Umwelt

Freitag, 13. Oktober 2006

Alkohol als Kraftstoff - Der Boom hat begonnen, Teil 3: Der 'Rush' gewinnt an Tempo

Alkohol als Kraftstoff - Der Boom hat begonnen (Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol), Teil 3: Der "Rush" gewinnt an Tempo

Von Karl Weiss

Dies ist nun der dritte Teil der "Alkohol-Reihe", der am 29. Juli 2006 in der "Berliner Umschau" veröffentlicht wurde.

In diesem Teil soll u.a. der Frage der Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe und der Bedeutung von Bio-Diesel nachgegangen werden. Bevor aber in diesem und weiteren Teilen dieser Reihe die bereits angekündigten weiteren mit dem Bioethanol als Kraftstoff zusammenhängenden Themen behandelt werden, sollen die seit der Veröffentlichung des ersten Teils der Serie neuen Entwicklungen auf dem Gebiet Ethanol als Kraftstoff berichtet werden. Die Entwicklung ist jetzt so schnell geworden, daß im Monatsrhythmus neue bedeutende Veränderungen zu berichten sind.

Aus Brasilien kommt als letzte Meldung, daß nach Bill Gates und George Soros nun auch die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin in Brasilien waren und Geschäftsmöglichkeiten im Alkohol-Business erkundet haben. Die Schätzungen für die Investitionen, die in diesem Geschäft nur in Brasilien am Ende für 2006 zusammengezählt werden, liegen nun bei 9,6 Milliarden US-Dollar. Der Vergleich des brasilianischen Alkoholgeschäfts mit einem „Gold-Rush“ ist also nicht weit hergeholt.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Eine wesentliche Meldung dazu kommt nun aber aus Europa: Die niederländische ABN Amro Bank, eine der größten der Welt, hat eine bedeutende Stellungnahme zum Alkohol-Business für die Finanzmärkte abgegeben, u.a. veröffentlicht in Deutschland unter „4investors“. Dort heißt es u.a.: „... Möglichkeiten ..., das Erdöl als Treibstoff zumindest teilweise zu ersetzen.... Ethanol ist ein solcher Ersatzbrennstoff.“ „Brasilien, das bereits heute 30 Prozent seiner Kraftstoffnachfrage durch Ethanol bedient, wird ... auf lange Zeit unerreicht bleiben.“ „In Deutschland fristete das Thema Bioethanol bislang eher ein Schattendasein.“ „Das Wachstum ist enorm. Experten gehen davon aus, daß der Markt in den nächsten fünf Jahren um 20 Prozent pro Jahr wächst.“

„Die Europäische Kommission hat als Ziel ausgegeben, daß bis 2010 5,75 Prozent des Benzinbedarfs im Transportwesen durch Ethanol gedeckt werden sollen. Das dürfte machbar sein, denn bereits heute kann jeder Benzinmotor mit einer Beimischung von zehn Prozent Ethanol betrieben werden. Der Engpaß ist daher gegenwärtig die Produktion ausreichender Mengen von Bioethanol.“

Eine andere, ähnliche Empfehlung mit Bezug auf die Finanzmärkte hat „finanznachrichten.de“ veröffentlicht. Dort heißt es: „... ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch der Rest der Welt mitbekommt, was in Brasilien bereits bekannt ist: Ethanol kann Benzin ersetzen, Ethanol kann aus nachwachsenden Rohwaren (Zucker, Mais) hergestellt werden, ist umweltfreundlicher, verringert die Abhängigkeit von den Erdöl exportierenden Staaten….“ „Aus diesen Gründen rufe ich hiermit den „Megatrend Ethanol“ aus ....“

U.a. wird auch berichtet, was bereits jetzt als Vorteil für die USA herausgesprungen ist: Das Handelsbilanzdefizit, einer der besorgniserregenden Schwachpunkte der einzigen Supermacht, wäre im Jahr 2004 noch 5,1 Milliarden Dollar höher gewesen, wäre nicht der aus Mais hergestellte Alkohol gewesen. Dabei gibt es in den USA erst 600 Ethanol-Tankstellen und eine geringe Zahl von Flex-Fahrzeugen.

Eine andere Neuheit ist der Biokraftstoff-Report des World Watch Instituts, über den man am 17. Juli lesen konnte. Dort heißt es u.a.: „Innerhalb der EU könnten Biokraftstoffe in den nächsten 25 Jahren 20 - 30 % des Ölverbrauches substituieren.“

Energieverbrauch Deutscland

Eine andere Nachricht kam am 20. Juli zu diesem Thema in der „Berner Rundschau“. Während die Berner früher als etwas langsam galten, haben sie die bundesdeutschen nun bereits abgehängt: In Winterthur wurde die erste Schweizer Alkohol-Tankstelle eröffnet. Dort wird Bio85 verkauft, also Alkohol mit einer Zumischung von 15% Benzin, und zwar zu einem Preis von 1,395 Schweizer Franken, während an der gleichen Tankstelle der Preis von Benzin Bleifrei 95 Octan SFr 1,765 beträgt, das sind etwa 27% mehr. Dieser Alkohol kann aus Zuckerrüben, Kartoffeln oder Holzschnitzeln hergestellt werden. Allerdings tauchen an dieser Tankstelle noch keine Kunden für Alkohol auf, weil ja die Flex-Fuel-Fahrzeuge, deren Technologie ausgereift ist und die Benzin und Alkohol in jeder beliebigen Mischung verarbeiten können, noch nicht auf dem Markt in Mitteleuropa sind. Ab September wird aber in der Schweiz das erste alkoholfähige Auto in den Verkaufsräumen stehen.

Als einziges Land in Europa ist Schweden schon weiter. Dort kann man bereits jetzt fast alle erhältlichen Fahrzeuge auch in der Flex-Version kaufen. Ein Netz von Alkohol- und Bio-Diesel-Tankstellen ist bereits am Wachsen. Anfang Juli hat eine Regierungskommission einen Plan vorgelegt, der im einzelnen darlegt, wie Schweden bis zum Jahr 2020 völlig unabhängig von Erdöl-Einfuhren werden will. Wesentlicher Teil davon ist der massive Anbau von Pflanzen, aus denen Bio-Ethanol und Bio-Diesel hergestellt werden können. Es sollen brachliegende Flächen genutzt werden und wie in der Schweiz auch auf Holzschnitzelbasis gearbeitet werden.

Globale Erwärmung

Der Staat wird massiv in Alkohol- und Bio-Diesel-Fabriken investieren. Das reicht natürlich nicht aus, um jeglichen Erdölimport zu ersetzen. Dazu sind vor allem viele Maßnahmen der Verringerung von Energieverschwendung nötig, die auch Bestandteil des Plans sind. Dazu kommt, daß Schweden eine bedeutende Papierindustrie hat. Dort fallen eine Menge von Stoffen an, die verbrannt und damit zum Heizen und Elektrizität-Erzeugen verwendet werden können.

Daß weder in Deutschland noch in Frankreich oder Italien oder anderen europäischen Ländern, die riesigen Erdölbedarf, aber kein oder so gut wie kein eigenes Erdöl haben, solche Programme in Angriff genommen werden, erscheint zunächst unerklärlich. Erst wenn man weiß, wie eng die jeweiligen Regierungs-Politiker mit den Öl-, Energie- und Auto-Konzernen verwoben sind, beginnen langsam einige Alarmglocken zu schrillen.

"Schaden vom Volk durch hochschießende Benzinpreise und Klimawandel wenden, nein, wozu? Wir wollen Schaden von den Profiten der Großkonzerne und -banken wenden, denn dort kommen wir nach unserer politischen Karriere unter."

Währenddessen haben die Vereinigten Staaten entdeckt, daß es Alternativen zum sündteuren Erdölimport gibt und arbeiten zügig an entsprechenden Programmen. Eben haben Ford und die Bio-Kraftstoff-Firma Vera Sun ein Programm vorgestellt, das nicht nur die Herstellung von Bio85-Alkohol vorsieht, sondern auch den Beginn eines Netzes von Alkohol-Zapfsäulen an den Tankstellen. Ford offeriert in den USA bereits vier seiner Personenwagen in der „Flex“-Version. Ford war auch in Schweden Vorreiter der Flex-Fahrzeuge.

Nun haben die Südstaaten der Vereinigten Staaten, wie die ‚Berliner Umschau’ schon kurz meldete, ein Energie-Sicherheitskonzept vorgelegt, das ähnlich dem schwedischen Programm neben Energieeinsparungen und Gebrauch heimischer Rohstoffe (Kohle, Ölschiefer) zur Kraftstoff- und Energiegewinnung auch den massiven Einsatz von Bio-Kraftstoffen vorsieht. Diese Vereinigung der Südstaaten, die ihren Plan auf einem Treffen der Gouverneure in New Orleans vorstellte, ist überwiegend ein Republikaner-Verein, also von Bushs eigener Partei. Das bedeutet, daß zwar Bush weiterhin einen speziellen Vertreter der großen US-Ölkonzerne darstellt, aber die Republikaner als Regierungspartei mehrheitlich nicht mehr am Gängelband dieser Konzerne laufen wollen. Das hängt wohl speziell damit zusammen, daß die meisten Südstaaten weiterhin eine stark von Landwirtschaft geprägte Wirtschafts- und Beschäftigten-Struktur haben.

Und die Vorteile für die Landwirtschaft sind eben die bei weiten sichtbarsten im Fall von Bio-Kraftstoffen im besonderen und Bio-Energie im allgemeinen. Landwirtschaftliche Produkte, die zur menschlichen Ernährung verwendet werden, haben in hochentwickelten Industriestaaten mit starker Währung nur eine Chance, mit den extrem niedrigen Weltmarktpreisen landwirtschaftlicher Produkte zu konkurrieren, wenn sie massiv subventioniert werden, was sowohl Probleme für das Budget-Defizit wie zum Teil auch für das Zahlungsbilanzdefizit bringt. Das gilt im Prinzip auch für die EU, wenn auch diesseits des Atlantiks keine so massiven Defizit-Probleme vorliegen.

Die Herstellung von Pflanzen zur Umwandlung in Energie-Flüssigkeiten dagegen ist die ideale Lösung für die landwirtschaftlichen Probleme der Industriestaaten. Die Stoffe werden im Land hergestellt und verbraucht, so daß die internationale Preissituation nur am Rande eine Rolle spielt. Man hat einen garantierten Absatzmarkt und hängt nicht von den Preisbewegungen an Börsen ab, die in manchen Jahren eine Ernte schlicht und einfach unrentabel machen. Man kann die kostenintensiven Subventionen einstellen bzw. herunterfahren und gleichzeitig die ebenso wichtigen Kosten der Erdölimporte senken. Kurz: es ist die ideale Lösung. Lediglich eine zeitweilige Steuerbefreiung oder niedrige Besteuerung ist als Anlaufinvestition nötig, was aber bei weitem nicht an die Größenordnungen der heutigen Subventionen herankommt.

Und wie mit einer magischen Anhäufung von Nur-Vorteilen, tut man auch noch etwas gegen die Verschärfung des Klimawandels und zur Verbesserung der Luft der Ballungsräume.

Grönland-Erwärmung-Stand-1985

Grönland Erwärmung Stand 2002

Grönland Erwärmung Überblick - Kartenausschnitt
Die beiden oberen Bilder zeigen in beeindruckender Weise das Fortschreiten der Eisschmelze in Grönland, wie weit sie bereits vor 5 Jahren gekommen war. Allerdings ist die Aussagekraft durch die unterschiedlichen Jahreszeiten eingeschränkt. Sowohl November als auch Mai sind aber in der Arktis-Region Teile des Winters. Der Sommer dauert nur von Juni bis August. Das untere Bild zeigt den Ort der Satelliten-Fotos und (in Farben) die Anzahl Tage in Grönland mit Eisschmelze.

Der Südstaaten-Plan sieht bis zum Jahre 2030 einen vollständigen Ersatz von eingeführtem Erdöl vor, so daß ab diesem Zeitpunkt in den USA nur noch das im eigenen Land geförderte Erdöl verwendet würde. Man will, wie das auch schon die Schweden vorhaben, ein besonderes Augenmerk auf die Möglichkeit legen, Alkohol aus Holzschnitzeln herzustellen.

Die Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe

Immer wieder wird von interessierten Kreisen die Umweltbilanz von Bio-Kraftstoffen in Frage gestellt. Was den Alkohol angeht, so hat er bezüglich der Umwelt zuallererst und vor allem den unschätzbaren Vorteil, kein zusätzliches Treibhausgas CO2 auszustoßen, was momentan das bei weitem dringendste Umweltproblem darstellt, denn der durch die globale Erwärmung hervorgerufene Klimawandel droht in eine Klimakathastrophe umzuschlagen.

Treffende Karikatur

Experten geben der Menschheit im Moment nur noch etwa 15 Jahre, bis massive Verringerungen des Kohlendioxid-Ausstoßes ereicht sein müssen, um nicht in eine Katastrophe ohne Umkehrmöglichkeit hineinzuschlittern, die im Verlauf eines Jahrhunderts die Menschheit, wie wir sie kennen, auslöschen würde.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Dieser Vorteil ist so grundlegend und wesentlich im Moment, daß er allein bereits genug Grund wäre, sofort massiv auf Alkohol umzustellen, selbst wenn es keinerlei andere Vorteile gäbe.

Bei allen kritischen Stellungnahmen zu Bioethanol als Kraftstoff sollte man deshalb zunächst überprüfen, ob die Stellungnahme der Bedeutung dieses Themas gerecht wird. Ist das nicht der Fall, kann man davon ausgehen, daß die Stellungnahme entweder aus einer wesentlichen Unwissenheit heraus abgegeben wurde oder daß da jemand zynisch zum Vorteil der Profite bestimmter Öl- und anderer Konzerne Desinformation betreibt.

