Samstag, 11. Juli 2009

Murdoch-Skandal

Tausende von Handys gehackt

Von Karl Weiss

Anscheinend sind die Auflagenrückgänge der traditionellen Zeitungen, Skandalblättern und Magazine so tiefgreifend, dass Medienkonzerne anfangen, Detektive auf Prominente anzusetzen, um Schlagzeilen zu bekommen. Britische Blätter des Murdoch-Konzerns haben nach Angaben des „Guardian“ die Handys von Prominenten durch Detektive hacken und abhören lassen. Das Internet muss sehr viel Horror verbreiten.

Der Horror scheint jener zu sein, dass die gedruckten Medien mehr und mehr an Leserschaft und damit an Interesse für die Werbe-Agenturen verlieren und der Informationsfluss mehr und mehr ins Internet verlagert wird. Der Murdoch-Konzern oder jedenfalls seine britische Abteilung ist anscheinend so von dieser Horror-Vorstellung gepackt, dass man schon mal Ausflüge ins Illegale macht.

Aber es gibt auch politische Implikationen. Im Internet können die Kapitalisten nicht so einfach Monopole aufbauen, die ihnen das alleinige Recht sichern, „Informationen“ weiterzugeben, worunter, wie wir alle wissen, von Zeit zu Zeit die Wahrheit etwas leidet.

Der Guardian berichtet in seiner Online-Ausgabe vom 8.Juli 2009 nicht nur, dass Reporter und Verantwortliche der Murdoch-Zeitungen „News of the World“ und „Sun“ Detektive damit beschäftigt und dafür bezahlt haben, Prominenten in die Handy-Kommunikation (und offenbar auch in die Computer) zu „hacken“ (insgesamt 2000 bis 3000 „Cel-Phones“) und dabei u.a. "vertrauliche persönliche Daten", "Steuerbescheide", "Sozialversicherungsunterlagen", "detaillierte Telephonrechnungen mit Zielnummern" und "Bankauszüge" ausgemacht zu haben, sondern auch, dass drei bekannte Sportler, die hinter diese Machenschaften kamen, mit hohen Summen zum Schweigen gebracht wurden.

Der „Guardian“ ist von allen englischen News-Medien, zusammen mit dem „Independent“, noch jene Veröffentlichung mit den wenigsten Fragezeichen, was die Zuverlässigkeit der veröffentlichten Berichte angeht. Man kann also diesen Berichten einiges an Glaubwürdigkeit zugestehen.

Unter den gehackten Prominenten seien ehemalige Regierungsmitgliedern, Abgeordnete, Sportler, bekannte Schauspieler und andere Personen des öffentlichen Lebens. Namentlich benannt wurden die Schauspielerin Gwyneth Paltrow, der Sänger George Michael, das Model Elle Macpherson und Ex-Vizepremier John Prescott.

Die Schweigegeldzahlungen sollen insgesamt etwa 1,2 Millionen Euro betragen haben. Als Quellen werden solche bei Scotland Yard genannt. Das wirft aber dann gleich die Frage auf, wieso die englische Polizei das bisher alles geheimgehalten hat.

Die Hauptverantwortlichen für diese kriminellen Methoden seien zwei Chef-Redakteure gewesen, mit den Namen Andy Coulson und Rebeka Wade, was weitere Probleme und Implikationen bedeutet. Andy Coulson ist nämlich nicht mehr bei Murdock, sondern arbeitet jetzt für die konservative Partei als Beauftragter für Kommunikation des Parteivorsitzenden David Cameron.

Diese politische Verbindung gibt eventuell auch schon die Antwort auf die obige Frage an Scotland Yard, was schon wieder der nächste Skandal wäre. Es ist ja bekannt, dass Murdock konservativen und rechtsextremen Parteien nahesteht.

Die andere Verantwortliche, Frau Wade, ist designierte Chefin des britischen Teils des Murdoch-Imperiums, was dem Konzern die Möglichkeit nimmt, von „Alleingängen untergeordneter Reporter“ zu sprechen.

Murdoch hat bereits alles abgestritten, aber die gesamte britische Öffentlichkeit geht davon aus, die Vorwürfe sind berechtigt. Premier Brown hat sich bereits vom G8-Gipfel gemeldet und erklärt, es seien „sehr ernsthafte Fragen zu stellen“.

Auch der Leiter von Scotland Yard hat eine Untersuchung angeordnet.

Dass sich auch Murdock selbst nicht so einfach aus dem Skandal heraushalten kann, dafür hat der „Guardian“ auch gleich gesorgt: Das Foto, das den Artikel „ziert“, zeigt Murdoch mit den Chef des britischen Teils des Konzerns und den beiden als Verantwortlichen benannten, Coulson und Wade, zusammen auf einer Veranstaltung im Jahr 2005.

Und in einem kann man sich sicher sein: Fortsetzung folgt.


Veröffentlicht am 10. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 9. Juli 2009

Sensationeller Umschwung in den USA

Sparrate wächst von 0 auf 7% - USA als Konjunkturmotor fällt aus

Von Karl Weiss

Über viele Jahre und Jahrzehnte waren die Vereinigten Staaten die Konsumlokomotive der Weltwirtschaft, die – selbst in den kleinen Krisen – nie müde wurde anzutreiben und für ein weltweites Wachstum fast ohne Unterbrechung sorgte. Diese Rolle scheint nun definitiv ausgespielt. Die Sparrate der US-Bürger, die vorher bei etwa Null lag, ist nun auf 7% angestiegen und die Importe verzeichnen ein Minus von 34%.

Da die USA bei weitem die größte Volkswirtschaft waren und die Amerikaner nie viel Grund sahen zu sparen, sondern konsumierten, waren Zuwachsraten der Weltwirtschaft fast durchweg garantiert. Die Importe der Vereinigten Staaten waren bei weitem die höchsten aller Länder. Die USA garantierten die Exporte vieler Länder (vor allem Chinas) und damit deren Wachstum, wie auch das der Bundesrepublik. Das Außenhandelsdefizit der USA war Legende.

Jedes andere Land mit so einem Defizit hätte eine schwere Abwertung seiner Währung in Kauf nehmen müssen, aber die USA hatten die Welt-Leitwährung und waren diesen Regeln nicht unterworfen.

Doch nun, unter dem Eindruck von Entlassungen und Massenentlassungen überall in den USA, nachdem bereits 12 Millionen amerikanische Familien ihr Haus verloren haben, nachdem viele ihr Rentenzusagen verloren oder verringert gesehen haben, nachdem sich die Armut grassierend verbreitet in den USA, wird logischerweise der Konsum eingeschränkt und jeder versucht, soweit er kann, zumindest ein kleines Geldpolster auf der Bank zu haben, denn die Zeiten werden offenbar nicht besser. Das Vermögen der Haushalte und Non-Profit-Organisations im ersten Quartal ist in den USA um 16,3% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, das sind gewaltige Werte.

Natürlich repräsentieren die 7% Sparrate (Vergleich Mai 2008 mit 2009), ein nie vorher gekannter Wert in den USA, auch Transferleistungen und die Auswirkungen des Obamaschen Konjunkturprogramms, aber im wesentlichen bedeutet dies ein generelles Umdenken des US-Bürgers. Die Sparrate ist der Anteil in % der auf die Bank gelegten Werte im Vergleich zum gesamten verfügbaren Volkseinkommen.

Eine Spaarate kann auch negative Werte anehmen, wenn mehr Kredite aufgenommen werden als Geld auf die Bank gelegt wird, sie stellt also gewissermassen das Gleichgewicht von Spargeld auf der Bank und von Kreditaufnahmen bei der Bank dar.

Der Umschwung hat Auswirkungen auf die ganze Welt. Die Hoffnung der Weltwirtschaft liegt darauf, dass die USA das Ruder herumreißen und wieder mit ihrem Konsummotor die Weltwirtschaft aus dem Strudel reißen, aber es sieht klar so aus, dass dies nicht geschehen wird.

Auch scheint es so, dass Kredite in den USA nur schwer zu haben sind, ebenso wie Hypotheken. Die Häuserpreise sind weiterhin am fallen.....

Die Arbeitslosigkeit wird bald 10% offiziell überschreiten, was in Wirklichkeit weit höhere Zahlen repräsentiert. Der Einbruch von 34% der Importe im Vergleich April 2008 zu April 2009 macht die Tiefe des Rückgangs deutlich.

Damit ist auch die Hoffnung, die deutschen Exporte könnten nach einiger Zeit wieder auf frühere Werte zurückkommen, am Horizont verschwunden. Die USA sind nach der EU der zweitgrößte Exportmarkt der Bundesrepublik und ein solcher Einbruch wird schwerlich rückgängig zu machen sein.

Vor allem aber bedeutet dies, eine schnelle Erholung der US-Wirtschaft ist trotz der massiven Summen, die Obama in die Wirtschaft gepumpt hat und noch pumpt, nicht in Sicht und das von allen erhoffte und herbeigeredete Ende der Krise ist unter diesen Bedingungen nicht einmal als Lichtschein am Ende des Tunnels zu sehen! Es muss vielmehr von einem zweiten tiefen Einbruch in der zweiten Hälfte von 2009 ausgegangen werden.


Veröffentlicht am 13. 7. 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 8. Juli 2009

Deutscher und Stürmer – das geht nicht?!

Sollen alle Spiele 0:0 ausgehen?

Fussball-Überlegungen von Karl Weiss

Es ist wie verhext – es gibt keine deutschen Stürmer im Fussball mehr. Alles Ausländer, auch wenn sie eingebürgert wurden. Letztes Beispiel: Cacau. Nicht dass irgendetwas schlecht daran wäre, wenn im Sturm der Nationalmannschaft eingebürgerte Ausländer spielen, aber es stellt sich doch die Frage: Sind deutsche Gene und „Stürmer-sein“ inkompativel?

Das letzte Mal, dass ein nicht eingebürgerter Deutscher im Sturm der Nationalmannschaft auflief, ist so lange her, dass dem Bürger-Journalisten niemand sagen konnte, wer das war. Einer meinte, das müsse Oliver Bierhoff gewesen sein. Na, was hat der denn gewonnen? Na gut, die EM 96 – aber das ist 13 Jahre her! Oder der andere Oliver, Neuville. Auch ausländischer Name. Hat aber immerhin einen Pfostenschuss im WM-Finale 2002 zu verzeichnen. Das gleiche Finale, in dem noch Asamoah eingewechselt wurde. Na, reden wir nicht von dessen Nationalität.

