Deutschland

Samstag, 30. September 2006

EU-Agrarsubventionen auf dem Prüfstand

Wird das WHO-Treffen erneut scheitern?

Von Elmar Getto

Hier ein weiterer wichtiger Artikel von Elmar Getto zu den EU-Agrarsubventionen. Er erschien zuerst in "Rbi-Aktuell" am 11. November 2005.

In diesen Tagen wird der neue EU-Haushalt festgelegt, der größte Brocken wiederum der Agrarhaushalt. Gleichzeitig finden Vorgespräche zur nächsten großen Runde der Welthandelsorganisation in Hongkong statt, die eventuell wiederum an den Agrarsubventionen der reichen Länder scheitern werden. Was sind eigentlich diese Agrarsubventionen? Es war vorher schon klar, man brauchte nur noch die Beweise. Jetzt liegen sie vor: Die EU-Agrarsubventionen gehen im wesentlichen an Konzerne und Großagrarier. Sie tragen so gut wie nichts dazu bei, das Sterben kleinerer Bauernhöfe zu verlangsamen, in vielen Fällen sogar im Gegenteil.

Hier die Fakten:

Spanien:

Die 303 größten Empfänger von Subventionen aus dem EU-Agrarhaushalt erhalten über 398 Millionen Euro pro Jahr, das sind für jeden im Schnitt über 1,3 Millionen Euro. Die sieben Spitzenreiter erhalten zusammen 14,5 Millionen Euro. Das ist die gleiche Summe, die die 12 700 kleinsten Empfänger zusammen erhalten (Schnitt für diese im Jahr: 1142 Euro). 1000 Euro pro Jahr bewahrt keinen Kleinbauern vor dem Ruin.

Frankreich:

Dies ist das Land mit dem größten Anteil am EU-Agrarsubventionen mit 9,4 Milliarden Euro (21,4%) vom Gesamtkuchen von 44 Milliarden Euro. Lediglich 15% der französischen Empfänger erhalten 60% dieser Summe, also etwa 5,6 Milliarden Euro. Dagegen erhalten 70% der französischen Landwirte zusammen nur 17% der Subventionen.Die 12 größten Empfänger in Frankreich erhalten jeweils mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr. Die zwei größten jährlich allein 1,7 Millionen.

Großbritannien:

Einer der großen Empfänger dort ist die königliche Familie, die sowieso zu den reichsten der Welt gehört. Ebenso wird der Zucker-Großkonzern Tate & Lyle mit hohen Subventionen bedacht.

Dänemark:

Die europäische Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bedenkt in Dänemark vier Minister der Regierung mit Zahlungen, mehrere Parlamentsabgeordnete und die dänische EU-Kommissarin. Diese gehen in den Bereich von Millionen Euro.

Belgien:

In Belgien waren unter den Topbegünstigten die Bank Crédit Agricole, Nestlé, Campina und BASF.

Slowakei:

In der Slowakei wurde kürzlich berichtet, daß Landwirtschaftsminister Zsolt Simon Besitzer einer Firma ist, die 2003 und 2004 1,3 Mio. Euro an Subventionen erhielt.

Niederlande:

In den Niederlanden erhielt der Landwirtschaftsminister, Cees Veerman, 150.000 Euro an Subventionen. Frühere Berichte geben an, daß die größten Empfänger von Direktzahlungen und Exportsubventionen von 1999-2003 der niederländische Zweig von Mars, der Bierkonzern Heineken NV und der US-Tabak-Hersteller Philip Morris sind.

Es gibt keinen Zweifel, daß das Bild in allen anderen Mitgliedstaaten das gleiche ist, denn das Schema ist ja das gleiche.

Zusammengefaßt ergibt sich deutlich: Es werden 44 Milliarden Euro jährlich von den Geldern europäischer Steuerzahler unter dem irreführenden Markenzeichen Agrarhilfe im wesentlichen an mit den jeweiligen Politkercliquen engst verbundene Konzerne und Großagrarier weitergeleitet oder sogar an die Raffzahn-Politiker selbst.

Eine Überprüfung durch Vergleich der Listen der Empfänger mit denen der wichtigsten Spender der Monopolparteien würde zweifellos eine gute Zahl von Übereinstimmungen ergeben. Allerdings ist eine solche Überprüfung nun natürlich nicht mehr möglich, da ja seit Kohl jeder straffrei die Spenden verheimlichen und in schwarze Kassen leiten kann. Die Agrarkonzerne werden ja wohl nicht so unvorsichtig sein, die Spenden offiziell zu geben.

Sind die Großbauern die wesentlichen Empfänger großer Summen neben den Konzernen, so hat diese „Agrarpolitik" natürlich auch den genau umgekehrten Effekt wie angegeben: Die kleinen Bauern werden in der Konkurrenz mit den Großen noch weiter zurückgeworfen und müssen noch eher aufgeben als wenn es keine Agrarsubventionen gäbe.

Die Wirkung dieser Agrarsubventionen an die weltweit operierenden Konzerne ist aber für die Entwicklungsländer am katastrophalsten. Die Multis werfen subventionierten Lebensmittel zu Preisen auf die Märkte der Welt, bei denen die Bauern der Entwicklungsländer nicht mithalten können. Ein Großteil des Hungers in der Welt hängt mit diesen Agrarsubventionen zusammen. Gleichzeitig sind die Lebensmittel innerhalb der EU deutlich teurer als auf den Weltmärkten.

Wenn ihr Bürgermeister oder Stadtverordneter oder Landtagsabgeordneter oder Bundestagsabgeordneter oder sonstiger Teil der raffenden Politikerkaste also das nächste Mal davon spricht, für Ihr Anliegen sei kein Geld in den Kassen, es müsse gespart werden und tiefe Einschnitte seien unumgänglich, dann wissen Sie, wo dieses Geld geblieben ist (44 Milliarden Euro jedes Jahr!).