Von einigen Stellen wird argumentiert, daß der Vorteil des geringeren Ausstoßes von Kohlendioxid (denn das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid wurde ja vorher von der Pflanze beim Wachsen der Luft entnommen) zum Teil oder sogar vollständig von einem hohen Energiebedarf aufgewogen werde, der für die Herstellung des Alkohols notwendig sei und durch Elektrizität, die viel Kohlendioxid zur Herstellung ausstößt, geliefert werden müsse. Auf das Argument des hohen Energieverbrauchs wird noch beim Besprechen der Energiebilanz eingegangen werden, aber hier kann schon vorausgeschickt werden, daß für einen Liter Alkohol bei entsprechend entwickelten Herstellungsverfahren nicht mehr Energie benötigt wird als für einen Liter Benzin. Wichtig ist natürlich, daß man die Vorteile, mit Pflanzenprodukten zu arbeiten, auch ausnutzt. So wird in Brasilien z.B. der Abfall des Zuckerrohrs, der früher auf den Feldern verbrannt wurde, jetzt in den Zucker- und Alkoholfabriken zur Energieeerzeugung verwendet, so daß hier auch „saubere“ Energie im Sinne der Nichtausstoßes von zusätzlichem Kohlendioxid verwendet wird.

Es gibt bezüglich des Alkohols aber auch noch andere Umweltgesichtspunkte. Einer ist die geringere Luftverschmutzung von Motoren, die mit Alkohol betrieben werden. Hier ergeben sich in der Summe wesentliche Verbesserrungen gegenüber einem unter vergleichbaren Bedingungen mit Benzin betriebenen Auto. Zunächst enthält der Alkohol keine Schwefel-Bestandteile und es entsteht damit kein Schwefeldioxid als Abgas (wie auch kein giftiges und stinkendes H2S durch den Katalysator). Damit ist der wesentliche Grund für den „sauren Regen“ bekämpft. Die Bäume werden es danken. Als zweites enthält der Alkohol im Gegensatz zum Benzin keine aromatischen Bestandteile wie Benzol und andere, die nicht nur eine Tankstelle zu einem auf Dauer krebserzeugenden Arbeitsplatz machen, sondern auch als aromatische Bestandteile in den Auspuffgasen die Luft mit krebserregenden Substanzen anreichern. Ebenso sind in den Auspuffgasen von Alkohol-Motoren keine Kohlenwasserstoffe enthalten, was ebenfalls ein wichtiges Plus für die Luftqualität ergibt.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Allerdings ist Alkohol keineswegs DIE Lösung für die Luftverschmutzungs-Probleme. So stößt ein Alkohol-Auto genauso wie ein mit Benzin betriebenes Nitrose Gase aus (NOx), die zusammen mit dem Sauerstoff der Luft das in den unteren Luftschichten unerwünschte Ozon verursachen. Nitrose Gase sind auch zum Teil an der Bildung von „saurem Regen“ beteiligt, so daß dieses Phänomen nicht völlig verhindert wird. Die Bildung von Nitrosen Gasen kann - abhängig von den Umständen - bei Alkohol-Motoren sogar etwas höher sein als bei Benzin-Motoren, weil der Alkohol etwas mehr Energie-Inhalt pro Volumeneinheit hat - verursacht durch die höhere Dichte -, was der Fahrer durch ein temperamentvolleres Auto bemerkt. Dies führt zu höheren Verbrennungstemperaturen, die wiederum zu mehr Nitrosen Gasen führen können.

Auch können in den Abgasen von mit Alkohol betriebenen Motoren neue, andere chemische Substanzen auftauchen, wie z.B. Acetaldehyd und Derivate davon, die in der Luft in keiner Weise willkommen sind. Es gibt auch noch keine umfangreichen Versuche über die Wirkungen von andauerndem Einatmen solcher Abgase. Die gibt es aber genausowenig über die von Benzinmotoren, obwohl die Verwendung von Benzin als Kraftstoff schon über ein Jahrhundert Tradition hat und genügend Zeit gewesen wäre, solche Untersuchungen von neutralen Institutionen durchführen zu lassen. offensichtlich haben interessierte kreise diese ganze Zeit solche Untersuchungen verhindert, weil sie genau wissen, die Ergebnisse wären für das Benzin katastrophal.

Damit kommen wir zu generelleren Überlegungen: Alkohol als Kraftstoff ist nicht mehr und nicht weniger als eine Übergangslösung, keineswegs der „Kraftstoff der Zukunft“. Er hilft in diesem Moment der Menschheitsgeschichte bei der Lösung des wichtigsten, akutesten Problems und hat weitere bedeutende Vorteile. Er löst aber trotz Vorteilen nicht das wesentliche Problem der Luftverschmutzung durch den Autoverkehr und kann auch nicht vollständig Benzin ersetzen, weil dazu einfach zuviel Anbaufläche benötigt würde.

Wenn wir in der Zukunft den Sozialismus erkämpft haben werden, wird man sich grundsätzlich um die Frage der Lösung des Problems des Transportes von Menschen und Gütern Gedanken machen müssen und wird wahrscheinlich zu einer Lösung kommen, die nicht Hunderttausende von Verkehrstoten jährlich fordert. Auf dieser Basis wird dann auch das Problem gelöst werden, woher die Energie für diesen Transport kommen soll - und das wird wahrscheinlich weder benzin noch Alkohol sein.

Das kann aber kein Anlaß sein, den Nachdruck, mit dem jetzt die Umstellung auf Alkohol gefordert werden muß, zu verringern.

Was die Umweltbilanz von Bio-Diesel angeht, so sieht die nicht ganz so positiv wie die von Alkohol aus. Stellt man sie aber - und das ist ja nur sinnvoll - in das Verhältnis zu Diesel und nicht zu Benzin, so stellt auch Bio-Diesel, genauso wie Alkohol, den jetzt notwendigen Schritt dar. Auch hier ist das entscheidende und ausschlaggebende Argument das Verhindern oder jedenfalls starke Vermindern von zusätzlichem CO2-Ausstoß, wie gesagt das momentan dringendste Umweltproblem der Menschheit.

Auch im Fall von Bio-Diesel muß, auch bei berechtigten Kritiken, immer wieder überprüft werden, ob diese im Verhältnis zu diesem Haupt-Umweltproblem der Menschheit eine ausgewogene Stellung beziehen oder dies eventuell überhaupt nicht erwähnen.

Als ‚Bio-Diesel’ wird die Verwendung von Fettsäure-methyl- und -ethyl-Estern als Ersatz von Dieselkraftstoff bezeichnet, der in Deutschland auch unter dem Begriff „Heizöl“ ("Leichtes Heizöl") vertrieben wird. Es sei also hier ausdrücklich nicht die Rede von Verwendung von Fettölen direkt für Dieselmotoren mit veränderter Charakteristik.

Eines der Probleme bei Bio-Diesel in Bezug auf die Umwelt ist, daß es, mit Ausnahme von Brasilien, praktisch überall in Form des Methyl-Esters eingesetzt wird, was den Hauptvorteil verkleinert. Das hängt damit zusammen, daß es dies projekt in deutschland zuerst verwirklicht wurde und in Deutschland der Alkohol Methanol als Veresterungskomponente deutlich billiger ist als Ethanol. Nur wird Methanol eben in einem aufwendigen Prozeß aus Erdöl hergestellt und dieser Teil des Bio-Diesel stößt dann eben doch zusätzliches CO2 bei der Verbrennung in die Luft aus - auch wenn er weniger als ein Zehntel des Moleküls darstellt.

Der brasilianische Ansatz bei Bio-Diesel ging dagegen von vornherein von Ethanol zum Verestern aus, es wurden also nur die Ethyl-Ester verwendet. Damit ist auch dieser Teil des Moleküls auf pflanzlicher Grundlage gewonnen worden und stößt kein zusätzliches Kohlendioxid aus. Auch kann man noch mehr tun und ebenfalls pflanzliche Produkte zur Gewinnung der relativ großen Energiemengen benutzen, die zur Herstellung von Bio-Diesel notwendig sind.

Für den eigentlichen Umesterungsprozeß pflanzlicher Öle braucht man über 200 Grad C und anschließend muß das angefallene Glycerin vom Produkt abgetrennt werden, wozu energieaufwendige Zentrifugen verwendet werden. Hat die Bio-Diesel-Fabrik ein eigenes kleines Kraftwerk angeschlossen, so kann man dort andere Pflanzenteile der Ausgangspflanze und auch das anfallende Glycerin verbrennen, um Strom zu gewinnen und kommt so auf eine hervorragende Umweltbilanz.

Im Moment kann man allerdings Glycerin noch zu einem höheren Preis verkaufen als ein anderer Brennstoff kostet, aber das dürfte in dem Maße zu Ende gehen, wie Bio-Diesel-Fabriken reihenweise überall aus dem Boden gestampft werden und damit ein weltweites starkes Überangebot von Glycerin erzeugt wird.

Ein anderes Problem des Bio-Diesel in bezug auf die Umwelt kann die Pflanze darstellen, aus dem der Bio-Diesel hergestellt wird. In Deutschland wird Bio-Diesel im wesentlichen aus Raps und Rapsöl gemacht (auf Englisch: rape seed oil).

Es ist aber genauso möglich, Bio-Diesel aus den billigeren Fettölen Sojaöl und Palmöl herzustellen. Dabei gibt es das Problem, daß Soja die hauptsächliche Pflanze ist, die dort angebaut wird, wo Amazonas-Urwald vernichtet wird und Palmöl-Palmen-Plantagen in Indonesien auf ehemaligen Regenwald-Gelände angelegt werden. Tatsächlich gibt es also einen indirekten Zuisammenhang mit anderen schwer umweltschädlichen Vorgängen.

Dies aber ist ein politischer Prozeß in diesen Ländern, der nicht durch die Herstellung von Bio-Diesel aus diesen Rohstoffen angeregt wurde, sondern bereits Jahre und Jahrzehnte vorher in Gang gekommen war, als von Bio-Diesel noch keine Rede war. Er wird nicht gestoppt, wenn statt Bio-Diesel-Rohstoffe andere Pflanzen dort angebaut werden oder man Rinder grasen läßt. Vor allem aber: Bei Benzin und Diesel zu bleiben, wird diesen Prozeß schon gar nicht stoppen.

Was die Luftverschmutzung angeht, so bringt Bio-Diesel eine wesentliche Verbesserung. Vor allem die Rußpartikel (Feinstaub), die der Dieselmotor fast gesetztmäßig von sich gibt, die meistens auch noch mit aromatischen, meist krebserregenden Substanzen an der Oberfläche angereichert sind, stellen eine der wichtigsten Gefährdungen der menschlichen Gesundheit dar. Bio-Diesel löst dieses Problem, da es die Ruß-Tendenz der Dieselmotoren drastisch senkt. Für Bio-Diesel gilt außerdem das gleiche wie für Bio-Ethanol: Kein Schwefelgehalt, dadurch fallen alle negativen Begleiterscheinungen der Schwefeldioxid-Bildung weg.

Andererseits bringt die Verbrennung von Bio-Diesel aber - ebenso wie der Alkohol - neue Substanzen in den Abgasen hervor, die noch nicht intensiv untersucht sind. Es kann aber mit Sicherheit gesagt werden, daß sie nicht annähernd die Gefährlichkeit von den krebserregenden Substanzen haben, die heute mit den Diesel-Abgasen in die Atemluft gehen.

In fernerer Zukunft wird es sicherlich eine Debatte geben, inwieweit die Dieselmotoren, deren Vorteil vor allem der billigere Kraftstoff war, den Anforderungen der Zukunft noch standhalten, aber für den Moment, in dem fast alle Motoren von Gütertransportfahrzeugen Dieselmotoren sind, ist Bio-Diesel die notwendige Wahl.

Bio-Diesel

Dabei, um auch gleich die generellen Fragen von Bio-Diesel zu behandeln, ist der wesentliche Unterschied eben der, daß Bio-Diesel in konventionellen Dieselmotoren ohne Anpassung gebraucht werden kann, während für den Alkohol (über 25% in der Mischung mit Benzin oder allein) ein Auto mit Flex-Fuel-Technik notwendig ist. Auf Bio-Diesel kann also direkt und schnell und ohne größere Investitionen umgestellt werden, während für den Alkohol neue Motorengenerationen notwendig sind.

Es könnte also nun, wenn schon die Umstellung auf Alkohol noch nicht einmal ins Auge gefaßt wird in Deutschland, zumindest die auf Bio-Diesel in kurzem Zeitraum durchgeführt werden.

Doch genau in diesem Moment beschließt die unsägliche deutsche Politiker-Kaste, die Steuerbefreiung von Bio-Kraftstoffen aufzuheben und in einem ansteigendem Maße, Jahr für Jahr, auch die umweltrettenden Kraftstoffe wie die menschheitsvernichtenden zu besteuern. Diese Geisterfahrt gegen die allgemeine Fahrtrichtung wird die zarte Pflanze Bio-Diesel, für die Deutschland ja sogar wegweisend war, zermalmen und Deutschland auf unabsehbare Zeit zur Abhängigkeit von Erdöl und Erdölkonzernen verdammen.

Im übrigen müßte auch, das ist sogar besonders wichtig, die Umstellung der in Deutschland extrem weit verbreiteten Heizöl-Heizungen auf Bio-Diesel ins Auge gefaßt werden. Kurz, es müßte massiv in Bio-Diesel-Fabriken investiert werden und es müßte massiv die Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf Bio-Kraftstoff-Herstellung angegangen werden, um die hauptsächlich winterliche Luftverschmutzung (durch die vielen Heizöl(=Diesel)-Brennstellen) und die sommerliche wie winterliche durch Feinstaub zu bekämpfen und dabei gleichzeitig einen gewaltigen Schritt in der Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes zu tun.

In einem kleinen, dicht besiedelten Land wie Deutschland, das besonders unter den Folgen der Luftverschmutzung durch Verkehr und Heizung leidet, wären durchgreifende Schritte zur Verbesserung dieser Situation eigentlich angebracht, vor allem wenn dadurch auch das Problem mit der Klimakatastrophe, die Frage der Versorgungssicherheit, die stark steigenden Preise und die Sinngebung der Landwirtschaft angegangen werden kann, aber Deutschlands famose Politiker-Mafia hat anderes im Sinn.

