Oekonomie

Mittwoch, 24. März 2010

Wirtschaftliche Katastrophe für die Euro-Staaten

Also was denn nun in Südeuropa?

Von Karl Weiss

Die südeuropäischen Euro-Staaten sollen vor der Pleite stehen. Was tun? In einem Artikel in ‚telepolis’ von Rainer Sommer wird die ökonomische Problematik der südeuropäischen Staaten Griechenland, Portugal, Spanien und Italien diskutiert, die der Autor schlicht als „Club-Med-Staaten“ zusammenfasst. Er kommt zu dem Schluss: Die jetzigen Empfehlungen laufen auf jahrzehntelange Schrumpfung hinaus mit einer völligen Verarmung fast der gesamten Bevölkerung. Am Ende stünde die wirtschaftliche Katastrophe der gesamten Euro-Zone.

Eurokarikatur

Mit anderen Worten: Würden die „Club-Med-Staaten“ tatsächlich konsequent durchführen, was von ihnen verlangt wird, massivste Ausgabenstreichungen und Lohnkürzungen, Verkäufe von Staatseigentum und exzessive Steuererhöhungen, würde dies für diese Staaten – und damit für die ganze Euro-Zone - zu einer ökonomischen Katastrophe führen, erklärt der Autor in diesem Artikel.

Seine Logik ist offensichtlich:

„Denn wenn der geplante massive Rückgang der staatlichen Nachfrage nicht durch hohe Unternehmensinvestitionen und höheren Konsum sowie eine Verbesserung der Außenbilanz kompensiert würde, hätten die „Club-Med-Staaten“ zwangsläufig mit ebenso massiv einbrechenden Wachstumsraten zu rechen.

Dann würde sich das Investitionsklima weiter verschlechtern und auch das Angstsparen sicherlich zunehmen. Die Folgen wären dann wohl eine schwere Pleitewelle bei privaten Schuldnern sowie eine weiterhin stark steigende Arbeitslosigkeit, was auf höheren Sozialausgaben und sinkende Steuereinnahmen hinauslaufen und wohl dafür sorgen würde, dass die hochgesteckten Budgetziele keinesfalls erreicht werden könnten.“

Es wird deutlich: Die Katze beißt sich in den Schwanz. Der rigorose Sparkurs würde mehr Unheil anrichten als Gutes tun. Vor allem aber kann er das Problem dieser Länder nicht lösen.

Die Vorstellung ist ja so: Deutschland und Frankreich zahlen in eine europäische Version des IMF ein, die „Club-Med-Staaten“ erhalten Hilfen, um ihre Schulden zu bezahlen und gehen auf extremen Sparkurs. Aber für diese südeuropäischen Staaten wäre das der Abschied von Wirtschaftswachstum für Jahrzehnte und die völlige Verarmung. Sie würden im übertragenen Sinne nach Afrika abgeschoben. Würden aber Deutschland und Frankreich dabei gewinnen? Natürlich nicht!

Diese beiden Staaten, die bisher noch nicht überschuldet sind, wären nach (heutigen Schätzungen von) Einlagen in jenen Fond von mindestens 1 Billion Euro (1000 Milliarden Euro) ebenfalls überschuldet sein und dann das Schicksal der südlichen Nachbarn teilen.

Aber: Könnte man nicht einfach den Euro abwerten? Auf 1 Dollar 10 oder sogar die Äquivalenz zum Dollar? Doch auch das wird nicht gut gehen. Sommer macht darauf aufmerksam, dass ja der Dollar einer der nächsten Anwärter auf einen Crash oder jedenfalls eine massive Abwertung ist. China und Japan, die beide praktisch ihren ganzen Staatsschatz in Dollar, bzw. US-Staatsanleihen (in Dollar) haben, werden zu einem bestimmten Zeitpunkt gezwungen sein, wesentliche Teile dieser Gelder in Euro umzuschichten, um die riesigen Verluste bei einer Dollarabwertung zu vermindern.

Da diese Geldmengen außerordentlich sind, hätte die ganze Euro-Zone nicht genug Geld, um soviel Dollar aufkaufen zu können, um die Dollarabwertung zu verhindern und den Euro schwach zu halten.

Mit einem hohen Eurokurs und ohne Wachstum, ja ohne Wachstumsaussichten für Jahrzehnte, wäre die wirtschaftliche Katastrophe für alle Euro-Staaten perfekt.


Veröffentlicht am 23. März 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 22. März 2010

‘…a debt crisis like the one in Greece…’

Bernanke spricht ganz offen

Von Karl Weiss

Wer noch Zweifel hatte und die Vorhersage des Zusammenbruchs der US-Wirtschaft einschließlich des Dollars für extrem pessimistisch hielt, der höre sich Originaltext von Ben Bernanke an, dem Chef der US-Zentralbank „Federal Reserve“. Er spricht offen von einer „Schuldenkrise wie jene in Griechenland“ und „es könnte schon heute passieren“.

Dollarnoten

Bereits im Dezember 2008 hat der Bürger-Journalist den Dollar-Crash vorhergesagt, siehe hier: „Vorhersage des Dollar-Crash

Die "Washington Times" schreibt:

„Mit unüblicher Offenheit warnte der Chef der ‘Federal Reserve’, Ben. S. Bernanke, am Mittwoch den [US-] Kongress, dass die Vereinigten Staaten bald einer Schuldenkrise wie der in Griechenland gegenüberstehen könnten und versicherte, die Zentralbank werde dem Gesetzgeber nicht mit Geld-Drucken helfen, um die aufgeblähten Schulden der Union zu bezahlen.