Freitag, 22. September 2006

14 Milliarden Raub an Steuerzahlern

Der skandalöse Geldtransfer an die Kirchen

Von Karl Weiss

Ein wichtiger Artikel aus diesem Jahr, der auch im Berliner Wahlkampf eine Rolle spielte (dazu später mehr). Er erschien zuerst in der "Berliner Umschau" vom 15. Juli 2006.

Überall müsse gespart werden, tönt es uns aus Zeitungen, Fernsehen und von Politikern entgegen. Man könne nicht mehr aus dem Vollen schöpfen wie früher. Dinge wie soziale Preise für öffentliche Verkehrsmittel könne man sich einfach nicht mehr leisten, heißt es. Wie läßt sich das damit in Übereinstimmung bringen, daß von Geldern der Steuerzahler jährlich 33 Milliarden Euro an die Christlichen Kirchen in Deutschland gehen?

Die Kirchen erfüllen für viele Bürger sicherlich eine wichtige Funktion. Man soll und muß deren Gefühle, daß ihre jeweilige Kirche notwendig sei, auch respektieren. Aber man muß von den Gläubigen verlangen, daß sie die Ausgaben dieser Kirchen selbst aufbringen. Es kann nicht angehen, daß all jene, die keineswegs mit diesen Kirchen und ihren Einmischungen in die Politik einverstanden sind, für sie mitzahlen müssen.

Das gilt übrigens auch für die Juden, die Muslime und Buddhisten, die nicht von staatlichen Leistungen für ihre Kirchen profitieren können.

Nun wäre das Ganze kein so großes Ärgernis, wenn es sich um ein paar Millionen Euro jährlich handeln würde, so wie auch andere kulturelle Organisationen manchmal kleine Zuwendungen erhalten. Bei den christlichen Kirchen in Deutschland aber handelt es sich um 33 Mrd. Euro jährlich. Das ist mehr als die Gesamtsumme, die für Arbeitslosengeld II an etwa 6 Millionen Berechtigte ausgezahlt wird.

Unter diesen 33 Mrd. sind 9 Mrd Kirchensteuer, die also wirklich von den Angehörigen der Kirchen aufgebracht wird (nicht ganz, wie wir unten noch sehen werden). Bleiben aber immer noch 24 Mrd Euro. Davon sind dann etwa 10 Mrd. Zuschüsse an kirchliche Sozialeinrichtungen, wie Krankenhäuser, Kindergärten usw.

Diese Zuschüsse sind im Prinzip berechtigt. Ein Ärgernis ist es aber, daß damit z.B. der Bau von solchen Einrichtungen finanziert wird, die dann anschließend aber der Kirche gehören. Sie werden in der Regel zu 90% vom Steuerzahler finanziert. So kann die Kirche, sei es die katholische oder eine der protestantischen, dann z.B. ein Krankenhaus verscherbeln, wenn sie Geld braucht, muß aber die Zuschüsse vom Staat nicht zurückzahlen.

Das gleiche gilt für die kritischen Fragen, ob die Einrichtungen für Bürger aller Religionen und auch Nicht-Gläubige offenstehen. Dies ist keineswegs immer gegeben.

Vor allem aber geht es um die Beschäftigten in diesen Einrichtungen. Obwohl sie lediglich geringe eigene Geldmittel für Bau und Unterhalt aufwenden, haben die Kirchen freie Hand, wen sie dort beschäftigen. So werden denn auch bestimmte Orden bevorzugt und Bedingungen gestellt für Kandidaten bezüglich Zugehörigkeit zu den Kirchen. Auch werden eventuell keine zum zweiten Mal Verheirateten eingestellt .

Das alles mag man noch verteidigen, aber wirklich empörend und unannehmbar sind die restlichen 14 Milliarden Euros, die aus Steuermitteln jährlich an die Kirchen gehen. Sie haben keinerlei vertretbare Begründungen und sind schlicht und einfach eine skandalöse Beraubung der Steuerzahler und gleichzeitig eine Subvention, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

Der größte Brocken an diesen 14 Milliarden Euro jährlich ist mit 3,5 Mrd. die Absetzbarkeit der Kirchensteuer, die zu Steuerausfällen in dieser Höhe führt. Hier wird also ein wesentlicher Teil der Kirchensteuer in Wirklichkeit von der Allgemeinheit übernommen.

Der zweitgrößte Brocken sind die diversen Steuerbefreiungen für die Kirchen. Kirchen bezahlen keine Umsatz-, Zinsabschlags- oder Kapitalertragsteuer sowie einige kleinere Steuern, was zu einem Loch im Steuersäckel von 2,75 Mrd. Euro jährlich führt.

Einen fast gleich großen Brocken machen mit 2,45 Milliarden Euro jährlich die staatliche Bereitstellung und Finanzierung des Religionsunterrichts und der Religionslehrer aus. Damit werden auch viele Orden finanziert, deren Mitglieder Religionsunterricht geben und die Gehälter an die Orden abführen. Religionsunterricht ist Sache der Gläubigen und muß auch von ihnen in ihren Einrichtungen finanziert werden!

Auch die Kommunen, die uns ganz besonders das Lied von den leeren Kassen singen, haben es dicke, wenn es darum geht, Gelder an die Kirchen zu geben. Allein 2,45 Mrd. Jährlich sind deren Leistungen für die sowieso bereits steinreichen Kirchen. Das Vermögen wird auf mindestens 500 Milliarden Euro geschätzt - und das ist nur die katholische Kirche.