Wird fortgesetzt.

Es werden in den folgenden Teilen noch diese Fragen besprochen:

Welche anderen Bio-Kraftstoffe gibt es und welche anderen natürlichen
Land-Produkte können zur Verbesserung der Umwelt beitragen?

Für welche anderen Zwecke kann der Alkohol gebraucht werden?

Was wäre die beste Alkohol-Quelle in Deutschland?

Wo kann ein Interessierter in Europa „Flex-Fuel"-Fahrzeuge bekommen?

Wie sieht es mit den Fahrzeugen mit Erdgasantrieb aus?

Ist Alkohol ein Konkurrent zum Wasserstoff-Antrieb?

Wie ist es mit den Brennstoffzellen?

Können die mit Alkohol betrieben werden?

Kann ein Flugzeug mit Alkohol fliegen?

Und andere Fragen.



Link zum Originalartikel hier


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatastrophe

Donnerstag, 12. Oktober 2006

Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

Diesen Artikel gibt es jetzt in aktualisierter Form hier im Blog, hier:
https://karlweiss.twoday.net/stories/5173820

Mittwoch, 11. Oktober 2006

Der Alkohol-Boom hat begonnen (Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol) , Teil 2

Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2: Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

Von Karl Weiss

Die ist der zweite Teil der Serie zu den Bio-Kraftstoffen. Der Artikel erschien zuerst in der "Berliner Umschau" am 4. Juli 2006.

In regelmäßigen Abständen werden die „Argumente" der Öl- und Energie-Konzerne gegen regenierbare Energien, speziell gegen Bio-Treibstoffe, von den Medien in neue Form gebracht und aufbereitet, nach dem Motto: Irgendwann wird schon etwas hängen bleiben. Wahrer werden sie dadurch nicht. All diese Beiträge zeichnen sich dadurch aus, daß sie überhaupt nicht auf das dringendste Problem der Menschheit im Umweltbereich eingehen, die globale Erwärmung mit der drohenden Klimakatastrophe.

Das erste und wesentlichste "Argument" gegen Bio-Alternativen der Kraftstoffe und Brennstoffe besteht darin, daß die Mineral-basierten Kraft- und Brennstoffe weit billiger seien, selbst wenn im Moment ein hoher Preis geübt werde, doch das würde sich geben.

Es geht bei diesem Argument hauptsächlich um die Frage, ob die Möglichkeit weiterhin besteht, die Mengen von geförderten Erdöl beliebig zu erhöhen, oder ob bereits eine Spitzenmenge erreicht ist, die nicht mehr einfach erhöht werden kann.

Laut Aussagen von Spitzenmanagern der Ölindustrie, von Exxon, BP und Shell, ist es jederzeit möglich, die Fördermenge zu erhöhen, wenn wirklich die Notwendigkeit besteht. Es gäbe ausführliche Steigerungsmöglichkeiten, es beständen große Mengen von nicht genutzten Reserven usw. Auf die Frage, warum dann der Ölpreis an den Börsen die ganze Zeit im Bereich von 70 Dollar pro Barrel bleibt, antworten sie, das seinen nur Auswirkungen von momentanen Spekulationen, bald würde sich der Ölpreis wieder auf seinem traditionellen Level einpendeln, der bei 35 bis 40 Dollar pro Barrel liegt.

Tatsache ist, daß der Level von etwa 70 Dollar nun bereits seit Monaten anhält. Jeder weiß, daß Spekulationen nur einen kurzfristigen Ausschlag verursachen können, selbst Auswirkungen über eine vollen Monat sind extrem unwahrscheinlich. Nun haben wir aber bereits für viele Monate das 70-Dollar-Niveau, ohne daß ein Ende absehbar ist - und die damit zusammenhängenden Preise von Benzin und Diesel.[Anmerkung vom Oktober 06: Zwar schlug der Preis im September bis 82 aus und ging danach auf bis zu 62 zurück, aber der mittlere 70er-Level ist hier gut vorhergesagt.]

So schreibt beispielsweise die Internet-Site „Finanznachrichten" über eine Studie, die eine Schweizer Organisation mit Namen „Erdölvereinigung" angestellt hat (man rate einmal, von wem die wohl finanziert wird), daß die Ergebnisse klar seien: „Global werden 4-6 Billionen Faß Erdöl als technisch förderbar angesehen, ca. eine Billion davon wurde bis heute gefördert. Damit kann der Welt-Erdölbedarf in einem sich verändernden Energiemix bis weit ins nächste Jahrhundert gedeckt werden."

Das wird so schon seit Jahrzehnten gesagt, aber niemand von den großen Ölkonzernen hat neue Argumente gebracht. Wir müssen also davon ausgehen, daß sie versucht haben, uns zu täuschen. Es gibt keine leicht zugänglichen Reserven mehr, die aktiviert werden könne. Das Niveau von etwa 70 Dollar pro Barrel ist jenes, das sich natürlich ergibt, weil die Nachfrage gestiegen ist und weil das Angebot nicht gesteigert werden konnte.

Der Grund für die Täuschung ist klar. Die Ölkonzerne verdienen sich an den momentanen Preisen von Benzin, Diesel, Heizöl, Schweröl und Kerosin eine goldenen Nase und haben ein Interesse, daß niemand von diesen zu anderen Kraft- und Brennstoffen wechselt. Sie versuchen daher, die Öffentlichkeit zu täuschen, um zumindest einen Wechsel der Energiequellen zu verlangsamen, wenn nicht ganz aufzuhalten.

Energieverbrauch Deutscland

Die Zahlen, die dahinter stehen, sind in etwa die folgenden: Für den stark erhöhten Verbrauch aufgrund der schnell wachsenden Wirtschaften von China und Indien müßten etwa 4 bis 5 % Steigerung der Erdölproduktion pro Jahr erreicht werden. Tatsache aber ist, daß die tatsächliche Produktion in etwa 3% pro Jahr sinkt. Das liegt im wesentlichen daran, daß eine Anzahl von Ländern Jahr für Jahr stark sinkende Ölaufkommen haben, weil ihre (billig zugänglichen) Reserven erschöpft sind, darunter die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Norwegen und eine Anzahl kleinerer Ölförderländer. Andere Länder stehen am Höhepunkt ihrer Ölproduktion, ohne sie weiter steigern zu können, mit der Tendenz des Falls in der Zukunft, das trifft im wesentlichen auf Rußland und die klassischen arabischen Ölländer zu, wie das größte von allen, Saudi-Arabien, aber auch die großen Ölproduzenten Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait und Libyen.

Dazu kommt der Sonderfall Irak, der bereits eine begrenzte Ölproduktion hatte, da ja ein UN-Embargo auf ihm lastete, aber im Rahmen der „Öl-für-Nahrung"-Programmes Öl exportieren durfte. Seit dem Einmarsch der US-Truppen und ihrer „Koalition der Willigen" war der Export von Öl aus dem Irak zum Teil völlig eingestellt, zum Teil stark reduziert, erreichte jedenfalls nie die Exportzahlen, die das eigentlich als zweitgrößter Ölexporteur nach Saudi-Arabien eingeschätzte Land hätte erreichen müssen.

Dann gibt es noch den Sonderfall Nigeria, auch eines der großen Ölförderländer. Seit dem Beginn einer Guerilla-Bewegung im Niger-Delta mit Sprengen von Pipelines und Ölquellen und Entführungen von Shell-Managern sank die nigerianische Produktion nennenswert und hat bisher nicht wieder ihre alte Höhe erreicht.

Zwar gibt es auch Länder mit steigender Ölproduktion. Das trifft zum Beispiel auf Mexiko zu, auf Venezuela, auf Brasilien und eine Anzahl kleinerer Förderländer, aber das kann das langsame Verringern der Welt-Ölproduktion nicht aufhalten, es nur auf ein recht gemäßigtes Ausmaß zurückführen.

Nun wurde und wird immer wieder von Kreisen der Ölkonzerne argumentiert, dies alles sei Panikmache, die Ölversorgung sei noch für Jahrhunderte garantiert usw. usw. Man arbeitet dabei mit Zahlen von angeblichen Reserven, die völlig überhöht sind (weil die Kosten für ihre Ausbeutung nicht mit angegeben werden). Würden die tatsächlichen, weit geringeren Reserven an billig zugänglichen Erdölvorkommen bekannt werden, würden die Aktienkurse der Konzerne in den Keller rutschen.

Die Frage der Reserven und wieviel ungehobenes Öl denn noch im Boden schlummert, ist auch schwer zu beantworten. Die wirklichen Zahlen und Kenntnisse haben nämlich nur die Ölkonzerne und eng mit ihnen verflochtenen Institutionen. Selbst die Nationalstaaten haben ihre Zahlen meist von ihnen.

Dazu ist die Frage, was Reserven sind, interpretationsbedürftig. Große, noch nicht angezapfte und leicht zu fördernde Reserven - davon kann man ausgehen - sind extrem selten. Fast alles, was noch nicht angebohrt ist, sind kleine Felder, die den Aufwand nicht lohnen oder schwer zu fördernde Reserven wie solche unter dem Meer, Ölsande, Schwerölvorkommen und Ölschiefer.

Welt-Ölreserven

Auch die Definition, was den Aufwand lohnt, ist relativ. Was bei 40 Dollar pro Barrel noch nicht den Aufwand lohnte, mag heute bei 70 Dollar bereits wert sein, ausgebeutet zu werden. Erreicht der Ölpreis erst einmal 100 Dollar pro Barrel, werden wirklich große Reserven ausbeutungswürdig. Dazu gehören prinzipiell alle Ölsande, von denen riesige Reserven in Kanda bereits erforscht, aber noch nicht förderbereit sind, die sogenannten Ölschiefer, die allerdings nur nach und nach erschlossen werden können und die riesigen Schwerölvorkommen, hauptsächlich im Orinokobecken auf venezuelanischem Gebiet, die momentan die größten Reserven der Welt darstellen.

Venezuela

Das gleiche gilt für Reserven unter dem Meeresboden. Große, in niedrigem Wasser (bis zu 300 Meter Wassertiefe) sind im wesentlichen bereits erschlossen und teilweise schon ausgebeutet, z.B. jene in der Nordsee. Was bekannt ist, sind große Vorkommen in tiefem Wasser, z.B. im Golf von Mexiko in mexikanischen Gewässern, die aber mit den bisherigen Methoden nicht zugänglich sind. Ebenso kennt man noch kleinere Vorkommen, die erst ab einem bestimmten Ölpreis profitabel zu erschließen sind.

Nur gibt es da das kleine Problem, daß 100 Dollar pro Barrel das Öl wiederum für einen wesentlichen Teil seiner Anwendungen zu teuer macht. Oder anders ausgedrückt: Für dieses Preisniveau stehen Alternativen zur Verfügung, die billiger sind. Und da sind wir wieder beim Thema Alkohol und warum das Argument, er sei zu teuer, nicht mehr zieht.

Alkohol kann zwar nur einen Teil der Ölprodukte ersetzen, aber er ist auf jeden Fall billiger herzustellen als Benzin, Diesel, Kerosin oder Heizöl auf der Basis von Erdöl, das 100 Dollar pro Barrel kostet. Das gilt auch, wenn man Alkohol einfach aus Weizen oder Kartoffeln von nicht intensiver Landwirtschaft herstellt.

Kommen wir zum zweiten großen Gegenargument zu den Bio-Treibstoffen: Der Anbau von Pflanzen zum Erzeugen von Bio-Kraftstoffen würde der Menschheit benötigte fruchtbare Anbauflächen zur Bekämpfung des Hungers nehmen. Dies ist ein infames Argument, von Kapitalisten kommend. Die heutige landwirtschaftliche Produktion der Menschheit ist nämlich ausreichend für 12 Milliarden Menschen und bisher sind wir „nur" 6 Mrd. Daß trotzdem gehungert werden muß, ist allein Ausfluß des überlebten Kapitalismus, der für den Profit der Großkonzerne über Leichen geht und verhindert, daß alle Menschen sich genügend zu Essen kaufen können.

Selbst wenn - was in absehbarer Zeit nicht denkbar ist - die Hälfte aller Anbau- und Weideflächen für Bio-Kraftstoffe verwendet würde, ist keinerlei Auswirkung auf die Nahrungsmittelversorgung der Menschheit zu befürchten.

Das dritte Argument, nicht weniger polemisch, ist das des Umweltschutzes. Jene, die zu den größten Umweltsündern von allen gehören, entdecken plötzlich ihre Liebe zur Umwelt, wenn es ihnen in den Kram paßt. So schreibt die „Süddeutsche" im Juni 2006 z.B. in Bezug auf Raps als Ausgangsstoff für Bio-Diesel : „...auch Ökologen beäugen inzwischen kritisch, daß der Raps allüberall in die Landschaft wuchert. Die gelben Meere nehmen anderen Pflanzen die Luft zum Atmen und engen die Lebensräume vor allem von Vögeln ein. Raps gilt zudem als nicht eben pflegeleichte Pflanze, die mit viel Aufwand vor Pilzen und Schädlingen geschützt werden muß."

So als ob der sonst weithin angebaute Mais für Viehfutter nicht ebenfalls ohne andere Pflanzen dazwischen wachsen würde und ebenfalls Pestizide braucht, wenn man hohe Erträge erreichen will. Seltsamerweise hört man aber die „Süddeutsche" nicht über den Unsinn lamentieren, zuerst Mais als Viehfutter anzubauen, dann Vieh damit zu füttern, das mit hohen Subventionen zu einem Mindestertrag gebracht wird und dessen Fleisch anschließend von der EU aufgekauft und eingelagert wird, um dann als billiges Auftaufleisch die Märkte der Entwicklungsländer zu zerstören, alles bezahlt von unseren Steuern.

Auch erwähnt der Artikel der „Süddeutschen" nicht, daß im Moment das bei weitem dringendste Umweltproblem die Verhinderung des ständig weiter ansteigenden Ausstoßes von Kohlendioxid sein muß, dem wesentlichen Treibhausgas, das hauptverantwortlich für die globale Erwärmung und damit für die drohende Umweltkatastrophe ist.