Seit langem haben wir uns an ein Sturm-Duo Podolski-Klose gewöhnt, also reinrassig polnisch. Podolski wagte es nicht einmal, ein Tor gegen Polen bei der EM zu feiern.

Von Zeit zu Zeit spielte dort Kuranhy, der wurde in Rio de Janeiro geboren. Dann zur Abwechslung Mario Gomez, spanischer Abstammung. Nun also Cacau, der fast sein ganzes Leben in Brasilien verbracht hat und nur den Vorteil hatte, zu keiner der brasilianischen Jugend-Auswahl-Mannschaften eingeladen worden zu sein und deshalb Fussball-Deutscher werden zu können.

Oder sehen wir uns die Torschützenliste der Bundesliga an: Erster ist Grafite, ein wirklicher Brasilianer, der nicht eingebürgert werden kann, zweiter Dzeko, der erst seit zwei Jahren in Deutschland ist (woher war der gleich noch mal?). Dritter ist der schon erwähnte Gomez und an vierter Stelle (vor Ibisevic) ein verdächtiger Name: Patrick Helmes. Nanu? Gibt es doch einen Deutschen, der wenigstens ab und zu trifft? Na, wir werden in seiner Ahnenreihe schon die Ausländer finden, die ihm Tor-Gene vermittelt haben. Für die Nationalmannschaft ist er aber nicht vorgesehen.

Auch wenn man die Aufstellungen der Bundesliga-Mannschaften durchgeht: Vorne gibt es meistens einen oder sogar zwei Ausländer bzw. eingebürgerte.

Aber – waren nicht deutsche Stürmer Legende? Wenn man mal von Brasilianern absieht, sind die besten Stürmer aller Zeiten Deutsche! Allen voran Gerd Müller, dessen Torrekord mit 14 in zwei Weltmeisterschaften bis heute nicht geknackt ist. Zwar wurde er in der Zahl von Toren in WMs von Ronaldo und Klose mit 15 überholt, aber die brauchten drei oder vier Weltmeisterschaften dafür. Und da gibt es auch noch Uwe Seeler – eine Legende. Oder denken Sie an Helmut Rahn, der zwei Tore im WM-Finale 1954 in Bern schoss oder „Emma“ (Emmerich) mit seiner „linken Klebe“, der im WM-Finale 1966 spielte. Aber man braucht gar nicht so weit in die Vergangenheit zurückgehen. Rudi Völler ist heute noch den Jungs ein Begriff, der im WM-Finale gegen Argentinien 1986 zwei Tore erzielte und wesentlich an der Weltmeisterschaft 1990 (bis dato Deutschlands letzte) beteiligt war. Und natürlich Klinsmann, der lange der Partner von Völler im Sturm war, aber heute Schlagzeilen als geschasster Trainer macht.

Doch dann? Was kam nach Klinsmann und Völler? Gingen die Stürmer-Gene im deutschen Erbgut verloren?

Nein, das ist natürlich Quatsch. Es gibt keine Stürmer-Gene. Natürlich braucht man die körperliche Veranlagung, um ein guter Fussballer werden zu können und man braucht auch die geistige, denn das ist harte Arbeit und nicht Jeder steht die Jahre durch, bis er am Ziel ankommt. Wer von den Talentierten Stürmer wird, entscheidet sich typischerweise nach der Schnelligkeit – Schnelligkeit im Antritt und im Kurzsprint, was einen guten Stürmer im Grunde auszeichnet.

Alles andere kann man lernen und kann antrainiert werden, wenn Talent vorhanden ist.

Und da sind wir auch schon bei der wahrscheinlichen Ursache der deutschen Stürmermisere. Das Antrainieren. Machen Sie sich einmal die Mühe und gehen zu einem Training bei der B-Jugend oder A-Jugend eines bekannten Vereins. Sie werden feststellen, kaum hat ein Stürmer den Ball und strebt in Richtung gegnerisches Tor, tönt die Stimme des Trainers über den Platz: „Abgeben!“.

Er meint damit, der Stürmer soll nicht versuchen, einen Gegenspieler zu umspielen und damit der gegnerische Abwehr die Überzahl nehmen, sondern den Ball einem Mitspieler zuspielen und der dann einem anderen usw. Die Idee dahinter ist, der Versuch zu dribbeln (oder einen Gegenspieler einfach mit einer Körpertäuschung ins Leere laufen zu lassen) trägt ständig die Gefahr des Ballverlustes in sich und ist daher zu vermeiden.

Mit anderen Worten: Dribbeln verboten! Abgeben! Spieler mit der Angewohnheit, den Ball zu führen und Gegenspieler auszuspielen zu versuchen, werden als „eigensinnig“ verschrien und auf die Bank gesetzt – oder wenn sie uneinsichtig sind, aus dem Team verbannt.

Der Bürgerjournalist kann da eine Geschichte erzählen von einem talentierten jungen Spieler. Zu jener Zeit – damals noch in Deutschland -, wurde jeden Samstag Fußball gespielt auf einem „Bolzplatz“ mit einer Gruppe von Freunden. Da erschien ein Junge und fragte, ob er mitspiele könne. Schnell stellte sich heraus: Der Junge war uns allen überlegen! Er spielte jeden von uns aus und erschien regelmässig allein vor dem Tor. Er konnte dribbeln und die Gegenspieler ins Leere laufen lassen, dass es eine Freude war.

Wir fragten ihn natürlich, ob er in einem Verein spielte, aber er sagte, man habe ihn dort hinausgeworfen, weil er „zu eigensinnig“ sei und die Anweisungen des Trainers nicht befolgte. Man weiss natürlich nicht, ob aus diesem Jungen einmal ein grosser Stürmer geworden wäre, aber die Tendenz ist sichtbar: Die Talentierten werden in ein Schema gepresst, das ihrer Kreativität entgegenläuft und so hat man schliesslich keine Stürmer mehr.

Wie verläuft heutzutage das Fussballspiel? Greift die gegnerische Mannschaft an, baut man einen dreifachen Ring der Abwehr (plus eventuell einem letzten freien Mann) auf und greift, möglichst mit zwei Spielern, den Ballführenden an. Mannschaften, die Spieler mit sehr viel Luft haben, verzichten sogar auf den freien Mann, solange der Gegner sich noch nicht sehr dem Tor angenähert hat und greift mit einem extremen „Pressing“ jeden an, der den Ball erhält – wenn möglich, noch bevor er den Ball unter Kontrolle hat. Die verteidigende Mannschaft ist immer mit einem oder zwei Spieler in der Überzahl, je nachdem, wieviele der Stürmer dazu verpflichtet sind, mit zurückzugehen. Das Gleiche macht im Prinzip die andere Mannschaft, wenn sie den Ball verliert und abwehren muss.

Wenn da alle Abwehrenden fehlerfrei spielen, kann hiernach nie ein Tor fallen. Alle Spiele gehen Null zu Null aus.

Was ist das Einzige, was aus dieser Situation retten kann – ausser den Fehlern, die natürlich doch immer wieder passieren? Die Intuition, die Kreativität einzelner Spieler. Einer, der kurz den Ball führt und dann einen Gegenspieler „aussteigen lässt“, bohrt ein Loch in dieses Schema. Denn nun ist die Abwehr nicht mehr in der Überzahl, sondern es stehen sich gleich viel gegenüber. Kann man einen schnellen Spielzug machen, ist plötzlich ein Stürmer vorne allein mit einem Abwehrspieler. Kann er sich den Ball so vorlegen, dass der (langsamere) Abwehrspieler nicht mehr drankommt, sondern zuerst er, hat er freien Schuss aufs Tor.

Etwas Ähnliches kann man mit langen Pässen erreichen, wie sie damals für Beckenbauer charakteristisch waren. Der Stürmer ist schneller als der Abwehrspieler und erreicht den Ball zuerst, wenn er mit Genauigkeit in den freien Raum gespielt wurde. Wiederum die Mann-gegen-Mann-Situation.Im Prinzip geht das auch mit schnellen Doppelpässen, wie sie damals Müller und Beckenbauer exerzierten, aber die sind extrem schwierig und die Gefahr, den Ball zu verlieren, ist ebenso hoch wie beim Dribbeln.

Sehen sie sich die Situation von Feldtoren an und Sie werden sehen, das eine oder andere dieser Schemata ist verantwortlich. Natürlich fallen heute nur noch wenig Feldtore. Die Überzahl kommt aus Ecken, von Freistössen und durch Kopfbälle nach Flanken. Wenn man sich aber wieder die Situationen ansieht, die zu den Ecken, Freistössen oder Flanken führten, kommt man wieder auf die obigen Schemata.

Treibt man also allen deutschen Spielern in den Vereinen die Kreativität, die Intuition für eine schnelle Ballführung aus, die einen oder mehrere Gegner ausspielt, so hat man keine Stürmer mehr und muss sie aus dem Ausland holen. Was die Nationalmannschaft angeht, kann man dann nur noch einbürgern.

Die klassische Szene hierfür ist jene, die zum Ausgleichstor von Rivaldo im Viertelfinalspiel Brasilien-England 2002 bei der Weltmeisterschaft in Japan führte - ein Viertelfinale, das praktisch das vorweggenommene Endspiel war. Sehen Sie sich die Szene einmal an, wenn sie die Gelegenheit haben. Ronaldinho Gaúcho erhält den Ball, aber alle brasilianischen Spieler sind gedeckt. Er könnte den Ball zurück zu den Verteidigern geben, aber man muss den Ausgleich erzielen. England führt! Also tritt Ronaldinho an, lässt mit einer schnellen Körperbewegung den angreifenden Gegenspieler aussteigen und stellt damit die Situation der Zahlengleichheit her. Der englische Spieler, der den Stürmer Rivaldo deckte, ist nun gezwungen, sich dort zu lösen und Ronaldinho anzugreifen, denn das Angreifen des Ballführenden hat immer Vorrang. Der letzte freie Mann der Engländer läuft nun in Richtung Rivaldo, um ihn zu decken. Doch zu spät. Ronaldinho hat bereits schnell und scharf zu Rivaldo gegeben, der einen Moment Zeit hat, sich den Ball zurechtzulegen und aufs Tor zu schiessen. Und Rivaldo hat einen der schärfsten Schüsse der Weltmeisterschaft: 1:1 ! Und das war die Grundlage des späteren Sieges mit einem Freistosstor von Ronaldinho.

Die Schärfe der Schüsse von Rivaldo hat später auch Torwart Kahn im Endspiel der gleichen Weltmeisterschaft kennengelernt, als ihm ein solcher Schuss wegsprang und Ronaldo zur Stelle war, um zu vollstrecken.