Zu diesen kommunalen Geldüberweisungen gehören u.a. auch die sogenannten Kirchenbaulast-Leistungen. Das sind Ausgleichszahlungen, die Kirchen wegen der Auflösung von Klöstern in der Reformationszeit erhalten (also seit 500 Jahren) und wegen der Säkularisierung im Jahr 1803, also seit über 200 Jahren. Nun, diese Verluste sind längst bezahlt und können nicht zu ewigen Ausgleichsleistungen mißbraucht werden - wenn sie denn überhaupt je berechtigt waren.

Die Länder zahlen aus diesen und anderen Gründen etwa 720 Millionen Euro jährlich an die Kirchen.

Ein weiterer großer Brocken mit 1000 Millionen jährlich ist der staatlicheEinzug der Kirchensteuer, den den christlichen Kirchen riesige Ausgaben erspart.

620 Millionen kostet den Steuerzahler jährlich die Ausbildung der Theologen.

Daneben gibt es die Bezahlungen der Gehälter von Bischöfen, Erzbischöfen und Kardinälen, ihre Dienstsitze, Dienstwagen usw., Ausgaben für Kirchentage, Denkmalschutz, die Militärseelsorge, Zahlungen an Orden, kirchliche Medien und Missionswerke.

Trennung von Kirche und Staat! Schluß mit Kirchenfinanzierung aus Steuermitteln!


Link zum Originalartikel hier

Dienstag, 19. September 2006

Linkstrend ungebrochen

Auswertung der Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern

Von Karl Weiss


Artikel der "Berliner Umschau" von heute

Wie üblich, wird die Wahlauswertung der Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern durch die bürgerlichen Presse wieder im wesentlichen auf der Basis der für die bürgerlichen Parteien abgegebenen Stimmen durchgeführt. Die bei weitem größte Gruppe der Wahlberechtigten, die nicht wählen, wird einfach als desinteressiert abgetan. Auch werden nie die Zahlen der tatsächlich abgegebenen Stimmen mit den letzten Wahlen verglichen, sondern immer nur Prozente der gültigen Stimmen. So kommen denn fast alle bürgerlichen Parteien zu „Siegen“. Das sind aber nichts als Verdrehungen.

Der Ausgang der Landtags- bzw. Abgeordnetenhauswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin hat in Wirklichkeit ein weiteres starkes Kapitel der nun schon seit Jahren andauernden neuerlichen Niederlagen bei Wahlen der bürgerlichen Parteien geschrieben. Mit seltenen Ausnahmen verlieren alle bürgerlichen Parteien Stimmen, Wahl für Wahl.

Diesmal hat es besonders die beiden Regierungsparteien CDU und SPD erwischt. Die SPD, die sich in Berlin als „Sieger“ feiert, hat gegenüber der letzten Wahl 57 860 Wähler verloren. Auch in Prozenten der abgegeben gültigen Stimmen hat sie sich nur äußerst knapp aus dem 30%-Ghetto herausgewurstelt (wie auch im Nordosten), ebenfalls nicht gerade eine Siegesmeldung. Aber unter Blinden ist der Einäugige König, nicht wahr?

Vergleicht man dagegen das Wahlergebnis gegen die nicht lange zurückliegende Bundestagswahl, so hat die SPD sogar die größten Stimmverluste von allen einzelnen Parteien in beiden Bundesländern hinnehmen müssen: 213 762 Wähler sind der SPD innerhalb eines Jahres davongelaufen!

Dagegen nehmen sich die massiven Stimmenverluste der CDU gegenüber der Bundestagswahl von 114 739 Wählern fast noch erträglich aus. Auch gegenüber der letzen Abgeordnetenhauswahl in Berlin sind der CDU massive 91 716 Stimmen verloren gegangen, in diesem Vergleich noch deutlich mehr als der SPD. Das führte trotz der geringen Wahlbeteiligung zu einem relativen %-Ergebnis, das als das niedrigste in der Berliner Geschichte „gefeiert“ werden kann: 21,3% der gültigen abgegebenen Stimmen.

Damit hat die SPD bei 58,0% Wahlbeteiligung ein Wahlergebnis von unter 18 % der Wahlberechtigten eingefahren, die CDU, man höre und staune, eines von unter 13 %! Da kommt man schon ganz schön nah der „Neid“-Schreier-Partei FDP.

Das kann man nicht anders bezeichnen als ein massives Abwatschen der regierenden großen Koalition durch die Wähler!

Und in Mecklenburg-Vorpommern? Hat man wenigstens dort eine Trendumkehr geschafft? Die CDU feiert sich als Wahlsieger, doch wie sieht es wirklich aus? Sie verlor auh hier massiv Wählerstimmen und zwar 57 981 gegenüber der Bundestagswahl und 68 790 gegenüber der letzten Landtagswahl. Die SPD wurde dagegen in einem Umfang abgestraft, der die örtlichen Politker eigentlich das Fürchten lehren müßte. Sie verlor mit sage und schreibe 146 827 Stimmen etwa ein Drittel ihrer Wähler gegenüber der Landtagswahl 2002 – das ergibt in zwei weiteren Wahlperioden ein Ergebnis unter der 5 %-Marke, wenn das so weitergeht. Auch gegenüber der Bundestagswahl büßte sie 67 539 Stimmen ein.

Die SPD hat also gerade mal noch 18% der Stimmen der Wahlberechtigten erhalten, die CDU ein bißchen weniger. Beide sind nach Stimmen-Prozenten der abgegebenen gültigen Stimmen auch hier im oder am Rande des 30%-Ghetto gelandet.