Globale Erwärmung

Andersherum wird ein Schuh daraus: Raps in Wechselwirtschaft mit Weizen ist ideal im Sinne einer Mindestmenge von benötigtem Dünger, wenn man das Feld alle paar Jahre ein Jahr brach liegen läßt. Der Weizen ist für unsere Breiten idealer Ausgangsstoff für Bio-Alkohol, der Raps für Bio-Diesel.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Das nächste Argument der Bio-Kraftstoff-Kritiker ist ein nicht existierendes: Es wird gesagt, all der Bio-Kraftstoff und weitere Bio-Energie wird nicht ausreichen, um den gesamten Energiebedarf der Menschheit zu decken. Ja, und? Weil noch weitere Reparaturen anstehen, werden wir nicht die dringendsten am Auto machen?

Tatsächlich ist Bio-Energie keineswegs die Lösung aller Energie-Probleme der Menschheit noch die beste Lösung, aber es ist die schnellste Lösung des Problems der drohenden Klimakatastrophe - und dies läßt keinen Aufschub zu.

Ein anderes Argument wird ebenfalls immer wieder aufgewärmt, darunter auch von Umweltschutzorganisationen wie „Rettet den Regenwald!" und auch von Kasseler Friedensforum: Die Pflanzen, die für Bio-Kraftstoffe angebaut würden, sorgten teilweise für das Abholzen von Regenwäldern.

Tatsache ist, daß in Brasilien das Zuckerrohr, aus dem der Alkohol gemacht wird, nicht (bzw. nicht in nennenswertem Ausmaß) in Regenwald-Regionen angebaut wird. Auch der Raps, der weltweit den Hauptteil des Rohstoffes für Bio-Diesel ausmacht, wächst nicht in Regenwald-Regionen.

Andererseits gab es in Brasilien schon zwei Projekte, Zuckerrohr zur Alkoholherstellung in Regenwald-Regionen bzw. in der Pantanal-Region anzubauen, die aber nicht weiter verfolgt wurden (bis auf weiteres).

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Ebenso gibt es in Indonesien in einer Regenwald-Region ein Palmölprojekt, das zur Herstellung von Bio-Diesel verwendet werden kann. Nur sind die Probleme der Zerstörung von Regenwäldern nicht von Pflanzen für Bio-Kraftstoffe verursacht. Diese Abholzungen und das Abbrennen findet auf jeden Fall statt - und aus anderen Gründen als zur der Herstellung von Bio-Kraftstoffen. Insoweit ist dieses Argument also völlig unberechtigt, auch wenn die Zerstörung der verbliebenen Regenwälder tatsächlich ein großes Problem ist, das auch sicherlich mit zu einer kommenden Klimakatastrophe beiträgt. Es kann aber nicht gelöst werden, indem man bei Benzin und Diesel als Treibstoff bleibt.

Schließlich gibt es ein weiteres Argument, das zwar nicht so häufig, aber mit umso größerer Eindringlichkeit verwendet wird: Die Kosten und die Energie der Umwandlung von Pflanzenteilen in Bio-Kraftstoffe wurden einen wesentlichen Teil der Vorteile dieser Kraftstoffe wieder aufzehren, unter bestimmten Umständen sogar übertreffen.

Im ersten Teil sind wir schon darauf eingegangen, daß in Brasilien bereits das Verbrennen der Zuckerrohr-Pflanzenabfälle zur Gewinnung der Energie für den Umwandlungsprozess verwendet werden, so daß dies ein wirklich vollständig umweltfreundliches Projekt wurde. Auch die zukünftigen deutschen und europäischen Alkoholfabriken müssen diese Technik verwenden, die sich natürlich auch bei Mais, bei Kartoffeln und bei Weizen entsprechend anwenden läßt.

Ein größeres Problem ist allerdings die Bio-Diesel-Herstellung, denn da ist der aufwendige Prozeß der Trans-Esterifikation notwendig, der Temperaturen um die 200 Grad C erfordert. Außerdem wird Energie verbraucht für die Abtrennung vom Glyzerin und die Reinigung des entstehenden Produktes. Bisher hat noch niemand versucht, die dafür benötigte Energie aus den anderen Raps-Pflanzenteilen herzustellen - aber das wäre des Schweißes der Edlen wert. Hier ist also lediglich die Anwendung der bereits vorliegenden brasilianischen Erfahrungen notwendig, um auch dieses Argument völlig gegenstandslos zu machen.

Schließlich gibt es noch ein letztes Argument, das zu widerlegen ist: Bio-Treibstoffe könnten nur dann zu vergleichbaren Kosten wie konventionelle Kraftstoffe angeboten werden, wenn sie steuerbefreit würden, was zu Einbußen in den Staatskassen und eventuell höherer Kreditaufnahme führen würde.

Tatsächlich ist in der Einführungsphase eine Steuerbefreiung der Bio-Treibstoffe notwendig, um den Wechsel zu den umweltfreundlichen Kraftstoffen zu fördern. Dies ist allerdings keineswegs auf Dauer notwendig. Haben sich die Bio-Kraftstoffe erst einmal bewährt und sind in breitem Maße im Einsatz, können sie genauso wie konventionelle Treibstoffe besteuert werden. Die ständig weiter steigenden Rohölpreise werden es sowieso unmöglich machen, daß Benzin und Diesel auf Dauer noch wettbewerbsfähig wären.

Fortsetzung folgt

Es werden in den folgenden Teilen u.a. noch folgende Fragen besprochen:

Wie sieht die genaue Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe aus?

Was ist mit Bio-Diesel?

Welche anderen Bio-Kraftstoffe gibt es und welche anderen natürlichen Land-Produkte können zur Verbesserung der Umwelt beitragen?

Was ist die ausschlaggebende Frage im Moment bei erneuerbaren Energien?

Für welche anderen Zwecke kann der Alkohol gebraucht werden?

Was wäre die beste Alkohol-Quelle in Deutschland?

Wo kann ein Interessierter in Europa „Flex-Fuel"-Fahrzeuge und Alkohol bekommen?

Wie sieht es mit den Fahrzeugen mit Erdgasantrieb aus?

Ist Alkohol ein Konkurrent zum Wasserstoff-Antrieb?

Wie ist es mit den Brennstoffzellen?

Können die mit Alkohol betrieben werden?

Kann ein Flugzeug mit Alkohol fliegen?



Link zum Originalartikel hier


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatastrophe

Donnerstag, 5. Oktober 2006

Ein Dorf ist schon energie-autark

Bio-Energie-Dorf Jühnde versorgt sich vollständig selbst mit Energie - und hat noch übrig!

Von Elmar Getto


Hier stelle ich einen weiteren, wichtigen Artikel von Elmar Getto in den Blog, den über das Energiedorf Jühnde. Er wurde am 3. November 2005 in der "Berliner Umschau", damals noch "Rbi-aktuell", veröffentlicht.

Während andere reden, hat man in Jühnde in Niedersachsen gehandelt. Statt über Verlängerung der unendliche Probleme schaffenden Atomkraft zu reden hat der Ort auf Biomasse-Energie gesetzt und Pflöcke eingeschlagen. Heute können sich alle Einwohner zum Heizölpreis von 2002 mit Heizung versorgen. Das Äquivalent zu einem Liter Heizöl kostet für sie 35 Cent.

Daß die Energiepreise so ansteigen würden, so meint der Bürgermeister, war vorauszusehen. Aber sie haben sich von diesem Trend abgekoppelt.

Die Biogasanlage des Dorfes in Südniedersachsen produziert etwa 4 Millionen Kilowattstunden Strom, das ist doppelt soviel wie im Ort verbraucht werden. Der Rest wird in das Netz eingespeist und bessert die Gemeinschaftskasse auf. Mit Strom-Wärmekopplung, dem bei weiten effektivsten Verfahren, wird die Heizung für alle Häuser des Dorfes sichergestellt.

Die Landwirte des Dorfes haben jetzt eine langfristige Perspektive und hängen nicht mehr vollständig von EU-Subventionen ab. Auf 15% der Anbaufläche dort werden Raps, Sonnenblumen und Mais angepflanzt, aus denen Energie gewonnen wird. Damit geht das Geld, das für Strom und Heizung verbraucht wird, nicht mehr an Energiekonzerne und ins Ausland, sondern bietet der heimischen Landwirtschaft Sicherheit.

Alle drei Feldfrüchte werden schon geerntet, wenn sie noch grün sind. Dadurch kann man zwei Ernten im Jahr einbringen. Die vermischte Masse der grünen Pflanzen läßt man zunächst angären, um sie zu konservieren (indem man Alkohol entstehen läßt). Wird Energie gebraucht, vermischt man alles mit der Gülle des Viehs. Bakterien zersetzen das Ganze dann zu Methan, das im Blockheizkraftwerk verbrannt wird.

Die Kosten von etwa 5 Millionen Euro für die Anlage wurde durch die Bewohner aufgebracht, die jeweils 2500 Euro pro Haushalt zu blechen hatten (2000 Haushalte). Das Energieprojekt ist als Genossenschaft organisiert und 1500 Euro von den 2500 sind die Genosseneinlage. Die anderen Tausend Euro mußten für den Anschluß ans Wärmenetz aufgebracht werden. Daß die Jühnder heute nur etwa die Hälfte des geplagten Verbrauchers anderswo in Deutschland für Heizung aufbringen müssen, liegt am Verkauf des zusätzlich erzeugten Stroms: Jährlich nimmt die Genossenschaft etwa 680 Tausend Euro dadurch ein. 17 Cent pro eingespeister Kilowattstunde machens möglich.

Die Einsparung wäre sogar noch größer, wenn ein Teil der Anlage und der Anschlüsse für jedes Haus nicht mit Krediten hätte finanziert werden müssen. Die Zahlen sich aber nun selbst zurück - und lasten nicht auf Einzelfamilien, sondern der ganzen Genossenschaft.

Und - das ist eigentlich der wichtigste Fortschritt, auch wenn den Bewohnern die billige Heizenergie viel wichtiger ist - der Ausstoß von zusätzlichen Kohlendioxid als Treibhausgas, das zur globalen Umweltkatastrophe beiträgt, wurde weitgehend verhindert, denn Biomasse nimmt beim Wachsen der Pflanzen das CO2 aus der Athmosphäre, das später beim Verbrennen wieder ausgestoßen wird.

Die Jühnder haben auch noch herausgefunden, wie sie noch zusätzlich Energie gewinnen können. Das eingesammelte Restholz aus den umliegenden Wäldern wird in einem Schnitzelwerk kleingeschlagen und der appetitlichen Planzen-Gülle-Soße beigemischt, was weitere Kilowattstunden bringt.

Jühnde wird bereits laufend von Delegationen aus aller Herren Länder besucht, die studieren, wie man zu spottbilliger Energie kommt. Warum noch niemand das Erfolgsrezept nachgeahmt hat? „Da müssen Sie die anderen fragen“ lacht der Bürgermeister.

Hier haben wir ein weiteres Beispiel, wie man, ohne Profite für Monopolkonzerne produzieren zu müssen, die Probleme lösen kann, in diesem Fall das der Energie. Es ist offensichtlich, daß wir in Zukunft, im echten Sozialismus, tausendfach solche und ähnliche Initiativen ergreifen werden, denn dann werden die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht mehr die Profite der Konzerne und die Prostituiertenreisen der Chefetagen.

Link zum Originalartikel hier

Sonntag, 1. Oktober 2006

Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

Der Ethanol-Boom hat begonnen

Von Karl Weiss

Die gute Nachricht ist: Endlich hat es sich herumgesprochen, daß Ethanol als Kraftstoff (und Bio-Diesel als Diesel-Ersatz) so viele und so wesentliche Vorteile gegenüber den jetzt benutzten Kraftstoffen hat/haben, daß es auf keinen Fall einen Weg drumherum gibt, zu ihnen zu wechseln, zumindest in wesentlichem Maße.

Das gilt nicht nur für die Zukunft der Menschheit im Sozialismus, sondern schon jetzt im Kapitalismus. Die schlechte Nachricht: Die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission wollen das noch nicht wahrhaben. Sie kommen zu spät und die Geschichte wird sie (und uns) strafen.

Im Juni 2006 wurde der Durchbruch für Alkohol als Kraftstoff geschafft: Kurz nacheinander gaben zwei der reichsten Männer der Welt, Bill Gates, der Gründer und Chef von Microsoft und George Soros, US-Multimilliardär, bekannt, daß sie wesentliche Summen in Ethanol-Firmen investiert haben. Bei Bill Gates handelt es sich um einen Anteil von 25% der Pacific Ethanol, die Alkohol aus Mais in den Vereinigten Staaten herstellt. Angeblich soll Gates auch planen, eine Alkohol-Fabrik in Brasilien zu kaufen.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Soros, der Investor mit einer Nase für gute Geschäfte in großem Umfang, hat die Zucker- und Alkoholfabrik „Usina Monte Alegre" im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais gekauft, die auf der Grundlage Zuckerrohr arbeitet. Der Schreiber dieser Zeilen hat diese Fabrik bereits einmal besichtigt und hatte keine Ahnung, daß so etwas 200 Millionen Dollar wert sein könnte.

In Brasilien geht im Moment die Aufkauferitis um. Zwei große internationale Banken sind dabei, die Interessenten und die vielen Alkoholfabriken Brasiliens zusammenzubringen: Die Credite Suisse Group und die UBS/Pactual. Schon gehen reihenweise Alkoholfabriken an die Börse in São Paulo. Der erste „Private Equity Fond" (auf deutsch: Heuschrecke) hat über die französische Societé Général bereits die Größenordnung von 200 Millionen Dollar investiert und will bis zum Ende des Jahres auf 1 Milliarde Dollar kommen.

Neuer Goldrausch

Die beiden großen japanischen Handelsriesen Mitsui und Mitsubishi sind im Landesinneren von Brasilien unterwegs, um Geschäfte mit Alkohol zu machen. Die US-Firma Ecoenergy, die spezialisiert ist in Vermittlung von Luftverschmutzungs-Krediten, stellt fest: „Das ist ein echter Goldrausch. Was wirklich nicht fehlt, sind gute Geschäfte."

