 75 Millionen Deutschen im Jahr 2050 führen, keineswegs eine schreckliche Vorstellung.
Man muß schließlich auch berücksichtigen, daß Deutschland eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt ist. In Europa sind nur die Niederlande, Belgien und England dichter besiedelt. International gibt es da noch Bangladesh und einige wenige kleine Länder mit noch höheren Dichten.
Um nur einen Eindruck zu geben: Deutschland hat 231 Einwohner je Quadratkilometer, in den USA leben 31 Einwohner auf diese Fläche, in China 135.
Wenn ein wenig mehr Platz in Deutschland wird, kann dies also nur gut sein. Auch angesichts der Wohnsituation kann dies vorteilhaft sein, denn der Sozialwohnungsbau und Bau von bezahlbaren Wohnungen ist praktisch eingestellt. Würde die Bevölkerung noch steigen, hätten wir Mieten aufzubringen, die kaum noch für jemand zu zahlen wären.
Ganz zu schweigen davon, daß ja nicht einmal jetzt Arbeitsplätze für alle zur Verfügung stehen. Man denke, wie hoch die Arbeitslosigkeit würde, wenn die Deutschen begännen sich zu vermehren wie die Karnickel.
Auch hat Deutschland mit 1,34 pro Frau keineswegs die niedrigsten Geburtenraten aller Länder, allein in Europa sind es 11 Länder, die niedrigere haben: Slowakei mit 1,17, Tschechien mit 1,18, Slowenien mit 1,22, Polen mit 1,24, Litauen mit 1,25, Spanien mit 1,26, Griechenland mit 1,27, Rußland mit 1,28, Lettland mit 1,29, Italien mit 1,29 und Ungarn mit 1,30. Auch Japan hat mit 1,33 noch eine niedrigere Rate.
Dazu kommt, daß die Rate im endgültigen Ergebnis wahrscheinlich einen höheren Wert ergibt. Die vorläufige Rate wird nämlich lediglich mit einer Umfrage ermittelt, in der nach der Zahl der Kinder im Haushalt gefragt wird. Kinder, die nicht im Haushalt leben, werden gar nicht erfaßt. Im Verlauf der beiden davor liegenden Jahre war die Geburtenrate in Deutschland sogar angestiegen, von 1,36 im Jahre 2003 auf 1,37 im Jahre 2004.
Auch sind diese Zahlen nicht die niedrigsten seit dem 2.Weltkrieg. 1983 und 1986 lagen die Zahlen noch darunter in der damaligen Bundesreublik.
Auch der Anteil der kinderlosen Frauen in der Bundesrepublik wird üblicherweise überschätzt. So geistert im Blätterwald z.B. die Zahl von 40% der Akademikerinnen herum, die angeblich kinderlos seinen. Die wirkliche Zahl ist 21%.
Prof. Bosbach hebt hervor, daß es auch keinerlei Grund gibt anzunehmen, daß das Verhältnis von Jungen und Alten sich so verschieben würde, daß die Rentner nicht mehr versorgt werden könnten. Die Erwerbsfähigen (statistisch snd das die Menschen zwischen 20 und 60 Jahren) werden im Jahr 2050 nach der Vorausschau des statistischen Bundesamtes im Verhältnis 100 zu 112 zu versorgenden Jungen und Alten stehen. Aber auch im Jahr 1970 war das Verhältnis schon 100 zu 100.
Die momentane Zahl (letzte Statistik 2001: 100 zu 82) scheint da deutlich niedriger, aber man muß berücksichtigen, daß man ja eigentlich noch alle Arbeitslosen und „Sonstigen" mit zu den zu Versorgenden zählen müßte, so daß bereits beweisen ist, daß diese Anzahl ‚nicht Erwerbstätiger’ tatsächlich versorgt werden kann.
Vom Autor sei noch angemerkt, daß es auch etwas unlogisch ist, wenn man alle mit mehr als 60 Jahren unter ‚nicht erwerbsfähig’ einreiht, während gleichzeitig das Rentenalter auf 67 erhöht wird. Es gibt also keinerlei Gründe, das Rentenalter zu erhöhen - außer dem, daß die Politiker Gelder aus den Rentenkassen zweckentfremded verwendet haben und die deshalb jetzt leer sind.
Bosbach weist allerdings darauf hin, daß der Produktivitätsanstieg natürlich unbedingt an die Beschäftigten weitergegeben werden muß, damit sich da keine Versorgungslücke auftut, d.h. also, die jährlichen Lohnerhöhungen müssen mindestens in der Höhe Inflation + Produktivitätsanstieg liegen. Wie Bosbach das wohl den Konzernen und Großbanken beibringen will?