D.h., das herausragende Ergebnis dieses Wahlsonntags war die Flucht der Wähler von den Parteien der großen Koalition. Das spricht dafür, das diese Wähler sehr genau beobachten und einschätzen können, was diese Regierung ihnen antut.

Was die beiden anderen bürgerlichen Parteien angeht, die FDP und die Grünen, so wurden sie zum Teil vor solch massiven Einbußen verschont, denn sie werden als Oppositionspartein (sowohl im Bund als auch in den beiden Ländern) nicht so eindeutig als Täterparteien wahrgenommen. In Berlin gelang den Grünen sogar ein Zuwachs. Dort hatte man auch einen linken Wahlkampf gemacht, jedenfalls linker als die Linkspartei. Die FDP hatte dagegen in Mecklenburg-Vorpommern ihren, wenn auch mäßigen, Zuwachs. Jeweils bei der anderen Landtagswahl kamen aber auch diese beiden nicht voran.

Die Linkspartei wurde in Berlin massiv abgestraft für ihre Teilnahme an der Berliner Landesregierung und hat dies zweifellos verdient. Wenn man sich links nennt und dann rechte Politik mitträgt - immer betonend, es ginge noch viel rechter und man hätte sogar noch einiges verhindert - dann braucht man sich nicht zu wundern. Wenn ich Kriminelle bekämpfen will, dann werde ich doch auch nicht selbst kriminell und mische mich unter sie, um wenigstens die eine oder andere kriminelle Tat verhindern zu können.

Wundern kann man sich aber, daß die Linke im Nordosten nicht ebenfalls einbrach. Dort wurde sie offenbar nicht so antisozial wahrgenommen wie in Berlin.

Zusammengefaßt : Der bereits seit geraumer Zeit anhaltende Linkstrend in der deutschen Wählerschaft, der sich kürzlich bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt ein wenig abgeschwächt hatte, hat seine alte Schnelligkeit wieder aufgenommen. Er charakterisiert sich als Linkstrend, denn die Massen der Menschen (bei weitem mehr als jeweils beide „großen Volksparteien“ hinter sich haben) haben keinerlei ins Gewicht fallende Tendenz zu ultrarechten Lösungen oder faschistischen Parteien.

Die Zahl der abgegebenen Stimmen für die NPD in Mecklenburg-Vorpommern wäre in fast allen Bundesländern gerade mal 1% der Stimmen gewesen.

Der Linkstrend ist gekennzeichnet von einer massiven Abkehr vieler Wahlberechtigter in Deutschland vom bürgerlichen Parlamentarismus-Schauspiel und von den bürgerlichen Parteien.

Diese Massen von nach links Gehenden sind weiterhin auf Suche nach Orientierung , nach einer überzeugenden linken Alternative, die der größte Teil von ihnen in der Linkspartei nicht sehen kann. Sie gehen nicht wählen, nicht aus Desinteresse, sondern in einer bewußten Entscheidung.

Das ist bemerkenswert bei dem Trommelfeuer von blödsinnigen Sprüchen von allen Seiten : „Wer nicht wählt, verschenkt seine Stimme!“ “Nichtwähler wählen genau jene, die sie ablehnen!“ „Wer nicht zur Wahl geht, darf sich nicht beschweren!“ „Dann muß man eben wählen, wer am wenigsten schlecht ist!“ usw. usf.

Link zum Originalartikel hier

Donnerstag, 14. September 2006

Sensation! Bundesregierung wird Erwartungen erfüllen!

Oder: Leistung muss sich lohnen.

Von Elmar Getto


Diesmal eine Satire von Elmar Getto. Eine der lachtränentreibendsten politischen Satire, die ich in letzter Zeit geniessen konnte. Erschien zuerst in der "Berliner Umschau" vom 28.November 2005.

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik war es so wahrscheinlich, daß eine eben angetretene Regierung so weitgehend die Erwartungen der Bevölkerung erfüllen wird wie diesmal. Nur müßten die Sprüche unserer heroischen Politiker-Kaste noch diesen Erwartungen angepaßt werden. 17 (in Worten: siebzehn) % der befragten Bundesbürger erwarten von der neuen Regierung einen wesentlichen Abbau der Arbeitslosigkeit, 79 (in Worten: neunundsiebzig) % nichts dergleichen. Diesen Erwartungen wird die heißgeliebte große Koalition in so vollkommener Weise entsprechen, daß ihren Akteuren dafür die Heiligsprechung droht - jedenfalls, so weit sie nicht Gay sind. Gleichzeitig erklärt die neue Bundeskanzlerin, sich am Abbau der Arbeitslosigkeit messen lassen zu wollen. Der Maskenball geht weiter auf der Titanic. Musik!

Unterdessen erklärt einer der neuen bedeutenden Minister, daß Proteste gegen ihre hohen Einkommen „antidemokratische Reflexe" hervorrufen könnte. Mann, der Mann hat gelernt! Das ist schon auf Augenhöhe mit Bush. „Die Demokratie bin ich! Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!"

Dabei hat er einfach recht. Diese Einkommen sind wirklich niedrig. Jedenfalls im Vergleich zu dem, was man bekommen wird, wenn man nach der nervenaufreibenden politischen Karriere in den sicheren Hafen einer der (natürlich ohne jede Absicht) begünstigten Kapitalgesellschaften einlaufen wird, um die Früchte seines Handelns zu genießen - mit Anrecht auf eigenes Absteige-Appartement in einer nahegelegenen Stadt, wo man unerkannt von Frau und Familie die Prostituierten treffen kann, die einem zugeführt werden - im Zweifelsfall per Flugzeug aus Brasilien. Denn Leistung muß sich lohnen.