Veröffentlicht am 8. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 7. Juli 2009

Rare Duplizität der Ereignisse

Zwei gleiche Fussballspiele

Von Karl Weiss

Fußball schlägt manchmal unglaubliche Kapriolen. So geschehen in Brasilien am 1. und 2. Juli 2009: Kaum zu glauben, aber im Süden Brasiliens wiederholte sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen fast genau der gleiche Ablauf eines Fußballspieles in zwei Stadien in der gleichen Stadt, die nur etwa einen Kilometer voneinander entfernt sind.

Akteure: Vier der besten Fußball-Teams Brasiliens.

Ereignisse: Am 1. Juli das zweite Endspiel um den Pokal Brasiliens, das hier mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wird. Am 2. Juli: Der Kampf im Halbfinale der Kontinent-Vereinsmeisterschaft Libertadores um den Einzug ins Finale.

Das Geschehen: In beiden Spielen war die Heimmannschaft eine aus Porto Alegre, der Hauptstadt des südlichsten Bundestaates Brasiliens und hatte als Gegner eine Mannschaft aus dem bevölkerungsreichen Südosten Brasiliens zu Gast. In beiden Spielen war die jeweilige Heimmannschaft im Hinspiel mit zwei Toren Unterschied unterlegen, so dass sie ein 3:0 gebraucht hätte, um das Ganze zu gewinnen - oder ein 2:0 (bzw. 3:1), um ins Elfmeterschießen zu kommen. In beiden Spielen legte aber (nach der Anfangsoffensive der Heimmannschaft) die jeweilige Auswärtsmannschaft innerhalb weniger Minuten in der Mitte der ersten Halbzeit zwei Tore vor, was die Aufgabe für die jeweilige Mannschaft aus dem Süden Brasiliens praktisch unmöglich machte. In beiden Spielen konnte die Heimmannschaft in der zweiten Halbzeit noch jeweils 2 Tore erzielen, so dass beide Spiele 2:2 ausgingen, was aber die beiden Mannschaften aus dem Südosten ans Ziel brachte.

Die Akteure (und der Ort des Geschehens): Im Spiel am 1. Juli, dem zweiten Endspiel der Pokalendspiele, standen sich im Stadion "Beira Rio" (Flussufer) aus dem Südosten Brasiliens Corinthians São Paulo und Internacional Porto Alegre gegenüber. Corinthians gewann den Pokal. Im zweiten Spiel wiederholten sich die Ereignisse am 2. Juli im Stadion "Olímpico" von Gremio Porto Alegre, das gegen Cruzeiro Belo Horizonte antrat, einer der beiden großen Vereine aus der Stadt, aus der hier geschrieben wird. Dabei ging es im Halbfinale der Libertadores um den Einzug ins Endspiel. Cruzeiro steht nun in den beiden Endspielen gegen Estudiantes De la Plata aus Argentinien.

Beide Spiele waren äußerst ereignis- und abwechslungsreich mit vielen Torszenen und unglaublichen Torwartleistungen und hätten mit noch weit mehr als je vier Toren ausgehen können. Das Niveau kann ohne Schwierigkeiten mit den Ligen in Italien und Spanien verglichen werden (vielleicht nicht unbedingt mit der englischen). Meistens nimmt man an, die brasilianischen Mannschaften könnten nicht überragend sein, weil ja die besten brasilianischen Spieler in Europa spielen, aber es bleiben noch genügend hochklassige Spieler in Brasilien übrig.

In beiden Spielen konnte man auch Spieler sehen, die am vergangenen Wochenende noch in Südafrika in der brasilianischen Nationalmannschaft spielten, die in einem ebenso mitreißenden Spiel im Endspiel gegen die Vereinigten Staaten gewann und den "Confederations-Cup" mit nach Südamerika nahm: Bei Corinthians war André Santos tätig, der sich als Stammspieler auf der linken Außenbahn empfohlen hat und bei Cruzeiro spielte Ramirez, der sich den Stammplatz des rechten offensiven Mittelfeldspielers in der "Seleção" gegen Elano bis auf weiteres gesichert hat.

Wenn Cruzeiro es schafft, das hohe Niveau des Spiels für die beiden Endspiele um die Libertadores zu konservieren, ist die Mannschaft Favorit für den höchsten südamerikanischen Vereinstitel. Die beiden Endspiele sind angesetzt für den 8.7. in Argentinien und für den 15.7. in Brasilien.


Veröffentlicht am 6. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 6. Juli 2009

Wer ist Herr, wer Gehilfe?

Die Zustände im Monopolkapitalismus

Von Karl Weiss

Die Kreditklemme in Deutschland ist groß und offensichtlich. Die Banken bevorzugen ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) für gute Zinsen anzulegen als Kredite zu vergeben. Der alte Bankerwitz „Wir geben Kredite nur an jemanden, der sie wirklich nicht braucht!“ ist Realität geworden. Da hebt ein Naivling in einem Kommentar der „Süddeutschen“ ernsthaft den Zeigefinger und macht sich lächerlich.

Der Rettungs-Plan

Machen Sie einmal einen einfachen Test: gehen Sie mal zu Ihrer Bank und sagen Sie: „Ich brauche einen Kredit über 5000 Euros.“ Sie werden sehen, fast jede Bank wird um die 9% Zinsen pro Jahr von Ihnen verlangen. Nur – diese Bank hat momentan die Möglichkeit, sich dieses Geld für 1% Zinsen im Jahr zu beschaffen! Das ergibt einen „Spread“ von 8% und das kann ohne Übertreibung als Wucher bezeichnet werden.

Unternehmen, die Sicherheiten bieten können, kommen noch ein wenig besser davon, aber auch bei ihnen spürt man deutlich: Die Banken vergeben im Moment nicht gerne Kredite, die unterhalb der Wuchergrenze liegen.

In jenem Kommentar der „Süddeutschen“ wird berichtet: „Um zwei Prozent sank die Kreditvergabe im ersten Quartal 2009, im zweiten wird mit einem Minus von vier bis acht Prozent gerechnet.“

An mangelnder Liquidität kann es nicht liegen. Die EZB hat allein in der vergangenen Woche 442 Milliarden Euro den Banken zu 1% Zinsen (also praktisch umsonst) zur Verfügung gestellt.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

In einer Umfrage des Zentralverbandes der Elektro-Industrie (ZVEI) in der vergangenen Woche sagten 57% der Mitgliedsunternehmen, es sei eine Kreditklemme zu spüren, was im März nur 5% gesagt hatten. Wenn sich das nicht schnell ändere, sei mit einer Insolvenzwelle (und damit mit massenhaftem Arbeitsplatzverlust) zu rechnen, wird dort verlautet.

So räsoniert denn auch der naive Kommentator über die Banker: „Aber nein, die Herren in Nadelstreifen halten sich vornehm zurück, treten auch nicht öffentlich auf - oder haben Sie die Chefs von Hypo Real Estate, IKB oder Commerzbank schon mal bei Anne Will, Reinhold Beckmann oder Maybrit Illner gesehen und ein "Tut mir echt leid" gehört?“ Und: „Die plötzlich risikoscheuen Banker haben beispielsweise bei der EZB viel Geld liegen. Dort beliefen sich die Bankenguthaben am vorigen Wochenende auf eine knappe Viertelbillion Euro.“ Und schließlich wird noch ganz mutig die Politik an ihre vermeintliche Aufgabe erinnert: „Deshalb wäre es hilfreich, wenn die Herren Steinbrück und Guttenberg den Damen und Herren Vorständen einmal nachdrücklich erklären würden, was sie jetzt vom Bankengewerbe erwarten. Sie sollen mit ihrem Geld die Wirtschaft wieder flott machen.

Doch da hat sich der Kommentator lächerlich gemacht. Will er uns weismachen, die Politik könnte im Monopolkapitalismus den Banken Anweisungen geben? Der Schwanz wedelt nicht mit dem Hund. Die Groß-Banken und Großkonzerne sind die Herrschenden, die Politiker nur Gehilfen von deren Gnaden!

Wenn irgendjemand dem anderen etwas „nachdrücklich erklärt“, dann die Banken den Politikern und nicht umgekehrt – so wie es war, als die Banken Pleite waren. Die Herren der Banken „erklärten nachdrücklich“, dass man ihnen mit Hundert-Milliarden-Beträgen beispringen müsse und die Politiker gehorchten und versuchen vor uns nun mit Worten wie „systemwichtig“ diese klaren Befehls- und Gehorsams-Wege zu verschleiern.

Der Bankenverband erklärt denn auch ungerührt: „Ab Herbst besteht die Gefahr einer flächendeckenden Kreditklemme.“ Herbst, das ist fast genau der Termin der Bundestagswahlen. Man ziehe sich warm an, was nach den Wahlen kommt.


Veröffentlicht am 6. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Sonntag, 5. Juli 2009

„Kinderpornographie“: Kaum ist die neue Gesetzgebung durch...

...schon beginnen die ersten Absurditäten

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Erst im November war die Gesetzgebung des neuen Sexualstrafrechts durch Bundestag und Bundesrat gegangen und es hat nur einen Monat gedauert, bis das erste absurde Verfahren eingeleitet wurde. Wie der Bürger-Journalist bereits in mehreren Artikeln angekündigt hat, wird die neue Regelung über angebliche „Kinderpornos“ allen möglichen Arten von Moralaposteln die Möglichkeit geben, zu versuchen, der Gesellschaft ihre spießigen moralinsauren Abartigkeiten überzustülpen. Weit gefährlicher ist aber die zweite Anwendungsmöglichkeit. Da "Kinderporno" nun fast alles sein kann, hat man eine vernichtende Waffe gegen Oppositionelle (Dissidenten) in der Hand.

nudist foto 831
Hier eines der Beispiel-Fotos, das hier im Blog schon gezeigt wurde. Ein typisches harmloses Foto aus einem FKK-Gelände. Doch nach der neuen Gesetzgebung kam man daraus ein "Kinderporno"-Foto konstruieren. Die Dame sähe jünger als 18 aus und sie strecke ihren Unterleib vor, was das Foto aufreizend mache. Und schon können Sie mit einem Kinderporno-Verfahren überzogen werden, wenn Sie dies Foto auf ihrem Computer haben.

Nun, das jetzt eingeleitete Verfahren lässt nichts an Absurdität zu wünschen übrig. Es entspricht genau einer der Befürchtungen, die der Verfasser schon geäußert hatte. Es geht darin um das Foto eines nackten Mädchens von 10 Jahren, also vor der Pubertät. Es war auf dem Plattencover von „Virgin Killer“ der deutschen Rockband ‚Scorpions’, das in den 70er Jahren veröffentlicht wurde. Das Verfahren wurde im Dezember angestrengt und ist bis heute nicht erledigt.

