Montag, 8. Dezember 2008

São Paulo erneut brasilianischer Fussballmeister

Internacional gewann Südamerika-Cup

Von Karl Weiss, Belo Horizonte

Der São Paulo F.C. ist zum dritten Mal hintereinander brasilianischer Meister geworden und damit auch Rekordmeister mit insgesamt 6 Titeln (eine nationale Meisterschaft wird in Brasilien erst seit 1971 ausgetragen). Es reichte dem Verein ein 1:0 bei Goiás Goiánia, um das Ergebnis des Rivalen Gremio Porto Alegre bedeutungslos zu machen.

Schon am letzten Mittwoch hatte die brasilianische Mannschaft Internacional Porto Alegre mit einem 1 : 1 in der Verlängerung die Copa Sulamericana gewonnen, das südamerikanische Gegenstück zum UEFA-Pokal. In einem spektakulären Spiel im Stadion „Beira Rio“ (Flussufer) in Porto Alegre gelang es der argentinischen Mannschaft von Estudiantes La Plata, das 0:1 aus dem Hinspiel auszugleichen und bis zum Ende der normalen Spielzeit ebenso ein 0:1 auswärts zu erreichen, was zur Verlängerung führte. Aus einem Tumult vor dem Tor von Estudiantes, bei dem der Ball zweimal abgewehrt wurde, aber dann beim dritten Mal doch ins Tor ging, entstand der Ausgleich von Internacional in der zweiten Hälfte der Verlängerung.

Die letzten Spielminuten wurden zu einem Spektakel. Estudiantes warf alles nach vorne, der Torwart spielte 30 Meter vor seinem Tor letzter Mann und man drängte auf die erneute Führung. Internacional war so erschöpft von der Aufholjagd, dass man nicht in der Lage war, den Ball in den eigenen Reihen zu halten oder das leere Tor anzuvisieren. Minutenlange unübersichtliche Szenen mit fast allen Spielern unmittelbar vor den Inter-Tor waren das Ergebnis. Aber auf dieser Seite ging der Ball nicht hinein, was das Elfmeterschiessen bedeutet hätte. Brasilianische Mannschaften haben eine lange Geschichte von verlorenen Elfmeterschiessen gegen argentinische in südamerikanischen Ausscheidungen. Schließlich erlöste der Schlusspfiff Internacional und die Feiern begannen.

Internacional nennt sich nun den einzigen Meister, der alles gewonnen hat. Gemeint ist damit die Libertadores, die man 2006 gewann, ebenso wie den Titel des Vereinsweltmeisters in Japan, die Titel brasilianischer Meister, Meister von Rio Grande do Sul und des brasilianischen Pokals natürlich sowieso und nun eben auch noch den Südamerika-Cup, den noch kein anderer brasilianischer Verein gewonnen hat – den es allerdings auch erst seit fünf Jahren gibt.

Als um 17 Uhr Ortszeit am Sonntag alle zehn Spiele des letzten Spieltags angepfiffen wurde, begannen die spannendsten 90 Minuten in der brasilianischen A-Serie seit langem. 8 der 10 Spiele waren noch bedeutend für eine der Entscheidungen: Meister, Plätze in der Libertadores und Abstieg. Lediglich die beiden Begegnungen zwischen Sport Recife und Coritiba und zwischen Fluminense Rio de Janeiro und Ipatinga hatten keine Bedeutung mehr. Wären alle Spiele 0 : 0 unentschieden ausgegangen, hätte sich folgendes Bild ergeben: São Paulo wäre Meister, Gremio, Palmeiras São Paulo, und Cruzeiro Belo Horizonte hätten die anderen Plätze für die „Libertadores“(Gegenstück zur Champions Leage) ergattert, während nach Ipatinga und Portuguesa São Paulo, die bereits feststanden, auch Vasco da Gama Rio de Janeiro und Figuerense Florianopolis zum Abstieg verurteilt gewesen wären. So ging es am Ende auch aus.

Aber natürlich blieben nicht alle Spiele beim 0:0. Die ersten Tore fiel in Recife, wo es um nichts mehr ging. Aber dann begannen schon Tore zu fallen, die etwas hätten ändern können. Zuerst erzielte in Curitiba Atlético Paranaense das 1:0 gegen Flamengo Rio de Janeiro, was Atlético sicher vom Abstieg retten würde und Flamengo von der Libertadores fernhalten. Dann ein Tor von höchster Bedeutung in der 23. Minute in Brasilia, wohin Goiás das Entscheidungsspiel verlegt hatte: 1:0 für São Paulo gegen Goiás. Der zweifache Meister steht damit unmittelbar vor dem dritten Titel hintereinander. Dann erneut zwei entscheidende Tore in der 25. Minute: 1:0 für Vitória bei Vasco und fast gleichzeitig das 1:0 von Internacional gegen Figuerense Florianópolis. Beide unterlegenen Vereine wären damit abgestiegen.

Kurz danach das 2:0 für Atlético Paranaense, nun schon fast sicher vor dem Abstieg gesichert und Flamengo noch entfernter dem Platz in der Libertadores.

Dann eine große Überraschung: Die bereits abgestiegene Portuguesa erzielt das 1: 0 bei Cruzeiro, das aber immer noch in der Libertadores wäre, weil Flamengo ebenfalls zurückliegt. Doch dann, 33. Minute: Flamengo gelingt das 1:2 gegen Atlético Paranaense und darf wieder Hoffnung schöpfen. Dann erneut die kalte Dusche: 38. Minute: 3:1 für Atlético Paranaense. Zwei Minuten später aber erneut das Anschlusstor für Flamengo. Fünf Tore in der ersten Halbzeit in Curitiba!

Zur Halbzeit seht es so: São Paulo ist Meister, Palmeiras und Cruzeiro wären zusammen mit Gremio in der Libertadores, Vasco und Figuerense abgestiegen.

Die zweite Halbzeit beginnt mit einem Paukenschlag: Botafogo erzielt das 1:0 gegen Palmeiras, das aber trotzdem in den Libertadores-Plätzen bleibt, weil die beiden Rivalen auch zurück liegen – allerdings muss der vierte der brasilianischen Meisterschaft in Qualifikationsspiele, um endgültig in der Libertadores zu landen.

Dann ein Tor für Figuerense zum 1:1-Ausgleich, was immer noch den Abstieg bedeutet, aber Hoffnung. Ein Sieg und man wäre draußen aus der Abstiegszone – wenn Nautico nur gegen Santos verlieren würde.

Dann kurz nacheinander zwei Tore in Belo Horizonte fúr Cruzeiro: 2: 1. Das wäre der dritte Platz für Cruzeiro.

Noch eine halbe Stunde zu spielen und die Entscheidungen bleiben die gleichen wie zur Halbzeit.

18.30 Uhr: 15 Minuten zu spielen: Elfmeter für Gremio gegen Atlético Mineiro im heimischen Stadion. Sicher verwandelt durch Tcheco. 1: 0 für Gremio. Aber São Paulo führt weiterhin und bleibt auf Meisterkurs.

Dann das Führungstor für Figuerense: 2:1 gegen Internacional, damit wäre Figuerense immer noch nicht gerettet, weil Náutico zwar gleich viel Siege hat, aber eine weit bessere Tordifferenz. Dann sogar des dritte Tor für Figuerense, aber es reicht immer noch nicht.

Atlético Paranaense erzielt dann noch das 4:2, was aber nichts mehr ändert. Dann die Verdammnis für Vasco im eigenen Stadion: 2: 0 für Sport, die letzten Hoffnungen auf den Klassenerhalt schwinden.

Währenddessen baut Cruzeiro seinen Sieg gegen die schon abgestiegene Portuguesa aus bis zum 4:1, was ebenfalls nichts mehr ändert. Atlético Paranaense kommt sogar zum 5:2 gegen Flamengo, auch nicht mehr von Bedeutung

Noch fünf Minuten. Es scheint alles bei dem zu bleiben, was schon in der Halbzeit feststand. Dann gelingt Gremio noch das 2:0 gegen Atlético Mineiro, aber es reicht nicht zum Titel.

Schlusspfiffe in zehn Stadien: Keine Veränderung mehr.


Veröffentlicht am 8. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 5. Dezember 2008

Schäubles Traum - Unser Albtraum

Pizza bestellen im Jahr 2015 – Das BKA-Gesetz wird durchgewinkt

Gefunden, übersetzt und angepasst von Karl Weiss

Dieses Gespräch zwischen einem Bürger, der lediglich Pizza bestellen will und dem Mann von der Pizzeria beruht auf einem Text des bekannten brasilianischen Schriftstellers Luiz Fernando Verissimo. Er wurde von Karl Weiss übersetzt und an die deutschen Verhältnisse angepasst.