Demgegenüber muß einer ihren alten Spezies, der ehemalige Hamburger Innensenator Schill, sich selbst um alles kümmern. Er wurde in Rio de Janeiro gesehen in Gesellschaft holder leichtbeschürtzter Weiblichkeit. Wirklich, stand in der Zeitung! Der Arme muß sich mit etwas mehr als 6000 Euro Übergangsgeld pro Monat durchs Leben schlagen - und auch noch die Damen bezahlen. Ein herzzerreißendes Schicksal.

Dabei ist die Story mit der käuflichen Weiblichkeit völlig erstunken und erlogen! Niemals hat Hartz I oder Hartz II oder Hartz III oder Hartz IV für sich und für Anbefohlene in Hannover ein zweistöckiges Appartement anmieten lassen, um ihre Lustnächte dort zu verbringen. Das sind alles Erfindungen von antidemokratischen Reflexen!

Aber im Ernst, es gibt nichts ehrlicheres als unsere Politiker-Kaste. Zum Beispiel jene Grünen-Politikerin, die Beauftragte ihrer Partei bei den Atomausstiegsgesprächen war. Sie feierte das austeigendste Ausstiegsprogramm, aus dem je ausgestiegen wurde! Und wurde gleich nach der Feier unmittelbar belohnt, wie sich das gehört: Sie bekam einen angemessenen Posten bei einem jener Energiekonzerne, denen sie gerade diesen brutalen Ausstieg zugemutet hatte. Da hat sich Leistung gelohnt! Der Ausstieg war so brutal, daß die Regierung schon gar nicht mehr besteht und trotzdem immer noch ausgestiegen wird, wahrscheinlich noch sechs weitere Legislaturperioden lang. Was? Vierundzwanzig Jahre? Wer sagt, Legislaturperioden dauern vier Jahre? Sehen Sie? Na eben!

Eine ähnlich große Mehrheit der Bundesbürger von 25% traut der Bundesregierung nämlich zu, das Ende dieser Legislaturperiode zu erreichen. Das sei keine Mehrheit, meinen Sie? Sie antidemokratischer Flegel! Die große Koalition hat 69% der Bundesbürger hinter sich! Das hat Schröder ausgerechnet: Union 35 und Sozis 34! Sie meinen, mit der Wahlbeteiligung von 77% malgenommen, ergibt das gerade mal 53%? Na sehen sie, ist doch eine Mehrheit, oder nicht? Sie hätten aber Schröder nur deshalb noch einmal gewählt, um Merkel zu verhindern? Na, wenn Sie taktisch wählen, was kann Schröder dafür?

Aber tatsächlich, die Erwartungen der Bundesbürger in die neue Regierung sind so weit gespannt, daß die kaum darunter bleiben kann. Aber so mancher Bundesbürger ist einfach rettungslos antidemokratisch (Wenn nur 15% noch den Politikern vertrauen, dann wird man sie doch antidemokratisch nennen dürfen, oder?) Irgend etwas sagt mir, daß diese antidemokratischen Bundesbürger es am Ende dieser Koalition nicht hoch anrechnen werden, daß sie ihre Erwartungen erfüllt haben wird, diese undankbare Meute.

Also wem man nun auf keinen Fall sein hohes Einkommen anrechnen darf, ist der Herr Wiesheu aus Bayern. Da gibt es doch unglaublich antidemokratische Zeitgenossen, die ihm vorrechnen, daß er bei den Koalitionsverhandlungen der zukünftig privaten Bahn Vorteile für ihren Börsengang zugeschanzt hat und nun rein zufällig in die Dienste dieses bisher noch Bundesunternehmens tritt, wo man ihm natürlich ein seinen Verdiensten angemessenes Einkommen zukommen lassen wird und ... (na, wagen Sie nichts zu sagen über Prostituierte, ja!). Leistung wird sich nun mal lohnen.

Das ist alles pure Verleumdung. Dieser Herr kann dies gar nicht bewußt getan haben, sondern allerhöchstenfalls nur zufällig - so wie damals Graf Lambsdorf, der nur ganz zufällig derselben Firma eine Ministererlaubnis zukommen ließ, die seiner Partei eine hohe Spende gab. Das ist keine Korruption, nein, das ist Politik, das verstehen Sie nicht. Wirklich, ein hohes deutsches Gericht hat das festgestellt, das ist keine Korruption, nun glauben Sie es doch endlich! Leistung muß sich eben lohnen!

Also, was Herrn Wiesheu betrifft, der ist auf keinen Fall schuldig! Der kann nämlich gar nicht schuldig sein, der hat das schriftlich! Dem hat ein ärztlicher Gutachter höchstgutachterlich bestätigt, daß er geistige Aussetzer hat, Momente, in denen er für sein Handeln nicht verantwortlich ist. Der hatte nämlich am Steuer seiner Luxuslimousine den Kleinwagen eins Rentners zu Brei gefahren - bloß war da blöderweise der Rentner noch drin - und war wegen grob fahrlässiger Tötung zu einer saftigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Doch dann fand jener famose Gutachter heraus, selbstverständlich ohne dafür Millionen bekommen zu haben, daß unser lieber Freund dafür nicht verantwortlich war - der hatte nämlich einen seiner geistigen Aussetzer gerade als der unvorsichtige Rentner so dumm war, genau vor dem Schlitten des damaligen bayerischen Ministers aufzutauchen. Natürlich wurde der unschuldig Angeklagte sofort freigesprochen.