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Was diesen `Goldrausch` hervorruft, ist die Aussicht, daß in den kommenden Jahren Alkohol als Kraftstoff den weltweiten Durchbruch schaffen wird und dann eine Nachfrage nach Ethanol (Ethanol ist die Kurz-Bezeichnung für Ethyl-alkohol, vulgo Alkohol) einsetzen wird, die bei weitem alles übertreffen wird, was man im Moment kennt. Das ist keineswegs weit hergeholt (das wäre auch absurd angesichts des Kalibers der Interessierten), denn Alkohol als Kraftstoff hat alle wesentlichen Vorteile, ohne einen ins Gewicht fallenden Nachteil.

1. Als Wichtigstes: Alkohol als Kraftstoff verschmutzt die Athmosphäre der Erde nicht mit zusätzlichem Kohlendoxid (CO2), der Hauptursache der globalen Erwärmung, die sich zu einer Klimakatastrophe auszuwachsen droht. Bei der Verbrennung wird nur jenes Kolhlendioxid wieder frei, das jene Pflanzen vorher der Athmosphäre entnommen haben, aus denen der Alkohol hergestellt wurde.

Globale Erwärmung

2. Alkohol hat als einziger alternativer Kraftstoff bereits jahrzehntelange Erfahrungen vorzuweisen (in Brasilien seit 1970). Damit können unliebsame Überraschungen ausgeschlossen werden, was bei Neuheiten nicht der Fall wäre.

3. Fast alle großen Automobilkonzerne haben bereits ausführliche Erfahrungen mit Alkoholmotoren bzw. Flex-Fuel-Motoren, die Alkohol und Benzin in jeder beliebigen Mischung verarbeiten können.

4. 99%iger Alkohol (nicht der übliche 96%ige) ist in jedem Verhältnis mit Benzin mischbar und hat eine deutlich höhere Oktanzahl als Benzin, was die Zusätze zur Anhebung der Oktanzahl überflüssig macht. Er ist daher auch als Benzin-Zusatz geeignet, was bis zum Verhältnis von 25% Alkohol ohne Veränderung des Motors möglich ist (Der Schreiber dieser Zeilen hat ein Benzin-Automobil, das in Brasilien mit Benzin mit 25% Alkoholanteil funktioniert).

5. Alkohol hat noch weitere, weniger bedeutende Vorteile: Einer ist die Verringerung der Luftverschmutzung aus dem Auspuff, die allerdings nicht riesig ist. Alkohol ist also keineswegs die Dauerlösung für die fernere Zukunft. Ein anderer Vorteil ist der größere Energieinhalt pro Liter wegen der höheren Dichte: Die Autos sind temperamentvoller.

Dies wird allerdings mit einem im gleichen Maße erhöhten Verbrauch bezahlt. Schließlich kommt noch die Frage des Preises: Während die Gegner des Bio-Fuels Jahr um Jahr das Argument brachten, Alkohol sei einfach zu teuer und deshalb keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative, sind auf der Basis der heutigen Erdölpreise die Herstellkosten von Benzin bereits höher als die von Alkohol, jedenfalls dann, wenn modernste Herstellverfahren angewandt werden wie in Brasilien.

Doch was eigentlich am schwersten wog, als der Alkohol als Kraftstoff „entdeckt" wurde, ist die Frage der Verfügbarkeit. Speziell die Vereinigten Staaten spürten mit voller Wucht die Verringerung des Angebots und die Erhöhung der Nachfrage nach Erdöl in Form der Benzinpreiserhöhung.

Die USA müssen über die Hälfte ihres Ölbedarfs einführen und konnten dieses große Loch nicht mit heimischen Quellen ausgleichen, also gingen die Benzinpreise in die Höhe und haben sich bis heute nicht mehr verringert. Da blieb selbst dem Ölpräsidenten Bush, der wesentlich mit Wahlkampfgeldern der wesentlichsten US-Ölkonzerne, allen voran der Exxon-Mobil, gewählt wurde, nichts mehr anderes übrig, als Änderungen anzukündigen.

Das jetzt vom ‚US-Department of Energy’ angekündigte Programm sieht bis zum Jahr 2030 eine Beteiligung von 30% Alkohol am US-Markt von Kraftstoffen vor, das entspricht 230 Milliarden Liter (Billions of Liters), das ist 14 Mal die jetzige Produktion von Alkohol in Brasilien, das bereits eine recht beachtliche Produktion besitzt. Wenn das verwirklicht wird, wird die nächste Zeit als die „Alkohol-Epoche" in die Geschichtsbücher eingehen.

Der Benzinpreis dürfte dort, wo er jetzt steht, bleiben und damit ist der Alkohol als billige Alternative interessant, unabhängig von den Umweltaspekten. Vor allem aber kann man Alkohol jederzeit im Land herstellen und diese Fabriken ausbauen, so daß man im gleichen Maße bezüglich der Versorgung immer unabhängiger wird von der Zufuhr von Erdöl, aus dem man dann Benzin und Diesel macht.

Diese einfache Logik hat sogar Präsident Bush bereits begriffen. Sein Bruder Jeb Bush, Gouverneur von Florida, hat sich sogar für das Streichen der Einfuhrzölle von Alkohol aus Brasilien ausgesprochen, obwohl ihm auch nicht direkt die größte Intelligenz zugesprochen wird. Wer das allerdings noch nicht begriffen hat, ist Angela Merkel und ihr Ministerschar.

Man hält sich bedeckt
Offensichtlich unter heftigsten Einflüsterungen der Öl-, Energie- und Automobilkonzerne hält man sich weiterhin bedeckt, tut weiter so, als gäbe es keine Bio-Kraftstoffe und hat sogar beschlossen, die Steuerbefreiung für Bio-Kraftstoffe zu streichen, die als Einstiegsfinanzierung für den Alkohol absolut nötig wäre, wie auch für die Ausweitung des Bio-Diesel-Programms.

Bis heute hat man in Deutschland weder davon gehört, daß Alkohol-Zapfsäulen an den Tankstellen aufgestellt werden, noch daß in deutschen Autovertragshändler-Verkaufsräumen Flex-Fuel-Fahrzeuge angeboten würden. Man versucht also, mit aller Macht auch nur den Gedanken an Alkohol als Benzin-Ersatz aus deutschen Köpfen zu treiben und möglichst auch noch den an Bio-Diesel.

Der Grund ist offensichtlich: Was die Ölindustrie im Moment, bei diesen Benzin- und Diesel-Preisen an Profiten macht, ist einfach sagenhaft, denn die Kosten am Bohrloch sind ja genausowenig gestiegen wie die der Raffinerie-Verarbeitung. Nicht umsonst hat allein die Exxon-Mobil im vergangenen Jahr mit 43 Milliarden Dollar den höchsten Profit jeglicher Unternehmen aller Zeiten gemacht.

Da kann man denn schon ein paar lächerliche Milliönchen locker machen für die geplagten bürgerlichen Parteien, die einen dafür vor dem Übel der Konkurrenz mit Bio-Fuel bewahren. Man weiß ja inzwischen, daß solche Zuwendungen nicht offiziell als Parteispenden angegeben werden, sondern in schwarzen Aktenkoffern bei Herrn Kohl persönlich, der dafür verspricht, nicht zu sagen, wo es herkommt und dafür nicht belangt werden darf.

In Brasilien sind zur Zeit etwa 75% aller verkauften Personenwagen „Flex-Fuel"-Fahrzeuge, die also mit jeder beliebigen Mischung von Benzin und Alkohol fahren können, der Rest sind Benzin-Fahrzeuge (Diesel-Personenwagen sind in Brasilien nicht zugelassen). Volkswagen do Brasil hat bereits angekündigt, ab nächsten Jahr nur noch Flex-Fuel-Fahrzeuge zu produzieren. Das ist auch logisch, da schon jetzt keine Preisunterschied mehr besteht beim Neuwagenkauf.

Der Preis von Alkohol an der Tankstelle schwankt stark von Bundesland zu Bundesland. Während im Bundesstaat São Paulo die Alkohol-Preise bei der Hälfte der Benzinpreise liegen, also einen enormen Vorteil darstellen, sind sie im Bundesstaat Minas Gerais fast gleich den Benzinpreisen, so daß es sich dort nicht lohnt, Alkohol zu fahren. Im Bundesstaat Rio de Janeiro liegen sie unter dem Benzinpreis, gerade so viel, wie man Mehrverbrauch hat.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Die Alkoholproduzenten Brasiliens sind, in dieser Reihenfolge, im Moment:

- Copersucar // 2 700 Mio l jährlich
- Crystalsev // 1 030 Mio l jährlich
- Cosan // 1 000 Mio l jährlich
- São Martinho // 440 Mio l jährlich
- Irmãos Biagi // 403 Mio l jährlich
- João Lyra // 251 Mio l jährlich
- Tércio Wanderley // 230 Mio l jährlich
- Nova América // 200 Mio l jährlich
- Carlos Lyra // 196 Mio l jährlich

(kleinere Brennereien, die Alkohol kunsthandwerklich herstellen, sind hier nicht berücksichtigt)

Neben Brasilien, das bereits seit langer Zeit Alkohol aus Zucker macht, gibt es große Produzenten in den Vereinigten Staaten:

- ADM // 4 000 Mio l jährlich
- VersaSun Energy // 871 Mio l jährlich
- Aventine Renewable // 783 Mio l jährlich
- Hawkeye Renewables // 757 Mio l jährlich
- ASAlliances Biofuels // 757 Mio l jährlich
- Abengoa Bioenergy // 750 Mio l jährlich
- Midwest Grain // 575 Mio l jährlich
- US Bioenergy // 549 Mio l jährlich
- Cargill // 454 Mio l jährlich

Die Irmãos Biagi haben eben ihre Fabrik an Cargill (USA) verkauft, so daß dieser Handelskonzern zu einem der ganz großen Alkoholproduzenten weltweit aufsteigt.

Überhaupt scheint der Handel mit Alkohol ein großes Geschäft zu sein. Seit Anfang Juni verkauft die Britisch-Holländische Shell brasilianischen Alkohol in die USA.

Neben den USA und Brasilien gibt es bereits laufende Alkohol-Programme in Schweden, Australien und einigen kleinen Staaten. Interesse haben angemeldet und im Moment informieren sich in Brasilien Jamaika, Nigeria, Indien und einige weitere, die auch die Basis Zuckerrohr aufgreifen wollen.

Die in Brasilien vorliegenden Erfahrungen sind reich und haben auch zur höchsten Ausbeute von Alkohol pro Hektar Anbaufläche geführt: 6 800 Liter pro Hektar jährlich. Die US-Fabriken erreichen mit ihrem Alkohol aus Mais im Moment 3 200 Liter pro Hektar, weniger als die Hälfte. Das was bisher in Deutschland aus Zuckerrüben geplant ist, kann selbst von dieser Zahl nur träumen.

In Brasilien betragen die reinen Kosten (ohne Transport, ohne Verkauf, ohne Steuern) für den Liter reinen Alkohols 20 Cent vom Dollar. Australien kann bereits aus Zuckerrohr Alkohol für 32 Cent vom US-Dollar herstellen, während der US-amerikanische aus Mais noch 47 Dollar-Cents kostet.

Zum brasilianischen Preis kann niemand einen Liter Benzin herstellen, selbst unter günstigsten Bedingungen, nicht bei einen Erdölpreis von etwa 70 Dollar pro Barrel. Der US-Preis dagegen stellt im Moment noch keinen Preisvorteil gegenüber Benzin dar, wenn man den etwas höheren Verbrauch mit einrechnet. Bleibt aber immer noch die Versorgungssicherheit.

Der brasilianische Prozeß ist aber nicht nur unschlagbar billig und extrem effektiv, sondern auch vorbildlich bezüglich der Umweltfreundlichkeit. Die Energie nämlich, die für die Umwandlung des Zuckerrohrs in Alkohol in den Fabriken benötigt wird, holt man sich in zunehmendem Maße aus der Verbrennung der Abfallteile des Zuckerrohrs. Damit wird auch gleichzeitig eine andere Umweltbelastung abgeschafft, die früher in Brasilien zu dichten Rauchvorhängen geführt hat: Das Verbrennen des Zuckerrohrabfalls auf dem Feld nach der Ernte. Dazu werden die Kosten für die Energie gespart, die man früher in Form von Elektrizität oder Gas oder Heizöl beziehen mußte. Ebenso führt dies natürlich dazu, daß der brasilianische Alkohol wirklich zu keinerlei zusätzlichem Kohlendioxid-Ausstoß führt, auch nicht indirekt.

Die brasilianische Firma Dedini ist der größte Hersteller fertiger Alkoholfabriken der Welt. Sie gibt an, seit Anfang dieses Jahres vermehrt Anfragen nach schlüsselfertigen Alkoholfabriken aus dem Ausland bekommen zu haben: „Wenn dieser Trend sich durchsetzt, wird das den ganzen Alkohol-Sektor verändern."

Fortsetzung folgt

Es werden in den folgenden Teilen noch diese Fragen besprochen:
Was sind die „Argumente" gegen die Bio-Kraftstoffe?
Was ist dran an diesen Argumenten?
Wie sieht die genaue Umweltbilanz der Bio-Kraftstoffe aus?
Was ist mit Bio-Diesel?
Welche anderen Bio-kraftstoffe gibt es und welche anderen natürlichen Land-Produkte können zur Verbesserung der Umwelt beitragen?
Was ist die ausschlaggebende Frage im Moment bei erneuerbaren Energien?
Für welche anderen Zwecke kann der Alkohol gebraucht werden? Was wäre die beste Alkohol-Quelle in deutschland?
Wo kann ein interessierter in Europa „Flex-Fuel"-Fahrzeuge bekommen?
Wie sieht es mit den Fahrzeugen mit Erdgasantrieb aus?
Ist Alkohol ein Konkurrent zum Wasserstoff-Antrieb?
Wie ist es mit den Brennstoffzellen?
Können die mit Alkohol betrieben werden?
Kann ein Flugzeug mit Alkohol fliegen? Und andere Fragen.