Auch auf einen anderen Punkt weist Prof. Bosbach noch hin: Die Geburtenraten sind keineswegs ein unentrinnbares Schicksal. Man kann durch eine aktive Umverteilung zugunsten der wenig verdienenden Familien da einen deutlichen Effekt erreichen. Er nennt als Beispiel Frankreich, ein Land mit traditionell hohen Raten, wo die Geburtenrate bis 1993 auf 1,65 gesunken waren, als man eine solche Förderung begann. Heute liegt die Rate in Frankreich bei 1,90 (letzte bekannte Zahl von 2004).
Schließlich und endlich, so Prof. Bosbach, kann man eben nicht nur von einer Seite herangehen und mehr zu Versorgende sehen, sondern muß auch berücksichtigen, daß die Werte der Volkswirtschaft ständig ansteigen. Mit der Vorhersage der Herzog-Kommission von durchschnittlich 1,25% Wirtschaftswachstum jährlich hätten wir im Jahre 2050 eine um 84% höhere Gesamtleistung der Volkswirtschaft, rechnet man mit den 1,8 % der Rürüp-Kommission, kommt man sogar auf eine 140% höhere - und das ist bereits inflationsbereinigt.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der "Berliner Umschau" am 29. März 2006.
Karl Weiss - 29. Nov, 12:40
Was ist von den Ansprüchen der "Vertriebenen" zu halten?
Von Elmar Getto
Die stark angespannten deutschen Beziehungen mit Polen, aber auch ein wesentlicher Teil der Irritationen mit der Tschechischen Republik beruhen im wesentlichen auf Forderungen von Nachkommen von nach dem Zweiten Weltkrieg aus diesen Ländern umgesiedelten Volksdeutschen, die nicht müde werden, ihren Anspruch auf Immobilien und Ländereien ihrer Vorfahren zu verkünden. Dieser Artikel geht die Frage der "Vertriebenen" grundsätzlich an.
Die Vertriebenen-Verbände werden dabei von einer Gruppe von CDU/CSU-Politikern aus der rechten Ecke unterstützt, die versuchen, irgendwelche Rechte oder Anrechte auf Rückkehr und/oder Rückgabe von Eigentum der Vorfahren der heutigen Nachkommen von Sudetendeutschen und anderen damaligen Volksdeutschen oder Entschädigungsansprüche zu konstruieren, indem sie:
- ausführliche die langjährige germanische Kolonisation und Besiedlung der Gebiete östlich des heutigen Deutschlands darstellen, so als ob die Tatsache, daß irgendwo irgendwann irgendwelche Vorfahren gelebt haben, irgendwem irgendwelche Anrechte geben würde,
- schlicht vergessen zu erwähnen, daß dort zur Zeit, als die deutsche Kolonialisierung und Besiedlung begann, bereits die Tschechen und Slovaken lebten, diese nicht im wesentlichen als kolonialisierte Völker in Unterdrückung darstellen, sondern so tun, als hätten sie gleichberechtigt über Jahrhunderte dort zusammen mit Deutschen (und Österreichern) gelebt,
- die dortigen deutschen (und österreichischen) Siedler nicht in der Hauptseite als Elemente des Kolonialismus, sondern als Wohltäter darstellen (hat man nicht die erste Universität Europas in Prag gegründet, aber hatten die Tschechen und Slowaken dort gleichberechtigt Zutritt, wurde dort in Tschechisch und Slovakisch gelehrt?),
- die faschistische Hitlerherrschaft, den völkerrechtswidrigen Überfall auf die damalige Tschechoslowakei wie auch danach auf Polen und später auf die damalige Sowjetunion, den zweiten Weltkrieg als deutschen Angriffskrieg, die blutige Herrschaft der deutschen Besatzer in der Tschechoslowakei, Polen und der Sowjetunion einfach als nicht geschehen behandeln, so als ob dies nicht die entscheidende Frage bei der Behandlung der „sudetendeutschen Frage“ wäre, ebenso wie die Unterdrücker-Herrschaften in Polen und der damaligen Sowjetunion für die Frage der von dort umgesiedelten Volksdeutschen.
Demgegenüber muß man konstatieren:
- Wer mit dem Aufenthaltsort germanischer Stämme in der Nähe der Zeitenwende argumentiert, um Landforderungen zu begründen, dem muß man Unredlichkeit unterstellen. Danach gab es, wie jeder weiß, die Völkerwanderung, die jene Aufenthaltsorte stark verschob und im grossen und ganzen die Grundlage der heutigen Staatsgebilde schuf. Ein wichtiger Fakt war das Eindringen von Slawen in ganz Osteuropa. Mögen dort vorher germanische Stämme gewesen sein, was sagt uns das heute?