Falls also Herr Wiesheu in den Koalitionsverhandlungen wirklich dafür gesorgt haben sollte, daß da gewisse Vorteile fließen, dann war das natürlich in einem Moment der geistigen Umnachtung, denn es ist absolut ausgeschlossen, daß der Mann schuldfähig ist. Was, Sie meinen, Leute mit zeitweiligen geistigen Aussetzern sollten keine hohen Posten in der Politik oder Bahn erhalten? Was sind Sie für ein antidemokratischer Wicht! Pfui, Schande über Sie! Diskriminierung von Behinderten!

Machen Sie den Mund wieder zu, sonst kommt eine Fliege rein! Sie staunen über so viel Cleverness? Na, Sie wollten doch clevere Politiker, jetzt haben Sie sie! Wirklich: Im Forum einer Münchener Zeitung hat ein CSU-Anhänger geschrieben, Wiesheu sei eben clever! Und man solle gefälligst nicht neidisch sein.

Das kommt sowieso alles nur vom Neid, diese antidemokratische Attitüde. Die mit dem Neid auf clevere Politiker, das sind eben Leute, die von Geburt auf geistig nicht so sehr bevorteiligt waren und dann Minderleister sind und die werden dann eben arbeitslos, wie das bei wenig Begünstigten üblich ist. Und dann entwickeln die Neid auf jene, die eben anders geboren wurden, z.B. mit einem Redetalent oder eben mit Cleverneß, kurz: Leistungsträger. Meine Güte, so ist das Leben, der eine ist zu Höherem bestimmt und der andere zu Hartz IV. Was, ich soll aufhören, von Prostituierten zu sprechen - tu ich doch gar nicht!

Und das sind CHRISTLICHE Politiker - stellen Sie sich mal die anderen vor.

Da wir gerade von Christentum reden: Am Ende werden wir uns alle in der Hölle wiedertreffen. Wir, die wir Hartz IV sind oder bald sein werden, wegen unseres Neids und jene wegen ihrer Cleverneß. Und dort werden wir die katholischen Priester treffen. Das sind nämlich wirklich die ärmsten Schweine. Stellen Sie sich vor, die dürfen sich nicht einmal einen runterholen, sonst gehts ab in die Hölle.

Und wenn man einen von den süßen kleinen Jungen auf seinen Schoß setzt und ein wenig an sich drückt, ist doch harmlos! Na gut, man hatte sich vorher ausgezogen - aber es war so heiss an dem Tag! Aber man ist wirklich nicht eingedrungen - jedenfalls nicht viel. Oder ihn ein wenig lutschen läßt - meine Güte, wenn ein US-Präsident das mit einer Praktikantin machen kann, dann wird man das doch einem Priester nicht übel nehmen dürfen, oder? Die meisten katholischen Priester schwören Stein und Bein, daß sie nie mehr mit den Jungs gemacht haben als ein wenig gekuschelt und ein wenig gegenseitige Stimulation am Geschlechtsteil. Aber deren Gott ist da rigoros - ab in die Hölle.

Aber gemach - da gibt es natürlich noch die Beichte und die endet mit der Absolution! War nichts mehr mit Hölle! Halleluja!

Aber da werden ganz schön viele Vaterunser fällig für so eine kleine Pädophilie! Und dann auch noch straffrei ausgehen!

Da war es wirklich Zeit, daß der Papst dem Einhalt gebot. Der hat jetzt klar und deutlich verkündet, daß die Gay-Massen sich gefälligst vom Priesterberuf fernhalten sollen. Wenn der mal nur noch genügend Priesterkandidaten findet danach. War schließlich die beste Methode, ohne jeden Verdacht an junges duftendes Fleisch heranzukommen.

Aber auf jeden Fall ist diese päpstliche Verkündigung aus ganzen Herzen zu unterstützen, schon gar, nachdem wir ja nun Papst sind. So werden doch nun viele Jungs vor den Annäherungen geschützt. Na, gut, sie meinen, dann werden es eben mehr Mädchen sein? Naja, ist doch schon ein Fortschritt. Man kann ja nicht gleich alles auf einmal verlangen, auch von der katholisch apostolischen nicht.

Man lese zu den Mädchen auch eine aktuelle Spiegel-Geschichte: hier

Das ist so wie mit dem Kyoto-Protokoll: Ein viel zu kleiner Schritt, aber doch schon in die richtige Richtung.

Ist ja sowieso ganz problematisch jetzt. Was sind wir denn nun? Papst oder „Deutschland". Das ist ja eine ganz schmutzige Unterstellung, daß schon die Nazis gesagt hätten „Du bist Deutschland". Das sind wieder alles Neider, die den Cleveren nur nicht ihre Leistung gönnen, für die sie dann angemessen belohnt werden. Ist doch gut, wenn wir uns alle vereint fühlen, nicht wahr: „Ich bin Deutschland", der Hartz-IV-Empfänger und der Clevere, alles eine schöne große Volksgemeinschaft! Nazi-parole? Also hören Sie doch auf damit, man kann ja den Nazis alles unterstellen, aber nicht ... . Was? Ach, Sie sind einfach antidemokratisch!

Und die Prostituierten, sind die auch Deutschland? Also jedenfalls nicht die aus Brasilien! Na gut, Sie haben recht - ich hör jetzt auf mit den Prostituierten, das ist sowieso antidemokratisch.

Sehr praktisch, die Sache mit ‚antidemokratisch’. Paßt immer! Dabei sind wir doch nicht nur Papst, nicht nur Deutschland, sondern auch Demokratie! Das sieht man doch schon daran, daß die Regierung vollständig die Erwartungen des Volks erfüllen wird, nicht wahr?

Hat Ihnen gefallen, die kleine Satire? Hier ist das Rezept: Sex and Crime.