Scorpions: Cover "Virgin Killer"

In den Vereinigten Staaten, von wo die Blaupause kam für die europäische Rahmenrichtlinie, nach der das deutsche Gesetz formuliert wurde, ist es inzwischen so weit, dass in den meisten Bundesstaaten nicht nur simple Fotos von nackten Kindern als Kinderporno gelten, sondern auch die von angezogenen, sei es in Badekleidung oder in ganz normaler Kleidung, wenn irgendjemand (und dieser jemand ist nicht definiert) die Darstellung als „aufreizend“ ansehen kann.

Nudist Foto 179
Hier ein anderes Beispiel-Foto, wiederum ein typisches und harmloses Foto aus einem FKK-Gelände. Es braucht nur jemand dies Foto für "aufreizend"erklären und schon sind Sie im Gefängnis wegen Kinderporno, wenn Sie ein solches Foto, zum Beispiel von ihrer Tochter oder Nichte, auf dem Computer haben.

Genau diese Definition mit „aufreizend“ wurde auch in die deutsche Gesetzgebung aufgenommen. Damit ist, wie man schon an diesem ersten Fall sieht, der Willkür Tür und Tor geöffnet. Vorher war die Definition von Kinderporno eindeutig: „Sexuelle Handlungen an, vor oder mit Kindern“. Eindeutig, nachvollziehbar, überprüfbar und nicht missbrauchbar, um missliebige Personen zu inkriminieren.

Führt man aber das „aufreizend“ ein, erst recht, wenn noch nicht einmal Nacktheit gefordert ist, so wird alles davon abhängen, wie man das definiert. Der Papst zum Beispiel könnte das Foto eines kleinen Mädchens in voller Kleidung, das für den Fotografen mit einem maliziösen Lächeln posiert, als „aufreizend“ ansehen.

Wir in Europa pflegen aber auch mit der Nacktheit und der teilweisen Nacktheit von Kindern liberal umzugehen. Kinder vor der Pubertät werden am Strand (manchmal auch im Garten) in der Regel nackt spielen gelassen. Aber auch Mädchen, die bereits in der Pubertät sind und bereits Ansätze von Brüsten haben, vergnügen sich in vielen Ländern Europas am Strand ohne Oberteil, so wie auch ihre Mütter.

Nudist Foto 147
Ein drittes Beispiel: Wenn einer der beiden noch nicht 18 ist und jemand dies Foto aus einem FKK-Gelände für "aufreizend" erklärt, ist das "Kinderporno"!

Dazu kommt die ganze Bewegung der Naturisten, hier meist FKK genannt, im englischen Sprachraum „nudists“. In einem solchem Camp, aber eben auch an ganz normalen europäischen Stränden, kann jedes Foto zu einer Anklage wegen Kinderporno führen, wenn auch nur im Hintergrund ein Kind (das ist nach der neuen Definition des Gesetzes jede Person bis 18 Jahre!) darauf kommt. Irgendjemand, der das „aufreizend“ findet, lässt sich immer auftreiben. Und das im Zeitalter der Foto-Handys, wo fast jede Lebensäusserung auf die Pixels gebannt wird! Da passt es gleich noch ins Bild, dass gerade das BKA-Gesetz verabschiedet wurde, das ohne konkreten Tatverdacht das Durchsuchen der Computer mit dem Bundestrojaner erlaubt.

Auch ein anderer Fall aus Australien, wo ebenfalls das „aufreizend“ eingeführt wurde, ist genauso absurd: Da geht es um Zeichnungen. Werden auf Zeichnungen Kinder dargestellt, die sich sexuell betätigen (in diesem Fall gezeichnete „Simpsons“, so gilt dies als Kinderporno. Auch in Deutschland ist jede bildliche Darstellung (also auch Kunstwerke, also auch Zeichnungen, die z.B. ein begabter Junge von seiner Freundin macht - Erinnern Sie sich an „Titanic“?) als Kinderporno definiert – und das wohlgemerkt für alle bis 18 und alle die eventuell jünger als 18 aussehen! All dies hat absolut nichts mit dem tatsächlichen Missbrauch von Kindern zu tun.

Bildhauerwerk "Die Umarmung"
Kunstwerk "Die Umarmung"
Ein anderes Beispiel: Nicht nur Fotos, sondern alle "bildlichen Darstellungen" wurden nun in die "Kinderporno"-Definition aufgenommen, also auch diese Fotos eines Kunstwerks von einem bekannten Brasilianischen Künstler im Garten eines Kunstmuseums von Belo Horizonte. Man braucht nur anzunehmen die beiden Damen sähen jünger als 18 aus und diese Umarmung sei "aufreizend".

Und das schlimme daran ist, es handelt sich hier nicht um die Anklage eines kleinen Ladendiebstahls, es handelt sich um Kinderporno, also Kinderschänden – und das ist eine der tödlichsten Anklagen, die gegen einen Menschen überhaupt möglich ist. Wer des Zusammenhangs mit einem Kinderporno-Fall angeklagt ist, dessen Leben ist unmittelbar in die Hölle verwandelt. Unabhängig davon, ob er überhaupt verurteilt wird, vielleicht mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, weil der Richter das Foto der kleinen nackten Tochter auf seinem Computer eher für einen leichten Fall einstufte, er ist mit einem Makel behaftet, der praktisch einen Zombie aus ihm macht – oder jedenfalls einen Ausgestoßenen.

Die Familie wendet sich in der Regel von ihm ab, die Freunde, die Geschäftspartner, die Kollegen. Er verliert fast immer seinen Job, die Frau lässt sich scheiden. Seine Kinder sieht er nie wieder, denn jeder Richter wird natürlich einem Vater kein Kontaktrecht mit seinen Kindern einräumen, wenn der unter der Anklage von Kinderporno steht. Wer eine Firma hat, ein kleines Geschäft, verliert meist alles. Viele von den in Großbritannien im Fall „Operation Ore“ unschuldig Angeklagten begingen Selbstmord. Wer mehr zum Fall „Operation Ore“ wissen will, hier: https://karlweiss.twoday.net/stories/4056209/

Nudist foto 199
Noch ein Beispiel. Das typische Foto eines stolzen Vaters von seinen Töchtern am Nudisten-Strand. Jemand findet das "aufreizend" und schon ist er in der Hölle eines Kinderporno-Verfahrens.

Es ist offensichtlich, dies ist das ideale Mittel gegen Dissidenten, gegen Oppositionelle, gegen unliebsame Personen. Man braucht nur den Computer des Dissidenten intensiv und lange genug zu überwachen, irgendwann wird sich meist ein Foto finden, das als Vorwand dienen kann, den armen Kerl mit einer „Kinderporno“-Anklage zu überziehen. Dies umso mehr, als die „Kinder“ ja nun bis 18 Jahre definiert sind und zusätzlich alle, die jünger als 18 aussehen – wobei wiederum nicht definiert ist, wie man denn feststellt, ob jemand jünger als 18 aussieht.

Es ist also gar nicht nötig, dies neue Gesetz häufig anzuwenden. Es reicht, eine Anzahl Fälle durchzuziehen, um eine Rechtsprechung hierüber zu schaffen und das Gesetz dann gezielt gegen Dissidenten anzuwenden.

So können auch die jetzige Ermittlungen gegen die „Scorpions“ als ein Versuchsballon gewertet werden. Wahrscheinlich wird es letztlich gar nicht zur Anklage kommen, noch zu einer Verurteilung, aber man bereitet Terrain.

Freitag, 3. Juli 2009

Mehr konsumieren!

Idioten bleiben Idioten

Von Karl Weiss

Selbst die Idioten, die weiterhin die bürgerliche Ökonomie als vertretbar ansehen, müssen inzwischen schon zugeben: Es gibt Konsum, es gibt Binnennachfrage, was bisher immer geleugnet, jedenfalls für überhaupt nicht wesentlich erklärt worden war. Ein Kommentar der „Süddeutschen“ vom Juni sagt u.a.: „ ... es heißt, nach Wegen zu suchen, um die Nachfrage dauerhaft anzuregen. Die Sparquote ist - im Schnitt, nicht bei Geringverdienern - höher als notwendig. Wenn die Deutschen bei gleichen Exporten mehr konsumieren, wird die Volkswirtschaft stabiler.“

Welche Erkenntnis! Ob er dazu 10 Jahre studieren musste, um das herauszufinden? Hätte er Marx gelesen, hätte er es schon lange gewusst: Die Kapitalisten sind in einer ausweglosen Situation, die am Ende zum Zusammenbruch – in der einen oder anderen Weise – des kapitalistischen Systems führen muss: Sie müssen die Löhne ihrer Arbeiter möglichst niedrig halten, um mehr Profit zu erzielen, aber dadurch gibt es immer weniger Geld in den Händen der Konsumenten, um ihre Produkte zu kaufen. Das ist die wesentliche Ursache aller kapitalistischen Wirtschaftskrisen und auch die der jetzigen kapitalistischen Endzeitkrise.

Mehr konsumieren, wie stellt man sich das vor? Die Geringverdiener können nicht, denn was sie haben, reicht sowieso vorne und hinten nicht. Die mit mittlerem Einkommen sind jetzt in der Krise massiv vom Arbeitsplatzverlust bedroht. Wie werden sie da weniger sparen? Absurde Idee – naja, Idiot eben.

Die Herren mit dem Vermögens- und Bonus-Einkommen konsumieren sowieso schon auf Teufel-komm-raus. Aber man kann eben nicht auf mehr als einer Jacht im Mittelmeer herumschippern. Und viel mehr als 3 Liter Hoch-Preis-Champagner pro Person und Tag geht auch nicht. Auch die Kapazität, Kaviar zu vertilgen – natürlich nur den echten Beluga - ist einfach begrenzt.

Woher nimmt der Idiot also den zusätzlichen Konsum? Wie wäre es, wenn er die Streiks der Kindertagestätten-Angestellten mit unterstützt, damit sie eine gute Lohnerhöhung erreichen? Na, das will er auch nicht, denn er ist ja ein Idiot.

Und der Export, das jedenfalls ahnt er schon, wird nicht mehr auf den früheren Umfang zurückkehren. So bleibt ihm denn nichts anderes übrig als zu prophezeien: „Ja, es kann alles noch schlimmer kommen, als sich mancher von Katastrophennachrichten Ermüdete heute denkt.“ Da müssen wir dem Idioten zustimmen.