Filbinger - Schäuble

„Pizza Hütte, Guten Abend!“

„Ja, hallo, ich möchte gerne Pizza bestellen.“

„Ja, würden Sie mir bitte Ihre Terror-Abwehr-Nummer geben?“

„Meine Terror-Abwehr-Nummer ist 997 338 701 341 850 – 889 445 1056 – 4“

„Danke schön, Herr Müller! Ihre Adresse ist Reichstr. 88, in 021345 Unterschönhausen bei Leinweiler und Ihre Telefon-Nummer ist 0285 – 55883, ja? Ihre Nummer bei Ihrem Arbeitgeber, der Hauser KG + Co., ist 0277 – 29445 und ihre Handy-Nummer ist 0731 – 44 67 29, richtig?“

„Korrekt! Woher wissen Sie das alles?“

„Na, wir sind natürlich direkt an die Terror-Abwehr-Zentrale angeschlossen.“

„Ach ja, natürlich! – Also ich hätte gerne zwei Familien-Pizzas wie in dem Sonderangebot, eine ‚Vier Käse’ und die andere ‚Quattro Stagione’“

„Lieber Herr Müller, das dürfte nicht unbedingt die richtige Wahl sein. Aus ihren Gesundheitsprofil geht hervor, sie haben hohe Triglycerid-Werte und außerdem sehr bedenkliche Cholesterin-Werte – Ihre Lebensversicherung verbietet ausdrücklich eine gefährliche Lebensweise.“

„Ja, da haben Sie Recht. Was empfehlen Sie denn?“

„Na da hätten wir die Super-Light-Pizza auf Joghurt-Basis mit Rettich. Das dürfte das richtige sein! Sie werden die besonders genießen.“

„Woher wissen Sie denn, dass ich die besonders genießen würde?“

„Nun, Sie haben am Samstag, den 27. Oktober diesen Jahres um 14 Uhr 53 die Site der städtischen Bibliothek in Hummesweiler besucht und dort die Site „Gourmet-Rezepte mit Rettich“. Dort haben Sie 39 Minuten verweilt. Ich schließe daraus, diese Pizza ist die richtige für Sie.“

„Uuuhfff! Na gut, also zwei Familien-Pizzas von dieser Sorte!“

„Sie werden sie sicherlich genießen, Herr Müller, ebenso wie Ihre Frau Ingrid, geborene Steinhäuser und Ihre drei Jungs Hans, Uwe und Kevin – auch wenn der letztere behindert ist.“

„Was macht das?“

„Das sind 38 Euro und 98 Cents.“

„Kann ich Ihnen meine Kreditkarten-Nummer geben?“

Stasi 2.0

„Tut mit leid, Herr Müller, aber ihr Kreditkarten-Limit ist überzogen. Sie werden wohl bar zahlen müssen.“

„Na gut, dann gehe ich eben noch beim Nachtschalter der Multi-Bank vorbei und hebe das Geld ab.“

„Hmmm, Herr Müller, das wird schwierig werden. Sie haben dort bereits ihr Kreditlimit überzogen.“

„Also kümmern Sie sich um Ihre eigenen Probleme! Sie schicken die Pizzas und ich treibe das Geld auf, ja? Wie lange wird das dauern?“

„Heute sind wir etwas eng. Das könnte zwischen 45 Minuten und 1 Stunde dauern. Aber Sie können die Pizzas auch in 15 Minuten hier abholen, wenn Sie wollen – Allerdings ist das nicht sehr empfehlenswert, mit zwei Pizzas auf dem Motorrad.“

„Na, nu aber! Woher wollen Sie denn wissen, ich würde die mit dem Motorrad abholen?“

„Entschuldigen Sie, Herr Müller, aber aus ihrem Profil der Terror-Abwehr-Zentrale hier geht hervor, sie waren bei ihrem Wagens mit zwei Raten im Rückstand und der gehört Ihnen schon nicht mehr. Allerdings gibt es da noch ein Motorrad auf ihren Namen. Ich nahm an, Sie würden das dann wohl benutzen.“

„(Die Antwort von Herrn Müller darauf kann der Öffentlichkeit wegen Paragraph 8951 a (Unflätigkeit) nicht zugänglich gemacht werden.)“

„Herr Müller, ich darf Sie bitten, mich nicht zu beleidigen. Sie können mich keineswegs mit der hinteren Auslassöffnung vergleichen. Seinen Sie vorsichtig! Sie wurden bereits letztes Jahr wegen Nichtbefolgen des Ratschlages einer Amtsperson mit einer Geldstrafe belegt. Im Wiederholungsfall würden Sie nicht unter einer Gefängnisstrafe davonkommen.“

„(Schweigen)“

„Sonst noch etwas?“

„Nein, danke. Ach so ja, vergessen Sie bitte nicht die zwei Liter Coca, die im Sonderangebot enthalten sind.“

„Entschuldigen Sie, Herr Müller, das geht leider nicht. Es ist uns ausdrücklich verboten, zuckerhaltige Getränke an Kunden mit Diabetes auszuliefern – und Ihre Frau hat Diabetes.“

„Aaaahhhh! Ich stürze mich aus dem Fenster!“

„Na das wird aber nicht viel bringen. Sie wohnen doch im Erdgeschoss!“


Veröffentlicht am 4. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Reaper - Jack the Ripper war ein Waisenknabe

Morddrohnen sind bereits im Einsatz

Von Karl Weiss

Ein kleines Vídeo nur, von 3 Minuten – aber welche Botschaft! Es geht über den „Reaper“, eine Mörderdrohne, also ein unbemanntes Flugzeug. Man kann es ferngesteuert auf jedes beliebige Ziel in der ganzen Welt steuern. Es wird klargemacht, das ist keine Kriegswaffe, es ist ein Mörderwerkzeug. Man setzt es auf ganz bestimmte Menschen an, die man ermorden will. Der Kapitalismus, der gerade begonnen hat, auf wirtschaftlicher Ebene sein wahres Gesicht zu zeigen, enthüllt nun auch, zu was all diese Aufrüstung dient: Er ist ein mörderisches System im wahrsten Sinne des Wortes.

Hier ist der Link zum Video:
https://www.youtube.com/watch?v=t36HpU1fSz8

Man lasse sich den Text der Reportage im Video ganz langsam auf der Zunge zergehen. Man sehe sich diese Bilder an. Das ist kein „Modellflugzeug“ mehr, das trägt ausgewachsene Bomben. In keinem Moment des Videos wird irgendeine Art des Einsatzes gegen irgendwelche gegnerischen Truppen auch nur erwähnt. Es wird eindeutig vom Ausschalten von Personen geredet.

Da nützt es auch nicht viel, immer wieder das Wort „Taliban“ zu benutzen, denn die Drohnen gegen Taliban haben in Afghanistan bereits massenhaft einfache Bauern, Frauen und Kinder umgebracht.

Wenn man das Video gesehen hat, ist ‚youtube’ so freundlich, einem gleich einen Riesenhaufen von ähnlichen Videos anzuzeigen. Sieht man sich einige davon an, so wird deutlich: Der „Reaper“ (Rächer)hat noch eine Anzahl von Brüdern und Schwestern: den „Exterminator“ (Auslöscher), den „Destroyer“ (Zerstörer), den „Predator“ (Raubtier), den „Hawk“ (Falke), und so weiter. So weit ersichtlich, verfügen im Moment bereits die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Israels über diese Technik. Die Namen der Fluggeräte zeigen, wes Geistes Kind ihre Erbauer und Benutzer sind.

Früher hat man sich noch die Mühe gemacht, Regimegegner zu verfolgen, zu entführen und in Folterhöhlen zu bringen. Heute setzt man einfach einen „Reaper“ auf sie an.

Da passt es ins Bild, dass am gleichen Tag drei Bundesnachrichtendienst-Agenten im Kosovo wegen Verdacht der Täterschaft eines Sprengstoffanschlags festgenommen wurden. Peinlich, peinlich, wenn unsere Bundesregierung dabei erwischt wird, Terroranschläge durchführen zu lassen, die man dann wohl den Serben in die Schuhe geschoben hätte.

Aber in Zukunft hat sich dieses Problem erledigt. Man lässt Terroranschläge mit Bomben aus Drohnen durchführen und sagt dann einfach, es war ein islamischer Selbstmordattentäter.


Veröffentlicht am 29. November 2008 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Vor dem letzten Spieltag in der brasilianischen Fussball-A-Serie

Fast alles noch offen

Von Karl Weiss

Zu einem ausgewachsenen Krimi hat sich der letzte Spieltag am kommenden Sonntag in der brasilianischen ersten Fußball-Liga gemausert. Fast alle Entscheidungen, darunter die Meisterschaft, zwei der vier Qualifizierten für die „Libertadores“ (Gegenstück zur Champions Leage) und zwei der vier Absteiger sind noch offen. Am Mittwoch findet auch das Rückspiel im Finale der ‚Copa Sulamericana’ (Gegenstück zur UEFA-Cup) zwischen Internacional Porto Alegre (Brasilien) und Estudiantes La Plata (Argentinien) statt.


Alle Bilder in diesem Artikel sind von der "Libertadores"-Begegnung zwischen Fluminense und São Paulo in der ersten Jahreshälfte im voll besetzten Maracanã-Stadion in Rio. Damals spielte Adriano noch bei São Paulo, der heute wieder für Inter Mailand stürmt.

Obwohl die meisten dem Meister der letzten beiden Jahre, São Paulo F.C., bereits an diesem Sonntag einen Sieg im heimischen Stadion gegen den bis dahin noch abstiegsgefährdeten Verein Fluminense Rio de Janeiro zugetraut hatten, reichte es nur zu einem Unentschieden. Damit hat Gremio Porto Alegre am kommenden Sonntag noch einmal eine Chance, nachdem ihm an diesem Sonntag ein glattes 4:1 beim bereits abgestiegenen Ipatinga gelang. Fluminense entwickelt sich zu so etwas wie einem Angstgegner von São Paulo, denn man war schon in der diesjährigen „Libertadores“ im Viertelfinale gegen diesen Gegner ausgeschieden.

São Paulo muss bei Goiás Goiânia antreten, das zu Hause eine Bank ist und wird es sehr schwer haben, ein Unentschieden zu erreichen, was ihm für den Meistertitel reicht. Gremio empfängt dagegen zu Hause die Mannschaft von Atlético Mineiro aus Belo Horizonte, für die es um nichts mehr geht – es ist also alles offen. Verliert São Paulo und gewinnt Gremio, ist Gremio Meister, denn dann hat man gleiche Punktzahl, aber einen Sieg mehr.