Dienstag, 12. September 2006

Leipziger Flughafen wird Drehkreuz für Groß-Waffentransporte

Atom- und Chemiewaffen, Explosivstoffe und Trägerwaffen

Von Elmar Getto

Hier einer der letzten Artikel, die Elmar Getto für die "Berliner Umschau" schrieb. Er weckte ebenfalls Aufsehen und wurde in verschiedenen Sites verlinkt. Erster Erscheinungstermin in der "Berliner Umschau" war der 6. Dezember 2005.

In Leipzig wird im Moment der Bau eines riesigen militärischen Spezialflughafens in Angriff genommen. Unter dem Vorwand, einen Flughafenausbau zu benötigen, weil die internationale Frachtorganisation DHL in Leipzig ihre Luftfrachtzentrale einrichten will, wird ein nach Osten vorgeschobener militärischer Riesenflughafen vorbereitet, der „ein Drehkreuz von Großwaffentransporten" werden soll, einschließlich Chemie- und Atomwaffen. Ganz nebenbei wird damit auch noch der Zwei-plus-Vier-Vertrag gebrochen.

Wie am 5.12. bekannt wurde, ist der neue Leipziger Flughafen, dessen Notwendigkeit bisher immer mit der neuen Luftfrachtzentrale von DHL begründet wurde, in Wirklichkeit das zukünftige Drehkreuz der NATO- und EU-Einsatztruppen in vorgeschobener Stellung gegen den Osten. Das sächsische Staatsministerium des Inneren hat demnach zugegeben, daß der zukünftige Großflughafen als Drehkreuz für Truppen- und Großwaffen-Transporte in internationale Kampfgebiete genutzt werden soll. Dabei wurde auf Anfrage auch ausdrücklich nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei um Chemie- und Atomwaffen „befreundeter Nationen" handeln könnte. Es sollen große Mengen an Explosivstoffen und Trägerwaffen dort zwischengelagert werden.

In Leipzig werden im Moment 350 Millionen Euro in die Hand genommen, um diesen Flughafenausbau durchzuführen. Wenn also von allgemeinem Sparzwang die Rede ist - für neue militärische Projekte, die außerdem Privatunternehmen zugute kommen sollen, ist jedenfalls genügend Geld da.

Es geht bei der militärischen Nutzung unter anderem um „die Verlagerung von nationalen Truppenkontingenten im Rahmen der NATO Response Force und der EU-Battle-groups". Die NATO Response Force beinhaltet die Planung, bis zu 21.000 Mann Truppen binnen fünf Tagen an jeden Punkt der Erde bringen und „intensive Kampfhandlungen" in fremden Ländern beginnen zu können.

Dabei geht es nicht nur um die Truppen selbst, die sowohl Boden-, Luft und See-Streitkräfte umfassen, sondern auch um deren Großgerät, wie Raketen, Panzer, Hubschrauber und Großwaffen.

Auf dem zukünftigen Groß-Flughafen sollen sechs Antonow-Großtransporter stationiert werden, von denen jeder bis zu 120 Tonnen Waffen befördern kann. Jedes der Transportflugzeuge wird 1,2 Milliarden Euro kosten - das sind weitere € 7,2 Milliarden, die bis 2012 aufzubringen sind - aber man hats ja!

Dabei wurde u.a. auch gleich bekannt, daß bereits heute DHL oder dessen Tochterfirmen den Besatzungstruppen in Afghanistan und in anderen Weltgegenden in erheblichem Umfang mit militärischer Logistik zuarbeiten.

Die Nutzung des Flughafens Leipzig wird u.a. ausdrücklich darauf ausgeweitet, daß militärisches Gerät durch ausländische Soldaten nach Leipzig verbracht und dort verladen wird. Diese Nutzung steht in offenem Widerspruch zu Artikel 5, Absatz 3 des völkerrechtlich bindenden Vertrages vom 12.09.1990 (Zwei-plus-Vier-Vertrag), mit dem die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zustimmten. Demnach ist es verboten, ausländische Truppen und Atomwaffen auf dem früheren DDR-Territorium zu stationieren oder dorthin zu verlegen - eine Regelung, die russischen Forderungen folgte.

Das sächsische Ministerium behauptet nun, die Verlegung sei im Einsatzfall ja nur zeitweise und darum der Vertrag nicht betroffen. Dies muß allerdings in Zweifel gezogen werden, denn die Befürchtungen Rußlands waren ja eben gerade, daß der „Zugewinn" der DDR für eventuelle Nato-Schläge nach Osten die Vorwarnzeiten verkürzen würde.

Gegen den Umbau der Leipziger Region in ein Nachschubgebiet für kommende Kriege wehren sich zahlreiche Organisationen im Einzugsgebiet. Die aktuelle Entwicklung sei „sehr beunruhigend", sagte Dr. Michael Richter von einer Bürgerinitiative.

Link zum Originalartikel hier

Dienstag, 8. August 2006

Wohin die Gelder 'Aufbau Ost' verschwanden

Wie ein paar deutsche Banken 200 Milliarden Euro einsteckten

Von Karl Weiss


Artikel veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 8. August 2006

Als letztes Jahr die 15 Jahre Währungsunion zwischen der Bundesrepublik und der in den letzten Zügen liegenden DDR gefeiert wurde, hätte jemand mit feinem Gehör auch die Sektkorken in den Vorstandsetagen einiger deutscher Großbanken knallen hören können, denn es war 15 Jahre her, daß sie eines der größten Geschäfte aller Zeiten gemacht hatten: 200 Milliarden Euro mit einem Streich.