Kürzliche Ereignisse in Europa, wo Griechenland und andere Länder mit großen, unhaltbaren Defiziten wie die Vereinigten Staaten wachsende Schwierigkeiten mit dem Verkauf von Staatsanleihen an Investoren haben, zeigten, dass die Vereinigten Staaten mit der Möglichkeit eines plötzlichen Abzugs von Vermögen rechnen müssen, was die [US-] Steuerzahler zwingen würde, höhere Zinsen auf ihre Schulden zu zahlen, sagte Bernanke.

Dollar Gasp

„Das ist nicht etwas, das in 10 Jahren passieren kann. Es trifft den Markt heute.“ sagte er dem parlamentarischen Finanz-Ausschuss. „Es ist möglich, dass Bond-Märkte besorgt werden über die Bezahlbarkeit (so hoher jährlicher Defizite von über 1 Trillion [Dollar]) und wir könnten höheren Zinsen sogar schon heute gegenüber stehen.“

Damit bestätigt Bernanke haargenau das, was der Bürger-Journalist bereits vergangene Woche im Artikel „Der Kaiser ist ja nackt“ gesagt hat:

„Die Anbetung des Dollars durch die Spekulanten hat bereits religiöse Züge angenommen. Aber die Spekulanten werden mit der Zeit doch merken, was los ist. Und dann: Gnade dir Gott, reichstes Land der Welt! (...) Es gibt also bisher keine Spekulation gegen die USA oder den Dollar. Im Gegenteil, alle tun so, als würde sich hier nicht der grösse Crash der Finanzgeschichte anbahnen. (...) Selbst wenn das alles noch bis 2013 weiter ginge, wie ein Kommentator meinte, umso gigantischer würde dann der Knall der platzenden Blase.“

Allerdings geht die „Washington Times“ davon aus, das US-Parlament würde Gesetze zu massiven Steuererhöhungen und Ausgaben-Beschneidungen beschließen, damit würde der Anstieg der Schulden noch rechtzeitig gekappt und man könnte auf längere Sicht zu ausgeglichenen Haushalten zurückkommen, aber es gibt keine Mehrheiten für solche Maßnahmen und außerdem würde damit die sowieso schon daniederliegende US-Wirtschaft noch weiter geschwächt, sodass die erwarteten Steuern gar nicht eingehen würden. Die Situation ist wirklich bereits aussichtslos für die US-Wirtschaft.


Veröffentlicht am 22. März 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 16. März 2010

'Der Kaiser ist ja nackt!'

USA: Mediales Verschweigen der Situation

Von Karl Weiss

Es wird viel von Griechenland und den anderen südeuropäischen „PIGS-Staaten“ gesprochen und lamentiert, sie seien überschuldet und müssten „gerettet“ werden. Nach der Veröffentlichung der Februar-Daten der US-Treasury muss man allerdings feststellen: Die USA sind mindestens genauso überschuldet, wenn nicht sogar mehr. Nur gibt es für die USA keine „Rettung“. Niemand kann so viel aufbringen!

USA: Monatliche Ausgaben und Einnahmen pro Fiskaljahr

Zwar werden die Angaben der USA über ihr eigenes Brutto-Inlandsprodukt (BIP) mit jeder neuen Veröffentlichung gefeiert und erklärt, die USA seien schon aus der Krise, aber die Defizit- und Schulden-Zahlen sowie die steil fallenden Steuereinnahmen sprechen eine andere Sprache. Die BIP-Zahlen sind offensichtlich manipuliert, um alles nicht so schlimm aussehen zu lassen. Für den Februar 2010 weist der US-Haushalt ein Defizit von über 220 Mrd. Dollar auf, die höchste Februar-Zahl aller Zeiten. Das bedeutet, die Schulden der USA im Ausland steigen in einem Monat um diesen Betrag an. Wenn das so weiter geht, ist der Staat USA bald so überschuldet, dass es keine Rettung mehr gibt: Er wird in irgendeiner Form bankrott anmelden müssen. Dabei ist das Beunruhigendste: Diese Zahl steigt Monat für Monat scharf an. Wer genauere Einzelheiten wissen will, hier kann man mehr lesen.

Und jetzt lassen Sie sich diese Information auf der Zunge zergehen: Im Februar machten die Steuereinnahmen nur noch 32,7% der Staatsausgaben aus!

Jedes andere Land wäre längst ins Visier der Spekulanten geraten und der Wert der Währung hätte sich halbiert (oder etwas ähnliches). Aber die USA sind die USA! Seit Spekulantengedenken ist die USA mit ihrem Dollar der ‚sichere Hafen‘, wo man sein Geld unterbringt (in Dollars oder US-Staatsanleihen), wenn man vor allem Sicherheit gegen Verlust will. Da kann man nicht so schnell umdenken. Die Anbetung des Dollars durch die Spekulanten hat bereits religiöse Züge angenommen. Aber die Spekulanten werden mit der Zeit doch merken, was los ist. Und dann: Gnade dir Gott, reichstes Land der Welt!

Die Kurve der Staatsverschuldung der USA ist fast genau eine Exponentialfunktion. Wer sich ein bischen in Mathematik auskennt, kann dir sagen, was das ist: Ist die Kurve einmal in die steile Phase eingetreten, wird sie extrem schnell nach unendlich gehen!

USA-Staatsverschuldung - Das ist eine Exponentialfunktion!
O Gott! Das ist eine Exponentialfunktion!

Allerdings: Im Moment ist die Staatsverschuldung für die US-‚treasury‘ noch relativ billig. Die Höhe der Zinsen steht in keinem Verhältnis zum Fakt der exponentiell ansteigenden Schulden. Die Zinsen, die der Staat USA für seine Staatsschulden zahlen muss, sind niedrig und weiter sinkend. Im Februar zahlte man 3,285% Zinsen auf die Schulden. Im Februar 2007 hatte man noch über 5% Zinsen zu zahlen. So steigt der Zinsdienst für die Schulden nicht so schnell an, wie das eigentlich normal wäre bei diesen Schulden. Der absolute Stand der US-Schulden erreichte im Februar mehr als 12,5 Billionen Dollar oder anders ausgedrückt 12.500 Milliarden Dollar (untere Graphik).