Ähnlich eng geht es bei den beiden noch offenen Abstiegsplätzen zu, nachdem Ipatinga bereits seit letzter Woche abgestiegen war und Portuguesa São Paulo nach einem Heim-Unentschieden gegen Sport Recife endgültig in den sauren Apfel beißen muss. Gerettet vor dem Abstieg haben sich an diesem Sonntag Fluminense Rio de Janeiro mit dem Unentschieden gegen São Paulo und der F.C. Santos, der nach mehreren Niederlagen noch in Gefahr geraten war und sich nun mit einem Auswärts-Unentschieden bei Atlético in Belo Horizonte den notwendigen rettenden Punkt holte.

In Abstiegsgefahr schweben noch der drittletzte, Vasco da Gama Rio de Janeiro mit 40 Punkten, der viertletzte, Figuerense Florianopolis mit 41 Punkten und davor auf den Nichtabstiegsplätzen Atletico Paranaense mit 42 und Náutico mit 43 Punkten. Das theoretisch leichteste Spiel hat Figuerense unter diesen vier Kandidaten, das zu Hause gegen Internacional Porto Alegre antritt. Dieser Gegner hat vier Tage vorher das zweite Endspiel des Südamerika-Cups und wird entweder noch erschöpft von den Siegesfeiern oder am Boden zerschmettert von der Niederlage sein. Wenn Figuerense also gewinnt, braucht man nur noch ein Unentschieden oder eine Niederlage von Alético Paranaense, das zu Hause gegen Flamengo Rio de Janeiro antritt oder eine Niederlage von Náutico, das bei Santos zu Gast ist, und wäre gerettet. Andererseits reicht Náutico ein Unentschieden, um sich in Sicherheit zu bringen.



Vasco spielt zu Hause gegen Vitória Salvador, ein Sieg wäre kein unmögliches Ergebnis. Aber selbst dann muss Figuerense nicht den erwarteten Sieg gegen Internacional schaffen und zusätzlich noch Atlético Paraná oder Nautico verlieren, damit es für Vasco reicht. Eine andere Kombination von Ergebnissen wäre eine Niederlage sowohl von Atlético als auch von Náutico. Das könnte im Fall von deren Siegen noch Figuerense und Vasco retten. Vasco wäre dann punktgleich mit Náutico, hätte aber 12 Siege gegen nur 11 von Náutico aufzuweisen.

Was auch noch offen steht, sind die beiden anderen Plätze in der „Copa Libertadores“ des nächsten Jahres neben den beiden verbliebenen Meisterschaftsanwärtern São Paulo und Gremio sowie Sport Recife, das bereits im ersten Halbjahr den brasilianischen Pokal gewonnen hatte. Die verbliebenen Kandidaten für zwei Plätze sind Palmeiras São Paulo mit 65 Punkten, Cruzeiro Belo Horizonte mit 64 Punkten und Flamengo Rio de Janeiro mit ebenfalls 64 Punkten, aber zwei Siegen weniger. Flamengo hat ein schweres Auswärtsspiel gegen einen der möglichen Absteiger, der bis zum Umfallen kämpfen wird, Atletico Paranaense. Das dürfte schwer werden. Cruzeiro hat ein leichtes Heimspiel gegen den schon lange abgestiegenen Verein Ipatinga aus der Stahlstadt in Minas Gerais und damit die theoretisch leichteste Aufgabe. Palmeiras hat ebenfalls ein Heimspiel, aber gegen den starken Club Botafogo Rio de Janeiro, für den es allerdings um nichts mehr geht. Da sieht also ganz nach den Plätzen für Palmeiras und Cruzeiro aus.



Für die `Copa Sulamericana’ in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres werden sich neben dem Meister sieben schon feststehende Vereine qualifizieren, das sind Internacional, Goiás, Coritiba aus der paranaensischen Hauptstadt, Botafogo, Vitória, Sport und Atlético Mineiro, dazu jener Verein, der es nicht schafft, in die „Libertadores“ zu kommen, also wahrscheinlich Flamengo.

Zuletzt noch die Ergebnisse der Halbfinale und des ersten Finalspiels des Südamerika-Cups. Internacional, das bereits seit fünf Runden nur noch mit einer Reservemannschaft in der brasilianischen Meisterschaft spielt und sich voll auf den Sieg in diesem Cup konzentriert hat, gewann beide Spiele gegen Chivas Guadalajara im ersten Halbfinale. Im zweiten standen sich die beiden argentinischen Clubs Estudiantes aus La Plata und Juniors aus Buenos Aires gegenüber. In der argentinischen Hauptstadt konnte Estudiantes ein Unentschieden erreichen und gewann dann knapp 1:0 zu Hause und zog so in die Endspiele ein.



Das erste davon wurde in Argentinien ausgetragen und sah die brasilianische Mannschaft als Sieger mit 1:0, nachdem deren Torhüter Lauro mit einigen spektakulären Rettungstaten sein Tor sauber gehalten hatte und den Titel des besten Spielers auf dem Platz bekam. Theoretisch müsste jetzt Internacional zu Hause den Titel holen, aber das glaubten auch schon die jeweils stärker eingeschätzten Mannschaften in den Endspielen in den beiden letzten Jahren, América Mexico Stadt und Colo Colo Santiago de Chile und mussten sich doch geschlagen geben. 2006 unterlag Colo Colo der unbekannten mexikanischen Mannschaft von Pachuca und 2007 war es América, der mexikanische Meister, der die bis dahin nicht hervorgetretenen argentinischen Mannschaft von Arsenal den Titel holen sah.




Veröffentlicht am 3. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Dienstag, 2. Dezember 2008

Sie sind in heller Panik!

Die Politiker der Desaster-Parteien

Von Karl Weiss

Nach außen hin tun sie ganz souverän und unbeeindruckt. Sie wissen sich aus allen Fragen herauszureden, verstehen manche bewusst falsch und sind immer mit einem eindrücklichen Wortspiel bei der Hand, die Politiker der Desaster-Parteien CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP, die das Desaster der Vertiefung der beginnenden Wirtschaftskrise zu verantworten haben. In Wirklichkeit sind sie in heller Panik. Dies kam ans Tageslicht, als Lafontaine eine Rede im Bundestag zu diesem Thema hielt. Ihm begegnete nur purer, ungehemmter Hass. Die Zwischenrufe, fast alle völlig inhaltlos, gaben Zeugnis davon.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Na aber auch. Versetzen Sie sich doch einmal an deren Stelle. Für so viele Jahre haben sie uns Bundesbürger eingewickelt mit „Demokratie“, „soziale Verpflichtung“, „Rechtsstaat“, „Friedensarmee“ und anderen Lebenslügen. Und nun schwimmen die Felle davon. CDU/CSU und SPD haben praktisch die Hälfte der Mitgliedschaft verloren. Auch der FDP und den Grünen laufen Scharen von Mitgliedern davon. Bei den Wahlen setzt es eine Niederlage nach der anderen. Im Verlauf der letzten Jahre seit Hartz IV und den anderen Maßnahmen der „Agenda 2010“ sind ihnen zusammen mehrere zehn Millionen Wähler abhanden gekommen. Heute weist eine Bundestagswahl kaum noch 70% Wahlbeteiligung auf, eine Landtagswahl wie die in Bayern 58% und Kommunalwahlen mit mehr als 50% kommen praktisch nicht mehr vor.

Sie sind ratlos, entsetzt, sie sind in heller Panik!

Da hielt also Lafontaine eine Rede im Bundestag, in diesem Fall zur Finanz- und Wirtschaftskrise, anlässlich der Haushaltsplandebatte, die in keiner Weise besonders aufregend war. Sie enthielt eine Abrechnung mit dem Neo-Liberalismus, sowohl als Hauptursache der verschärften Krise in Deutschland und anderen Ländern, als auch als Bedingung der Verarmung in Deutschland. Seine Thesen waren einfach, selbst für ein Kind verständlich.

Bundestag - Reichstag

Sie ist anzuhören oder auch einschließlich der Zwischenrufe nachzulesen hier: https://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=1321283878

Doch wie reagierten die Abgeordneten der anderen Fraktionen? Nun, urteilen Sie selbst: Hier eine Auswahl von Zwischenrufen bei seiner Rede:

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Ich glaube, es war wirklich gut, dass Sie damals zurückgetreten sind!

Joachim Poß (SPD): Red doch nicht so einen Stuss hier!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wo der Poß recht hat, hat er recht!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wenn er von Stuss redet, dann hat der Poß recht!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das ist dummes Zeug!

Volker Kauder (CDU/CSU): Ein solcher Stuss!

Steffen Kampeter (CDU/CSU): Stuss, Stuss, Stuss!

Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Ein seltener Blödsinn!

Otto Fricke (FDP): Sie meinen Ihre Partei!

Auf das Zitat eines Soziologen, befristete Beschäftigungen auf Dauer könnten zur Zerstörung des Charakters führen:

Dirk Niebel (FDP): Dann müssen Sie dauerhaft befristet beschäftigt gewesen sein!


Nun, wären es Abgeordnete der Linksfraktion gewesen, die da so unsachlich und zum Teil auch unflätig dazwischengerufen hätten, wären längst Verwarnungen fällig gewesen oder auch schon einmal das Verweisen aus dem Plenarsaal, aber der Sitzungsleiter war sich so einig mit den Zwischenrufern, dass er gar nicht merkte, was sich da tat. Das ist auch gut so, denn nun haben wir es schwarz auf weiss: Sie haben keine Argumente, sie können nichts zur Sache beitragen, sie können nur noch Gift spritzen: „Stuss!“ “schlechter Charakter!“

Dabei waren die heftigsten Hasser schon gar nicht mehr im Saal. Aus dem Video geht hervor, dass eine Anzahl von Abgeordneten schon am Beginn seiner Rede den Plenarsaal verließ. Dazu kommt, auf der Regierungsbank unterhielt man sich demonstrativ während seiner Rede, um seiner Abscheu Ausdruck zu geben. Lafontaine musste die Minister selbst zur Ordnung rufen, denn auch das tat der Sitzungspräsident nicht.