Er meint, die große Gefahr sei der Protektionismus für die eigenen Industrien, der sich weltweit ausbreite. Aber das beruht auf der These, der deutsche Export als wesentlicher Teil des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) sei gesund gewesen. In Wirklichkeit bedeutete dieser Weltrekord-Export eine massive Verwerfung des Welt-Handels-und Finanzsystems, die sich die anderen Länder sowieso nicht mehr lange hätten gefallen lassen.

Die Idee der deutschen Politik war und ist, die Industrie über die Exportschiene anzukurbeln und die Deutschen mit Reallohnverlust, Ein–Euro-Jobs, Verweigerung des Mindestlohns, Rentenraub und Hartz IV gleichzeitig in die Armut zu drängen, sodass sie für Hungerlöhne in der Exportindustrie arbeiten.

Doch dieser Traum ist ausgeträumt. Zwar sind die Deutschen noch nicht auf der Strasse wie die Bevölkerung im Iran, um sich dies nicht länger gefallen zu lassen, aber der deutsche Export ist ohne Wiederkehr zusammengeschnurzelt auf einen mäßigen Export, der kaum genug Gegengewicht zu den Importen bildet.

Und das wird so auch nach der Krise sein, falls es überhaupt ein kapitalistisches „nach-der-Krise“ geben wird. Alle Hoffnungen, der deutsche Export könnte je wieder auf sein altes Niveau kommen (Referenz: April 2008), sind ohne jede reale Basis. Genauso wie die anderen Volkswirtschaften mit hoher Export-Abhängigkeit, Japan und China, wird Deutschland besonders intensiv von der Krise getroffen und wird sich nur unter besonderen Anstrengungen wieder herausarbeiten können. Der einzige Weg dazu – sofern es überhaupt einen gibt – geht nicht über den Export, sondern um die Stärkung der Inlandskaufkraft.

Das würde bedeuten, was der Idiot fordert: Mehr Konsum! Und der einzige Weg dazu wäre die Hebung der Kaufkraft der Armen und Geringverdiener in Deutschland:

Weg mit Hartz IV, wieder Arbeitslosenhilfe einführen!

Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde!

Verbot der Leiharbeit, außer für tatsächlich zeitlich begrenzte Arbeiten!

Anhebung der steuerbefreiten Verdienstgrenze auf 24 000 Euro pro Jahr!

Zurück zur Rentenformel der Kohl-Ära!

Mehrwertsteuererhöhung rückgängig machen!

Das alles ließe sich ohne Probleme durch das Rückgängigmachen der Steuerbefreiung der Großkonzerne (das waren eine Reihe von Gesetzen und Änderungen von Erlassen, hauptsächlich zu Schröders Zeiten), der Reform der Vermögenssteuer und jene der Erbschaftssteuer wie auch die Einbeziehung der Erträge aus Finanzanlagen über eine Million Euros in die normale Einkommensversteuerung gegenfinanzieren, das bedeutet, die Unternehmen und Hochverdienenden müssten wieder die Steuern zahlen wie in der Kohl-Ära (bzw. ein wenig mehr), was ihnen damals offensichtlich nichts geschadet hat.

Nun, verehrter Leser, wenn sie dieses Paket hier ansehen, dann wissen Sie, das wird mit dieser Deutschen Politik noch nicht einmal am Sankt-Nimmerleinstag passieren. Eher wird Berlusconi seine Hand von den Frauen lassen als die Verwirklichung dieses Pakets mit CDUCSUSPDGrüneFDP. Ja, nicht einmal Lafontaine als Bundeskanzler würde das durchsetzen.

Damit aber steht bereits fest: In Deutschland wird es keinen Ausweg aus dieser Krise geben. Die Deutschen werden pauschal in Arbeitslosigkeit und Armut gezwungen und das BIP wird auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinaus nicht oder kaum wachsen.

Wir haben nur einen Weg: Den Kampf! Streiks und Demonstrationen! Weg mit der Armutspolitik! Weg mit diesen Politikern! Weg mit diesem System!


Veröffentlicht am 3.7. 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 2. Juli 2009

3 Jahre Blog Karl Weiss

Bürger-Journalist –

Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog

Vor 3 Jahren, am 28. Juni 2006, wurde dieses Blog ins Leben gerufen. Das sind schon deutlich mehr als 1000 Tage. Damals ging es hauptsächlich darum, die Artikel im Internet verfügbar zu halten, aber heute hat sich dieses Blog schon zu einer kleinen Marke entwickelt.

Mehr als 1 100 000 Klicks auf dieses Blog (nach Blogcounter) sprechen eine deutliche Sprache. Im Schnitt sind es also mehr als Tausend Klicks pro Tag auf dieses Blog. In der Blogcounter-Liste der 100 meistgelesenen Blogs kommt dies Blog fast jeden Tag unter die ersten Hundert, oft unter die ersten 50.

Allerdings ist es weiterhin klein im Vergleich zu den viel gelesenen Blogs.

Da die Bilder seit geraumer Zeit wichtiges Markenzeichen dieses Blogs sind – etwa ein Drittel der Klicks kommt auf der Suche nach Bildern – soll auch zu diesem Jubiläum wiederum die Auswahl der am meisten angeklickten Bilder hier erneut eingestellt werden.

(Anmerkung: Es gibt eine Anzahl von Nudistenfotos, Bravo-Aufklärungsbildern und Wikipedia-Sexual-Abbildungen unter den viel angeklickten. Diese Bilder wurden hier ausschliesslich als Beleg für die im Internet frei zugänglichen Bilder und als Beispiele für die Absurditäten des beabsichtigten neuen Sexualstrafrechts eingestellt.)

Das bekannte Bild mit einem Gefangenen mit Kapuze auf dem Hocker, mit Drähten angebunden.

Energieverbrauch Deutscland

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Treffende Karikatur

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Ausschnitt aus Sexfolterphoto Abu Ghraib

Karikatur Selbstmord Guantánamo

nudist foto 831

Nudist foto 199

Nudist Foto 179

Nudist Foto 147

Nudist Foto 123

nudist-foto 125

Pete Townshend

Hartz-Protest 02

Bravo- Junge und Mädchen

Bravo - Stellung

Bravo - Stellung 1

Bravo - Stellung 3

Bravo Stellung 5

Bravo - Stellung 6

Bravo - Stellungen

Bravo - Sex

Bravo Aufklärung 3

Bravo Aufklärung 12

Bravo - Selbstbefriedigung 1

Bravo - Selbstbefriedigung 2

Wikipedia: Penis, normal und eregiert

Wikipedia - Beschnittener Penis

Wikipedia - Eregierter Penis

Wikipedia Commons - Erektion

Wikipedia Commons - Penis mit Skala

Wikipedia Commons Masturbation

Fisk Iraq 145858

Penis Size

Karneval in Rio - Tänzerin fast nackt

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen

Karneval in Rio 2009 -15

Karneval in Rio 2009 - 14

Karneval in Rio 2009 - 8

Karneval in Rio 2009 - 6

Karneval in Rio 2009 - 1

Karneval Rio 2009 24

Carnaval Rio 2009 20

Mittwoch, 1. Juli 2009

Überraschung aus USA und FDP

Der Putsch in Honduras sondert die Spreu vom Weizen

Von Karl Weiss

Wir leben in bewegten Zeiten und es gibt keinerlei Anzeichen, diese Bewegung würde abflauen, im Gegenteil. Seit 1890 gilt die Monroe-Doktrin, mit der die USA Lateinamerika zu ihrem persönlichen Hinterhof erklärt haben und jegliches Eingreifen dort von vornherein für sich beanspruchen. Sollte diese nun von Präsident Obama gestrichen worden sein – denn er verurteilt den Putsch in Honduras?

Honduras Strassenschlacht nach Putsch
Hier noch einmal das Bild, wie in der Hauptstadt von Honduras, Tegucigalpa, die Polizei der Putschisten gegen die Bevölkerung vorgeht, die gegen den Putsch demonstriert

Seit vielen Jahren war die FDP in den jeweiligen Koalitionen die Wächterpartei über die demokratischen Rechte. Nun scheint sie sich der FPÖ anzunähern und begrüßt schon einmal einen faschistoiden Putsch.

Eigentlich konnte man fast erwarten, der Putsch in Honduras wäre durch die US-Regierung „inspiriert“ worden, so wie dies seit weit mehr als Hundert Jahren ist, wenn ein Putsch in Lateinamerika stattfindet. Der Bürger-Journalist hat sogar eine entsprechende Vermutung geäußert. Aber dann kam im Laufe des Montags die klare Aussage von Präsident Obama, der sich zufällig gerade mit dem kolumbianischen Präsidenten Uribe getroffen hatte, der Putsch und die neue Regierung in Honduras seinen „illegal“. Obama ging sogar so weit zu sagen, in Lateinamerika seien in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht worden und die dürften nicht zurück ins Dunkle ("obscure") gedreht werden.

Das ist nun allerdings wirklich überraschend, so etwas vom US-Präsidenten zu hören. Denn die Fortschritte in Lateinamerika beziehen sich ja hauptsächlich darauf, von den Vereinigten Staaten unabhängig zu werden und die Dunkelheit in Lateinamerika bezog sich auf die völlige Unterordnung der jeweiligen lokalen Machthaber unter die Interessen der USA.

Wie um jeden Zweifel auszuschließen, erklärte auch Aussenministerin Hillary Clinton eindeutig, der Putsch sei zu verurteilen.

Wenn das nun alles nur Lippenbekenntnisse waren, dann wäre das wirklich das Ende jeglicher Politik – also gehen wir davon aus, die meinten es ernst.

Zentral Amerika

Nun kam aber am gleichen Tag die Aussage eines Herren Lüth, Direktor der Friedrich-Naumann-Stiftung (Ja, das ist die FDP-Stiftung und jener Posten ein hoher, wichtiger FDP-Posten), der den Putsch begrüßte. Er veröffentlichte noch am Sonntag, als die Putsch-Maßnahmen erst umgesetzt wurden, eine Stellungnahme, in der er den gewählten Präsidenten von Honduras des Verfassungsbruches anklagt, weil er eine Volksbefragung angesetzt hatte, die aber ohne bindende Wirkung sein sollte, eine Volksbefragung, um zu wissen, was das Volk will.

Dies habe den Putschisten schließlich keine Wahl gelassen als den Putsch durchzuführen, erklärt dieser Vertreter einer „demokratischen“ Partei. Der Putsch sei eine Rückkehr zu Rechtsstaat und Verfassungsmässigleit, belehrt uns der Herr von der FDP.