Es hat sicherlich auch noch andere Riesengeschäfte gegeben, aber dieses war mit Sicherheit eines der größten. Die DDR-Banken, die ja als Staatsbanken in einer Planwirtschaft völlig andere Aufgaben zu erfüllen hatten als die BRD-Banken, wurden schlicht und einfach für einen Appel und ein Ei an die westdeutschen Banken verhökert. Soweit Schulden der Ostbetriebe gegenüber diesen Banken vorhanden waren, trat der westdeutsche Steuerzahler als Bürge auf.

Große Nutznießer waren unter anderem die Dresdner Bank und die Deutsche Bank, die beiden größten Privaten. Aber auch andere Banken wurden bedacht: Die Berliner Bank bekam die Berliner Stadtbank, die aus der DDR-Staatsbank hervorgegangen war, die Genossenschaftsbank West die Genossenschaftsbank Ost und die Westdeutsche Landesbank Girozentrale die Deutsche Außenhandelsbank.

Der Staat DDR hatte ja den Betrieben Gelder für ihre Investitionen zukommen lassen müssen. Das wurde formal in Form von Krediten durch die (staatseigenen) Banken getan, waren aber in Wirklichkeit Subventionen. Die DDR-Staats-Betriebe (also fast alle) mußten ja ihre Gewinne vollständig an den Staat abführen, konnten nichts in Rücklagen legen, um etwa Investitionen durchzuführen. Als nun diese Staatsbanken abgewickelt wurden, gingen diese scheinbaren Kredite als Forderungen an die DDR-Betriebe mit an die Westbanken über.

Ganz plötzlich hatten alle DDR-Staatsbetriebe riesige Schulden. Das war ja im DDR-System so nicht vorgesehen. Der Begriff Kredite für diese Gelder war fehl am Platz. Sie mußten nicht zurückgezahlt werden. Statt dessen wurden ja die gesamten Gewinne abgeführt.

Dadurch waren fast alle vorherigen DDR-Staatsbetriebe praktisch pleite. Man hatte ja keine Rücklagen, weil die Gewinne abgeführt worden waren. Plötzlich mußte man aber hohe Summen an Westbanken zurückzahlen und hohe Zinsen und Zinseszinsen begleichen, weil der Begriff Kredite so genommen worden war, wie man ihn im Westen verstand.

Man sehe sich nur einmal an, was für Geschäfte da getätigt wurden: Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale bekam die Deutsche Außenhandelsbank für schlappe 430 Millionen Mark. Ein Schnäppchen! Mit ihr kamen nämlich Kreditforderungen an Ost-Betriebe in Höhe von etwa 7 Milliarden Mark. Das ist mehr als 16 mal so viel.

Die Berliner Bank mußte für die Berliner Stadtbank 49 Millionen Mark bezahlen. Doch der Kreditberg, der als „Bonus“ mitkam, betrug 11,5 Milliarden Mark, das ist etwa das 235-fache des Kaufpreises.

Die Genossenschaftsbank West hatte 120 Millionen für die Genossenschaftsbank Ost zu berappen, doch gleichzeitig erhielt sie Verbindlichkeiten von 15,5 Milliarden Mark, also etwa 129 mal so viel. Das sind Geschäfte, bei denen selbst erfolgsgewöhnten Bankern ein Leuchten in die Augen steigt.

Auf diese Art und Weise wurden insgesamt an die 200 Milliarden Euro (nicht Mark!) an die Banken vergeben.

Nun, mögen Sie sagen, da war ja auch ein großes Risiko drin, denn die Ostbetreieb konnten das alles ja nicht zahlen. Genau. Das wußte natürlich auch der damalige Staatssekretär im Finanzministerium, der für die Währungsunion zuständig war. Also sagte man sich, da müssen wir als Bund mit einer Kreditgarantie bürgen, denn sonst gehen ja die armen Banken pleite, wenn sie ihre Kredite nicht zurückgezahlt bekommen.

Merken Sie, worauf es hinausläuft? Genau!

Die Ostfirmen sind fast alle Pleite gegangen. Ist ja logisch, wenn sie zuerst alle Gewinne immer abführen mußten, damit Honecker seinen aufwendigen Lebensstil leben konnte und dann als Kredite zurückzahlen mußten, was man ihnen für Investitionen gegeben hatte.

Uns wurde erzählt, die Firmen im Osten seien marode bis zum geht nicht mehr gewesen. Jetzt wissen wir, was wirklich geschah. Wer am Ende alle diese „Schulden“an die Banken zahlen mußte, waren wir, der deutsche Steuerzahler.

Das alles geht übrigens aus einem Bericht des Bundesrechnungshofes hervor. Es gab schon damals auch Politiker, die vor einem solchen Vorgehen warnten, z.B. der CDU-Mann Rupert Scholz. Danach hat man nicht mehr viel von ihm gehört. Na eben. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat vergeblich gewarnt.

Während man uns weismachte, die Wiedervereinigung sei so teuer und wir müßten alle zum ‚Aufbau Ost’ beitragen, war es in Wirklichkeit der Profit-Aufbau von West-Banken, wohin wesentliche Teile der Gelder flossen.

Ach so, es wurde noch nicht gesagt, wer denn der Staatassekretär im Finanzministerium war, der hierfür und für die Währungsunion zuständig war. Sein Name war Horst Köhler. Kennen wir den Namen nicht irgendwoher? Richtig, das ist doch der Bundespräsident.

Nun weiß man, warum die Banken dafür sorgten, daß er zunächst Präsident des Internationalen Währungsfonds und später Bundespräsident wurde. Man muß sich schließlich für 200 Milliarden Euro dankbar zeigen.

Wenn Ihnen demnächst wieder erklärt wird, es sei keine Geld da und es müsse gespart werden, dann fragen Sie doch einmal nach den 200 Milliarden Euro, die aus unseren Steuergeldern den Banken in den Rachen geschoben wurden.


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