Wenn die Politiker nun beschlossen haben, selbst die Mindestregeln des Anstandes nicht mehr einzuhalten, was sollte uns davon abhalten, nun auch mit heftigen Zwischenrufen zu beginnen? Die deutlichsten Zwischenrufe aus dem Volk kommen im Moment von den Montagsdemonstrationen, die es weiterhin in vielen größeren Städten Deutschlands gibt. Da sollten wir nun wohl verstärkt hingehen.


Veröffentlicht am 2. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 1. Dezember 2008

Durchbruch in der Energieversorgung?

Eine Erfindung, die längst gemacht worden war

Von Karl Weiss

Eine Erfindung, die für die ganze Stromversorgung und sogar die weltweite Energieversorgung einen Durchbruch darstellt, aber im Moment nur für Laptops und Handys gedacht - und doch auch ein Prinzip, das längst bekannt ist und schon weitgehend angewandt wird. Marin Soljacic hat lediglich zwei bekannte Tatsachen zusammengefügt – und schon scheinen gewaltige Probleme gelöst. Warum hat das nicht längst vorher jemand gemacht? Es hat! Und die Anwendung der Erfindung wurde bewusst verhindert!

Doch langsam von vorne: Strom kann durch die Luft übertragen werden. Das weiss man schon seit langem. Es wird überall auch schon angewandt, nämlich in den Transformatoren. Da werden ja zwei elektrische Spulen, die – wenn Strom durch geleitet wird - zwei starke Elektromagneten darstellen, direkt nebeneinander angebracht, aber ohne physischen Kontakt und der Strom wird – und zwar durch magnetische Wellen – von einer Spule auf die andere übertragen.

Das sind nicht elektromagnetische Wellen, die wir ja für alle Art von Funkverkehr benutzten und von denen wir wissen, sie werden durch die Luft – oder auch durch luftleeren Raum – übertragen, das sind magnetische Wellen, die also von Magnet-Nord nach Magnet-Süd schwingen und ebenso durch den Raum übertragen werden. Der Fachbegriff dafür ist Induktion.

Andere bereits bekannte Anwendungen: Die Magnet-Schwebebahn, die Induktionserhitzung von Metallen bei der Härtung, die Zahnbürste, die aufgeladen wird, indem man sie in den Halter steckt und der Kochtopf, der durch Induktion direkt erhitzt wird – ohne heiße Herdplatte.

Nun , das ist alles grundlegende Elektrophysik, wie sie in der Mittelstufe gelehrt wird. Was soll da neu sein? Nichts!

Warum übertragen wir dann Strom immer über Draht und nie durch die Luft? Na sehen Sie!

Es gab da den berühmten Physiker Nikola Tesla, der den Wechselstromgenerator erfunden hat, also DIE Basis der heutigen Stromversorgung. Er wurde für seine Arbeiten damit geehrt, dass man eine international verwendete Einheit, die der Stärke eines Magnetfeldes, mit seinem Namen belegt hat: Ein Tesla. Er wollte das Prinzip schon Anfang des 20. Jahrhunderts anwenden. Er baute 1904 sogar einen Turm auf Long Island vor New York, den Wardencliff-Tower, mit dem er Strom über den Atlantik übertragen wollte. Allerdings stoppten ihn dann seine Geldgeber. Man wollte keine Stromquelle, an der sich jeder bedienen konnte.

Der Wardenclyffe Tower von Nikola Tesla

Das wäre ja Kommunismus und Kommunismus ist schließlich der Erzfeind. Im Kapitalismus muss man genau wissen: An einem Ende des Drahtes gibt ein Unternehmen den Strom ein und am anderen nimmt ein Konsument ab und es muss genau gemessen werden, wieviel, denn schließlich wollen wir ja Profit machen und dazu muss der Verbraucher zahlen – und zwar nicht zu knapp!

So hat denn der Kapitalismus die breite Anwendung dieser Technik verhindert. Doch jetzt will man trotz Kapitalismus darauf zurückkommen. Warum? Weil die Technologie der Batterien (genauer: Akkumulatoren) einfach nicht vorwärts kommt und weil heute weitaus mehr Akkus verwendet werden als früher. Wer auch immer ein Handy hat, einen Laptop oder eine elektronische Kamera, weiss: Ob der Akku nun Lithiumhydrid heißt oder sonstwie, er hat eine äußerst geringe Kapazität, die dann im Verlauf der Zeit auch noch drastisch sinkt, und ist fast immer das erste Teil des Geräts, das den Geist aufgibt.

Dazu kommt: Man muss zum Aufladen andauernd ein spezielles Kabel mit sich herumschleppen. Die Kabel sind international nicht vereinheitlicht, sondern bei jeder Firma verschieden und man braucht außerdem immer eine Steckdose, die einem aber zum Beispiel auf Reisen nicht so einfach zur Verfügung steht.

Der Berichterstatter kann da eigene Erfahrungen beisteuern. Damals ergab sich das Problem, man hätte bei den Wartezeiten zum Umsteigen auf Flughäfen seinen Laptop benutzen können, aber dessen Batterie hatte schon beim ersten Flug der Reise ihren Geist aufgegeben. Er machte dann in Flughafenwarteräumen Steckdosen ausfindig, die dort für die Geräte der Bodenreinigung angebracht sind und benutzte sie, ohne je erwischt worden zu sein.

All diesen Problemen will nun der Erfinder Marin Soljacic vom MIT (Massachusetts Institut of Technology) in Boston, USA, ein für alle Mal ein Ende bereiten. Er holte die Idee der Verbreitung von Strom durch die Luft aus der Schublade und regt nun an, sein Gerät (also eine Spule, die mit einer definierten Frequenz schwingt) in jedem einschlägigen Zimmer an der Steckdose anzuschließen. Welcher dafür ausgerüstete Verbraucher (mit eine Empfänger-Spule) auch immer ins Zimmer kommt (der auf die gleiche Frequenz eingestellt ist), wird sofort automatisch aufgeladen!

Drahtlos-Strom

Klingt gut, ist auch gut, aber es gibt natürlich eine weit interessantere Anwendung dieses Prinzips: Das Aufladen von Elektroautos in voller Fahrt oder jedenfalls an jeder Raststätte, während man am Imbißstand steht.

Alles, was uns heute noch daran hindert, vollständig und unmittelbar auf Elektroautos umzustellen ist ja die Frage des Akkus: Zu wenig Kapazität (oder zu schwer) und alle paar hundert Kilometer muss man für längere Zeit an die Steckdose.

Die Idee wäre, überall, zum Beispiel an Tankstellen, Raststätten und an der Seite der Autobahnen Spulen aufzustellen, die Elektrizität über die Luft an den Akku im Auto übertragen und so die Reichweite mit einer vollständigen Ladung noch weit über die heutige eines Benziners hinaus auszuweiten. Auch in der eigenen Garage könnte man statt der Steckdose die Spule verwenden und so automatisch aufladen, sobald das Auto drin ist (jeder Handy-Besitzer kennt heute das Problem, wenn man vergessen hat aufzuladen).

Hört sich gut an, nicht? Da gibt es allerdings noch die Details. Alle wirklich großen Erfindungen haben am Anfang nicht oder nicht richtig funktioniert wegen der Details. Man erinnere sich nur, wie Viele abstürzen mussten, bis der erste wirklich flog – oder der Sozialismus, der bis heute nur zeitweise funktioniert hat, weil man Details nicht oder nicht richtig vorausgesehen hatte.

Bei der Induktionsladung ist das Detail die Effizienz – außerdem funktioniert es noch nicht mit einer Spule in Bewegung. Abhängung von der Entfernung zwischen den beiden Spulen kommt nur ein Teil der Energie bei der anderen an. Das kann bis zur Hälfte gehen, was da verloren wird. Allerdings sagte Soljacic, er könne dies noch deutlich verbessern und das Problem mit der Bewegung auch. Man wird sehen. Die Industrie steht jedenfalls schon Schlange bei ihm.

Bei den Geräten macht das nicht viel aus. Wir akzeptieren heute ohne Murren, dass 80% der Energie beim Aufladen des Laptops als Wärme abgeführt wird. Beim Auto ist das dann schon etwas anderes.


Veröffentlicht am 1. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 28. November 2008

Das Ende des Währungssystems

8 500 Milliarden US-Dollar

Von Karl Weiss

Nach eingehendem Studium aller vorliegenden Informationen zu den Rettungspaketen gegen die Finanzkrise und Wirtschaftskrise sowie zum wahren Umfang der Schieflagen, kommt der Berichterstatter zu folgendem Schluss: Wenn die Staaten versuchen werden, jede Bank, jedes Versicherungsunternehmen, jede Kreditkarten-Firma, sowie die großen und wichtigen Industriekonzerne zu retten, wird das zum Ende des bestehenden Welt-Währungssystems und Welt-Finanzsystems führen. Was danach ist, darüber kann man nur spekulieren.

Capitol, Washington (DC)

Die US Finanz-Informationsagentur Bloomberg hat einmal zusammengetragen, für was die US-Regierung bereits gebürgt bzw. Mittel verbindlich zugesagt hat und kommt auf einen Gesamtbetrag (der voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahres fällig wird) von 8 500 Milliarden US-Dollar oder 8,5 Billionen US-Dollar (auf englisch: 8 500 Billion Dollars or 8,5 Trillion Dollars, das ist (etwa) eine acht mit 12 Nullen oder etwa 50% des BIP der Vereinigten Staaten).

Da sind irgendwelche Hilfen an die „notleidende“ US-Autoindustrie oder eventuell auch an die Autoteile-Industrie sowie die angekündigten Maßnahmen Konjunktur-Spritze, Infrastruktur-Investitionen und Steuererleichterungen noch gar nicht enthalten. Es kann ausgeschlossen werden, dass dies alles ganz locker aufgebracht werden kann durch weitere Verschuldung über „Dollar-Bonds“.