Ja, auch das ist starker Tobak. Wer die Meinung des Volkes wissen will, der ist gegen Rechtsstaat und Verfassungsmässigkeit, sagt uns die FDP. Die FDP war immerhin für viele Jahre die letzte Hoffnung der Demokraten, wenn eine der „Volksparteien“ den Abbau demokratischer Rechte plante. Da es immer die FDP in der Koalition war, einmal mit der CDU, dann mit der SPD und schließlich wieder mit der CDU, war die FDP doch immerhin ein Garant für Freiheitsrechte, auch für jene, die nicht ihre Anhänger waren. Innenminister Baum von der FDP war dafür eine Symbolfigur, später Frau Leutheusser-Schnarrenberger.

Heute haben die beiden Schwierigkeiten, nicht aus der FDP ausgeschlossen zu werden. Die Yuppie-Spaß-FDP von Westerwelle hat nichts mehr mit Freiheitsrechten am Hut. Dass man aber schon soweit ist, offen faschistoide Militärputsche in anderen Ländern zu unterstützen, das ist neu.

Nun aber gemach! Diese FDP könnte ja den Herrn Lüth seines Postens entbinden, sich von seinen Aussagen distanzieren und den Putsch verurteilen. Ja, sie könnte. Woher kommt nur der Eindruck, sie wird dies nicht tun?

So werden wir uns wohl mit einer FDP auf dem Weg zu einer FPÖ anfreunden müssen. Anfreunden? Nein, aber ins Kalkül ziehen!

Welche Koalition auch immer nach den Wahlen kommen wird, man wird sich dort einig sein, die noch verbliebenen demokratischen Rechte abzubauen. Wir werden uns selber wehren müssen!


Veröffentlicht am 1. Juli 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 30. Juni 2009

Bürger einer besseren Klasse

Ein Kommentar sagt aus Versehen die Wahrheit

Von Karl Weiss

Wenn wir den Kommentar von Stefan Biskamp in der Financial Times Deutschland (FTD) hören, einem der wichtigen Sprachrohre des Kapitals, so sind wir zunächst volle Zustimmung. Gibt er es ihnen nicht richtig?

Hier ist ein Auszug aus dem Kommentar:

„Wer hat hier eigentlich wen beschädigt: die Öffentlichkeit die Banken? Oder die Banken uns? Und warum beschließt das Bundeskabinett in seinem Bad-Bank-Gesetz, leistungsgestörte Vermögenswerte zu isolieren, statt leistungsgestörte Kreditinstitute und ihre Vorstände? Die wahllose Rettung der Banken liefert Kreditinstituten, Hedge-Fonds, Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfern ein perfektes Motiv, abermals eine Illusion risikoloser Rendite zu schaffen. Damit wird nicht nur ein zentrales Ordnungselement des Markts ausgehebelt, sondern auch die Demokratie. (...) werden Commerzbank-Chef Martin Blessing und seine Kollegen gegenüber dem Inhaber einer Schreinerei von nebenan wie Bürger einer besseren Klasse behandelt.“

Ja, ist es nicht so?

Ja, es ist so! Und der Grund, warum Blessing und seine Kollegen wie Bürger einer besseren Klasse behandelt werden ist: Sie SIND Bürger einer höheren Klasse!!!

Diese Klasse nennt sich Monopolkapitalisten, während wir (wie auch der Inhaber der Schreinerei von nebenan) nur einfache Bürger sind.

Es ist logisch, dass in einem monopolkapitalistischen System die Monopolkapitalisten anders als wir einfache Sterbliche behandelt werden, nicht wahr?

Als die Herren der großen Banken sich verzockt hatten, ordneten sie einfach an, dass ihnen all diese Verluste aus Steuerzahlergeldern ersetzt würden und die Politik tat dies ohne Mucken. Man erfand dazu die Ausrede, solche Banken seien zu groß, als dass man sie Bankrott gehen lassen könnte. Was denn nun wirklich geschehen wäre, wenn von den 2000 Banken in Deutschland 20 oder 30 den Bach runter gegangen wären, kann man aber nicht erklären. Nichts von Bedeutung wäre passiert! Die Bank-Hilfen haben nur einen Grund: Sie, die Grossbanken, sind zusammen mit den Großkonzernen, die Herren der Welt, eben die Monopolkapitalisten. Sie ordnen an – die Politiker gehorchen.

Und da kommen wir dann auch schon zu der Frage, ob dadurch ein zentrales Ordnungsinstrument der Demokratie ausgehebelt wird. Welcher Demokratie?

Dazu müssten wir erst einmal eine Demokratie haben, damit irgendetwas ausgehebelt werden könnte. Nein, es gibt keine Demokratie. Die Monopolkapitalisten sind die Herrscher und wir sind die Untertanen. Punkt. Sie lassen uns von Zeit zu Zeit wählen, welcher ihrer Vertreter für die nächste Zeit das Sagen hat. Demokratie – Fehlanzeige.

Und darum kümmert sich auch keiner um diesen Kommentar der FTD. Das Bundeskabinett lacht nicht einmal, es ignoriert einfach. So ist das in einer Diktatur.


Veröffentlicht am 30. Juni 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 29. Juni 2009

Bündnis linksgerichteter Staaten Lateinamerikas

Die ALBA wurde erweitert

Von Karl Weiss

Die ALBA (Bolivarische Allianz für Amerika) hat in Maracay, in der Nähe von Caracas, Venezuela, einen Sondergipfel abgehalten. Es handelt sich bei dieser Allianz um einen Zusammenschluss von Ländern mit linken Regierungen bzw. Präsidenten, hauptsächlich Kuba, Venezuela, Bolivien, Nicaragua, Honduras und Ecuador, dazu einige lateinamerikanische Klein- und Inselstaaten.

Hier sei auch noch ein Bild eingestellt, dass heute, am 29.6.09, in der Hauptstadt von Honduras aufgenommen wurde. Die Polizei der Staatsstreich-Militärs geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten für die demokratische Ordnung in Honduras vor. Hier sieht man auch das infame Mittel, dem Wasser roten Farbstoff beizumischen. Wer von diesem Wasserstrahl getroffen wird, kann später an der roten Farbe auf seiner Kleidung wiedererkannt und einer "Sonderbehandlung" unterzogen werden. Soeben wurde über Twitter der erste Tote bei diesen Zusammenstössen beklagt.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Zusatz zum Artikel
Dieser Artikel wurde bereits vor dem Bekanntwerden des Militär-Putsches in Honduras fertiggestellt. Er bekommt durch dies Ereignis eine besondere Aktualität. Der Putsch wurde bereits von der Mehrheit der Präsidenten der Staaten des amerikanischen Kontinents verurteilt. Kein Ton allerdings aus den USA und von den unmittelbar mit den USA liierten Präsidenten von Mexiko und Kolumbien. Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?

2. Zusatz 29.6.2009, 20Uhr Ortszeit
Zum Glück muss ich mich hier berichtigen. Sowohl Obama ("Der Staatstsreich in Honduras war illegal") als auch Aussenministerin Hillary Clinton ("ich fordere die Restauration der demokratischen Ordnung in Honduras") haben sich inzwischen eindeutig gegen den Staatsstreich ausgesprochen. Das ist neu bei einem Staatsstreich in Lateinamerika und das ist ein gewaltiger Fortschritt, auch wenn es bis jetzt nur Lippenbekenntniss sind.

Chávez

Neben der Aufnahme neuer Mitglieder wurden eine Wirtschaftsunion, die Festlegung des Hauptthemas der Agrarwirtschaft und die Vorbereitung einer Gemeinschaftswährung beschlossen.

Die ALBA schließt jene Staaten in Lateinamerika zusammen, die über übliche sozialdemokratische Positionen hinausgehende linke Auffassungen vertreten. Der Kern dieser Allianz wird von Kuba und Hugo Chávez` Venezuela gebildet, dazu gesellten sich die später gewählten Präsidenten von Bolivien, Morales und von Ecuador, Correa. Ecuador wurde auf dem Sondergipfel in Maracay offiziell in die Staatengemeinschaft aufgenommen. Neue Mitgliedsanträge stellten die Karibik-Inselstaaten St. Vincent und das dem britischen Commonwealth angehörende Antigua und Barbuda.

Evo Morales

Die Bezeichnung wurde von „Alternative“ in „Allianz“ umgewandelt, wodurch das Kürzel ALBA gleich blieb. Der Begriff „Bolivarisch“ wird in Lateinamerika leicht verstanden. Das bezieht sich auf den Venezuelaner Simon Bolivar (nach dem Bolivien benannt ist) und die anderen Helden der Befreiung aus spanischer Kolonialherrschaft vom Beginn des Neunzehnten Jahrhunderts, die in Lateinamerika als „Libertadores“ (Befreier) bezeichnet werden.

Der Ort war mit hoher Symbolkraft gewählt worden. Maracay liegt in der Nähe des Schlachtfeldes von Carabobo, wo 188 Jahre vor diesem Treffen den Truppen der spanischen Kolonialisten eine entscheidende Niederlage beigebracht worden war. Man ließ zu diesem Gedenktag Truppen der beteiligten Staaten auf dem Schlachtfeld paradieren und darüber russische Kampfflugzeuge fliegen.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen
Um einen Eindruck vn den reaktionären Grossgrundbesitzern (die meistens direkt mit den USA liiert sind) zu geben, muss man sich nur die "Kämpfer" der Rechts-Milizen ansehen, die letzte Jahr einen Putsch in Bolivien versuchten. Hier seien drei Bilder eingestellt, die sie zeigen und die Leichen von hilflosen Kleinbauern, die sie ermordet haben.

Doch das Wesentliche des Sondergipfels war nicht die Symbolik, sondern waren die tatsächlichen Fortschritte des Zusammenschlusses. Obwohl das Bündnis bereits seit 2004 besteht, gab es bisher keine permanenten Strukturen. Deren Gründung wurde nun beschlossen. Es wurden permanente Räte für politische, wirtschaftliche und soziale Fragen eingerichtet. Es wurde die Vorbereitung einer gemeinsamen Währung, des Sucre, beschlossen. Dazu die Gründung einer gemeinsamen Universität für Fachleute der Agrarwirtschaft. Als wesentlicher Inhalt der Allianz wurde neben der wirtschaftlichen Integration das gemeinsame Vorantrieben der Agrarwirtschaft festgelegt.