Es gibt also bisher keine Spekulation gegen die USA oder den Dollar. Im Gegenteil, alle tun so, als würde sich hier nicht der grösse Crash der Finanzgeschichte anbahnen. Die USA strotzen weiterhin vor Kraft und können kaum gehen vor Waffen. Die Militärausgaben wurden auf über 690 Milliarden Dollar für dieses Fiskaljahr erhöht. Und da ist noch vieles in anderen Haushaltspunkten versteckt. Gleichzeitig brechen die Steuereinahmen im Rhythmus von 5 bis 10 % pro Monat im Vorjahresvergleich weg.

Sieht man die auseinanderstrebenden Kurven von Einnahmen und Ausgaben (siehe obere Graphik), so wird selbst einem schlichten Gemüt langsam mulmig. Selbst wenn das alles noch bis 2013 weiter ginge, wie ein Kommentator meinte, umso gigantischer würde dann der Knall der platzenden Blase. Das Loch, das sich dann auftut, könnte so gross ein, dass die gesamte Weltwirtschaftsleistung darin verschwinden könnte.

In welcher Zeitung, welchem Magazin, welchem Fernsehsender werden uns diese Zahlen serviert? Na sehen Sie! Alle spielen: Des Kaisers neue Kleider sind so schön! Aber irgendein kleiner Junge wird sich eines Tages finden, der ruft: „Aber der Kaiser ist ja nackt!“


Veröffentlicht am 16. März 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 11. März 2010

Deutschland: Kein Zurück zu alten Export-Höhen

Handelsbilanzüberschuss fiel im Januar

Von Karl Weiss

Die Politiker glauben an die Rückkehr früherer Exportüberschüsse Deutschlands, doch die Realität macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Nach mehreren Monaten von geringen Anstiegen fiel der Exportüberschuss Deutschlands im Januar von 13,4 Milliarden Euro auf 8 Milliarden Euro. Damit ist fast der ganze Anstieg seit August schon wieder aufgebraucht. Die Ursache war ein Einbruch der Exporte von 69,2 Milliarden Euro im Dezember auf 63,9 Milliarden Euro – ein Minus von 6% in einem einzigen Monat.

Deutschland Exportvolumen 2007 bis Jan 2010 Veränderung Vorjahr bzw 2 Jahre zuvor
Diese Graphik wurde dem interessanten Internetportal (Internetadresse steht in der Graphik) von Jürgen Jahnke entnommen

Die geringfügigen Anstiege des Handelsbilanzüberschüsse seit August waren von der Regierung und den regierungshörigen Ökonomen als Anzeichen einer Erholung der deutschen Wirtschaft und einem Ende der Krise gewertet worden. In Wirklichkeit waren sie in Teilen von sinkenden Importen verursacht – und sinkende Importe sind nicht gerade ein Anzeichen einer prosperierenden Wirtschaft.

Sieht man sich die absolute Höhe der Exporte an, so erkennt man eine Seitwärtsbewegung auf niedrigem Niveau mit kleinerem Auf und Ab seit Mitte vergangenen Jahres, also alles andere als einen Aufschwung. Die Vorkrisenzahlen sind weit weg und werden nach aller Voraussicht nie wieder erreicht werden.

Vergleicht man nämlich die Januarzahlen des Exports mit denen des Vorkrisenjanuar 2007, so ist ein Minus von 23,3% zu verzeichnen. Mit anderen Worten: Der deutsche Export krebst seit der Krise in etwa auf 75% seiner vorherigen Höhe dahin. Das ist keineswegs wenig, aber es reicht nicht mehr aus, als Lokomotive die deutsche Wirtschaft anzutreiben. Eigentlich müsste nun eine Inlands-Konsum-Komponente entwickelt werden, um irgendwann doch noch einmal ein Wachstum zu bekommen, aber da dürften wir bei unserem Politiker-Pack lange warten.

Veröffentlicht am 11. März 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 10. März 2010

Absolute Armut in den USA explodiert!

US-Krise vertieft sich

Von Karl Weiss

Fast genau 39 Millionen Menschen in den USA erhalten Lebensmittelmarken (Stand Dezember 2009), was nur bei nachgewiesener absoluter Armut möglich ist. Und dabei erhalten noch bei weitem nicht alle absolut Arme diese Hilfe im Wert von 134,55 Dollar im Monat, also ziemlich genau 100 Euro. Gegenüber dem Dezember 2008 sind das über 7 Millionen mehr. Diese Zahlen steigen seit Beginn der Krise unaufhaltsam an. Auch wenn die US-Börsen boomen, die Krise in den USA vertieft sich weiter!

Dollar Gasp

Unter absolut arm versteht man Leute, die nach internationaler Sicht als arm gelten, also nicht nur jene, die im Verhältnis zur gesamten Bevölkerung jenes Landes arm sind. Nimmt man alle Armen in den USA und zählt noch die Gefängnisinsassen dazu, kommt man locker auf 50 Millionen (Schätzung), also ein ganzes armes Spanien innerhalb des reichsten Landes der Welt.

Viele der anderen Armen in den USA, die also nicht einmal jene 100 Euro in Lebensmittelmarken erhalten, sind solche, die keine Kinder haben (Lebensmittelmarken erhalten Leute ohne Kinder nur für drei Monate) und jene Millionen und Abermillionen von Amerikanern, die es aufgegeben haben, noch einen Job zu suchen, nachdem so gute wie keine wirklich angeboten werden.