Barack Obama

Nach der Bloomberg-Agentur setzt sich der astronomische Betrag aus folgenden teilen zusammen:

· Die erste Teil sind Programme der Federal Reserve, der Notenbank der USA. Nach der Pleite der Lehmann-Bank hatte die Fed zwei große sogenannte Fazilitäten aufgemacht, mit denen vor allem Geldmarktfonds gestützt werden, die zusammen 2700 Mrd. Dollar ausmachen. Dazu kommt die Erweiterung des Kreditvolumens für Geschäftsbanken, das bereits vorher beschlossen worden war, in der Grössenordnung von etwa 2000 Mrd. Dollar. Als drittes hat die Fed in dieser Woche ein 800-Mrd.-Dollar-Programm zum Aufkauf von Problemhypotheken und sonstigen Kreditpapieren aufgelegt. Alles zusammen auf das Konto der Fed: 5 500 Mrd. Dollar.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

· Das zweite ist die US-Einlagensicherung. Diese Institution steht gerade für Schulden der US-Banken – und zwar in der Gesamthöhe von 1 400 Mrd. Dollar. Dazu kommt noch eine Hilfe für eine Tochter der General Electric mit 139 Mrd. Dollar, zusammen also 1539 Mrd. Dollar.

· Dazu kommt als drittes, was die Regierung bereits alles bindend zugesagt hat, darunter der 700-Mrd.-„bailout“-Plan für die Banken, die beteiligung des Staates mit 250 Mrd. Dollar an den neun größten Banken der USA, dazu auch noch, was bereits vorher in Bear Sterns investiert wurde, um den Verkauf an JPMorgan zu ermöglichen, die Gelder für AIG und noch ein paar „peanuts“ , zusammen nach Schätzung von Bloomberg 947 Mrd. Dollar.

· Der vierte größere Block ist das Geld, das der „Federal Housing“ mit einem Gesetz zur Verfügung gestellt wurde, um Hypotheken zu übernehmen, die voraussichtlich nicht bezahlt werden, das im wesentlichen die Grundlage der faktischen Verstaatlichung der beiden grossen Hypotheken-Organisationen ‚Fannie Mae‘ und ‚Freddie Mac‘ war, in einer Gesamthöhe von 300 Mrd. Dollar.

Der Rettungs-Plan

· Als fünfter größerer Block kommt dann noch die Zusage von weiteren 200 Mrd. Dollar an „Fannie“ und „Freddie“, wobei noch nicht geklärt ist, woher dies Geld kommen soll. Eventuell wird das noch in den 700-Mrd.-„bailout“-Plan eingegliedert, dann würde sich der Gesamtbetrag von 8,5 Billionen auf 8,3 Billionen Dollar verringern, was praktisch nichts ausmacht.

Dazu gibt es noch die Garantie in Höhe von 326 Mrd. Dollar, die der Citi-Group zugesagt wurden, falls sie benötigt werden sollten. Man hofft, dies wird nicht fällig werden und hat das deshalb nicht einbezogen.

Bush

Diese 8,5 Billionen Dollar sind also ausschließlich das, was zur Rettung des Finanzsystems vorgesehen war und ist. Es gibt auch andere große Kostenblöcke für den US-Haushalt, die nun deutlich ansteigen, so z.B. die Zinsbelastung für die Schulden, die ja nun deutlich mehr werden, aber auch die Rentenausgaben, weil nun die Generation der Baby-Boomer (die nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen) ins Rentenalter kommen (2010 sind es 65 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges) und die steil ansteigenden Kosten von Medicare (für ältere Menschen) und Medicaid (für bedürftige Personen). Dazu kommt das traditionell sehr hohe Zahlungsbilanz-Defizit und das hohe Haushalts-Defizit.

Alle diese offenen Rechnungen (einschließlich der bereits bestehenden Staatsschulden) hat Professor Kotlikoff von der „Federal Reserve Bank of St. Louis“ aufgemacht, eine der führenden Institutionen der „US Federal Reserve“, der US-Zentralbank. Er kommt auf einen Gesamtbetrag von 65,9 Billionen Dollar (auf englisch 65,9 Trillion Dollars), was wohl gemerkt noch keine der nun eingegangenen Verpflichtungen durch FED, Regierung usw. beinhaltet. Demgegenüber sind die jetzt anstehenden 8,5 Billionen Dollar ja geradezu „Peanuts“.

Zum Vergleich hier, was die Höhe des GNI (Gross National Income) (in etwa: Brutto-Inlands-Produkt) der USA angeht, dies belief sich (letzte einigermaßen zuverlässige Zahlen) 2006 auf etwa 12 Billionen Dollar.

Und dies sind nur die Geldmengen in den USA, die aufgebracht und ins Wirtschaftsgeschehen gepumpt werden. Wenn man nun noch anfängt, was die deutsche Bundesregierung bereits garantiert hat (alle Spareinlagen in voller Höhe, das könnte sie nie aufbringen), was in Großbritannien bereits verbraten wurde, in Frankreich, Japan usw., dann kann man ohne jede Übertreibung sagen, diese völlig absurde Steigerung der staatlichen Verschuldungen können nicht von einem Finanzsystem aufgebracht werden, das sowieso in der Krise ist.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

Ganz zu schweigen davon, wenn man jetzt noch anfängt, alle größeren Unternehmen mit staatlicher Neuverschuldung vor dem Bankrott zu retten. Es ist (auch ohne dies schon) sicher, das Welt-Finanzsystem gibt diese zusätzliche Verschuldung nicht mehr her. Was das heißt, wurde kurz in einem früheren Artikel zu diesem Thema beschrieben:

„... dann würde eine Flucht aus dem Dollar einsetzen, die heute mit elektronischen Methoden innerhalb von Minuten einen Wertverlust von 50% ergeben kann (...). Der Dollarkurs im Keller, der Dollar als Reservewährung praktisch nicht mehr vorhanden, die Zuverlässigkeit des Dollar unterminiert, die Wirtschaftskraft der USA angeschlagen. Plötzlich würden die gewaltigen Importe der USA etwas in der Richtung vom Doppelten kosten, was praktisch nicht zu zahlen wäre. Damit würde der ganze Wohlstand in den USA auf ein deutlich niedrigeres Niveau geworfen, viele Fabriken geschlossen, viele Arbeiter auf die Straße gesetzt. (...)

Dollar Gasp

Dazu käme die akute Gefahr einer galoppierenden Inflation, denn die Importpreise sind ja plötzlich fast doppelt so hoch. Deshalb kann dem auch nicht mit Gelddrucken oder Anleihen-Ausgeben entgegengetreten werden, denn das hätte genau diesen Effekt, die Inflation anzuheizen.

Der einzige Ausweg in einer solchen Situation ist zuzusehen, bis man am Boden des Lochs angekommen ist und dann mit der Hände Arbeit langsam wieder zu versuchen herauszukommen.

Etwas Vergleichbares ist zum Beispiel mit Argentinien am 22. Dezember 2001 und in den darauffolgenden Wochen geschehen. Das alles bedeutet nicht das Ende des Lebens in jenem Land, aber bezogen auf die USA wäre es das Ende des Supermacht-Status.“

Heute kann man – bezogen auf die internationale Situation der unbegrenzten Neuverschuldung zur Rettung von Banken und Konzernen – darüber hinaus sagen. Das gesamte Währungs- und Finanzsystem könnte das nicht überstehen.

Wie es danach aussähe, ist ungewiss und unbeschreibbar. Der Begriff kapitalistische Barbarei ist sicherlich noch schwach dafür.



Veröffentlicht am 28. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 27. November 2008

Ein Nachruf auf die US-Industrie?

Kaum zu glauben

Von Karl Weiss

Die Industrie in den USA gilt als eine der wichtigsten auf der Welt. Der größte Teil der Software auf der Welt wird dort hergestellt, man ist eine Nation der Luft- und Raumfahrt, die Ölkonzerne sind führend, die Automobilindustrie und ihre Zulieferer waren bis vor kurzem noch die größten der Welt. Und jetzt kommt ein „Nachruf auf die US-Industrie“? Wie das?

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

In der „Süddeutschen“ wurde ein auf deutsch übersetzter Artikel eines US-Schriftstellers veröffentlicht, in dem er vom Ende der US-Industrie spricht und das Ganze als einen Nachruf bezeichnet. Er sieht den Bankrott aller drei großen US-Autohersteller voraus und meint, man habe sich das selbst zuzuschreiben.

Nun ist ein Schriftsteller natürlich kein Fachmann für Industriepolitik, aber er sicherlich ein Fachmann im „Amerikaner-Sein“. Und so erzählt er denn:

„Den meisten Amerikanern geht es so wie mir: Sie glauben, dass in Deutschland oder Japan ( ... ) bessere elektrische Geräte und bessere Autos als in Amerika hergestellt werden. Unter diesen Voraussetzungen ist es für die amerikanischen Automobilfirmen unmöglich, wieder rentabel zu werden, und zwar unabhängig davon, wie viele Kompromisse den Gewerkschaften noch abgerungen werden.“

Das erinnerte den Berichterstatter an die Zeit , als er in den USA arbeitete. Die Firma hatte ihm einen Chevrolet-Kleinwagen zur Verfügung gestellt, der schon zwei Jahre alt war. Für deutsche Verhältnisse war das kein Kleinwagen, so etwas in der Jetta-Kategorie, aber dort war es Kleinwagen. Das Hüpferchen gab drei Mal innerhalb eines halben Jahres den Geist auf und musste abgeschleppt und repariert werden

Als man dann einen der US-Kollegen fragte, ob das normal sei, antwortete der denn auch: „Ja, bei US-Wagen ist das normal. Wenn man einen zuverlässigen will, muss man einen Japaner kaufen.“

Insofern scheint der Schriftsteller also recht zu haben. Aber was wird dann, wenn Obama, wie er schon angekündigt hat, die drei US-Autobauer vor der Pleite retten wird? Wird der Staat überhaupt genug Geld dafür aufbringen können, nachdem man ja schon die Banken gerettet hat? Oder wird dann eines Tages eine Dollar-Anleihe des Staates ‚Vereinigte Staaten von Amerika‘ keine Käufer mehr auf dem Markt finden, so wie es jetzt der Bundesrepublik mit einer Anleihe ging?