Das typische Problem aller Entwicklungsländer ist das Fehlen einer ausreichenden und eigenständigen Agrarproduktion. Die imperialistischen Länder, das heißt vor allem die Vereinigten Staaten, die EU, Japan und die Schweiz haben fast alle großen Agrarkonzerne und alle wesentlichen Agrarhandelsfirmen in der Hand, sie verfügen über eine riesige Überschussproduktion an Agrarprodukten, die sie subventionieren und mit Dumpingpreisen in die Märkte der Entwicklungsländer drücken. Dort werden so jegliche Ansätze einer eigenen Agrarproduktion, einer Agrarindustrie und der Selbstversorgung im Keim erstickt, weil niemand zu jenen Preisen Agrarprodukte produzieren kann, mit denen jene Länder diese Produkte in die dortigen Märkte liefern.

Bolivien: Leichen von erschossenen Kleinbauern

Fast alle Entwicklungsländer führen fast die Hälfte oder mehr ihres Nahrungsmittelbedarfes ein und das meistens nicht aus benachbarten anderen Entwicklungsländern, sondern aus den imperialistischen Staaten.

Auf diese Art und Weise gelingt es den Imperialisten, diese Länder in vollkommener Abhängigkeit zu halten, denn beim geringsten Aufbäumen können die Lebensmittellieferungen gestoppt werden, was dasjenige Land in Agonie stürzt. Das aktuelle Beispiel ist das Zimbabwe des Mugabe, der sich einfach nicht unterordnen wollte. Die Weigerung, Nahrungsmittel zu liefern, ließen Zimbabwe in eine sich ständig verschlimmernde Wirtschaftskrise schlittern, aus der das Land bis heute nicht entkommen konnte. Hunger und Seuchen verbreiteten sich und Mugabe war völlig machtlos.

Das wissen die Präsidenten der ALBA-Staaten wahrscheinlich sehr genau. Sie wissen, nur über die Entwicklung einer eigenen entwickelten Agrarwirtschaft, von Agrarfirmen und Handelsunternehmen sowie der Selbstversorgung werden sie von den imperialistischen Staaten unabhängig werden können.

Bolivien: Bewaffnete Mitglieder von Rechts-Milizen

Doch die Agrarproduktion, die Nahrungsmittelversorgung ist noch in einem anderen Sinne der Schlüssel zur Unabhängigkeit der Entwicklungsländer: Soweit eine Agrarproduktion besteht, ist sie in fast allen Entwicklungsländern fast ausschließlich in der Hand von Großgrundbesitzern. Diese wiederum sind die wesentliche Basis der Macht in diesen Ländern und sind mit dem einen oder anderen imperialistischen Staat liiert. Sie stehen natürlich in feindlicher Opposition zu linken Präsidenten und haben den „konservativen“ Apparat von ein, zwei oder drei Regierungsparteien in ihren Händen, die sie abwechselnd die Macht teilen ließen, bevor die linken Präsidenten ihnen einen Strich durch die Rechnung machten.

Auch von diesen Blutsaugern der Entwicklungsländer muss man unabhängig werden und das heißt schärfste Kämpfe mit ihnen zu überstehen, wie Hugo Chávez aus eigener leidvoller Erfahrung weiß.

Es ist also zweifellos ermutigend, dass diese linken Präsidenten Lateinamerikas das Thema der Agrarproduktion als Kernproblem erkannt haben und daran arbeiten wollen. Damit könnte die ALBA, die objektiv gesehen bisher nichts als ein verzweifelter Versuch ist, zu einem Fanal für die Riesenmassen von Menschen in allen Entwicklungsländern werden.

Was ist die Basis dieser Entwicklung? Warum gibt es in Lateinamerika, das traditionell von Militärdiktaturen von USAs Gnaden oder von reaktionären („konservativen“) Politikern regiert wurde, nun plötzlich eine Mehrheit von sozialdemokratischen und linken Präsidenten? Warum gibt es nur noch in zwei der bedeutenden Länder Lateinamerikas den traditionellen USA-hörigen Präsidenten? (Mexiko und Kolumbien), warum hat die Mehrheit der lateinamerikanischen Bevölkerung heute einen Präsidenten vom Typ Sozialdemokrat (Brasilien, Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay)? Warum gibt es nun plötzlich linke Präsidenten, speziell in den Armenhäusern Lateinamerikas (Venezuela, Bolivien, Honduras, Ecuador, Nicaragua)?

Bolivien: Laden eines Verwandten von Morales gebrandschatzt
Hier noch ein anderes Bild aus eben jenem Putschversuch, das auch bezeichnend ist: Dieser Laden, der von den Rechts-Milizen gebrandschatzt wurde, gehörte einem Verwandten von Präsident Morales. Faschisten (auch jene im Auftrag der USA) arbeiten immer mit Sippenhaft

All dies hat seine Basis in der revolutionären Gärung, die Lateinamerika erfasst hat. Seit Beginn des neuen Jahrtausends gibt es grundlegende und tiefgreifende Veränderungen im Bewusstsein der Volksmassen in Lateinamerika. In einem ersten und beeindruckenden Schlag entlud sich dies im „Argentinazzo“ im Jahr 2001 in Argentinien, als der reaktionäre Präsident angesichts der aufgebrachten Volksmassen durch den Hinterausgang aus seinem Palast schlüpfen musste, um einen Hubschrauber zu erreichen, der ihn an den Flughafen brachte, von wo er ins Ausland flüchtete.

Das heißt noch nicht, dass in einem dieser Länder bereits eine revolutionäre Situation entstanden wäre, aber es heißt, die Imperialisten und ihre lokalen Repräsentanten gerieten in schwerste Widrigkeiten, die sie in einigen dieser Länder definitiv von der Macht abdrängte – was allerdings noch lange nicht heißt, nun sei das Volk an der Macht.

Da wächst in Lateinamerika ein weiteres Fanal gegen die imperialistische Weltherrschaft und die sich immer noch in Entwicklung befindliche Wirtschaftskrise könnte zu weiteren schwersten Problemen für die imperialistische Brut führen.

Nur zu! Alles, was hilft, diesem System den Todesstoss zu bereiten, hilft!


Veröffentlicht in der Berliner Umschau am 29.6.2009

Freitag, 26. Juni 2009

Die Wirtschaftskrise - Hellseherei?

Interview mit Karl Weiss

Von Elmar Getto

Hier soll noch einmal ein Interview gebracht werden, das bereits am 22. April 2008 veröffentlicht wurde, also vor mehr als einem Jahr. Die aktuellen Diskussionen gehen meist davon aus, die Wirtschaftskrise sei überraschend gekommen, sie sei nicht vorherzusehen gewesen und man habe auch deshalb nicht rechtzeitig gegensteuern können. Das ist aber nicht der Fall, wie dieses Interview beweist.

E.G.:
Danke Karl, dass Du uns einige Fragen beantwortest. Die Wirtschaftskrise, die sich im Moment sichtbar entwickelt mit Anzeichen wie einem Minus des Dax von 6% an einem einzigen Tag, hast du seit 2006 vorhergesagt. Eine Anzahl von Reaktionen auf deine Artikel belegen, du hast sogar Einigen geholfen, kein Geld zu verlieren. Wie hast du das gemacht? Woher weisst du im Voraus, wann sich eine Wirtschaftskrise entwickelt?

K.W.:
Nun, das ist kein Hexenwerk. Man darf sich nur nicht durch des Gesabbere der bürgerlichen Ökonomen beeinflussen lassen. Die sehen nach jedem relativen Aufschwung nach einer Krise immer die krisenfreie Entwicklung auf Dauer mit ständig steigenden Wachstumsraten und fallen daher gesetzmässig immer aufs Maul. Die Gesetze des Kapitalismus sind nun mal unumstösslich und sie beinhalten die gesetzmässig auftretenden Überproduktionskrisen.

E.G.:
Aber gab es nicht nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 80er-Jahre hinein eine Epoche ohne wirkliche Wirtschaftskrisen?

K.W.:
Das ist richtig. Der zweite Weltkrieg hatte eine Ausnahmesituation geschaffen. Es war soviel Kapital und Produktionskräfte vernichtet worden, dass der Nachholbedarf immens war. So entwickelte sich eine Hochkonjunktur bis in die 70er-Jahre hinein. Anschliessend kam nicht der übliche Fall in eine Wirtschaftskrise, sondern eine neue Erscheinung: Die schwankende Stagnation. Ohne wesentliches Wirtschaftwachtum, aber auch ohne tiefe Einbrücke der ganzen Wirtschaft. Stattdessen branchchenspezifische und national unterschiedliche Einbrüche. Doch diese Sonderphase der schwankenden Stagnation wurde mit der ersten Wirtschaftskrise nach dem zweiten Weltkrieg Ende der 80er-Jahre bereits wieder beendet. Seitdem treten wieder mit einer relativen Häufigkeit Wirtschaftskrisen auf, die weltweit sind und den Kriterien genügen, d.h. Verringerung des Nationaleinkommens der grossen OECD-Länder in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen gegenüber dem Vorjahr.

E.G.:
Aber woher weisst du, wenn wieder eine Krise im Anzug ist?

K.W.:
Nun, die jetzt in den ersten Anfängen stehende Krise war nicht so schwer vorherzusehen. Die vorherige Krise hatte die ersten Vorläufer im Jahr 1998, begann im Jahr 2000, genügte dem eben genannten Kriterium im Jahr 2001 und dauerte bis ins Jahr 2003 hinein. Als nun im Januar 2006 ein deutlicher Einbruch der Börsen in Indien, China, und Brasilien statfand, bestand die Möglichkeit, dies wären bereits die ersten Vorläufer der nächsten Wirtschaftskrise. Auch die vorherige Krise hatte nämliche diese Art von Vorläufern. Das habe ich dann auch in einem Artikel (https://karlweiss.twoday.net/stories/2707731/) – meinem ersten Artikel in der Berliner Umschau – deutlich gemacht.
Dann, im Mai 2006, gab es erneut einen Börseneinbruch. Die Gründe dafür waren nicht einsichtig. Es musste mehr dahinter stecken, was nicht veröffentlicht wurde. Auch dieses Ereignis habe ich in einem Artikel gewürdigt (https://karlweiss.twoday.net/stories/2765783/ ) und bereits die Voraussage gewagt, dies seien Vorwarnungen einer kommenden Wirtschaftskrise.

E.G.:
Da hast du allerdings vorhergesagt, die würde in weniger als einem Jahr ausbrechen, oder?

K.W.:
Stimmt. Ich nahm an, mit den weit gestiegenen Umsätzen und angehäuften Kapital der Monopolkonzerne (der 500 grössten Konzerne der Welt) würde sich die Entwicklung beschleunigen und es könne nicht mehr genauso lange dauern bis zum Ausbruch wie beim letzten Mal. Ich hatte die Möglichkeiten unterschätzt, die speziell die USA hatten, um die Krise hinauszuzögern.