Stellt man die jetzige Zahl von 39 Millionen Lebensmittelmarkenbeziehern der von 1969 gegenüber, 2,8 Millionen, so wird deutlich, es handelt sich um ein anderes Land als damals. Und das reichste Land der Welt hat nicht die geringsten Schwierigkeiten mit diesen Zahlen. Weder Obama noch andere Politiker sagen, was gesagt werden müsste: Dies ist eine Scham für die Vereinigten Staaten von Amerika!

Der extrem schnelle und scheinbar unaufhaltsame Anstieg belegt aber auch, dass weiterhin in der Größenordnung von 700.000 Amerikanern pro Monat arbeitslos werden. Damit wird auch klar, es gibt zwei Amerikas: Jenes, das nur an Finanzwerten interessiert ist und glücklich und prosper ist, und jenes, das an die wirklichen, realen Werte gebunden ist und in der tiefsten Krise seit Menschengedenken verharrt.

Die Medien berichten anscheinend nur über das erste. Denken Sie einmal nach, wann ihnen welche Zeitung, welcher Fernsehsender oder welches Magazin zuletzt einen Einblick in das andere, das zweite Amerika gegeben hat.

Interessant auch: Während die Finanztitel völlig ohne Restriktionen bleiben, obwohl alle vernünftigen Beobachter solche Restriktionen für unabdingbar halten, ist die Verwendung von Essensmarken in den USA extrem restriktiv: Sie gelten weder für Fast-Food-Lokale oder andere Restaurants, weder für Medikamente noch für Kosmetikprodukte, weder für alkoholische Getränke noch für Tabakwaren, weder für Tiernahrung noch für Vitamine.

Und unsere Poitiker, allen voran unser Lieblingspolitiker Westerwelle, halten uns weiterhin die USA als großes Vorbild vor. Sie wollen anscheinend so weitermachen, bis wir endlich auch in Deutschland sagen können: Ich schäme mich, ein Bürger dieses Landes zu sein.


Veröffentlicht am 10. März 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 8. März 2010

Großbritannien als nächster PIGS-Staat?

Das Vereinigte Königreich in der Bredouille

Von Karl Weiss

Alles spricht von Griechenland, spricht von den PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien), die als Kandidaten für einen Staatsbankrott gelten. Allerdings hat das Vereinigte Königreich, meist einfach England genannt, deutlich schlechtere Daten als alle diese Länder des Euro-Verbundes. Die Briten verbuchten im Januar erstmals mehr Ausgaben als Einnahmen. Die Netto-Verschuldung (und das sind getürkte Zahlen) stieg auf fast genau 60% des Brutto-Inlandsproduktes (BIP).

Die wirkliche Zahl ist höher. Das Pfund sieht sich bereits Wetten gegen seinen Bestand gegenüber.

Northern Rock Pleite

Die Quote der Verschuldung steig in den vergangenen 12 Monaten um fast 10%. Das Haushaltsdefizit ist mit 13% eines der höchsten weltweit. Berechnungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich für den Schuldenstand im Jahr 2020, wenn nicht rücksichtslos gespart wird, kommen auf Schulden Großbritanniens von 200% des BIP in jenem Jahr. Das wird nur noch von Japan getoppt, mit 300 %.

Die Ökonomen verlangen nun drastische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Die Labour-Regierung hat die auch schon geplant, aber es stehen Wahlen an.

Der IWF hat errechnet, dass Großbritannien in den kommenden Jahren Sparmassnahmen im Umfang von 13 % des BIP auf den Weg bringen müsste. Bei Griechenland sind es nur 9%. Die politische Durchsetzbarkeit ist fraglich.

Allerdings hat das Vereinigte Königreich noch einen Trumpf in der Hand: Die Abwertung des Pfundes. Etwas, was die einzelnen Länder der Euro-Zone nicht mehr haben. Auch wenn eine Abwertung des Euro als Ganzes immerhin denkbar wäre, würde dies das Ansehen dieser Währung wohl unwiderruflich erschüttern. Und für England gilt: Eine Abwertung löst zwar auf der einen Seite Probleme, bringt aber neue auf der anderen Seite. Ein wesentlicher Teil des Inlandskonsums in England beruht auf Importen, die dann teurer werden.

Ja, man muss sich das einmal ganz nüchtern ansehen: Gehen wir einmal die grössten Volkswirtschaften der Erde durch, eine nach der anderen:

Die USA, die bei weitem größte Volkswirtschaft der Welt (wenn man die Wechselkurse als Vergleichs-Grundlage nimmt), sind praktisch unausweichlich zum Staatsbankrott verurteilt. Japan als (nach diesen Kriterien) zweitgrößte Wirtschaftsmacht müsste mit seinem Yen und der größten Ansammlung von Dollar-Bonds eigentlich noch eher baden gehen, wird aber spätestens beim Crash des Dollar mitgerissen.

Als nächstgrößte Macht nach diesen Kriterien wäre Deutschland dran, das (noch) keineswegs überschuldet ist wie seine beiden größeren Partner. Das Problem besteht darin, dass Deutschland keinen Weg aus der Krise hat, weil seine Politiker einen solchen nur über den Export sehen, aber die anderen Länder darauf nicht mehr so einfach eingehen werden.

In Deutschland ist das andere Problem die Anbindung an den Euro, in dem viele Crash-Kandidaten versammelt sind. Lässt man die VR China mal außen vor, die als nächstes Land drankämen, kommt dann schon England: Schwerste Verschuldungsprobleme, das Pfund ist akut gefährdet.

Danach kommt Frankreich, ebenfalls auf Gedeih und Verderb an den Euro gebunden. Als nächstes dann Italien, eines jener Länder, die das Problem des Euro darstellen.