Auf welcher Basis wird Obama die Autobauer retten wollen? Und die Autoteile-Industrie, die dann unweigerlich auch gerettet werden will? Wird man wirklich für so viele neue Schulden gut sein?

Oder wird an einem jener Tage dann eine Rallye gegen den Dollar beginnen, was das Ende der Supermacht wäre?

Der Schriftsteller meint:

„Aber so geht es der amerikanischen Industrie in fast allen Bereichen, und auch das enorme Wachstum der Informationstechnik hat sich erschöpft. Microsoft und Intel sind mittlerweile auch nur noch zwei Großunternehmen, die zu viele leitende Angestellte haben. Die Telekommunikation erlebte einen Boom, der schnell vorüberging.“

Nun, er übertreibt ein wenig. Es gibt sehr wohl erfolgreiche Industrie in den Vereinigten Staaten. Die Luft- und Raumfahrtbranche und der ganze militärisch-industrielle Komplex sind so stark wie je. Zwei der fünf Großkonzerne der Ölindustrie sind US-Firmen. Die ExxonMobil ist der wertvollste, auch der größte Konzern der Welt und der mit dem höchsten Profit. ChevronTexaco ist auch nicht viel kleiner. Die Pharmabranche ist weltweit führend, auch in der Chemie hat man erfolgreiche Unternehmen aufzuweisen, es gibt auch einiges im Maschinenbau und eben auch bei den Autozulieferern, so ist z.B. die US-Firma Dana der größte Teilezulieferer weltweit.

Tatsache aber ist, alle arbeitsintensiven Fertigungen wurden in Billiglohnländer ausgelagert und das hat den Arbeitsmarkt sehr belastet. Zwar weisen die USA offiziell nur 6% Arbeitslose aus (mit stark steigender Tendenz), aber das ist gewaltsam zurechtgestutzte Statistik wie in Deutschland. Das Doppelte dürfte der Wahrheit entsprechen.

Riesige Massenentlassungen stehen nun an.

Kapitalistische Wirtschaftskrisen sind unerbittlich und werde immer hauptsächlich auf dem Rücken der arbeitenden Menschen ausgetragen.

Diese jetzt beginnende allerdings kann auch einen zusätzlichen Effekt haben: Die überragende Stellung der USA als alleinige Supermacht könnte ernsthaft angekratzt oder sogar völlig untergraben werden. Insofern kann man da wirklich eventuell von einem Nachruf sprechen.


Veröffentlicht am 27. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 24. November 2008

Jahr der schlechten Nachrichten

Jetzt will es niemand gewesen sein

Fest im Sand begraben

Von Karl Weiss

Ganz offen spricht CDU-Merkel von 2009 von "einem Jahr der schlechten Nachrichten", SPD-Steinbrück von „tiefster Krise der Bundesrepublik“. Mit keinem Wort gehen sie aber darauf ein, dass sie die Hauptverantwortlichen dafür sind. Sie haben mit der „Deregulierung des Arbeitsmarktes“, mit Hartz IV und den anderen Maßnahmen der „Agenda 2010“ die deutschen Löhne auf einen Tiefpunkt getrieben, mit einer fast 20%igen Mehrwertsteuererhöhung Kaufkraft aus dem Markt genommen. Jetzt ist die Binnennachfrage zusammengebrochen – welche Überraschung! Der Export, dadurch zur einzigen Hoffnung geworden, kann wegen des weltweiten Krebsganges nicht mehr helfen, also rutscht man in die Wirtschaftskrise. So als ob das nicht einfach vorherzusehen war, steht die Politik nun mit offenem Mund und staunt.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Wann werden CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne erklären: „Wir lagen falsch. Jetzt sehen wir das ein. Wir hätten stattdessen mit Lohnerhöhungen und Massensteuer-Senkungen den Innenmarkt beleben müssen. Wir werden unsere Parteien auflösen und hoffen, andere machen es besser.“?

Nun, das ist natürlich weniger wahrscheinlich als dass der Mond noch dieses Jahr auf die Erde fällt. „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr...“.

Deutschland: 2. Quartal 2008 gegen 2.Quartal 2007 BIP Lohn Konsum Vermögen
Deutschland: Brutto-Inlandsprodukt, Löhne, Konsum und Vermögen, Vergleich 2.Quartal 0 gegen 2.Quartal 07

Hat man denn jetzt wenigstens seine Hausaufgaben gemacht, gemerkt, dass die Binnen-Nachfrage angekurbelt werden muss und entsprechende Maßnahmen eingeleitet? Nichts, nicht eine einzige klitzekleine Hilfe für die Binnen-Nachfrage. Man sieht nicht nur seine eigenen Fehler nicht ein, man verbeißt sich in ihnen.

Was schlägt zum Beispiel J. Jahnke vor, ehemaliger stellvertretender Leiter der „Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“ in London? Mehrwertsteuer auf 15% senken, Banken verstaatlichen, damit man wieder Kredit zur Verfügung stellen kann (die Banken verweigern Kredit zu normalen Bedingungen) und Solidaritätssteuer für hohe Einkommen und hohe Kapitalerträge einführen, um das gegenzufinanzieren.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Einzelhandelsumsatz in Deutschland 06 bis 08 mit Trendlinie

Da werden wir lange warten können, dass diese Regierung so etwas beschließt. Frau Merkel – da wird es schon wirklich grotesk – weist auf ein kleines Paket der EU für Innovationen hin, die Geld an Unternehmen verschleudern will. Werden diese Unternehmen damit Nachfrag am Markt schaffen durch Lohnerhöhungen? Natürlich nicht! Sie werden das Geld an ihre Aktionäre und Manager ausschütten, die sowieso schon alles haben und das auf die hohe Kante legen werden!

Deutschland: Einkommensverlust durch Mehrwertsteuererhöhung

Offenbar kennen diese Desaster-Parteien gar nicht das Wort „Nachfrage“. Die Krise bricht aus wegen mangelnder Nachfrage! Man muss Nachfrage schaffen, um die Tiefe der Krise zu verringern!

„Nein, Herr Weiss, da irren Sie sich. Es gibt überhaupt keine Nachfrage, Herr Weiss. Das sind Erfindungen von Sozialisten, Herr Weiss! Wir müssen nur dafür sorgen, dass das Angebot wieder erhöht wird, dann wird alles gut, Herr Weiss!“

Deutschland: Sparquote nach Einkommenskategorien
Das ist eine aufschlussreiche Statistik: In Deutschland spart offensichtlich jeder etwas, der kann; aber mit Hartz IV kann man eben nicht nur nicht sparen, sondern muss seine spärlichen Ersparnisse noch verbrauchen

Ja, so ist das mit verbohrten Ideologen. Was nicht in ihr Weltbild passt, wird ausgeblendet. Wenn man die Realität nicht erklären kann, spricht man von Zuversicht in die Zukunft. So wie Honecker, der darauf bestand, es gäbe einen Sozialismus in der DDR. Dass sich die ständig schlechter laufende Wirtschaft nicht mit sozialistischen Verhältnissen vereinbaren ließ, blendete er aus. So bleibt am Ende nur noch Klammern an die Macht, bei ihm damals und bei unseren Desaster-Parteien heute.

Selbst im eigenen Lager wird das bemerkt. Die internationale Ausgabe der „Financial Times“ vom 22. November 2008 begann dann auch einen Kommentar zu diesem Thema mit dem Satz: "Deutsche Politiker haben ihre Köpfe fest im Sand begraben".

Deutschland: "Verteilungsgerechtigkeit"

Ex-Bankier Jahnke schreibt dazu: „In vielen Ländern, vor allem USA, deuten die starken Einbrüche bei den Preisen (vor allem Öl und Rohstoffe ...), darauf hin, daß es jetzt zu einer Deflation kommen kann. Solche Situationen, wie sie z.B. Japan zehn Jahre lang erlitten hat, halten immer sehr lange an, zumal die Zentralbanken mit ohnehin abgesenkten Zinsen am Ende ihres Lateins sind. Hinzu kommt, daß wegen der von den Zentralbanken erzeugten enormen Liquiditätsschwelle die Zinspolitik der Zentralbanken immer weniger zu kontrollieren ist. So liegt derzeit in USA die effektive Zinsrate bereits um 0,6 % unter der offiziellen und damit nahe 0 %. Auch in Japan war eine Immobilien- und Bankenkrise der Auslöser und konnte die Zentralbank mit Zinssenkungen jahrelang nicht mehr helfen. Bei einer ausufernden Deflation sind die Preissenkungen so stark, daß sie die realen Schulden, die sich umgekehrt bei Inflation entwerten, hochtreiben. Dies wird bei ohnehin hohen Schuldenlasten, wie derzeit, eine sozial und wirtschaftlich enorme Belastung. Es kommt dann zu einer Spirale nach unten, in der auch die Absatzmärkte immer mehr wegbrechen.“

Allerdings, sei dazu angemerkt, war bei der damaligen japanischen Krise der Rest der Welt nicht in einer solchen, sodass man sich mit Exporten wieder herausarbeiten konnte.