E.G.:
Hinauszögern, aber nicht vermeiden?

K.W.:
Ja, es gibt keine Möglichkeit für die Kapitalisten, Wirtschaftskrisen zu vermeiden. Die sind gesetzmässig im Kapitalismus, wie bereits Karl Marx im 19. Jahrhundert analysiert hat. Wenn irgendetwas Marxs Lehren bestätigt, dann eben genau die jetzige wirtschaftliche Situation.

E.G.:
Wie haben sie die Krise hinauszögern können?

K.W.:
Nun, speziell die USA haben ja diese einmalige Möglichkeit der wunderbaren Geldvermehrung, indem sie einfach Dollar-Bonds, also Regierungs-Schuldverschreibungen, ausgeben und dafür gutes Geld erhalten, ohne damit ihre Inflation anzuheizen, weil ihre Währung die Weltleitwährung ist. Allerdings haben sie so ihren Verschuldungsgrad so weit gesteigert, dass sich dieser nun, da die Krise nicht mehr aufzuhalten ist, als Bumerang erweist. Der Dollarverfall könnte galoppierend weden und das wäre das Ende der Supermacht USA und der Weltleitwährung Dollar.

E.G.:
Wie ging das dann mit den Krisenanzeichen weiter?

K.W.:
Ja, im Juni 2006 kam dann ein eindeutiges Anzeichen: der Einbruch des US-Automobil-Verkäufe von über 2 %, was vorher auch schon mit Krisen im Zusammenhang gestanden hatte. Der Artikel dazu hiess: „Anzeichen einer Wirtschaftskrise?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/2612373/ )

E.G.:
War das nicht so , dass die US-Immobilienkrise das wesentliche Anzeichen war?

K.W.:
Ja, das kam danach. Heute tun Alle so, als ob die Entwicklung der Immobilienkrise in den USA erst kürzlich eingesetzt hätte. In Wirklichkeit begann die bereits Mitte 2006 und ich habe bereits im September 2006 die Unterlagen für einen entsprechenden Artikel zusammengestellt gehabt, der dann unter dem Namen: „Full Crash – Zweites Anzeichen einer Wirtschaftkrise“ erschien (https://karlweiss.twoday.net/stories/2632567/ ).

E.G.:
Das war gewissermassen der Schlüsselartikel. Ab diesem Moment hast du nicht mehr über das „ob“ einer Wirtschaftskrise geschrieben, sondern über das „wann“ und „warum“ und über die einzelnen Auswirkungen und Umstände.

K.W.:
Ja, zu diesem Zeitpunkt häuften sich die Hinweise und verdichteten sich bald zur Gewissheit, was ich dann auch in den beiden Artikeln „Drittes Anzeichen einer Wirtschaftskrise“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/2801331/ ) und „Viertes Anzeichen einer Wirtschaftskrise“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/2878260/ ), beide noch im Jahr 2006, deutlich gemacht habe. Dabei handelt es sich um die Erscheinung der Zinsinversion, dass also Langzeitzinsen niedriger liegen als Kurzzeitzinsen und um ein Phänomen, das bereits mehrfach beobachtet wurde: Vor der Krise, wenn die Insider bereits wissen, was vor sich geht, lässt man die Aktienmärke boomen wie noch nie, um die unbedarften Kleinanleger in die Aktien zu locken, während man selbst bereits aussteigt.

Zu diesem Zeitpunkt war es bereits so klar, wie der Hase läuft, dass man sich wirklich fragen muss, warum nicht Massnahmen ergriffen wurden, wie sie jetzt angewandt werden, denn all dies wäre zu jenem Zeitpunkt ja weit billiger gekommen. Die Banken hätten wissen können, dass die Verwicklung in US-Immobiliengeschäfte ein Desaster werden würde. Trotzdem haben die meisten offenbar nichts unternommen, da herauszugehen. Da gib es nur eine Erklärung: Die glauben selbst an ihre eigenen Lügen von der Krisenfreiheit des Kapitalismus.
Zu jene Zeitpunkt hatte ich auch schon einen anderen Artikel veröffentlicht, in dem ich anhand des Phänomens „Conundrum“ analysierte, was vor sich geht. Dort habe ich auch bereits (Juni 2006) darauf hingewiesen, die Krise könnte zum Verlust des alleinigen Supermachtstatus der USA führen und andere Mächte könnten Anspruch auf gleiche Rechte erheben (https://karlweiss.twoday.net/stories/2818564/).

E.G.:
Ich habe mir einmal einen Artikel vogenommen, den du bereits im Mai 2006, also vor fast zwei Jahren, veröffentlicht hast, unter dem Namen: „25% Fall des Dollars?“. Dort habe ich eine Reihe von Zitaten gefunden, die heute fast als hellseherisch gelten können. Ich habe mir das hier angestrichen.

Man höre nur:
„Wie auch immer, die früher schon geäußerte Ansicht, der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise stünde im Zusammenhang mit einem US-Überfall auf den Iran, kann man jetzt getrost zur Seite legen. Es wird sie geben, mit oder ohne Iran-Krieg, mit oder ohne einen weiteren Anstieg des Rohölpreises.“

„Man hat gerade den Leitzins auf 5% erhöht, einen Wert, der seit langem nicht erreicht worden war. Solange man Monat für Monat in kleinen Schritten diesen Zins erhöht, verhindert man eine zu hohe Dollarabwertung und wird immer attraktiver für das internationale Kapital, das dann Gelder aus anderen Ländern abziehen würde - was wiederum für eine Anzahl von Entwicklungsländern äußerst schädlich sein könnte. Alles gut und schön, aber damit würgt man das wirtschaftliche Wachstum im Land ab, denn die Investitionen werden dann immer teurer zu finanzieren. Das aber genau ist der Beginn der US-Wirtschaftskrise, die dann die ganze Weltwirtschaft in den Strudel zieht.“

„ ... kann es nicht unerwähnt bleiben, daß der Dollar seit einem Monat fällt, langsam, aber sicher und der chinesische Vize-Finanzminister sagte, er habe gehört, der Dollar werde 25% an Wert verlieren (das wäre ein Euro von 1,50).“

Man stelle sich vor, damals (das ist nun fast genau zwei Jahre her, der Dollar stand bei 1,25 Euro) war ein Euro von 1,50 gegenüber dem Dollar ein Horrorgemälde! Heute stehen wir fast bei 1,60!

K.W.:
Ja, die aktuelle Situation ist, das kann man an den Reaktionen bemerken, ein Albtraum für die bürgerlichen Ökonomen, für die Zentralbanken, die Banken, die Regierungen und die Publizisten des Kapitalismus. Sie haben offensichtlich die ganze Zeit gehofft, es werde nicht dazu kommen und stehen nun vor dem Scherbenhaufen ihres eigenen Glaubens. Die Reaktionen sind hektisch, alle eigenen Regeln werden über den Haufen geworfen nach dem Motto: „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern.“ Und doch, es ist nun bereits offiziell anerkannt und zugegeben, u.a. von Fed-Chef Bernanke: Man sinkt in die Weltwirtschaftskrise und das ganze wird Ausmasse wie im Jahr 1929 und den darauffolgenden Jahren annehmen oder sogar schlimmer und man kann schon nichts mehr wirklich ändern.

Was den Dollar betrifft, so beginnt man jetzt erst langsam klar zu sehen, was ein Dollar bedeutet, der nur noch 0,60 Euro Wert ist. Wenn heute von einem generelle Preisanstieg von Nahrungsmitteln die Rede ist, dann wird einfach übersehen, dass Nahrungsmittel international in Dollar gehandelt werden und damit Alle, die sich noch nicht von Dollar abgekoppelt haben, entsprechende Preiserhöhungen hinnehmen müssen. Aber es ist eben nicht so einfach, sich vom Dollar abzukoppeln, denn dazu müsste man ja alle Dollarreserven und Dollar-Bonds im Staatsschatz abstossen. Wenn das viel ist, wie im Fall von Japan, von China, von Grossbritannien und von Deutschland, so würde man den Dollar noch weiter in den Keller schicken und auch die eigenen Staatsreserven entwerten. Ausserdem muss ein generelles Abkoppeln vom Dollar auch politisch gewertet werden. Es stellt so etwas wie eine kleine Kriegserklärung gegen die Vereinigten Staaten dar. Es gilt daher als undenkbar, aber es ist genau das, was man früher oder später tun muss. Und je später, desto grösser der Verlust für das jeweilige Land. Ich kann nicht sehen, wie nach einer solchen Krise die USA noch als alleinige Supermacht dastehen könnten.

E.G.:
In einem Artikel hast du ja sogar die Frage gestellt, ob die USA bankrott gehen könnten? (https://karlweiss.twoday.net/stories/2884803/ )

K.W.:
Ja, das bezog sich auf die Aussage eines der Mitglieder der US-Zentralbank. Nach Allem, was man heute sehen kann, ist das dort beschriebene Szenario genau das, welches nun eintritt. Natürlich kann ein Staat nicht im eigentlichen Sinne bankrott gehen, aber die Auswirkungen sind umso tiefgreifender.

E.G.:
Wann hat denn nun die Wirtschaftskrise wirklich begonnen?

K.W.:
Ja, das war wohl, als die die US-Fed in einem Anfall von Panik den Zinssatz mit einem Mal um 0,5% senkte, also Mitte September 2007 (https://karlweiss.twoday.net/stories/4273176/ ). Offiziell ist die Wirtschaftskrise natürlich erst eingeläutet, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen das „Gross National Product“ sinkt, was wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2008 konstatiert werden wird, jedenfalls für die USA, für die ganze Welt wohl noch später. Aber das sind nur Details. Inzwischen steht bereits fest: Die Krise hat begonnen, sie geht von den USA aus, greift langsam auch auf andere Volkswirtschaften über und wird vorraussichtlich Jahre dauern, vielleicht ein ganzes Jahrzehnt oder mehr.

Wie danach die Welt aussehen wird, darüber lässt sich spekulieren, aber mir scheint, es wird keine alleinige Supermacht USA mehr geben.

Was ich für wichtig halte: Mit dieser Krise tritt die Menschheit auf der Erde auch in die kapitalistische Barbarei ein und das ist schrecklich. (https://karlweiss.twoday.net/stories/4015992/ )
Dies bereits nach Verwesung stinkende System muss schnellstens abgelöst werden – und zwar durch den echten Sozialismus.

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