- Die Vorstellung, man könne Anrechte auf Land oder sonst etwas haben, weil irgendwo in Vorzeiten einmal die eigenen Vorfahren gelebt haben, muß definitiv aus der Gedankenwelt der menschlichen Rasse gestrichen werden. Der einzige Fall, in dem dies verwirklicht wurde, die Gründung des Staates Israel, ist und bleibt ein Menetekel für alle: Was die Geschichte geschaffen hat, kann nicht einfach rückgängig gemacht werden, ohne eine ständige Quelle von Krieg, Gewalt, Gegengewalt, Tod und Leid zu werden. Genausowenig darf man auch nur daran denken, die Tatsachen, die der Ausgang des 2. Weltkriegs geschaffen hat, zu revidieren. (Natürlich hat jeder, dem ererbtes Land oder Eigentum geraubt wurde, das Recht, dies zurückzufordern. Ob er dies allerdings so einfach noch nach 60 Jahren hat, ist fraglich. Außerdem reden wir hier nicht über Privatrecht, sondern über Völkerrecht.)
- Die gesamte Deutsche und Österreichische Herrschaft und Besiedelung der tschechischen und slowakischen Gebiete war im wesentlichen eine Eroberung von Kolonien und deren Absicherung durch eigene Siedler. Dies ist völlig unabhängig davon, ob dort auch vorher schon germanische Stämme gelebt hatten.
- Das friedliche Zusammenleben von Deutschen bzw. Österreichern mit Tschechen bzw. Slowaken über Jahrhunderte war hauptsächlich und über lange Perioden geprägt von der Deutschen bzw. Österreichischen Herrschaft und der Unterdrückung der Einheimischen. Wenn sich auch ein gedeihliches Zusammenleben entwickelt hatte - gebiets- und zeitweise - ändert dies nichts an der hauptsächlichen Herrschaftsverhältnissen. Auch wenn in der Praxis die Volksgruppen sich zu vermischen begannen, so wie das immer in langdauernden Epochen des Zusammenlebens ist, blieb doch für Tschechen und Slowaken im wesentlichen die Tatsache der Fremdherrschaft der bestimmende Teil des Verhältnisses.
- Ausgehend von der französischen Revolution verbreitete sich keineswegs Nationalismus durch Europa, sondern der Ruf nach Freiheit. So strebten die Tschechen und Slovaken denn nach Unabhängigkeit, so wie es die US-Amerikaner gegenüber den Engländern, die Inder gegenüber eben denselben oder die Algerier gegenüber Frankreich taten. Dies kann nicht als Nationalismus bezeichnet werden.
- Als im Ergebnis des 1. Weltkrieges die unabhängige Tschechoslovakei geschaffen wurde, war es mit der Kolonialherrschaft vorbei. Wie immer in solchen Fällen, mußten nun die gutgläubigen Siedler der früheren Kolonialmacht die Wut der vorherigen Unterdrückten ausbaden. Allerdings waren die "Racheakte" begrenzt und kaum gewalttätig. Es kam nie weithin zu Progromen.
- Der Überfall Hitlers auf die Tschechoslovakei 1938 und ihre Annektion waren und sind völkerrechtswidrig. Der Münchner Abkommen war und ist es damit auch. Niemand kann sich auf diesen absurden Vertrag berufen. Das gleiche gilt auch für den Überfall auf Polen 1939, der den Ausbruch des 2.Weltkrieges markierte wie auch 1941 den Überfall auf die damalige Sowjetunion.
- Die Herrschaft der deutschen Faschisten in der Tschechoslowakei wie der in Polen und in der Sowjetunion auch war eine der blutigsten, grausamsten und inhumansten Gewaltherrschaften der Menschheitsgeschichte. Die große Mehrheit der Sudetendeutschen wie auch der Volksdeutschen in anderen von faschistischen Truppen besetzten Gebieten kollaborierte nicht nur mit den Besatzern, sondern nahm auch Vorteile, die ihnen ihre Stellung als „Deutsche“ bot, bis hin zu Enteignungen und Überschreibungen von Eigentum an Deutsche. Wurden, wie z.B. nach dem (völlig berechtigten) Anschlag auf Heydrich, wahllos Zivilpersonen ermordet, wurden Konzentrationslager eingerichtet (wenn Sie Prag besuchen, vergessen Sie nicht Theresienstadt), wurden Juden ermordet oder verschleppt, standen viele der Volksdeutschen (wörtlich oder im übertragenen Sinne) dabei und klatschten Beifall. In dieser Zeit wurden die Volksdeutschen für die jeweiligen Mehrheitsvölker praktisch zu einem Teil der Besatzungsmacht, mit der Ausnahme weniger, die den Befreiungskampf der Unterdrückten unterstützten.