Hat irgend jemand eine Idee, wie nach all dem eine Weltwirtschaft noch funktionieren soll? Nach aller ernsthaften Voraussicht ist das kapitalistische System am Ende.

Bereiten wir uns auf die Revolution vor!


Veröffentlicht am 8. März 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 5. März 2010

Euro-Land: 4,1% Minus

Ist der Euro noch zu retten?

Von Karl Weiss

Entsprechend einer Reuters-Meldung liegen nun auch die Euroland-Zahlen für das vierte Semester vor und damit für das ganze Jahr 2009. Gegenüber 2008, das allerdings im letzten Quartal bereits einen schweren Einbruch verzeichnete, ergab sich im Jahresvergleich ein zusätzliches Minus in der gesamten Wirtschaftsleistung von 4,1%.



Das vierte Quartal hatte ein Minus von 0,1% gegenüber dem dritten, wobei als schlechtes Zeichen die privaten Investitionen, die in einem Aufschwung zuerst anziehen würden, mit – 0,2% negativ herausstachen. Gegenüber dem (bereits desaströsen) 4. Quartal 2008 ergab sich im Schlussquartal 2009 ein zusätzlicher Rückgang von 2,1%.

Diese Zahlen sind von der europäischen statistischen Zentrale Eurostat veröffentlicht worden. Auch alles, was bereits über die ersten Monate 2010 vorliegt, gibt keinen Anlass zu Optimismus. Zwar sind die Zahlen im Jahresvergleich leicht positiv, aber das erste Quartal 2009 war auch das Schlimmste der ganzen bisherigen Krise.

Vor allem ergibt sich jetzt in mehreren der Euro-Länder ein deutliches Minus in den Steuereinnahmen, denn die gestiegene Arbeitslosigkeit macht sich in Steuerausfällen bemerkbar. Das ist aber im Moment der kritischste Punkt, denn alle Euro-Länder haben bereits eine hohe Staatsverschuldung und bei einigen werden bereits kritische Werte erreicht. Das trifft nicht nur auf Griechenland zu, sondern auch auf Italien, Irland, Portugal und Spanien.

Sollte Deutschland sich gezwungen sehen, Griechenland (und danach wahrscheinlich auch Portugal) mit Summen im Bereich von Zig Milliarden Euro zu unterstützen, um den Euro zu retten, so könnte mit Problemen Italiens und/oder Spaniens eine Welle von Spekulationen auf den Euro zukommen, die auf keinen Fall mehr aufgefangen werden können. Falls das versucht würde, könnte die deutsche Staatsverschuldung dann so steigen, dass auch Deutschland zum Ziel der Spekulanten werden könnte.

Während Irland nur etwa 4,2 Millionen Einwohner hat, also weniger als einst Gross-Berlin und während Griechenland und Portugal auf zwischen 10 und 11 Millionen Einwohner kommen, also etwa die Grösse der Metropol-Zone von Rio de Janeiro, sind Spanien mit etwa 46,5 Millionen und Italien mit etwa 60 Millionen Einwohnern ein ganz anderes Kaliber. Die italienische Wirtschaft ist (nach traditioneller Zählung) die achtgrösste Volswirtschaft der Erde, die spanische die elftgrösste.

Der angesehene Kommentator Münchau von der Financial Times Deutschland (FTD) gibt dem Euro noch höchstens 10 Jahre. Er meint, ein Land wie Deutschland, das ständig weiter die realen Löhne abbaut (gerade wieder in den Runden der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst, die beide nicht einmal dei Inflation ausgleichen) und ein Land wie Spanien, in dem trotz mehr als 20% Arbeitslosigkeit weiterhin die Löhne real angehoben werden, könnten auf Dauer nicht in der gleichen Währung bleiben.

Und Münchau ist nicht allein. Mehr und mehr wird der Euro in Frage gestellt. Wird er kippen?


Veröffentlicht am 5. März 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 1. März 2010

Weiter abwärts in den USA

Schlechtestes Jahr der Hausverkäufe seit Beginn der Aufzeichnungen

Von Karl Weiss

Die Medien berichten, die USA sei nun offiziell aus der Krise, weil das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) Zuwächse zeige. Aber das BIP ist künstlich aufgebläht durch Gelddrucken und riesige Verkäufe von Staatsanleihen. Die wirkliche, die reale Wirtschaft in den USA ist eher auf dem Abwärtstrend. Während 2009 140 Banken pleite gingen, sind es dieses Jahr schon 20.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Der Immobilienmarkt in den USA ist weiterhin notleidend. Das Ergebnis der Zahl der verkauften Häuser ist im Jahr 2009 auf ein Allzeit-Tief gefallen. Die Hausverkäufe sind auf minimale Zahlen gesunken. Im vorher schlechtesten Monat, Januar 2009, waren es 329 000 Häuser, im Januar 2010 fiel das auf 309.000. Damit steigen auch weiter die Zwangsversteigerungen, hauptsächlich wegen der steigenden Arbeitslosigkeit.

Dazu kommen jetzt die Probleme mit den Gewerbeimmobilien. Im vierten Quartal konnten 3,8% der Kredite auf Gewerbeimmobilien nicht bedient werden. Das ist eine sogar noch höhere Ausfallrate als die der Häuser. Das Beratergremium COP des Kongresses schätzt in nächster Zeit einen Ausfall dieser Kredite im Umfang von 200 bis 300 Milliarden Dollar. Bis 2014 werden angeblich 1,4 Billionen Dollar benötigt.

Immobilienzwangsvollstreckung
Dies Bild ist vom Jahr 2007 und zeigt, in welchen Bundestaaten der USA damals die höchsten Zahlen an Zwangsvollstreckungen exekutiert wurden. Das Problem ist also keines der aktuellen Krise, sondern bereits lange bekannt.