Alt-EU der 15: Entwicklung Arbeitskosten von 2000 bis 2008
Hier sehen wir das Ergebnis der Agenda 2010 mit Hartz IV: Die deutschen Arbeitskosten entwickelten sich - im Vergleich zu 2000 - zu den niedrigsten der alten EU der 15

Jetzt, so schreibt Jahnke weiter „rächt sich die steil gestiegene deutsche Exportabhängigkeit bei miserabler Binnenkonjunktur.“

Alles Taten der Desasterparteien: Hohe Unterstützungen (Hermes Kredite) und Garantien für Exporte bei gleichzeitigem Herunterdrehen der Löhne – und jetzt will es niemand gewesen sein.

Deutschland: Exportabhängigkeit: Anteil Auslandsumsatz am Industrieumsatz 1995 bis 2008
Hier der Beleg für die stark angestiegene Exportabhängigkeit

Wenn nun behauptet wird, gegen Ende 2009 – also nach den Bundestagswahlen – werde alles wieder besser, ist das nichts als Pfeifen im dunklen Wald – und eine Verhöhnung der Wähler.


Veröffentlicht am 24. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 17. November 2008

G 20: Die Brandstifter spielen Feuerwehr

Gespenster sehen

Von Karl Weiss

Die Vorstellung, das Treffen G20 in Washington bei Präsident Bush hätte irgendein praktisches Ergebnis haben können, ist abenteuerlich. Da treffen sich die Vertreter der Regierungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, genau jene, die für die Finanzkrise und die beginnende Weltwirtschaftskrise verantwortlich sind und sprechen darüber, wie diese Krisen zu bremsen seien und beim nächsten Mal zu verhindern.

Bush

Wenn diese Herrschaften sie verursacht haben, woher sollen sie denn nun plötzlich Rezepte nehmen, sie zu bekämpfen oder verhindern? So ist denn auch das einzige Ergebnis der Wunsch der Ausarbeitung von Vorschlägen, die im März einer neuen G20 vorgelegt werden sollen (bis dahin dürften fast alle 20 in der Wirtschafts-Krise sein).

Der Grund für beide Krisen, die Finanz- und die Wirtschaftskrise, ist die im Kapitalismus gesetzmässig auftretende Überproduktion, die einerseits zu überbordenden Kapital-Massen führt, die unweigerlich in die Spekulation gehen (und so die Finanzkrise verursachen) und andererseits in verzweifelte Versuche, mit noch mehr und noch effizienterer Produktion der Krise auszuweichen, die aber gerade durch diese Überproduktion verursacht ist.

Gerade die dort vereinigten Regierungschefs waren die Hauptverantwortlichen für die „Deregulierung“, die sämtliche vorher bestehenden Regeln des Finanzmarktes und des Arbeitsmarktes aufhob. Kein einziger von ihnen hat bis heute eine Erklärung abgegeben: „Wir haben Mist gebaut. Wir bitten um Entschuldigung und treten zurück.“ Im Gegenteil , man spielt sich auch noch als Arzt auf, wenn man selbst den Patienten krankenhausreif geschlagen hat.

Der Zwang zum Steigern der Profitrate, die aber gesetzmässig tendenziell fällt, macht aus der kapitalistischen Wirtschaft ein Chaos, einen tödlicher Raubbau an allen Rohstoffen, eine Unterdrückung und Ausbeutung der arbeitenden Menschen, ein unverantwortliches Missachten der natürlichen Umwelt, eine ständige Quelle von Krisen und Kriegen.

Joachim Jahnke, ehemaliger Vizepräsident der ‚Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung’ in London, schreibt dazu auf seiner Site ‚Informationsportal Globalisierung’.

„Was wollen die Großmächte mit dem G20-Gipfel erreichen? Die nächste Krise an den Weltfinanzmärkten verhindern? Wohl kaum. Denn der Markt wurde nicht von einem obskuren Hedgefond in die Luft gesprengt oder in sonst einer unbekannten Ecke des Finanzmarktes. Die Blase platzte unter den Augen der Regierungen in den auf [dem] Papier am stärksten überwachten Institutionen, nämlich den Banken, die mit viel höheren Kreditanteilen als die Hedgefonds spekuliert haben.“

Und: „Verhindern, daß die wichtigsten Handelspartner in der Krise gegeneinander arbeiten, indem jeder seine wachsende Arbeitslosigkeit zu den anderen exportieren will? Wohl kaum. Denn schon jetzt haben die beiden wichtigsten Überschußländer China und Deutschland Stützungsmaßnahmen für ihren Export und damit das Abdrücken von Arbeitslosigkeit ergriffen, China durch Steuernachlässe für Exportwaren, Deutschland durch eine Verbesserung der Ausfuhrbürgschaften. Deutschland vor allem hat bisher kein Konjunkturprogramm zur Stützung der heimischen Nachfrage aufgelegt und scheint sich weiterhin auf den Export verlassen zu wollen.“

Weiter: „Verhindern, daß die Zahl der Unternehmenspleiten mangels Kreditzugang weltweit explodiert? Wohl kaum, denn jedenfalls in Europa wurde nichts getan, um die Banken zu zwingen, Zinssenkungen und die Zusatzliquidität der Zentralbanken an die Produktionsunternehmen weiterzugeben.“

Und außerdem: „Und dann fegen die Regierungen, statt Notsteuern für die Wohlhabenden und Gutverdiener zu erheben, auch noch mit eigenen festverzinslichen Anleihen die Geldmärkte leer und verengen so den Zugang für andere. So konnte zum ersten Mal selbst die Bundesregierung ein neues 10-Jahres-Papier nicht am Markt unterbringen - eine geradezu unglaubliche Situation und Alarmzeichen, wie es größer kaum ausfallen könnte.“

Da versuchten also die Böcke zu gärtnern (Entschuldigung, Frau Merkel: Die Ziegen und Böcke). Und da wir gerade von Frau Merkel reden, die hat es auch noch fertiggebracht von einer erfolgreichen Veranstaltung zu reden, auf der „gemeinsame Anstrengungen deutlich“ geworden seien. Nun- sie hat ja nicht gesagt, für was und wessenthalben man sich angestrengt hat. Vielleicht hat man ja gemeinsam und unter Anstrengungen das ‚große Geschäft’ erledigt.

Und das Ganze unter der Schirmherrschaft von G. W. Bush, dem „Herrn des Universums“, der es fertiggebracht hat, den vernichtendsten Terroranschlag der Geschichte geschehen zu lassen, obwohl er leicht hätte verhindert werden können und der gleich zwei Kriege begonnen hat, die verloren sind. Kurz: Der Inbegriff des Erfolges!

So lassen wir denn erneut Herrn Ex-Bankdirektor Jahnke zum Schluss zu Wort kommen:
„Ohnehin kann die Gefahr weiterer Krisen nur gebannt werden, wenn die immer ungleichere Einkommensverteilung gestoppt und zurückgedreht wird. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, daß sich Kaufkraft wie ein gigantischer Wasserfall ins Kasino verirrt, statt der Realwirtschaft zu Verfügung zu stehen. Wird der Gipfel hier ansetzen? Da müßte man schon Gespenster sehen.“


Veröffentlicht am 17. November 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 14. November 2008

Deutschland: Wirtschaftskrise hausgemacht

Krise handgefertigt von SPDCDUGrüneCSUFDP

Von Karl Weiss

Nun ist es offiziell: Deutschland ist als erstes der großen EU-Länder in der Wirtschaftskrise. Das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) ist sowohl in zweiten Quartal (April, Mai, Juni) – um 0,4% - als auch im dritten Quartal (Juli, August, September) – um 0,5% - gesunken und damit ist die offizielle Definition des Eintritts in die Wirtschaftskrise erfüllt. All dies geschah also vor dem offenen Ausbruch der Finanzkrise im Oktober, wurde also nicht durch diese verursacht, hängt überhaupt nur sehr weitläufig mit ihr zusammen. Es handelt sich vielmehr um eine völlig hausgemachte Krise. Die Kaufkraft war bereits seit einiger Zeit in den Keller gefahren worden und nun verminderte sich – und brach dann ein – auch der Export. Ergebnis: Wirtschaftskrise.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Der Einzelhandelsumsatz in Deutschland spiegelt die verschlechterten Lebensbedingngen des durchschnittlichen Deutschen in der letzten Zeit wieder. Mit Schwankungen sinkt er unaufhaltsam seit 2006. Wer soll all die produzierten Güter kaufen, wenn die Leute schon am Nötigsten sparen müssen?

Was da hauptsächlich daran gedreht hat, war die Agenda 2010 von SPD und Grünen, die auch von CDU/CSU und FDP begeistert gefeiert wurde, die massiv die Löhne gedrückt und die Kaufkraft verringert hat und anschließend die große Koalition, die dem Inlandsmarkt den Todesstoss versetzt hat. Alles Geld wurde von Schröders und Fischers Gnaden und dann von Merkels und Steinmeiers Gnaden zu den Superreichen geschaufelt, während der reale Lohn (Lohn pro Arbeitnehmer minus Inflation) Jahr für Jahr in den Keller ging. Die Deutschen haben einfach nicht mehr das Geld, all die produzierten Güter zu kaufen.

Wirtschaftswachstum der Länder im 2. Quartal 2008 gegen Vorquartal
Einbrüche im Brutto-Inlandsprodukt (BIP) im 2.Quartal 2008 gegenüber dem Vorquartal: Deutschland zusammen mit Japan, Italien, Frankreich und der Kern-EU der 15 damals schon in den Negativen

Die Superreichen zockten mit all dem Geld, das ihnen da zukam und steckten die Gewinne ein. Die Verluste ließen sie nun bei den Banken, die wiederum von uns, den Steuerzahlern, aufgefangen werden. Eigentlich hätte diese Krise daher schon früher ausbrechen müssen, doch es gab eine Verzögerung, weil der Export noch boomte – bis ins Jahr 2008 hinein. Dafür wird es nun um so katastrophaler.