- Mit dem Sieg der Allierten und der bedingungslosen Kapitulation des deutschen "Reichs" hatten die Allierten das Recht, Sanktionen über die unterlegene Nation zu verhängen. Angesichts der unsäglichen Verbrechen der faschistischen Horden in allen Ländern, in denen sie zeitweise geherrscht hatten, speziell in den Gebieten östlich des Deutschen Reichs, war es der dortigen Bevölkerung nicht mehr zuzumuten, mit den Deutschen, die in ihren Ländern Minderheiten bildeten, zusammen leben zu müssen (mit Ausnahme der geringen Zahl derer, die nicht kollaboriert hatten). Daher beschlossen die Allierten auf der Konferenz in Potsdam (im Grundsatz schon in Jalta), diese Angehörigen der deutschen Minderheiten ins deutsche Kernland umzusiedeln.
- Entgegen dem, was in der Hysterie des Antikommunismus in späteren Jahren in den deutschen Mainstream-Medien verbreitet wurde, waren dies keineswegs „Anweisungen Stalins“ oder gar Willkürmaßnahmen der neuen Regierungen in den befreiten Ländern, sondern Beschlüsse aller, auch der West-Allierten. Die "Benesch-Dekrete" z.B. waren in der Hauptseite Umsetzungen der Anweisungen der Alliierten.
- Angesichts des Blutzolls des 2. Weltkriegs, der Alleinschuld der deutschen Faschisten an diesem Krieg, der Kriegsverbrechen in vorher unbekannten Ausmaß und der weiteren Verbrechen dieses Regimes (wie dem Holocaust) waren die auferlegten Sanktionen (geringe Gebietsverluste, Umsiedlung der meisten Auslandsdeutschen aus Osteuropa ins deutsche Kernland) extrem milde. Nähme man die Sanktionen gegen frühere Unterlegene zum Beispiel, selbst in Fällen, in denen diese Unterlegenen gar nicht die anderen überfallen hatten, hätten weit schwerere Sanktionen angewandt werden müssen. Wären z.B. Teile des deutschen Reichs an umliegende Nationen vergeben worden (an Dänemark, an die Niederlande, an Belgien, an Frankreich usw.), wäre ein Teil Deutschlands an die Juden zur Besiedlung vergeben worden und die dortige deutsche Bevölkerung umgesiedelt worden, hätte das deutsche Volk sich nicht beschweren können.
- Es wurden keinerlei Reparationszahlungen auferlegt, was praktisch ohne Vorbild war. Zwar hat die Sowjetunion für eine kurze Periode Reparationen aus der Besatzungszone unter ihrer Herrschaft eingeholt, aber dies war geringfügig angesichts der Vernichtungen, die deutsche Truppen in der Sowjetunion hinterlassen hatten.
- Die Umsiedlungen, auch wenn sie z.T. unter menschenunwürdigen Bedingungen vor sich gingen, waren also Alliertes Recht und berechtigt. Auch wenn dabei Verbrechen gegen die abziehenden Volksdeutschen begangen wurden, können diese keineswegs als Begründung dafür herhalten, die Umsiedlungen als solche seien Unrecht. Das deutsche Volk hatte diese Sanktionen zu ertragen. Es gibt kein Argument, unter dem dies zu Unrecht umgedeutet werden kann. Der Begriff „Vertreibung“ ist daher falsch, denn er beinhaltet eine Unrechts-Komponente, die es aber nicht gibt. Es gibt also unter keinen Umständen irgendein Recht, mit dem Nachkommen der Sudetendeutschen (das gleiche gilt natürlich auch für Schlesier, Ostpreussen usw.) irgendwie geartete Anrechte in der Heimat ihrer Vorväter beanspruchen könnten.
Wenn wir heute in der aktuellen Situation des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs des autoritären US-Regimes gegen den Irak über Grundsätzliches zum Recht der Völker auf Widerstand gegen Besetzung, Unterdrückung, Erniedrigung und Ausbeutung nachdenken und zum klaren Schluss kommen, daß der Widerstand im Irak berechtigt ist, völlig unabhängig davon, ob wir mit den Zukunftsvorstellungen so mancher im Widerstand nicht übereinstimmen, so müssen wir diese Prinzipien auch auf die Vergangenheit anwenden.
Wer im 21. Jahrhundert, 60 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges, immer noch ein ‚Heimatrecht’ der Sudetendeutschen und anderer Volksdeutschen verlangt (was ja am Ende hauptsächlich auf die Enteignung heutiger Besitzer und Rückgabe von Häusern und Land hinauslaufen soll, oder eben auf Entschädigungen), der kann nicht anders als Reaktionär, Revisionist und Revanchist bezeichnet werden.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in "Rbi-aktuell" am 20.12 2004, damals als Antwort auf eine Veröffentlichung. Hier wird er leicht vom Verfasser redigiert vorgestellt.
Karl Weiss - 26. Nov, 23:06