Dieser Artikel erschien in der "Berliner Umschau" am 29. Juni 2006. Er ist der erste Artikel einer Reihe.

Link zum Originalartikel hier


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatastrophe

Freitag, 29. September 2006

Ölkonzerne - führend im Umweltschutz?

Der Konzern BP auf der Anklagebank

Von Karl Weiss


Artikel der "Berliner Umschau" vom 25. September 2006.

Die British Petroleum (BP), einer der ganz großen Ölkonzerne, ständig im Kampf mit der Royal Dutch-Shell, der Exxon-Mobil und der Chevron-Texaco um den Platz Nr. 1, ist äußerst bemüht, sich den Anschein einer umweltbewußten Gesellschaft zu geben. Selbst das Logo der Firma wurde geändert. Doch nun kommen Fakten ans Tageslicht, die eine andere Sprache sprechen. Damit ist die BP nicht die erste, deren wahres Gesicht aufgedeckt wird.

Wie auch die Shell, versucht die BP mit Anzeigen und Fernsehspots sich einen modernen und umweltfreundlichen Anstrich zu geben. Die BP tauschte sogar ihr Logo aus. Aus einem grün-gelben Schild mit den Buchstaben der Abkürzung ihres Namens wurde eine Art von grün-gelber Sonne, die offenbar einerseits die Energie symbolisieren soll, für die der Konzern steht, aber andererseits eben auch die Umweltfreundlichkeit, die allseits mit dem Bild der Sonne assoziiert wird. Die Sonnenenergie als nicht fossile gilt als besonders umweltfreundlich.

Tatsache ist aber, daß sowohl bei der Shell wie auch bei der BP die Anteile, die Sonnenenergie und andere umweltfreundliche Energieformen an den Aktivitäten des Konzerns haben, vernachlässigbar klein ist. Beide sind, so wie auch ihre beiden Konkurrenten um den ersten Platz, praktisch völlig auf die fossilen Energien konzentriert- und das heißt vor allem Erdöl.

Irgendeine energische Abkehr von diesem Hauptzweck ist bei keinem der Konzerne auch nur im Ansatz zu erkennen.

Die Exxon-Mobil, damals noch als Exxon, hatte ihre internationale Feuertaufe als Umwelt-Bösewicht schon vor vielen Jahren (1989), als die Exxon-Valdez, ein riesiger Öltanker, vor der Küste von Alaska im Prince William Sound, auf ein Riff fuhr und seine Fracht ins Meer leerte (wahrscheinlich etwa 100.000 Tonnen Erdöl). Die Umweltschäden waren absolut desaströs. Etwa 1900 km der Küste von Alaska waren betroffen. Wesentliche Teile der Flauna und Flora der Gegend wurden auf unbestimmte Zeit vernichtet, darunter Milliarden Lachs- und Heringseier. Noch heute, 17 Jahre später, sind die Folgen in jener Region nicht überwunden. Exxon gibt zwar an, daß es hohe Ausgaben für Reinigungsoperationen hatte, aber nach neutralen Berichten wurde so gut wie nichts von den Ölmengen an den Ufern Alaskas wirklich entfernt, außer dort, wo Menschen hinkommen. Außerdem war ein Teil der Aufwendungen durch Versicherungen abgedeckt.

Exxon Valdez Spill

Exxon hielt sich nicht wirklich für schuldig, obwohl der Konzern einen als trunksüchtig bekannten Kapitän auf dem Schiff eingesetzt hatte und zu jener Zeit bereits bekannt war, daß man mit doppelter Schiffswandung die Auswirkungen solcher Unglücke verhindern oder vermindern kann.

Exxon wurde zwar zu Schadenersatz und einer Strafe verurteilt, konnte aber mit ständigen Berufungen bei höheren Gerichten bis heute verhindern, wirklich zu zahlen. In diesem Monat ist ein weiteres Urteil in dieser Sache zu erwarten (nach 17 Jahren!). Inzwischen sind die Geldstrafen bereits deutlich unterhalb der Summe, welche die Exxon als Zinsen eingenommen hat von einer Rücklage von 5 Milliarden Dollar, die man unmittelbar nach der Katastrophe angelegt hatte. Für diese Rücklage brauchte der Konzern die ganze Zeit keine Steuern zu zahlen und kann sie später nach eigenem Belieben auflösen.

Exxon Valdez Spill 1

Dazu kommt, daß Exxon mit den sogenannten „Seattle Seven“ ein extrem günstiges Abkommen schließen konnte. Es handelt sich um 7 Firmen, die Fischerei und Fisch-Verarbeitung und -Verpackung in der Region betreiben und aufgrund des Desasters von der Zahlungsunfähigkeit bedroht waren. Gegen Zahlung einer geringen Summe (größenordnungsmäßig 7 Millionen Dollar pro Firma) gelang es Exxon 1991, die Zusage zu erwirken, daß die Firmen ihren eventuellen Anteil an einer zivilrechtlich erlangten Entschädigung (etwa 750 Millionen Dollar) an die Exxon zurückzuzahlen hätten.

Im Endeffekt hat die Exxon, heute ExxonMobil, wahrscheinlich mit dem Desaster auch noch Geld verdient.

Die Exxon Valdez wurde repariert und ist heute wieder im Einsatz, unter dem Namen "SeaRiver Mediterranean", weiterhin ohne Doppelwand. Weiterhin sind fast alle von Exxon benutzten Tanker ohne doppelte Wandung. Bis heute gibt es keine internationale Verpflichtung, nur noch Tanker mit doppelter Wandung zu verwenden.

Die nächste unter den großen Ölfirmen, die ihr Umweltimage gründlich verspielte, war die Royal Dutch-Shell, die eine ihrer nicht mehr benötigten Ölplatformen aus dem Brent-Feld in der Nordsee schlicht und einfach durch Versenken entsorgen wollte, obwohl sie noch voller Öl und anderer umweltschädlicher Substanzen war. Da das Versenken offenbar die billigste Möglichkeit der Entsorgung ist, sagte sich die Shell: „Warum teuer, wenn es auch billig geht?“.

Die Appelle von Umweltschützern und Bedenken von Regierungsstellen wurden beiseite gewischt und man war bereits dabei, die ausgediente Plattform zu Stelle des Versenkens zu schleppen, als Greenpeace und andere Umweltorganisationen zum Boykott von Shell-Tankstellen aufriefen, um den Konzerne dort zu treffen, wo er versteht: Bei den Profiten.

Doch die Shell nahm auch dies nicht ernst. Selbstgefällig, wie solche Riesenorganisationen zu sein pflegen, rechnete sie automatisch, auch dieser Boykott-Aufruf würde, wie alle vorherigen, ungehört verhallen. Doch dieses Mal war die aufgeklärte Bevölkerung Europas hellwach. Tatsächlich begann ein europaweiter Boykott von Shell-Tankstellen, der diese zwar nicht verwaisen ließ, aber doch einen ins Gewicht fallenden Teil des Kraftstoff-Verkaufs-Kuchens anderen Ölkonzernen zuschob.

Da begann die Shell plötzlich schnell zu werden. Sie erklärte öffentlich, falsch gelegen zu haben, unterbrach die Vorbereitungen zum Versenken der Platform und fand sich bereit, andere Wege der Entsorgung für die Plattform zu suchen.

Das einzige Mal bisher, daß ein Boykott-Aufruf zum gewünschten Erfolg führte.

2006 hat sich die BP ausgesucht, um nun genauso in die Liste der Umwelt-Bösewichte einzugehen. Sie ist die ausführende Firma für ein Konsortium, das in Alaska, im äußersten Norden des amerikanischen Kontinents, in Gebieten mit dauergefrorenen Boden (Permafrost), große und ergiebige Ölfelder ausbeutet.

Unter den extremen Bedingungen der Polarregion fallen zusätzliche Kosten an für die Ölförderung und den Transport, die Alaska-Öl immer ein wenig unprofitabler macht als andere Ölquellen. Daher ist die BP natürlicherweise bemüht, dort ein möglichst extremes Kostenkontroll-Programm zu exerzieren.

Die Ölfelder nicht weit von der Prudhoe Bay in Alaska wurden seit den 70er-Jahren ausgebeutet. Sie sichern etwa 2% der Ölversorgung der Vereinigten Staaten. Im März dieses Jahres nun brach die Pipeline von den Ölfeldern zur Küste an der Prudhoe-Bay und über eine Million Liter Rohöl liefen aus. Für Alaska das größte Ölunglück seit dem Desaster der Exxon Valdez.

Nun sollte man meinen, die BP wurde aufmerksam und unternahm Alles, um ein solches Desaster in der Zukunft zu verhindern. Nach allem, was man heute weiß, tat die BP genau das Gegenteil. Statt die Pipeline umfassend auf Rostschäden zu untersuchen und entsprechend teilweise oder ganz zu erneuern, hat sie nach Aussagen von Mitarbeitern die Warnhinweise von Beschäftigten über Rostschäden an der Pipeline mißachtet und sogar einen Prüfbericht gefälscht, in dem solche Rostschäden genannt wurden.

Im August das nächste Desaster: Die Pipeline brach erneut und erneut lief Rohöl aus. Dieses Mal war zwar die Menge des ausgelaufenen Öls nicht so groß, aber de Folgen für die BP. Eine Inspektion der Pipeline ergab, daß sie komplett ausgetauscht werden muß. Nach dieser Hiobsbotschaft erklärte die BP die Förderung von Rohöl an der Prudhoe Bay, dem größten Förderfeld der USA, für beendet.

Nach Bekanntwerden dieser Nachricht gingen die Erdölpreise sofort nach oben. Am 8. August stiegen die Preise für das Barrel der Referenzmarke Brent um satte 2,54 Dollar auf 77,30 Dollar. Die US-Aufsichtsbehörde intervenierte und die BP wurde gezwungen, am 14. August öffentlich zu erklären, die Förderung nach einer Reparatur wieder aufnehmen zu wollen. Man wolle nun 26 Kilometer der Pipeline austauschen. Daraufhin beruhigten sich die Ölpreise wieder.

Es wurden noch Anhörungen abgehalten, bei denen unter anderem der Chef der BP, Malone, zugeben mußte, die Instandhaltung der Pipeline vernachlässigt zu haben, als bereits die nächste BP-Pipeline brach, diesmal in Kalifornien eine Pipeline, die eine Raffinerie mit dem Hafen verbindet. 150 000 Liter Öl liefen aus (Meldungen vom 13.9.).

Die Neue Züricher Zeitung berichtete am 24. August, daß die örtlichen Staatsanwaltschaften, das Justizministeriem, die Umweltbehörde EPA und das US-Verkehrsministerium gegen den Konzern ermitteln.

Gleichzeitig laufen gegen die BP in den USA bereits mehrere andere Verfahren, u.a. wegen einer Explosion in einer Raffinerie in Texas, bei der 15 (!) Arbeiter ums Leben kamen.

Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, daß sich die BP nicht scheut, ihre extrem hohen Profite u.a. auf Kosten der Mitarbeiter und der Umwelt zu machen.

Seit diesem Zeitpunkt (13. September) ist das Thema absolut und vollständig aus allen Medien verschwunden. Wir erfahren nicht mehr, ob nun Anklagen erhoben wurden, ob das Feld wirklich wieder eröffnet wird, ob und welche Maßnahmen die BP unternommen hat, um Ähnliches in Zukunft zu verhindern, nichts, nichts, nichts.

Das entspricht genau dem üblichen Verhalten der Mainstream-Medien. Sie sind an den eigentlichen Vorgängen überhaupt nicht interessiert, geben einen feuchten Kehricht auf die Umwelt oder Arbeitssicherheit (ebenso wie in anderen Fällen auf Menschenrechte oder gebrochene Gesetze durch Staatsbedienstete), sie treiben lediglich in regelmäßigen Abständen eine Sau durchs Dorf, machen einen kleinen Wirbel und damit hat es sich dann.

So entsteht für den unaufmerksamen Beobachter der Eindruck, sie würden informieren, während sie in Wirklichkeit Desinformation betreiben, die nächste Sau durchs Dorf treiben, damit man möglichste schnell die Sache mit der BP vergißt, darauf die nächste, wieder mit dem gleichen Effekt, usw, usf.

Die BP lacht sich ins Fäustchen und „regelt“ die Dinge mit den US-Behörden in aller Stille.

Link zum Originalartikel hier

Mittwoch, 20. September 2006

Gibt es einen Atomfilz?

Schon wieder eine "wilde Verschwörungs-Theorie"?

Von Karl Weiss

Hier ein Artikel zur Diskussion über Atomkraftwerke und die fahrlässige Genehmigung derselben, erschienen zuerst in der "Berliner Umschau" vom 16. Februar 2006.

Man könnte es fast für Routine halten, denn es ist ja nicht das erste Mal, daß Personen im Atomfilz zwischen den Atomkraftwerks-Betreiberfirmen und Staats-, Regierungs- und Parlamentsapparat hin und her wechseln. Ein Subjekt mit Namen Thomauske war 20 Jahre im Bundesamt für Strahlenschutz tätig und genehmigte dort Zwischenlager für die radioaktiven Abfälle der Atomkraftwerksbetreiber. Im Jahr 2003 wechselte der Physiker vom Strahlenschutzamt zum Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall. Die Aufsichtsbehörde findet selbstverständlich daran nichts Ungewöhnliches.

Inzwischen ist Thomauske beim Atomkonzern Vattenfall bereits in die Geschäftsführung aufgestiegen. Er ist jetzt technischer Geschäftführer jenes Teils von Vattenfall, der zusammen mit E.ON die Atomkraftwerke Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel betreibt und den stillgelegten Meiler Stade zurückbaut.