Das wird weiter Banken im Dutzend pro Wochenende in den Ruin treiben. Das COP schätzt, dass 40% (!) der verbliebenen Banken einen zu großen Anteil der Kredite mit Gewerbeimmobilien abgesichert haben.

Dabei fallen immer noch die Hauspreise, die sich während des Jahres für kurze Zeit zu erholen schienen. Gesamt Bilanz 2009: Minus 1,2%.

Was aber die Wirtschaft der USA am meisten nach unten zieht, ist die Verringerung des Konsums der privaten Haushalte (wegen der massiv gestiegenen Arbeitslosigkeit), der 70% der Wirtschaftsleistung der USA ausmacht. Der entsprechende Index ist auf den niedrigsten Wert seit 26 Jahren gefallen.

Housing Slump

Dazu kommt jetzt der deutliche Einbruch der Einnahmen aus Steuern. Da Obama versprochen hat, keiner, der weniger als 250.000 Dollar im Monat verdient, habe Steuererhöhungen zu befürchten, sind ihm die Hände gebunden. Mit schnell fallenden Steuereinnahmen werden sich Obamas Optionen auf Null reduzieren.


Veröffentlicht am 1. März 2010 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 24. Februar 2010

Deutschland in der Krise

Kein Ende der Wirtschaftskrise in Sicht

Von Karl Weiss

Die Ergebnisse des vierten Quartals des Vorjahres zeigen: Entgegen der Gesundbeterei der Politiker, der ‚Bild’ und der Wirtschaftsinstitute sowie der Wirtschafts-“Weisen“ gibt es keinen Aufschwung. Die Krise ist nicht zu Ende. Sie kann auch noch gar nicht zu Ende sein, denn die eigentliche Kern der kapitalistischen Wirtschafts-Krise, die Überproduktion im Vergleich zur Konsumption, ist ja nicht abgebaut.

EU: Einzelhandelsumsatz (EU der 15) 2005 bis 2009

Es müssen die Produktionskapazitäten der geringeren Lohnsumme angepasst werden, also massiv Kapazitäten vernichtet werden. Das ist der Kern der Krise. Das ist noch nicht geschehen. Man könnte natürlich stattdessen auch die Löhne deutlich anheben, aber das wird ohne Kampf im Kapitalismus nicht geschehen.

Zwar befinden sich Produktion, Exporte, Investitionen und privater Verbrauch nicht mehr im freien Fall wie in der ersten Hälfte 2009, aber die Beruhigung geht über eine Seitwärtsbewegung, also ein Plateau auf dem erreichten niedrigen Niveau, nicht hinaus.

Deutschland Brutto-Inlandsprodukt quartalsweise 2007 - 2009

Nimmt man beim deutschen Brutto-Inlandsprodukt (BIP) das Niveau des Jahres 2000 als 100, so war der Höhepunkt im ersten Quartal 2008 mit einem Index von etwas über 111 erreicht (11 Prozent Wachstum in etwas mehr als 7 Jahren, welch phantastische Leistung). Ab dann ging es bergab (wichtig: Die Krise begann nicht mit der Lehmann-Pleite, sie hat diese vielmehr ausgelöst). Bis zum dritten Quartal 2008 war man schon auf fast 110 abgerutscht, dann begann der steile Fall: 4. Quartal 2008: 108; 1.Quartal 2009: 104. Danach pendelte sich der Index um die 105 ein. Im 4. Quartal ist das BIP genau auf diesem niedrigen Niveau des 3. Quartals geblieben.

Das BIP des 4. Quartals 2009 liegt um 5,6% unter dem Niveau des ersten Quartals 2008, dem letzten Vorkrisenquartal. Man hat es also fertiggebracht, mehr als die Hälfte des Wachstums der vorherigen acht Jahre in eineinhalb Jahren wieder zu verlieren. Phantastisch, dieser Kapitalismus in seiner Endphase, nicht?

Der ehemalige Bankier und Finanz-Staatssekretär Jürgen Jahnke erklärt in seinem interessanten Portal https://www.jjahnke.net/ im Rundbrief vom 10.2. 2010 (hier: https://www.jjahnke.net/rundbr67.html#wir ) zusätzlich, dass es nur deshalb nicht noch weiter abwärts gegangen ist, weil die Importe weiter zurückgegangen sind (die gehen ja negativ in die Rechnung ein, das gibt also ein Plus), was ja eben auch nur zeigt: Die Wirtschaft kauft weniger, es gibt also kein Ende der Krise. Dieses würde sich ja gerade dadurch ankündigen, dass die Importe wieder steigen, dass die Investitionen steigen, weil die Unternehmen steigende Umsätze erwarten.

Bei Jahnke in jenem Rundbrief kann man auch gleich nachlesen, warum die Krise in Deutschland nun ständig schlechtere Zahlen als die vergleichbaren Wirtschaften der USA, Großbritanniens und Frankreichs aufweist: Die deutsche Lohn- und Gehaltssumme ist von Dezember 2008 bis 2009 noch einmal um 8,7% zurückgegangen, nachdem es bereits seit dem Jahr 2000 als einzigem größeren Land kein Wachstum auf diesem Feld mehr gab. Im Vergleich zum Vorkrisen-Dezember 2007 fiel sie sogar um 12%. Wie soll sich die deutsche Wirtschaft erholen, wenn die Lohn- und Gehalts-Empfänger in immer schnellerem Rhythmus weniger in der Tasche haben?

Statistik Reallöhne

Meinen die schlauen Volkswirtschaftler, die Reichen würden ihre Ausgaben so steigern, dass das aufgewogen würde? Nun, zu so abenteuerlichen Aussagen lassen sich nicht einmal die Vollidioten von der Volkswirtschafts-Branche hinreißen.