Welt: Wirtschaftswachstum 3/08 gegen Vorquartal
Hier also die aktuellste Statistik zum 3.Quartal 2008: Deutschland verlor weitere 0,5% der wirtschaftlichen Aktivität und ist damit offiziell in der Wirtschaftskrise

Hier einige Auszüge aus einem der meist gelesensten Artikel im Blog Karl Weiss – Journalismus vom 1. Dezember 2006 (!): „Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“.

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen
Hier die entlarvende Statistik über die Vorgeschichte der Krise in Deutschland: Die Nettolöhne je Arbeitnehmer (und der Konsum) bleiben vom 4. Quartal 2000 bis zum 4.Quartal 2004 praktisch unverändert, während die Produktiviät seit etwa dem 2.Quartal 2002 beständig steigt und die Unternehmens- und Vermögensgewinne zuerst zusammen mit der Produktivität, dann ab dem 3. Quartal 2003 explosionsartig ansteigen. Die Nettolöhne je Arbeitnehmer beginnen haargenau ab dem 1. Quartal 2005 mit ihrer Talfahrt, das war der Zeitpunkt der Einführung von Hartz IV.

„Speziell für Deutschland allerdings wird das Ganze zum Desaster werden. Das Wachstum ist sowieso schon spärlich, ...)“

„Doch damit nicht genug: Der deutsche Binnenmarkt gibt überhaupt nichts her. Kein Wunder, es hat in der deutschen inflationsbereinigten Lohnsumme seit 1991 nur negative Zahlen gegeben, also ständige reale Kaufkraftverluste. Die Renten, das Arbeitslosengeld, alles wurde zusammengestrichen. Die Massen haben kein Geld zu kaufen und damit die Krise zu verringern.“

„Aber auch das ist noch nicht alles: In ihrer unendlichen Weisheit hat die Bundesregierung genau für den Moment, in dem sich dies zuspitzt, zum 1. Januar 2007, die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten beschlossen. Das ist die größte Steuererhöhung der Geschichte der Bundesrepublik mit fast 20 % Erhöhung. Dies wird nach Experteneinschätzungen etwa zwischen 1 und 3% bezogen auf die ganze Wirtschaft ausmachen, sagen wir 2%. [Bezogen auf Einbruch der Kaufkraft]“

Deutschland 2000 bis 2008: Veränderung Konsum privater Haushalte mit Trendlinie
Der Konsum privater Haushalte bewegt sich in Deutschland seit 2000 in etwa um das Nullwachstum herum, mit einem deutlichen Trend nach unten. Dem scharfen Einbruch im 1. Quartal 2007 wegen der Mehrwertsteuererhöhung folgt zwar für ein Quartal eine gewisse Erholung, aber seit dem 3. Quartal 2007 geht es deutlich und unaufhaltsam bergab.

Ein Kommentator der „Financial Times Deutschland“ meint unter dem Titel „Das ist Ihre Rezession, Frau Merkel!“ zur aktuellen Situation:

Meseberg-Tagung Bundesregierung

„Das Drama ist, dass die Krise jetzt erst beginnt [gemeint ist: offiziell] - und die Bundesregierung bislang noch nicht realisiert zu haben scheint, was es für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Staatsfinanzen bedeutet, wenn die Abwärtsspirale einmal in Gang ist. Es wäre dringend an der Zeit, die Fehler einzugestehen und daraus die Konsequenzen zu ziehen: mit dem Auflegen eines wirklich spektakulären Konjunkturprogramms und erhöhter Überzeugungsarbeit bei Europas und vor allem Deutschlands Notenbankern. Aus Merkels Aufschwung wird jetzt Merkels Rezession.”

Der Kommentator hat allerdings vergessen: Auch unter Schröder wurde die Kaufkraft bereits massiv abgebaut. Frau Merkel ist also keineswegs Alleintäterin.

Schröder

In verschiedenen Artikeln und Meldungen der bürgerlichen Medien fällt auf, man „vergisst“ zu erwähnen, dies bezieht sich auf Dinge bis zum September. Statt dessen wird davon gesprochen, die Finanzkrise der USA habe nun auch die Realwirtschaft in Deutschland getroffen usw.

Ebenso wird in der Regel von mangelnden Investitionen und ähnlichem gesprochen. Doch höhere Investitionen hätten jetzt eine noch höhere Notwendigkeit der Vernichtung von Kapital hervorgebracht. Die wirkliche Ursache der Wirtschaftskrise, die Massen (in und außerhalb Deutschlands) können nicht mehr alles kaufen, was produziert wird, erwähnt niemand.

Kein Wunder, sonst müsste man ja zugeben: Marx hat Recht.

Karl Marx

So sei denn auch hier mit einem weiteren Zitat aus jenem Artikel vom 1. Dezember 2006 geendet:

„Aber so wie alles seine zwei Seiten hat, wird auch dies seine gute Seite zeigen.

Weit mehr Bundesbürger werden nun endgültig sehen: Der Kapitalismus hat keine Zukunft für sie und ihre Kinder. Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!“


Veröffentlicht am 14. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 13. November 2008

Die Herren der Welt feiern

Auch zwei schottische Pleite-Banken feierten ihre Macht über die Regierung

Von Karl Weiss

Die Bank-Herren in aller Welt haben nicht nur überall mit Erfolg ihre gehorsamen Dienern, den Politikern, befohlen, ihnen Milliarden aus Steuerzahlergeldern zur Verfügung zu stellen, nachdem sie sich verzockt hatten, sie haben auch, nachdem dies von der Öffentlichkeit geschluckt wurde ohne aufzumucken, jeweils Bank für Bank, Versicherung für Versicherung, diesen Beträgen angemessene Feiern veranstaltet, um sich über ihre Untertanen (sprich uns) im Geiste von Marie Antoinette lustig zu machen: „Wenn sie kein Brot haben, warum essen sie dann keinen Kuchen?“

Als die ersten beiden Feiern bekannt wurden, hätte man noch an einzelne Ausrutscher glauben können. Das größte Versicherungsunternehmen der Welt, die AIG, hatte für ihre Manager eine Woche im teuersten Ressort der Welt gebucht und dabei 300 000 Dollar von den Steuerzahler-Geldern ausgegeben.

Ressort St. Regis
St. Regis in Kalifornien, teuerstes Ressort der Welt

Der andere Fall war der französische Teil der Fortis Bank und Versicherung, der mit Milliardenbeträgen fit gemacht wurde, um verkauft werden zu können. Kaum war dies unter Dach und Fach, wurde ein gemeinsames Festmahl im teuersten Restaurant der Welt angesetzt, also ebenfalls eine Feier, die den Beträgen angemessen war, die da flossen. Siehe zu diesen bereits berichteten Fällen diesen Artikel: „...an die Sonnen“.

Aber nicht nur Feiern stehen da an, nein, man muss auch besonders hohe Bonus-Zahlungen für die Manager ansetzen und natürlich satte Dividendenausschüttungen für die Aktionäre. Hierüber wurde schon in diesem Artikel berichtet: „Können Sie das glauben?“.

Der Rettungs-Plan

Bis heute hat niemand weder im Fall AIG noch im Fall Fortis von den Managern, die da feierten, um sich über uns Idioten lustig machen zu können, die wir das alles bezahlen müssen, auch nur verlangt, für die Kosten selbst aufzukommen, geschweige denn sie versucht dazu zu zwingen. Es wurde also bereits deutlich: Gegenüber der Macht von Bank- und Versicherungsmanager sind Politiker, Staatsanwälte, Richter und sonstige eventuell Angesprochene völlig machtlos.

Restaurant Louis XV Monaco
Restaurant Louis XV in Monaco, teuerstes der Welt

Man kann diese Fälle auch nicht unter „Ausrutscher“ ablegen, weil nun nach und nach weitere Fälle bekannt werden. Die Manager können es einfach nicht lassen, auf unsere Kosten zu feiern, wenn sie uns doch so erfolgreich das Geld aus den Rippen geleiert haben.

Die nächsten zwei Fälle wurden jetzt aus Schottland bekannt. Das ist besonders kurios, da doch früher die Schotten als angeblich geizig galten. Beide schottischen Grossbanken, die „Royal Bank of Scotland“ (RBS) und die „Halifax Bank of Scotland“(HBOS), hatten sich weit über ihre Verhältnisse in Hoch-Risiko-Papiere begeben und waren baden gegangen. Die beiden mussten auf Anweisung ihrer Vorstandsetagen von der britischen Regierung mit insgesamt 32 Milliarden Pfund vor dem Bankrott gerettet werden, das sind annähernd 40 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht fast dem ganzen Staatshaushalt Schottlands.

Die RBS ging mit gutem Beispiel voran. Sie setzte eine Champagnerparty in einem Luxushotel an, verlegte sie dann aber vorsichtshalber in ein Gebäude der Bank und verlangte Geheimhaltung, denn man ist natürlich nicht wild darauf, dass wir erfahren, sie lagen dort unter den Tischen vor Lachen über uns Trottel, die für ihre Zockereien aufkommen müssen. Die Geheimhaltung klappte aber nicht vollständig. Die „Daily Mail“ veröffentlichte, dort seien etwa 300 000 Pfund ausgegebene worden (müssen Ströme von Champagner der teuersten Sorte gewesen sein).


"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Da wollte sich natürlich die Konkurrenz von der HBOS nicht lumpen lassen. Es gelang ihr, in einem Luxushotel in Edinburgh eine noch teurere Feier zu veranstalten. Man ließ dort auch einen Fernseh-Komiker auftreten, der sich über die Finanzkrise lustig gemacht haben soll. Nun, diese Herren können natürlich leicht lachen. Es sind ja wir, unsere Kinder und Kindeskinder, die deren Rechnungen bezahlen werden.

Will sagen, wir werden dies so lange zu bezahlen haben, bis wir sie zum Teufel gejagt haben.


Veröffentlicht am 12. November 2008 in der Berliner Umschau

Karl Weiss - Journalismus

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