„Die wirklich großen Verbrecher haben niemals ein Unrechtsbewußtsein." hat einmal ein weiser Mann gesagt. An diesen Spruch mag man sich erinnert fühlen, wenn man liest, daß Thomauske ganz unverbrämt in der Öffentlichkeit auftritt, wie kürzlich, und frechdreist die weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben fordert sowie den Abschluß des Genehmigungsverfahrens.Thomauske leitete beim Strahlenschutzamt die Erkundung des Gorlebener Stockes und war verantwortlich für die Endlagerprojekte Morsleben und Schacht Konrad. Zuletzt war er der Verantwortliche für die Genehmigung der Castor-Transporte und der Zwischen- und Interimslager an den Standorten der Atomkraftwerke.

Er war es, der von Anhörung zu Anhörung reiste, anhörte - und dann genehmigte. Die Einwände wurden fast immer ohne weiteres vom Tisch gewischt. Die Anti-Atom-Bewegung klagte ihn damals schon an, mit den Atomkraftwerksbetreibern verbändelt zu sein - aber es ließ sich nicht beweisen.

Der grüne Umweltminister Trittin benutzte ihn als Panzerbrecher zum Durchboxen jeglicher Genehmigung - und versteckte sich dann hinter dem angeblichen Sachverstand Thomauskes. Die Umweltinitiativen sprechen schon seit Jahren vom Atomfilz und klagen die Regierung und das Parlament an, hinter verschlossenen Türen mit den Atomkraftwerksbetreibern gemeinsame Sache zu machen, anstatt sie zu kontrollieren.

Es gab schon andere Fälle von Überläufern zwischen zu Kontrollierenden und Kontrolleuren. Der spektakulärste Fall war jener zu Beginn der rot-grünen Koalition, als die neue Koalition in langen Verhandlungen mit den Betreibern den scheinbaren Atomausstieg verhandelte. Das Verhandlungsergebnis war, wie jeder weiß, stattdessen die Garantie der langjährigen Weiterbenutzung der Atomkraftwerke ohne die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Die Beauftragte der Grünen bei diesen Verhandlungen wurde kurz nach dem „Kompromiß" von einem der Atomkraftbetreiber zu speziellen Bedingungen eingestellt. Sie beendete ihre politische Karriere.

Nun, wenn man wirklich reich ist, braucht man keine Politik mehr zu betreiben - nicht wahr, Herr Fischer? Die Grünen haben es bis heute nicht für nötig befunden, diesen wunderbaren Seitenwechsel auch nur näher zu untersuchen oder irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen.

Spricht man Politiker, sei es von den Grünen oder den anderen staatstragenden Parteien, auf den Atomfilz an und bezweifelt, daß die Maschinerie für Genehmigungen im Strahlenschutzamt und im Umweltministerium wirklich die Argumente prüft, dann werden die schon mal pampig und geben Ungereimtes von sich über „Aus der linksextremen Ecke", „Unbewiesene Behauptungen", „Wilde Verschwörungstheorien" und ähnliches. Sachliche Antworten sind da eher nicht zu haben.

Den Wechsel von Politikern und Aufsichtsbeamten zu den Betreibern und von Managern aus der Betreiber-Branche in Bundestagsausschüsse der Politik finden sie völlig normal und weisen jeden Gedanken an Filz zurück.

Der geneigte Leser mag sich nun selbst ein Bild machen.


Link zum Originalartikel hier

Montag, 11. September 2006

Biogas - Teil der Problemlösung

Auch in Österreich ist jetzt Biogas aktuell

Von Karl Weiss

Ein weiterer wichtiger Artikel aus der "Berliner Umschau", veröffentlicht am 13. Februar 2006

Forscher an der TU Wien haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem Biogas so gereinigt werden kann, daß es unbedenklich in öffentliche Gasversorgungsnetze eingespeist werden kann. Damit ist ein wesentliches Hindernis beseitigt, um die Verwendung von Biogas auf ein breiteres Fundament zu stellen, da bisher immer nur die Alternative ‚entweder Erdgas oder Biogas’ möglich war.

Die Verwendung von Erdgas zur Stromerzeugung, als Kraftstoff in adaptierten Benzinmotoren sowie zum Kochen und Heizen ist im Steigen begriffen. Eine neue Erdgasleitung aus Rußland nach Deutschland, am Grund der Ostsee verlegt, soll diesen Trend noch weiter verstärken. Die Verbrennung von Erdgas erzeugt nicht soviel luftverunreinigende Stoffe wie die der schwefelhaltigen Brenn- und Kraftstoffe, wie Steinkohle, Braunkohle, Heizöl, Schweröl, Benzin und Diesel.

Allerdings löst Erdgas nicht das im Moment schreiendste Umweltproblem, den Ausstoß von Kohlendioxid und den damit einhergehenden Treibhauseffekt, der bereits sichtlich zu Klimaveränderungen führt. Jede Großinvestition, die jetzt für Erdgas gemacht wird, verhindert gleichzeitig eine entsprechende Investition in Energiequellen, die kein zusätzliches Kohlendioxid erzeugen.

Erdgas löst auch nicht das Problem der Versorgungssicherheit, denn es wird genauso zu Ende gehen wie Erdöl und ist genauso als Erpressungsinstrument zu nutzen, wie Rußland gerade eben bewiesen hat mit seinem Boykott gegen die Ukraine. Auch löst es nicht die Probleme der steigenden Preise, denn sein Preis steigt simultan zu dem des Öls. Die deutschen Verbraucher hatten sogar die bei weitem höchsten Steigerungen beim Erdgas.

Speziell die Alternativ-Energie Biogas, die - trotz des Vorbildes des Biogas-Dorfes Jühnde in Niedersachsen (siehe auch den Artikel darüber ) - bisher so gut wie nicht genutzt ist, bietet sich ganz speziell in Ländern an, in denen auch eine Heizung über große Teile des Jahres nötig ist wie bei uns. Demgegenüber ist die bereits relativ verbreitete alternative Windenergie in großen Teilen Mitteleuropas nicht unbedingt die Energiequelle der Wahl, weil keine ständigen und starken Winde wehen.

Gerade in der EU, wo im Prinzip Landwirtschaft nicht mehr auf der Basis kleiner Produktionseinheiten (kleine und mittlere Höfe) einträglich betrieben werden kann, ist die Erzeugung von Biogas aus landwirtschaftlichen Produkten die Alternative, die sich aufdrängt, sei es Gülle aus Viehhaltung, seien es Weizen, Mais, Raps oder schlicht und einfach Gras oder seien es Holzschnitzel aus Abfallholz, ebenso wie die Erzeugung von Alkohol als Benzinersatz und von Biodiesel. Auch organische Abfälle sind eine ideale Quelle für Biogas.

Wenn heute in der EG noch kleine und mittlere Höfe überleben, dann nur wegen der massiven Subventionen landwirtschaftlicher Produkte, in die wesentliche Teile unserer Steuergelder fließen. Wenn die Politiker andauernd von leeren Kassen reden, so müßten sie erst einmal diese absolut unsinnige Bezahlung von Produkten zu überhöhten Preisen einstellen, die sowieso im Überschuß vorhanden sind und die dann später unter größten Verlusten für die Staatskassen mit Dumpingpreisen auf den Weltmarkt geworfen werden und die Entwicklungsländer aus dem Wettbewerb werfen.

In Deutschland z.B. könnten 10.000 neue Gratis-Kindergärten und - Tagestätten gebaut und unterhalten werden von dem Geld, das man dort einsparen würde. Andererseits könnten die Bauern wieder zu produktiven und angesehenen Teilen der Volkswirtschaft werden, statt am Brüsseler Tropf zu hängen, wenn sie Produkte zur Erzeugung von Biogas, Biodiesel und Alkohol als Grundlage der europäischen Energieversorgung herstellen.

An dieser Stelle werfen die Apologeten der Energie- und Ölkonzerne üblicherweise ein, daß selbst die Nutzung aller Anbauflächen der EU nicht genügend alternative Energieträger erzeugen könnte, um den gesamten EU-Energieverbrauch zu decken. Ja und? Verwirklichen wir doch erst einmal die 50 oder 60%, die möglich sind. Für den Rest gibt es ja noch Hunderte von anderen alternativen Energien, wie die Solarenergie, die Windenergie, die Wasserkraft, die Wellenenergie, die Gezeitenenergie, die Erdwärme, die Verwendung von Wärmepumpen und und und - nicht zu vergessen die wichtigste Energiequelle, die Sparsamkeit im Energieverbrauch.

Natürlich sind bedeutende Investitionen nötig, um auf alternative Energien umzustellen, allerdings kann man bei Biogas, Alkohol und Biodiesel jetzt schon sagen, daß diese sich im Laufe EINES Jahrzehnts oder schneller amortisieren werden, wie das Biogas-Dorf Jühnde bereits jetzt beweist. Die entgegenstehenden Berechnungen aus den Ölkonzernen und der Energiewirtschaft sind alle auf völlig veralteten Ölpreisen und Gaspreisen basiert. Es wird, darüber sind sich alle Fachleute klar, kein zurück geben zu Ölpreisen von 30 oder 40 Dollar pro Barrel und den damit parallel laufenden Gas-und Kohlepreisen.

Energie ist unwiderruflich teurer geworden und damit sind die früher immer gebrauchten Argumente der Unwirtschaftlichkeit gegenüber alternativen Energiequellen nicht mehr aktuell.

Dazu kommt, daß nun auch bei Biogas die Vermischung für die Übergangsperiode möglich ist, so wie das bereits vorher durch moderne Dieselmotoren beim Biodiesel erreicht werden konnte und durch die Entwicklung der Flex-Fuel-Technik (siehe auch die Rbi-aktuell-Artikel zur Flex-Fuel-Technik) für Benzin-Alkohol-Mischungen bei Benzinmotoren. Es gibt also keinen vernünftigen Grund mehr, nicht sofort großangelegte Programme zur Förderung von Biogas, Alkohol als Benzinersatz und Biodiesel aufzulegen - außer dem Grund, daß man, durch intime Beziehungen gefördert, den Öl- und Energiekonzernen Höchstprofite garantieren will.

Der österreichische Forschungsstaatssekretär Mainoni hat eben auf einer Tagung zu diesem Thema in Wien betont: „Biogas kann erstmals so gereinigt werden, dass es keine Nachteile für die Endverbraucher gibt. Wir haben endlich Chancengleichheit zwischen Bio- und Erdgas geschaffen" und: „Österreichs Gasbedarf könnte durch eigene Biogasproduktion vollständig abgedeckt werden." und: „Jetzt liegt es an der Politik, auch die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diesen Energiebereich wirklich wettbewerbsfähig zu machen. Österreich wäre von den ausländischen Lieferungen unabhängig und damit ein weltweiter Vorreiter in Sachen Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern."

In Österreich gibt es bereits ein Pilotprojekt für die Einspeisung von Biogas in ein Gasnetz und zwar in Pucking in Oberösterreich. Ein größeres Projekt soll nun in Salzburg in Angriff genommen werden. Es wird abzuwarten sein, ob es sich hier - wie bei vergleichbaren Ansätzen in Deutschland - wieder nur um halbherzige Teilprojekte handelt, die am Ende eher zu dem Zweck lanziert worden zu sein schienen, um zu beweisen, daß es nicht funktioniert, oder ob Österreich in diesem Fall wirklich die politische Kraft aufbringt, Projekte durchzuziehen, die nicht auf das Wohlwollen der Öl- und Energiekonzerne treffen.

Link zum Originalartikel hier

Freitag, 18. August 2006

Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4

Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol, Teil 4: Endlich auch in Deutschland

Von Karl Weiss


Artikel der "Berliner Umschau" vom 16.8.2006

So mancher aus - sagen wir - Frankfurt rümpft innerlich die Nase, wenn man ihm etwas von Leuten in Bayern erzählt, geschweige denn solchen aus der Region Straubing-Bogen in der Oberpfalz, die Gegend nennt sich Gäuboden, nicht weit von München entfernt. Die Gegend galt als rückständig und die Leute dort als ‚Holzköpfe’. Nichts ist weiter entfernt von der Wahrheit als dies.

In Wirklichkeit sind die Leute dort lebenslustig, aufgeschlossen, viele junge Europäer und in einigem auch der hessischen Großstadt voraus. Zum Beispiel ist in Frankfurt noch jeder gezwungen, sauteures und umweltvernichtendes Benzin in sein Auto zu füllen, das die deutsche Außenhandelsbilanz belastet (wenn er nicht bis nach Homburg fahren will), während bei Straubing soeben eine der ersten deutschen Alkohol Tankstellen eröffnet wurde, ein Gemeinschaftsprojekt des Autohauses Reinholz in Ittling, des Autohauses Griesbeck, des Mineralölhändlers Diermeier und der Firma Röhrer.

Dahinter steht die Stadt Straubing, die sich zur Stadt der nachwachsenden Rohstoffe gemausert hat, die ‚biomasse GmbH’ dort und die bundesweite C.A.R.M.E.N., das bedeutet Centrales Agrar-Rostoff-Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk (wer interessiert ist: die Website heißt carmen-ev.de), die in Straubing ihren Sitz hat in der Schulgasse 18 und die dort auch ein Kompetenzzentrum hat und ein Forschungsinstitut baut.

So mancher deutsche Automobilhersteller rümpft die Nase, wenn er von den US-Fahrzeugkonzernen General Motors und Ford hört. Sie galten als nicht sehr innovativ, wenig dynamisch und die Autos als eher hausbacken. Tatsache ist, daß sowohl Ford als auch GM über seine Tochter Saab heute weit fortgeschrittenere Autos anbietet als die deutsche „Hocharistokratie”, angefangen von DaimlerChrysler über BMW hin zu Volkswagen, nämlich die Flex-Fuel-Autos, die Benzin oder Alkohol in jeder beliebigen Mischung tanken können. Es scheint, daß deutsche Konzerne ihre Dynamik verloren haben, außer wenn es um Massenentlassungen geht.

Ein klarer Fall von: “Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte.”

Ford bietet in allen seinen Verkaufsstellen schon jetzt oder spätestens ab Anfang September den Ford Focus als Flex-Fuel-Version ohne Aufpreis an. Damit hat der Focus gegenüber seinen wesentlichen unmittelbaren Konkurrenten Golf, Astra, Peugeot 307 und Renault einen wesentlichen Vorteil gewonnen: Die Zukunftsicherheit. Auch die Gebrauchtwagenpreise werden für veraltete Nur-Benziner einbrechen und für Flex-Fahrzeuge steigen. Wer in diesem Moment noch einen Nur-Benziner kauft, müßte bekloppt sein.