Nein, sie sagen, was sie immer gesagt haben: Rettung gibt es nur durch den Export. Die Binnennachfrage ist so unwichtig wie sonst nichts und der Export wird wieder anziehen.

Tja, nur das tut er nicht. Zwar hat der freie Fall der deutschen Exportzahlen ebenfalls aufgehört und es gibt auf niedrigem Niveau Schwankungen nach oben und unten, aber man wird davon ausgehen müssen: Der deutsche Export wird nie wieder zu jenen Höhenflügen aufbrechen, die Deutschland für viele Jahr zum Export-Weltmeister machten. Und das ist auch gut so, denn das internationale Ungleichgewicht zwischen riesigen Exportnationen (Deutschland, China) und riesigen Importnationen (vor allem die USA, aber auch Großbritannien) war eine der Ursachen, warum diesmal der Einbruch so gewaltig war – ganz zu schweigen von dem, was noch kommt.

Und da gibt es den Konsum-Einbruch. Auch wenn unsere Herren Volkswirtschaftler das nicht wahrhaben wollen, denn in ihrer Ideologie gibt es keine Nachfrage-Komponente, die ständig fallende deutsche Lohn- und Gehaltssumme führt zu einer ständigen Verringerung des inländischen Konsums, was zusammen mit dem fehlenden Export-Aufschwung alle Wachstumshoffnungen gründlich zunichte macht. Zwar konnte das mit der Abwrackprämie eine Zeitlang verdeckt werden, aber nun kommt mit deren Auslaufen der Effekt der Vorwegnahme von Auto-Käufen zur Geltung und der Konsum, der (unter Einschluss der Auto-Käufe) eine Zeitlang anstieg, zeigt erneut desaströse Zahlen.

Die Nachrichtenagentur AFP berichtet nun zum deutschen Außenhandel von 2009: Dies war das schlechteste Jahr seit 1950. Der Exporteinbruch liegt nach dieser Meldung bei 18,4% gegen 2008, wobei aber auch jenes Jahr bereits niedriger lag als das Vorjahr, das letzte Vorkrisenjahr 2007.

Das Ganze hat noch eine andere Dimension – und die sollte uns besonders kümmern: Die Steuereinnahmen fallen unter diesen Bedingungen deutlich (bei weniger Lohnsumme auch weniger Steuereinnahmen, bei weniger Konsum auch weniger Steuereinnahmen) und damit werden die Staatskassen, die sowieso bereits durch die Bankenhilfen geplündert wurden, immer klammer. Das riecht nach Steuererhöhungen (oder Erhöhungen von Abgaben), auch wenn die Koalition weiterhin von Steuerabbau spricht. Erinnern wir uns, dass bereits vor den Wahlen, aus denen Merkel und Westerwelle als strahlende Sieger hervorgingen, Zahlen von 25 % Mehrwertsteuer kolportiert wurden. Kann es sein, dass man nur noch die Wahlen in NRW abwartet, bis da „Butter bei die Fische“ gegeben wird?


Veröffentlicht am 23. Februar 2010 in der Berliner Umschau

Dienstag, 23. Februar 2010

Staatsbankrott der USA?

Die New York Times und die BIZ warnen

Von Karl Weiss

Was die New York Times (NYT), der Welt größte Zeitung, da im Leitartikel am 16. Februar 2010 schreibt, ist harter Tobak. Zwar hütet man sich, die angedeuteten Folgen der momentanen Politik beim Namen zu nennen (man spricht verniedlichend von „Dept Crisis“, also Schulden-Krise), aber der Inhalt ist eindeutig: Staatsbankrott der USA.

Dollar Gasp

Die Argumentation läuft etwa so:

1. Die Bush-Administration hat ihre Popularität zu retten versucht mit Steuer-Senkungen und hat Ausgaben-Kürzungen versprochen, in Wirklichkeit die Ausgabe aber gesteigert. Als Obama das Amt übernahm, war er bereits in der Situation der höchsten Staatsverschuldung (in Relation zur Wirtschaftsleistung), in welcher die USA je waren.

2. Dazu kam die Krise und kamen dann die großen Banken-Rettungsaktionen, die praktische Verstaatlichung der riesigen Hypotheken-Institutionen „Fannie Mae“ und „Freddie Mac“ (die waren schon vor seinen Amtsantritt, mussten baer später aufestockt werden), die Versuche, die Konjunktur mit Milliarden-Ausgaben anzukurbeln und gleichzeitig keine Steuererhöhungen, weil Obama, um gewählt zu werden, jegliche Steuererhöhungen für alle mit Einkommen unter 250 000 Dollar pro Monat ausgeschlossen hatte.

Barack Obama

3. Die größten Kostensteigerungen aber bringen angesichts der hochschnellenden Arbeitslosigkeit und der jetzt in Rente gehenden Baby-Boom–Generation die Systeme Medicare (Gesundheitsversorgung für jene, die keine Versicherung haben), Medicaid (für Ältere) und Social Security (Arbeitslosenunterstützung und Essensmarken-Programme), die eigentlich durch die Gesundheitsreform abgelöst werden sollten, aber Obama konnte sich nicht durchsetzen.

4. All dies zusammen steigert die Schulden immer schneller in einem Ausmaß, das als „kritisch“ bewertet wird, gemeint ist damit, die Schuldensteigerung und die ständig wachsenden Zinszahlungen werden an eine Obergrenze stoßen, an der nichts mehr geht.

Dollarnoten

5. Gleichzeitig beginnen verschiedene Länder (China vor allem) bereits, weniger US-Staats-Schuldscheine zu kaufen. Sie werden höhere Zinsen verlangen angesichts der offensichtlichen Risiken, was die Situation noch weiter verschärfen würde.