Daneben bietet Ford auch den Ford C Max als Flex-Fuel-Version an, ebenfalls ohne Aufpreis.

Das gleiche gilt für Ford-Tochter Volvo. Einige der Volvo-Modelle können ab sofort in jeder deutschen Volvo-Vertretung in der Flex-Version erstanden werden - genauso ohne Aufpreis.

Bei GM ist es ebenfalls die schwedische Tochter, die SAAB, welche einen Teil der Palette bereits in der Flex-Version auf Lager hat. Zwar wissen das noch nicht alle Opel-Händler, die auch SAAB vertreiben, aber mit etwas Nachhilfe lernen die schnell.

Wer heute ein Flex-Fuel-Fahrzeug kauft, ist zukunftssicher, ohne jetzt irgendwelche Nachteile hinnehmen zu müssen. Falls es noch keine Alkohol-Tankstelle in der Nähe gibt, fährt er so lange ganz normal mit Benzin. Sobald es eine gibt, wird er den Preisvorteil nutzen können und seine Kollegen mit veralteten Nur-Benzinern auslachen.

Besonders unverständlich ist die Weigerung des VW-Konzerns, seine ausführlichen Erfahrungen aus Brasilien mit der Herstellung von Flex-Fuel-Autos in Deutschland zugunsten des VW-Käufers anzuwenden. In Brasilien war man sogar Vorreiter in dieser Sache und hat bereits letzten Monat beschlossen, daß ab Januar 2007 alle VW-Personenwagen in Brasilien mit der Flex-Fuel-Technik vom Band laufen werden.

Die einzige Erklärung für diese völlige Mißachtung seiner deutschen (und europäischen) Kunden ist darin zu suchen, daß die Oberen bei VW, angefangen vom Porsche-Chef, aufs engste mit der Ölindustrie verkungelt sind und den Verbrauchern diesen Vorteil vorenthalten, weil sie ihren Freunden dort zu höheren Profiten verhelfen wollen. Ausgerechnet Volkswagen, daß sowieso seit Monaten in den rufschädigenden Schlagzeilen steht wegen Prostituierten-Reisen-Skandalen und Korruptionsaffären und deshalb eine Verbesserung seines Images dringend gebrauchen könnte. Wenn nun die Umsätze einbrechen, werden es wieder die Arbeiter zu spüren bekommen statt der Schuldigen.

Jeder, der jetzt ein Flex-Fuel-Fahrzeug kauft, sollte sich übrigens auf der Site ethanol-statt-benzin.de registrieren lassen, weil er dadurch die Verbreitung von Ethanol-Tankstellen fördert.

Heute gibt es bereits 16 Alkohol-Tankstellen in Deutschland, die im folgenden aufgezählt werden:

1. Postleitzahlgebiet 9:
- 91583 Schillingsfürst, Ansbacher Str. 1
- 92421 Schwandorf, Regensburger Str. 55
- 93059 Regensburg, Weichser Weg 5
- 94559 Niederwinkling, Industriestr. 2
- 94699 Deggendorf, Hengersberger Str. 33
- 99439 Weimar - Großobringen, Wohlsborner Str. 1
2. Postleitzahlgebiet 8:
- 80469 München, Baaderstr. 6
- 84109 Wörth a.d. Isar, Siemensstr. 2
- 86529 Schrobenhausen, Pöttmeser Str. 9
3. Postleitzahlgebiet 6:
- 61352 Bad Homburg, Benzstr. 15
- 66740 Saarlouis, Schanzenstr.
4. Postleitzahlgebiet 5:
- 53773 Hennef, Frankfurter Str. 150
- 53842 Troisdorf, Hauptstr. 338
5. Postleitzahlgebiet 2:
- 24558 Henstedt-Ulzburg, Philipp-Reis-Str. 12
6. Postleitzahlgebiet 1:
- 16515 Oranienburg/OT Wensickendorf, Hauptstr. 69
- 16761 Henningsdorf, Fabrikstr. 8a

Wer Näheres über diese Tankstellen, ihre Lage usw. wissen will, kann auf der Site mobilohnefossil.de mehr erfahren.

Die großen Ölkonzerne mit ihren lichdurchfluteten, ultramodern stilisierten Tankstellen rümpfen schon mal die Nase über die „Freien Tankstellen“, aber sie haben sich soeben abhängen lassen und sind in die Liste der Dinosaurier geraten (groß, aber überholt). Wie zu erwarten, ist keine der oben genannten Tankstellen eine der großen Konzerne, sondern sie sind allesamt „Freie“oder von kleinen Tankstellen-Gruppen. Offensichtlich verbieten die gigantischen Ölkonzerne ihren Pächtern, Alkohol-Zapfsäulen zu installieren.

Das ist ein Skandal!

Natürlich verdient Big Oil sein großes Geld hauptsächlich mit der Herstellung und dem Verkauf von Benzin, Diesel und Kerosin (auf Deutsch: Petroleum). Man glaubt dort offenbar, das Hochkommen von erneuerbaren Kraftstoffen auf alle Ewigkeit verhindern zu können, wenn man denn nur genügend Druck auf Politik, Pächter und Autoindustrie ausübt. Man hat dort aber anscheinend noch nicht gemerkt, daß der Alkohol-Zug längst abgefahren ist. Wenn Gates und Soros in Alkohol investieren, hätten die Alarmglocken klingeln müssen. Ab sofort ist jeder Moment, den sie noch verlieren auf den Zug aufzuspringen, der bereits in voller Fahrt ist, verlorenens Geld für sie. Andere werden Räume besetzen, für deren Eroberung man Jahrzehnte gebraucht hat.

Im Gedächtnis der Verbraucher wird der Eindruck bleiben, daß man erst Alkohol an Markentankstellen zugelassen hat, als bereits deftigste Umsatzeinbußen hinzunehmen waren. Und die Verbraucher sind keine Idioten. Sie erinnern sich, wo zuerst Flex-Autos verkauft wurden und wo sie zunächst zum Alkohol-Tanken hin mußten.

Daß die Öl-Giganten völlig unflexibel geworden sind, ist nicht nur eine Folge ihrer Größe und Unübersichtlichkeit (die wichtigsten gehören zu den 15 größten Unternehmen der Welt), sondern auch eine Folge ihrer absoluten Fixiertheit auf finanzielle Geschäfte, während ihre Tradition, die eine technische ist, völlig in Vergessenheit gerät. Keiner von ihnen hat in wirklich großem Umfang das Bohren an weniger rentablen Stellen begonnen, seit der Erdölpreis über 70 Dollar pro Barrel sich festgehakt hat, obwohl das die technische Vernunft geboten hätte. Dazu kommt bei einigen die Zusammensetzung ihrer Aktionäre.

Der Shell-Konzern zum Beispiel hat bereits ausführliche Erfahrungen mit dem Alkohol-Geschäft in Brasilien und verkauft u.a. brasilianischen Alkohol in die USA. Daß sie trotzdem diesen Vorsprung nicht ausnutzen und ihre Pächter Alkohol-Zapfsäulen installieren lassen, mag wohl teilweise mit den Aktionären zusammenhängen. Bekanntlich ist der Konzern mit dem genauen Namen „Royal Dutch - Shell“ immer noch zu wesentlichen Teilen in den Händen der Niederländischen Königsfamilie. Daß die Adeligen nach jahrhundertelangem Inzest nicht gerade zu denen gehören, die mit besonderer Intelligenz glänzen, ist verzeihlich.

Ähnliches mag auf den BP-Konzern zutreffen, ein anderer in Europa beheimateter. In Fernseh-Reklame-Stücken stellt man sich dar, als ob man ernsthaft an nachwachsenden Rohstoffen interessiert sei, doch die Realität ist eine andere. Alkohol gibt es an keiner europäischen BP-Tankstelle. Auch hier die Verbindung zum Königshaus, in diesem Fall dem Englischen. Man sehe sich nur den Thronfolger an.

In diesem Teil soll auch noch etwas eingehender auf die Frage des Kraftstoff-Verbrauchs im Vergleich Benzin-Alkohol eingegangen werden. Tatsache ist, daß Benzin pro Liter einen höheren Energieinhalt bei der Verbrennung hat, der etwa 1: 0,67 beträgt. Das bedeutet, Alkohol hat pro Liter nur etwa zwei Drittel des Energie-Inhalts von Benzin. Dieser Vorteil beruht darauf, daß die wesentlichen Inhaltstoffe von Benzin Kohlenwasserstoffe sind, d.h. das gesamte Molekül besteht nur aus Kohlenstoff-und Wasserstoff-Atomen und trägt vollständig zur Wärmetönung der Verbrennung bei. Der Alkohol dagegen hat als wichtigen Bestandteil ein Sauerstoff-Atom, das nicht im Sinne eines verbrennbaren Bestandteils fungiert.

Die Praxis hat aber in diesem Fall eine ganz andere Seite. Es gibt nämlich, auch mit modernsten Einspritzpumpen, keine ideale Luft-Benzin-Mischung, die eine glatte und vollständige Verbrennung des gesamten Benzins bei der Explosion im Otto-Motor garantieren würde. Dies wäre nur der Fall, wenn man reinen Sauerstoff statt Luft mit Benzin mischen würde. Das ist ja offensichtlich kein in Frage kommendes Modell.

Die tatsächliche Verbrennung im Otto-Motor mit Luft ist vielmehr unvollständig und verbrennt in Wirklichkeit nur etwa 75% des Benzins. Der Rest wird zwar gecrackt (das heißt, die Moleküle werden verkleinert) aber sie verbrennen (anfängllich) nicht vollständig. Dazu kommt, daß Benzin noch andere Komponenten als Kohlenwasserstoffe enthält, die zusätzlich die Verbrennung unvollständig machen. Die betrifft in etwa weitere 5% des Energieinhalts von Benzin. Im Effekt wird also zum Vortrieb des Autos im Ottomotor mit Benzin nur etwa 70% des Energieinhalts des Benzins genutzt.

Genau gesagt, verbrennen auch noch andere Bestandteile des Benzins nach dem Ausnutzen von 70% des Energieinhalts, aber diese Anteil tragen nicht mehr zur Explosionswelle bei, die den Kolben bewegt, der wiederum das Auto antreibt. Nur die Bestandteile, die bei der ersten eigentlichen Explosion verbrennen und den Kolben bewegen, werden genutzt.

Beim Alkohol hingegen haben wir so etwas wie ein Einblasen von reinem Sauerstoff in die Verbrennung: Der Sauerstoff kommt aus dem eigentlichen Molekül. Das ist der Mischung mit Luft weit überlegen. Das bedeutet in der Praxis, daß die Explosion mit einer viel vollständigeren Verbrennung in den ersten Momenten einhergeht, in denen der Druck gegen den Kolben aufgebaut wird. Dadurch kann bei Alkohol ein weit höherer Prozentsatz als 70% unmittelbar in Bewegung umgesetzt werden, wahrscheinlich um die 90%. Dadurch entstehen auch höhere Temperaturen im Verbrennungsraum.

Wer das gleiche Auto einmal mit Benzin, einmal mit Alkohol fährt, spürt diese Tatsachen sofort. Mit Alkohol ist das Auto deutlich temperamentvoller. Es beschleunigt schneller, nimmt das Gas leichter an, Überholvorgänge können schneller abgeschlossen werden und die Höchstgeschindigkeit wird höher. Es wird auch der Motor stärker beansprucht, weshalb man heute bei Flex-Fuel-Autos Ventile und Ventilsitze mit spezieller Härtung verwendet.

Aber - und nun kommt das aber - dies geht auch mit erhöhtem Verbauch einher. Ein normaler Fahrer, der diesen Vorteil nutzt, wird etwa ein Drittel mehr (also etwa 133%) verbrauchen als beim Benzin. Das sind zwar nicht die 150%, die man aus den Unterschieden des Energieinhaltes vermuten könnte, aber eben doch deutlich mehr. Aus 10 Liter auf 100 km werden da 13,3 Liter auf 100 km.

Aber - nun kommt das andere aber - wer genauso fährt, wie er mit dem Benzin gefahren ist, also die schnellere Beschleunigung nicht ausnutzt, sondern etwas weniger Gas gibt und die beim Fahren mit Benzin verwendeten Geschwindigkeiten wiederholt, wird so gut wie keinen Mehrverbrauch haben. Dieser könnte bei 5 bis 10 Prozent liegen, aber das liegt im Bereich der normalen Schwankungen, so daß dies nicht feststellbar ist.

Da unsere heutigen Motoren mit Benzin bereits eine absolut ausreichende Beschleunigung (sprich: Drehmoment) zur Verfügung stellen, kann man sich also bewußt dazu bringen, den „Sportlichkeitsfaktor“ des Alkohols nicht zu nutzen. Dann wird der Preisvorteil rein im Geldbeutel bleiben: Alkohol kostet an den Tankstellen, wo man ihn bekommt, in der Regel ein Drittel weniger als Benzin.

Dies ist aber nur eine Momentaufnahme. Ist der Erdölpreis erst einmal bei 100 Dollar pro Barrel angelangt, wird dieser Preisunterschied noch weit deutlicher werden.

(wird fortgesetzt)

In den folgenden Teilen: Wie ist die Energiebilanz von Bio-Alkohol? Welche anderen Bio-Kraftstoffe gibt es und welche anderen natürlichen Land-Produkte können zur Verbesserung der Umwelt beitragen? Für welche anderen Zwecke kann der Alkohol gebraucht werden? Was wäre die beste Alkohol-Quelle in Deutschland? Wie sieht es mit den Fahrzeugen mit Erdgasantrieb aus? Ist Alkohol ein Konkurrent zum Wasserstoff-Antrieb? Wie ist es mit den Brennstoffzellen? Können die mit Alkohol betrieben werden? Kann ein Flugzeug mit Alkohol fliegen? Und andere Fragen.


Link zum Originalartikel hier

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