6. Massive Ausgabenkürzungen, die in solchen Situationen als Allheilmittel gelten, würden mit Sicherheit die Krise erneut anheizen und die Arbeitslosigkeit weiter erhöhen, was über die Sozialversicherungssysteme zu weiteren riesigen Ausgaben-Erhöhungen führen würde, wäre also kontraproduktiv.

7. Blieben also nur massive Steuer-Erhöhungen. Die USA sind einer der Staaten mit den geringsten Steuern. Eine Mehrwertsteuer wie in Europa mit einem Satz von z.B. 15 % könnte einiges ausmachen. So etwas ist aber praktisch undenkbar. Obama müsste seine Versprechen brechen. Die hat er aber zu einem Zeitpunkt gemacht, als diese Situation bereits abzusehen war. Er würde völlig unglaubwürdig werden. Die Republikaner würden ihn in der Luft zerreißen und zu Hackfleisch machen. Obama hat sich mit seinen Versprechungen in eine aussichtslose Lage gebracht.

Wenn aber die Schulden und der Zinsdienst immer mehr ansteigen, wenn andauernd neue Staatsanleihen aufgelegt werden müssen, um diese noch zahlen zu können, bzw. über alle Massen Geld gedruckt wird, dann kommt der Moment, in dem der Dollar seine führende Stellung verliert und/oder die US-Staatsanleihe nicht mehr als völlig sicher gilt. Ab diesem Moment bis zum US-Staatsbankrott ist es nur noch ein kurzer Weg.

Am 9. Dezember 2008 wurde in diesem Artikel: „Voraussage des Dollar-Crash“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/5375888/ ) geschrieben: „Nun so sei es denn: Ich, Karl Weiss, der die Krise vorausgesagt hatte, warne hiermit heute, am 9. Dezember 2008: Der Dollar wird crashen.“

Noch drei Anmerkungen: 1. Es spielt keine Rolle, ob zuerst die US-Staatsanleihen zusammenbrechen oder der Dollar, beides läuft aufs Gleiche hinaus. 2. Es kann sehr wohl sein, dass der Euro oder andere Währungen vorher kollabieren. Das ändert nichts an den Problemen des Dollar. 3. Das kann sich noch eine ganze Zahl von Jahren hinziehen. Die NYT spricht z.B. vom Jahr 2014. Aber Jahre vergehen schnell.

Fast gleichzeitig mit diesem NYT-Artikel kam eine Reuters-Meldung über Aussagen aus der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Dort heißt es:

„Die Staatengemeinschaft steuert nach Einschätzung der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich nach der Finanzkrise auf eine Schuldenkrise globalen Ausmaßes zu. "Die Fiskalprobleme der Industrieländer sind größer als die offiziellen Verschuldungszahlen zeigen", heißt es in einer aktuellen Studie der auch Notenbank der Notenbanken genannten BIZ...“

„Die BIZ hat immer wieder mit frühzeitigen Warnungen für Aufsehen gesorgt; so hatten BIZ-Ökonomen bereits lange vor dem Ausbruch der jüngsten Finanzkrise 2007 vor massiven Risiken bei Kreditderivaten und am US-Häusermarkt gewarnt...“ heisst es in der Meldung.

Es wird also deutlich, es handelt sich nicht um ein spezielles US-Problem, obwohl natürlich der Zusammenbruch der US-Wirtschaft die bei weitem umfangreichsten Auswirkungen hätte. Es werden ausdrücklich die Länder der Euro-Zone, Großbritannien und die USA als Kandidaten für eine „Explosion der Staatsschulden“ und eine „Vertrauenskrise bislang ungekannten Ausmaßes“ genannt. Auch hier wird ein Zeitrahmen im Bereich 2014 bis 2016 angepeilt.

Was die BIZ nicht sagt, allerdings im NYT-Artikel deutlich wird: Es gibt jetzt bereits praktisch keinen Ausweg aus dieser Situation. Es gibt nämlich nur zwei Maßnahmen, die jene „Krise bisher unbekannten Ausmaßes“ verhindern könnten: Massive Steuererhöhungen und brutale Verringerung der Staatsausgaben. Dies aber – und erst recht die Kombination von beidem – würde die Wirtschaftskrise erneut (oder weiterhin) verstärken, die Firmenpleiten würden in die Milliarden gehen und die Arbeitslosenzahlen in die Zig Milliarden.

Ja, es gäbe einen eventuellen Ausweg, nur würden sie diesen nicht nehmen: Man könnte massiv die Löhne erhöhen, könnte Mindestlöhne einführen bzw. erhöhen, die Arbeitslosenunterstützungen deutlich anheben und gleichzeitig durch die verstaatlichten Banken billige Kredite für Hausbau und Industrie-Investitionen bereitstellen und massiv Staatsangestellte einstellen. Brasilien hat bewiesen: Das funktioniert. Brasilien ist als eines der wenigen Länder bereits aus der Krise. Die Zahl der Pleiten durch diese Maßnahmen ist gering geblieben. Geld, das man unten in die Wirtschaft reinschiebt, drückt automatisch nach oben durch. Der Anstieg der Steuereinnahmen bringt dann genauso automatisch die ausgegeben Gelder wieder herein.

Nur: das würden die Konservativen und Liberalen in allen Ländern als „Sozialismus“ bezeichnen und die Sozialdemokraten ebenfalls ablehnen. Also wer soll das dann noch durchführen?

Karl Marx

Sie werden das Schiff also auf Kurs halten und entweder links bei Szylla oder rechts bei Charybdis auf die Felsen fahren. Prost Mahlzeit!

Und nicht vergessen Revolution zu machen!


Veröffentlicht am 22. Februar 2010 in der Berliner Umschau

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